Pfarrer Assmann und Pfarrer Nolte

Von Anatol Stefanowitsch

Leser Lukas Ruge hat sich dieser Tage mit fol­gen­der Frage an das Sprachlog gewandt:

Wenn es ihr gän­zlich egal war, meinte meine Oma immer, ich solle das doch ein­fach machen wie der Pfar­rer Ass­mann. Fragte ich nach, wie der es gemacht habe, bekam ich zu hören, er habe es gehal­ten wie der Pfar­rer Nolte. „Und der?“ „Der machte es wie er wollte.“

Ich sage das noch heute und freue mich, wie meine Groß­mut­ter, jedes Mal, wenn jemand nach­fragt. Nun musste ich mit Entset­zen fest­stellen, dass viele mein­er Fre­unde denken, die Autoren der Serie Stromberg hät­ten diese Red­wen­dung erfun­den. Nun ist meine Groß­mut­ter vor der Erstausstrahlung der Serie Stromberg ver­stor­ben, das kann also so nicht sein. Ich dachte natür­lich sofort, dass das Inter­net mir weit­er­helfen kön­nte, doch bish­er ohne Erfolg. Zwar find­et sich in Google oft die Frage nach der Herkun­ft, aber keine Antwort.

Hier ein Beleg für die Ver­wen­dung der Redewen­dung in der Serie „Stromberg“:

Das Sprachlog hil­ft immer gerne weit­er, aber mit Redewen­dun­gen ist das so eine Sache: Woher sie kom­men – wie und wo sie ent­standen sind, worauf sie sich ursprünglich beziehen, etc. – lässt sich sel­ten fest­stellen, wenn sie nicht ger­ade aus der Bibel (seine Hände in Unschuld waschen, Psalm 26, 6) oder aus einem Werk der Weltlit­er­atur (des Pudels Kern, aus Goethes „Faust“) stammen.

Beim Spruch von Pfar­rer Ass­mann und Pfar­rer Nolte ver­hält es sich eben­so. Seine Spur ver­liert sich schnell im Dunkeln, wie die Zeitschrift des All­ge­meinen Deutschen Sprachvere­ins schon vor hun­dert Jahren fest­stellen musste (Aus Band 26/27, 1911):

Pfarrerassmann

So kann ich nicht mehr tun, als Lukas mit diesem Auss­chnitt Schwarz auf Weiß bescheini­gen, dass die Redewen­dung unmöglich aus der Fed­er der „Stromberg“-Autoren stammt und dass seine Erin­nerung an seine Groß­mut­ter ihn nicht trügt.

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

4 Gedanken zu „Pfarrer Assmann und Pfarrer Nolte

  1. Hansjörg

    Schön! Kür­zlich war mir diese Redewen­dung mal wieder in den Sinn gekom­men und ich habe mich gefragt, ob die eigentlich gängig ist, oder ob es ein Spezial­spruch mein­er Mut­ter war. Nun weiß ich es.

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  2. Antoninus

    Und später so weit­er und später… (Fontane läßt übri­gens ander pas­tores schiefmäulig plap­pern; das muss der Leser aber merken; sie hießen “Schleppe­grell” oder “Sörgel” oder “Feßler” …):Reimann, Hans in seinem “Vergnüglichen Hand­buch der Deutschen Sprache”. Berlin: Kiepen­heuer 1931. S. 312:“Und manche Schrift­steller zer­brechen sich oben­drein den Kopf, ob zwis­chen sei — und wäre — eine Unter­schei­dung zu tre­f­fen sei oder wäre. Ach, Ihr Guten, das kann man hal­ten wie der Pfar­rer Aßmann. Meist sind bei­de For­men falsch oder min­destens überflüssig. (…)”

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  3. mvg

    Jet­zt bin ich allerd­ings neugierig, wie es sich ergab, dass die Verdeutschung der Desin­fek­tion­sanstalt in Nürn­berg misslang.

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