Das letzte Donnerstagsrätsel bedarf noch seiner Auflösung! Es gab eine ganze Menge Lösungsvorschläge, aber einige Fragen waren wohl ungewollt gemein — niemand hat alle sieben richtig. Am nächsten lag nach meiner Zählung Fabian mit sechs Richtigen (davon allerdings eines so halb gegoogelt). Gratuliere!
Hier jetzt also die Antworten:
1
Welcher der folgenden Termini bezeichnet keinen Kasus?
»Instrumental« und »Ergativ« sind eindeutig Kasus, auch wenn man sie aus dem Deutschen nicht kennt. Der Instrumental drückt, wie der Name schon sagt, aus, dass das Substantiv das Instrument der Handlung ist. So konnte man zum Beispiel im Althochdeutschen swert-u hauwan ‘mit dem Schwert schlagen’. Mit dem Ergativ fange ich lieber gar nicht erst an — eine meiner weniger geglückten sozialen Interaktionen bestand darin, ihn in einem Café anhand von Salz‑, Pfeffer- und Zuckerstreuer zu erklären. Ich glaube, es war in Mannheim. Damals hatte ich noch kein Blog. ((Potenzielle ErgativnovizInnen können vielleicht hier anfangen.)) Der Terminus Elativ war gemein, er hat nämlich, neben seiner Bedeutung als Aus-etwas-herausbewegen-Kasus noch einen Nebenjob, der etwas mit Adjektivsteigerung zu tun hat. Gar nichts mit Substantivmorphologie zu tun hat aber nur a), der Aktiv – er ist kein Kasus, sondern eine Diathese.
2
Wie heißt die Sprachfamilie, die auf der Karte grün markiert ist?
Im grünen Gebiet verbreitet sind die uralischen Sprachen. Dazu gehören z.B. die westlicheren Kleckse auf der Karte: Ungarisch, Finnisch und Estnisch. Sie sind alle Teil der in den Einsendungen oft genannten finno-ugrischen Unterfamilie, ja, ohne <n>.
3
Welche dieser Satzstellungen ist in den Sprachen der Welt am seltensten?
Die seltenste Satzstellung in den Sprachen der Welt ist wohl die von b) Objekt — Subjekt — Verb, also Das Eis das Kind isst. In den WALS-Daten ist sie viermal belegt. Ähnlich selten (11 Sprachen) ist die Folge von Objekt — Verb — Subjekt, wohlbekannt aus dem Klingonischen. (Hier nur die beiden, hier alle Typen.) Ich habe beides gelten lassen.
Generell hat man das Objekt also nicht gerne vor dem Subjekt, zeigt das Subjekt doch meist an, wer handlungstechnisch das Sagen hat.
4
Welche der folgenden Sprachfamilien ist in Afrika beheimatet?
Ja, von den genannten Sprachfamilien sind nur a) die Khoisansprachen in Afrika verbreitet. Sie sind übrigens vielleicht gar keine Sprachfamilie. Aber auf jeden Fall teilen sie sich neben der Bezeichnung eine phonologische Besonderheit: die Schnalzlaute. Hier kann man sie hören. Die Algonkinsprachen sind in Nordamerika beheimatet, dazu zählen Cree und Blackfoot. In Mittelamerika finden sich die Otomangue-Sprachen, darunter Zapotekisch und Mixtekisch. Die uralischen Sprachen wurden ja schon in Nr. 2 erledigt, Eurasien.
5
Ordnet diese Länder absteigend nach der Zahl der dort gesprochenen Sprachen
Hier muss man sich zunächst einmal fragen, wie die Sprachen gezählt werden und was genau eine Sprache ausmacht. Das ist eine haarige Angelegenheit, und ich habe sie anderen überlassen — laut Ethnologue ist die Lösung Indien (447) — USA (214) — Liberia (31) — Föderierte Staaten von Mikronesien (18) (also abdc). Deutschland hat übrigens 28 und wer da reinschaut, sieht schnell, dass der Ethnologue sehr liberal zählt. Gell, Bairisch und Alemannisch?
6
Welche der folgenden Sprachen hat einen eigenen Kasus, der bezeichnet, dass etwas sich in etwas anderes hineinbewegt?
Den In-etwas-hinein-Kasus, etwas professioneller auch Illativ genannt, gibt es unter anderem im b) Finnischen. Da gibt es auch den Elativ aus Nr. 1, und natürlich ist es eine uralische Sprache, wie in Nr. 2 bemerkt.
7
Zu welcher Sprache gehört die Schrift in der unteren Zeile?
Die Schrift hier rechts ist Cherokee. Jedes Zeichen steht hier für eine Silbe und man hat sich bei der Entwicklung des Schriftsystems zumindest in der Form der Zeichen relativ frei bei bereits vorhandenem bedient. Es gibt noch einige andere nordamerikanische Indianersprachen, die ebenfalls Silbenschriften nutzen, z.B. Cree und Ojibwe.
Die Lösungsvorschläge beinhalteten neben vielen korrekten Lösungen auch Tamilisch, Georgisch, Bengalisch und Inuktitut. Wer sich dafür interessiert, wie man die wirklich schreibt, kann sich einmal hier umsehen.
Und das war’s für Donnerstagsrätsel Nummer 2. Ich hoffe, es hat Spaß gemacht!
Ich hätte jetzt gedacht, den Kasus in Aktiv-Sprachen nennt man auch aktiv. Insofern hatte ich das ausgeschlossen.
Hmmmm … den Verdacht hatte ich kurz, dann hab ich nachgeschaut und das ausgeschlossen. Jetzt habe ich erneut nachgesehen und muss einen Rückzieher machen — scheint tatsächlich manchmal so gemacht zu werden.
Für Nummer 1 gibt es also keine richtige Lösung, lalala. (Bzw. Elativ und Aktiv sind gleich richtig.)
Danke für den Hinweis!
Es tut mir leid, die Ethnologue-Zählung halte ich für Unsinn. Nicht nur, dass da diverse, zudem recht willkürlich ausgewählte, Dialekte, die nach keiner mir bekannten Definition sinnvollerweise als eigenständige Sprachen zu werten wären, mitgezählt werden. Vielmehr fehlen mir da einige Sprachen, die unzweifelhaft solche sind, und ebenso unzweifelhaft in Deutschland gesprochen werden: Türkisch, Arabisch, Russisch etc. pp.
@Dilettant: Das muss Dir nicht leid tun, ich sehe da auch große Probleme. Michael Mann hat mal einen lesenswerten Text dazu geschrieben.
Ich bin für das Rätsel einfach davon ausgegangen, dass die Zählung für alle vier Länder ähnlich großzügig erfolgt und sie daher untereinander dennoch vergleichbar sind.