Die Rheinische Post hat gestern mit der Behauptung „Männer ähneln Affen mehr als Frauen“ die schlechteste Schlagzeile eines populärwissenschaftlichen Artikels geliefert, die mir in diesem Jahr untergekommen ist. Sie ist nicht nur falsch (was selbst biologisch nur schwach gebildeten Menschen intuitiv klar sein dürfte), sie beruht außerdem auf einem tief verwurzelten sexistischen Denkmuster.
Aber von Anfang an. Die falsche Aussage und der sexistische Denkfehler stammen gar nicht von der Rheinischen Post selbst, sondern aus einer aktuellen Reportage des National Geographic Deutschland, in der es eigentlich um die Frage geht, ob Menschenaffen einen moralischen Anspruch auf Grundrechte haben, in der sich aber folgender Absatz findet:
Das Erbgut von Mensch und Schimpanse, unserem nächsten Verwandten, ist – je nach Analysemethode – zu 93,5 bis 99,4 Prozent gleich. Volker Sommer, Professor für Evolutionäre Anthropologie in London, schreibt in seinem Buch „Menschenaffen wie wir“: „Die meisten Forscher nennen eine Übereinstimmung von 98,5 Prozent.“ Anders ausgedrückt: Im Durchschnitt bleibt ein Unterschied zwischen Schimpanse und Mensch von 1,5 Prozent. Der Unterschied im Erbgut von Menschenfrauen und Menschenmännern kann zwei bis vier Prozent betragen. Es gibt also Paare, bei denen der Mann einem Schimpansenmann genetisch ähnlicher ist als seiner Frau. [Jürgen Nakott, Grundrechte für Menschenaffen, National Geographic 7/2012]
Zunächst steckt in der kursiv gesetzten Aussage ein rein biologischer Denkfehler, den man häufig findet, wenn die genetischen Unterschiede zwischen Menschen und Menschenaffen mit der Variation innerhalb der Menschen verglichen werden: Es wird so getan, als ließen sich die quantitativen Unterschiede direkt vergleichen, also ohne zu berücksichtigen, dass sie qualitativ völlig unterschiedlich sein können. Der National-Geographic-Autor ignoriert also die Tatsache, dass die Unterschiede zwischen Schimpansen und Menschen an völlig anderen Punkten im Genom auftreten, als die Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
In der folgenden Grafik habe ich versucht, das optisch darzustellen: Die vertikale Achse stellt die Dimension dar, auf der Männer und Frauen sich unterscheiden, die horizontale die, auf der Schimpansen und Menschen sich unterscheiden. Die farbigen Bereiche zeigen die Variation aus der oben zitierten Passage.
Der Autor nimmt nun zunächst Durchschnittswerte an, die bei Menschen und Schimpansen bei 1,5 Prozent liegen sollen, bei Männern und Frauen vermutlich bei drei Prozent. Das ist in der folgenden Grafik dargestellt:
Der Autor ignoriert nun aber wie gesagt die qualitativen Unterschiede und bezieht sich nur auf die quantiativen. Er kippt also quasi die vertikale Achse in die Horizontale und kommt so zu seiner Aussage über die relative Ähnlichkeit zwischen Männern und Schimpansen einerseits und Männern und Frauen andererseits. Und hier kommt das oben erwähnte sexistische Denkmuster ins Spiel — der Autor setzt die Begriffe „Mensch“ und „Mann“ gleich und nimmt den Mann als Maßstab, von dem aus er die genetische Distanz sowohl zum Schimpansen als auch zur Frau berechnet:
Nur so kommt er zu seiner Aussage, dass bei manchen Paaren der Mann genetisch einem Schimpansen ähnlicher sei als seiner Frau. Hätte er nämlich die Frau als gemeinsamen Vergleichsmaßstab genommen, wäre er zur gegenteiligen Aussage gelangt — dass es Paare gibt, bei denen die Frau einem Schimpansen genetisch ähnlicher ist als ihrem Mann:
Tatsächlich hätte es auch noch eine dritte Möglichkeit gegeben: Er hätte den Schimpansen als gemeinsamen Vergleichsmaßstab für Männer und Frauen nehmen können. So wäre er zu der Aussage gelangt, dass Männer und Frauen jeweils genetisch näher am Schimpansen sind, als am anderen Geschlecht:
(Dieser Vergleich wäre in einer Geschlechterdiskussion nur logisch: Bekanntlich kommen Frauen ja von der Venus und Männer vom Mars, während Schimpansen von der Erde kommen. Und wo liegt die Erde? Richtig, genau zwischen Venus und Mars.)
Die Rheinische Post übernimmt nun den oben zitierten Absatz fast wortwörtlich und fügt nicht nur die eingangs zitierte Schlagzeile hinzu, sondern auch folgende Zusammenfassung:
Manche mögen das insgeheim schon immer geahnt haben: Männer und Affen sind sich ähnlicher als Männer und Frauen. Zu diesem Ergebnis kommen neueste Forschungen. [Rheinische Post, Männer ähneln Affen mehr als Frauen, 24.6.2012]
So führt ein sexistischer Denkfehler, der Männer mit Menschen gleichsetzt, zu einem sexistischen Denkfehler, der Männer mit Affen gleichsetzt.
Und dieser Schwachsinn, veröffentlicht in der Rubrik „Wissen/Forschung“ einer großen deutschen Tageszeitung und mittlerweile dutzendfach von anderen Medien übernommen, setzt sich dann in den Köpfen flüchtiger Leser/innen fest und hilft ganz und gar nicht dabei, Menschen nicht als Vertreter/innen stereotyper Geschlechterkategorien wahrzunehmen.
[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Version enthält möglicherweise Korrekturen und Aktualisierungen. Auch die Kommentare wurden möglicherweise nicht vollständig übernommen.]
National Grographic hat mit der Aussage doch 100%ig recht — solche Paare “gibt es”. Ebenso gibt es das umgekehrt und gleich weit entfernt.
Diese Relation soll doch nur einen gut gemeinten Vergleich darstellen, wie man ihn aus Genetikdiskussionen um die Nichtexistenz von Menschenrassen kennt: 2 Menschen sind innerhalb einer Kohorte schon so divers, dass der Unterschied größer sein kann, als im Vergleich mit einer Person einer anderen Kohorte (nur lässt sich in diesem Fall aber eben abgrenzen…)
Sehe den Fehler alleine bei der RheinIschia Post…
Außerdem sind wir alle ein bisschen mehr Bonobo.
Keine Geschlechter bei Affen?
Es wundert mich, dass selbst A.S. nicht kritisiert hat, dass es bei dieser Darstellung anscheinend keine Geschlechter bei Affen gibt. Hat National Geographic einen “Durchschnittsaffen”, also einen Zwitter angenommen?
Die Darstellung als Dimension ist eine gute Idee von A.S. und kann dabei eine zusätzliche Klarheit geben, indem man nicht nur Männer und Frauen getrennt einzeichnet, sondern auch Affenmännchen und ‑Weibchen. Genaugenommen müsste man jedoch ein vieldimensionales Diagramm bilden, bei dem jedes (postulierte) Gen eine Dimension darstellt. (Diese Methode wird für Berechnungen in der Thermodynamik benutzt).
Durchschnittswerte über Gruppen mit konkreten Werten von Individuen zu vergleichen, ist auch nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Genetische Unterschiede zwischen Individuen sind relativ hoch; der Witz bei Durchschnittswerten über Gruppen besteht eben darin, diese individuellen Unterschied wegzubügeln.
@bruno jennrich: Sie können gerne auf der entfernten Möglichkeit bestehen, dass der Autor Prädikatenlogik im Kopf hatte und dass er ausgewürfelt hat, welche der genetisch möglichen Konfigurationen er nennen soll — dann könnte man, mit fatmike182 argumentieren, dass die National Geographic alles richtig gemacht hat und der Denkfehler allein bei der Rheinischen Post liegt. Ich halte mich lieber an die offensichtlichere Möglichkeit, dass der Autor „Mensch“ und „Mann“ gleichgesetzt hat und die Aussage so gemeint hat, wie sie natürlichsprachlich interpretiert wird.
Naja, ich weiß nicht, ob da nicht doch etwas dran ist.
Wenn ich mir so ansehe, wer gerade in den letzten Tagen geschmückt in Schwarz-Rot-Gold, mit Fähnchen in der Hand unter animalischem Gegröle durch die Straßen torkelt…
Viele Frauen sind nicht darunter. 😉
Schimpanenmann vs. Schimpane
Die Rheiniche Poſt zitiert hier nicht korrekt. Der Autor in der National Geographic ſagt nur, daß ſich die Genſequenzen von Männern und Frauen im beſtimmten Fällen ſtärker unterſcheiden können als die Genſequenzen von Männern und männlichen Schimpanſen. Mit anderen Worten: Der Unterſchied X- und Y‑Chromoſom beim Menſchen iſt größer als der zwiſchen dem geſamten Genom von Menſchen- und Schimpanſenmann, die beide ein Y‑Chromoſom haben.
Das wäre erſtmal auch gar nichts verwunderliches, auch wenn es wahrſcheinlich nicht ſtimmt, ſiehe z.B. .
So richtig falſch wird die Ausſage dann in der Rheinichen Poſt, wo aus dem Schimpanſen_mann_ plötzlich ein Affe wird (anſcheinend iſt nun nicht nur das Gechlecht ſondern auch die Art egal).
Zumindet für den Originaltext im National Geographic paſſen dann allerdings die Graphiken im Blogartikel nicht mehr.
…
@impala In der Tat.
@Klaus Stein: Der NG-Artikel nennt ja die genetische Übereinstimmung gar nicht getrennt für Schimpansenmännchen und Weibchen, sondern nur für Schimpansen allgemein. Um die kursivgesetzte Aussage aus dem vorher gesagten ableiten zu können, muss der Autor also tatsächlich den sexistischen Denkfehler auch für die Schimpansen gemacht haben: Schimpanse = Schimpansenmännchen. Ich habe in meiner Grafik auch extra ein Schimpansenmännchen verwendet (erkennbar daran, dass es kein Kleid trägt).
Vergleiche
“Es wird so getan, als ließen sich die quantitativen Unterschiede direkt vergleichen, also ohne zu berücksichtigen, dass sie qualitativ völlig unterschiedlich sein können.”
Es wird nicht nur so getan als ob das ginge, es wird sogar direkt auch gemacht. Geht also offensichtlich.
Die Frage ist nur, wie aussagekräftig dieser Vergleich ist…
Ich kann auch ’ne Metrik hinschreiben, unter der Alpha Centauri näher an der Erde ist als der Mond. “Sensation: Forscher beweist: Alpha Centauri ist näher als der Mond. Besuchen wir bald die Außerirdischen?”
Was mich ja erschreckt, ist dass diese doch sehr offensichtliche Gleichstellung von Mann und Mensch mir hier erst vorexerziert werden muss, damit ich sie bemerke. Dasselbe bei dem Frauenunterleibsklavier letztens. Und ich für meinen Teil bin da dankbar, dass Anatol (und auch andere) hier einem ein bisschen die Augen öffnet, wenn man das denn zulässt.
Das Wahrnehmen von Sexismus ist für einen großen Teil der Männer in unserer Gesellschaft anscheinend erfolgreich wegerzogen worden.
Und die mangelnde Wahrnehmung dessen, führt dann zu den schon so oft gesehenen Diskussionen: “Es gibt gar keinen Sexismus mehr” — “Doch.” — “Ich seh keinen”
Beispiel
Ein weiteres Beispiel zur Anschauung: http://www.duden.de/rechtschreibung/Oberkoerper
Man kann Sexismus aber auch böswillig unterstellen. Ich denke, dass der Duden sich für das Bild eines männlichen nackten Oberkörpers entschieden hat, da die Darstellung weiblicher nackter Oberkörper in diesem Kontext nicht üblich ist und als anstößig empfunden würde. Ist das jetzt auch Sexismus? Würde nicht umgekehrt genauso über Sexismus geklagt?
Analysemethode
Mich stört bereits an der zitierten Aussage von NG
“Das Erbgut von Mensch und Schimpanse, unserem nächsten Verwandten, ist – je nach Analysemethode – zu 93,5 bis 99,4 Prozent gleich”
etwas ganz anderes:
Offensichtlich gibt es verschiedene Analysemethoden, die zu völlig verschiedenen Ergebnissen kommen: einmal zu einem Unterschied im Genom von 6,5% und 0,6%. Die Angabe der meisten Forscher lautet 1,5%. Ich interpretiere diese Angaben nicht als Schwankungen um den “Mittelwert” 1,5%, sondern als unterschiedliche Durchschnittswerte, die mit unterschiedlichen Methoden gewonnen wurden.
Im Gegensatz dazu verstehe ich
“Der Unterschied im Erbgut von Menschenfrauen und Menschenmännern kann zwei bis vier Prozent betragen.”
als Angabe über die Schwankungsbreite zwischen verschiedenen Individuen. Allerdings bleibt da die Frage, welche Analysemethode hierbei verwendet wurde. Diejenige, die in der obigen Aussage auf 0,6%, 1,5% oder gar auf 6,5% Unterschied im Erbgut gekommen ist?
Da diese Aussage im Text fehlt, sind alle Zahlenangaben wertlos weil kein Vergleich möglich ist. Dass der Autor diese Zahlen trotzdem vergleicht spricht nicht für die Qualität des Artikels (um es mal sehr vorsichtig zu formulieren).
P.S.: Als Laie denkt man im ersten Moment gar nicht daran, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Unterschiede im Genom zu zählen/wichten. Auf den zweiten Blick merkt man aber schnell, dass das wohl gar nicht so einfach ist: nimmt man nur die Unterschiede in den Genen, wie wertet man die mitochondriale DNA, wie zählt man das Crossing-over, verschieden Zahl/Länge der Chromosome etc.?
@A.S.:
Ich denke vielmehr, dass Nakott sich die größere Differenz zwischen Frauen und Männern als die zwischen Menschen und Schimpansen damit erklärt, dass Männer und Schimpansenmännchen sowie Frauen und Schimpansenweibchen jeweils eine gewisse Menge Gene teilen, die sie nicht mit den andersgeschlechtlichen Vertreter/innen der eigenen Art teilen.
So kommt man zu der fettgedruckten Aussage, und Nakott hätte genau so gut schreiben können: „Es gibt also Paare, bei denen die Frau einer Schimpansenfrau genetisch ähnlicher ist als ihrem Mann.“ Er hat nur — zufällig oder nicht — die andere Konfiguration als Beispiel gewählt.
Ich plädiere also dafür, Nakott von diesem Sexismusvorwurf freizusprechen.
Was die RP daraus gemacht hat, ist natürlich unsäglich.
Sexismus wohin man auch sieht…
Jaa… Ein anderer Teil der Männer gibt sich jedoch sehr viel Mühe, das wieder auszugleichen.
Mal ehrlich, was da am Ende bei der Rheinischen Post rausgekommen ist, ist einfach nur peinlich. Aber den Sexismus-Vorwurf kann ich nun wirklich nicht nachvollziehen. Nur weil Nakott aus mehreren (gleichermaßen blödsinnigen) Interpretationen einer Studie die “Schimpanse ähnelt Mann ähnelt Frau” — Variante nimmt, soll er sexistisch denken? Weil die einzige Möglichkeit, wie das passieren konnte ein Gleichsetzen von Mensch und Mann war? Das finde ich jetzt ähnlich absurd wie diesen Zeitungsbericht.
Andere Möglichkeit: Herrn Nakott war durchaus bewusst, dass er auch hätte schreiben können, dass einige Frauen den Schimpansen ähnlicher sind als den Männern. Aber er hat aus Höflichkeit die andere, den Männern weniger schmeichelnde Version genommen — nicht ahnend, dass ihm auch das wieder als Sexismus gegenüber Frauen angekreidet werden würde.
In diesem Anklagepunkt plädiere also auch ich auf Freispruch.
Kreativ!
“Männer ähneln Affen mehr als Frauen” — sich daraus einen Sexismusvorwurf zu basteln, der Frauen diskriminiere, ist fürwahr sehr kreativ.
Es gibt böse Affisten, die behaupten, dass die kognitiven Fähigkeiten von Affen nicht so hoch entwickelt seien wie die von Menschen, und daher den Affen eine gewisse “Primitivität” attestieren.
In bezug auf Menschen attributiert man gelegentlich jenen, die als primitiv bezeichnet werden, im Vergleich zu ihren Mitmenschen eine gewisse kognitive Schwäche oder gar auch eine Unbeholfenheit in den Umgangsformen.
“Männer ähneln Affen mehr als Frauen” — na klar, der geneigte Leser denkt zu allererst an die infame Gleichsetzung von “Mensch” und “Mann”, und niemals würde irgend jemand die Schlagzeile im Sinne von “Männer sind primitiver als Frauen” interpretieren, vor allem Frauen nicht.
Aber manchmal muss man sich seinen Kram zurecht konstruieren, damit man sich aufregen kann.
Das kann ich zwar verstehen, habe in diesem Fall aber kein Verständnis.
1. Die Diagramme erscheinen mir insofern irreführend, als sie zwar Männer und Frauen enthalten, die Schimpansen aber anscheinend nur als geschlechtslose Wesen. Als besonders irreführend empfinde ich das letzte Diagramm, da es suggeriert, Schimpansen lägen genetisch zwischen Männern und Frauen.
2. Nakott hat nicht gesagt,
Er hat gesagt:
Diese Aussage ist sorgfältig formuliert und sachlich korrekt (wenn man seinen in der Tat zweifelhaften Begriff der “genetischen Ähnlichkeit” zu Grunde legt).
Männliche und weibliche Schimpansen unterscheiden sich genetisch ja wohl in etwa so wie Männer und Frauen. Also kann man natürlich nur Männer und Schimpansen, sowie Frauen und Schimpansinnen vergleichen.
Außerdem berücksichtigt er mit dieser Aussage zugleich die Schwankungsbreite der genetischen Unterschiede. Die Aussage gilt eben nur für einige Paare, keineswegs für alle.
Natürlich hätte er auch sagen können:
Das wäre aber nicht die “gegenteilige” sondern die analoge Aussage gewesen.
Warum hat er es so nicht gesagt? Vielleicht, weil er dann erst recht den Vorwurf des Sexismus hätte befürchten müssen? Wäre ihm womöglich der Vorwurf gemacht worden, die Frauen durch einen solchen Vergleich mit Affen zu beleidigen? Vielleicht war es auch einfach altmodische Galanterie, daß er lieber Männer und Affen verglichen hat.
Die Aussage, “daß Männer und Frauen jeweils genetisch näher am Schimpansen seien, als am anderen Geschlecht” wäre dagegen sachlich falsch gewesen.
Er hätte die beiden analogen Aussagen auch korrekt zu einer zusammenfassen können:
Mit solcher Pedanterie hätte er aber die Geduld des Lesers arg strapaziert.
@Nörglerin
Natürlich kann man ganz tolle Zeichnungen machen und Formulierungen finden. Allerdings wäre es zusätzlich schön, bei den Fakten zu bleiben. Oder wie Cordelia Fine rät: “Don’t make stuff up.”
Ich finde den Beitrag sehr interessant, insbesondere die Grafiken, auch wenn mich an dem NG-Artikel mehr gestört hat, daß man in der Tat mit so unsauberen Zahlenvergleichen gar nichts anfangen kann. Von derartigen Schlußfolgerungen gar nicht zu reden.
Aber ganz ehrlich: Intuitiv habe ich die größere Nähe des Mannes zum Affen als zur Frau auch als uncharmant gegenüber den Männern empfunden und beim Stichwort Sexismus sofort daran gedacht. Nicht, daß mich das sonderlich empören würde. Aber ich bin ja auch eine Frau (ich verzichte mal darauf, das hier zu vertiefen).
Affensatz einmal anders
Man kann die inkriminierte Überschirft auch ganz anders interpretieren, wenn man nämlich das Wort “Frauen” als Nominativ liest.
Männer ähneln Affen mehr als Frauen (zu ergänzen: Affen ähneln.)
Und dieser Satz scheint mir zuzutreffen. Ein Unterschied zwischen geschlechtsreife Männern und Frauen liegt in der Behaarung des unteren Gesichts. Insoweit gleichen die Männer sowohl den weiblichen als auch den männlichen Affen in stärkerem Maße als Frauen den Affen beiderlei Geschlechts ähneln. Dagegen fällt mir kein Merkmal ein, in dem sich Männer und Frauen unterscheiden und die Frauen den Affen stärker gleichen als die Männer den Affen.
Mit Genetik hat das ja natürlich nichts zu tun. Ich wollte nur die Überschrift retten.
Nicht angegeben ist, auf was die genetischen Unterschiede zwischen Mann, Frau und Schimpanz beruhen. Wie stehen die Unterschiede zwichen male und female Schimpanzen? Auch wenn die Unterschiede quantitativ stimmen, so what! Welche Shluesse daraus? Das weibliche Geschlecht ist mehr Mensch als das maennliche?
Nein, recht haben die mit Sicherheit nicht. Mal wieder tun Journalisten so, als ginge es um einen genetischen Unterschied zwischen Geschlechtern und nicht zwischen Individuen. Sie hätten auch schreiben können: “Es gibt also Freundschaften, bei denen ein Mann einem Schimpansenmann genetisch ähnlicher ist als seinem Freund.” Dass sie es nicht getan haben, offenbar die Absicht, Geschlechterunterschiede zu betonen.
Übrigens ist es leicht einzusehen, dass der Vergleich Unsinn ist. Man muss sich nur ein Wenig mit Biologie auskennen: Jeder Mann erbt etwas mehr als 50% seines Erbguts von einer Frau. Von den übrigen fast 50% hat dessen Vater die Hälfte von einer Frau geerbt. Und so weiter. Männer und Frauen tauschen in jeder Generation Erbgut miteinander aus. Dass zum letzten Mal gemeinsame Vorfahren von Schimpansen und Menschen Erbgut miteinander ausgetauscht haben, ist einige Millionen Jahre her.
bitte mal “es gibt ein” und “für alle” nachschlagen.
dann hätte sich der zweite teil des artikels auf einen satz reduzieren lassen.
Ich kann bei der NG keinen Fehler erkennen, außer dass der Autor in seinem Beispiel den Mann zuerst genannt hat. Vor allem ist diese Aussage nicht das Gegenteil der analogen Aussage, die mit der Frau beginnt. Der natürliche Sprachgebrauch legt das auch gar nicht nahe. Es ist sehr weit hergeholt hier dem Autor die Gleichstellung von Mann und Frau zu unterstellen.
Noch ein Problem. Mir fällt gerade auf: Im NG Zitat steht:
“Das Erbgut von Mensch und Schimpanse, unserem nächsten Verwandten, ist – je nach Analysemethode – zu 93,5 bis 99,4 Prozent gleich.”
Das heißt also, der Unterschied beträgt bis zu 6,5%. Weiter unten steht dann:
“Der Unterschied im Erbgut von Menschenfrauen und Menschenmännern kann zwei bis vier Prozent betragen.”
Der ist also — wie zu erwarten — eindeutig geringer.