Kürzlich habe ich mit meinen Eltern telefoniert und wollte dabei eine Wortform im badischen Dialekt wissen. Es ging mir um das Wort Decke, das ja zwei Bedeutungen hat: Einmal die ‘Zimmerdecke’ und einmal die ‘Decke zum Zudecken’. Die Zimmerdecke heißt Deggi und in der Mehrzahl Deggine. Das ist eine spezifisch alemannische Pluralform, über die ich bestimmt demnächst mehr schreiben werde.
Woran ich jetzt zweifelte war, dass das Wort in der Bedeutung ‘Decke zum Zudecken’ auch den ne-Plural bildet. (Meine Hypothese war, dass es in der Einzahl Deck und in der Mehrzahl Decke hieße.) Also fragte ich meine Mutter ganz direkt. Das ist eine schlechte Methode, weil sie so eine Chance hatte, nachzudenken. Da wir aber eh schon über Plurale sprachen und sie somit bereits über Formenbildung nachdachte, war eh nichts mehr zu retten. Wie erwartet zögerte sie und wusste nicht so richtig, was die Mehrzahl war. Also wurde sie investigativ tätig …
Meine Mutter zu meinem Vater: Du, was isch sell wu ma sich noochds mit zuedeckt?
Mein Vater: Ha e Deckbett.
Meine Mutter: Un hämmir nur eins defu?
Mein Vater: Nai, mir hän mäh Deckbedder.
Meine Mutter zu mir: Deckbedder!
Ich: Ja Mama, aber das ist ja die Mehrzahl von Bett, nicht von Decke.
Meine Mutter: Aaah, ja, stimmt. Wardemol.
Meine Mutter zu meinem Vater: Un im Winder, wenn’s kalt isch, was nimmsch donn noch dezue?
Mein Vater: E Deppich.
(Übersetzung)
So endete die telefonische Feldforschung mit einer unerwarteten Feststellung: Das, was im Hochdeutschen als Decke bezeichnet wird (Bettdecke, Zudecke, Picknickdecke, …), wird im Badischen durch andere Wörter abgedeckt. Die Bettdecke durch Deckbett (gibt’s im Hochdeutschen ja auch) und jede andere Form einer textilen Decke als Teppich.
Weil ich mir aber soooo sicher war, dass es auch Decke irgendwie geben muss, habe ich mich auf der alemannischen Wikipedia umgesehen, und siehe da: die Tischdecke ist kein Tischteppich!
Ingvar Kamprad het mit sinere Firma am Afang allerlei verschideni Ware, dorunder Chugelschriber, Briefdasche, Bilderrämme, Dischdeckene, Uhre, Zündhölzli, Schmuck un Nylonstrümpf verchauft. (Quelle)
[Ingvar Kamprad hat mit seiner Firma am Anfang allerlei verschiedene Waren, darunter Kugelschreiber, Brieftaschen, Bilderrahmen, Tischdecken, Uhren, Streichhölzer, Schmuck und Nylonstrümpfe verkauft.]
Jetzt mal schauen, wie meine Mutter die badische Form dazu aus meinem Vater herauslockt …
Meine Mutter zu meinem Vater: Du, was ist das, womit man sich nachts zudeckt?
Mein Vater: Na ein Deckbett.
Meine Mutter: Und haben wir nur eines davon?
Mein Vater: Nein, wir haben mehr(ere) Deckbedder [hochdeutsche Form: Deckbetten].
Meine Mutter zu mir: Deckbedder!
Ich: Ja Mama, aber das ist ja die Mehrzahl von Bett, nicht von Decke.
Meine Mutter: Aaah, ja, stimmt. Wart mal.
Meine Mutter zu meinem Vater: Und im Winter, wenn es kalt ist, was nimmst du dann noch dazu?
Mein Vater: Einen Teppich.
Teppich nicht in der Form eines Fußbodenbelages habe ich im Heilbronner Raum eher als Bezeichnung für eine Draufsetz/legdecke wie man sie ins Freibad oder zum Picknick nimmt, kennengelernt.
Bei “uns” zu hause* sagt man “Zudeck” (Federgefülltes Etwas mit Überzug, nicht das dünne Zeug aus Stoff). Aber ich habe keine Ahnung, wie die Mehrzahl ist.
*Verwandtschaft aus dem nördlichen Sauerland.