Das weibliche Airbus

Von Susanne Flach

Am Dien­stag wäre Amelia Earhart 115 Jahre alt gewor­den. Zeit, sich mal damit zu beschäfti­gen, welch­es Genus Flugzeuge denn so haben. Denn ver­mut­lich verge­ht keine Ein­führung in die Englis­che Lin­guis­tik ohne den Zusatz, dass das auf biol­o­gis­chem Geschlecht beruhende Genussys­tem des Englis­chen Aus­nah­men zulässt: Schiffe, Autos und Flugzeuge sind da ange­blich gerne mal feminin.

Zum Englis­chen kom­men wir später — schauen wir mal kurz ins Deutsche: Den aktuellen Antrieb für diesen Beitrag lieferte ein The­men­tag auf 3sat am Son­ntag rund um den Frank­furter Flughafen. Ob das zu Ehren von Amelia Earhart geschah, darf bezweifelt wer­den. Nun denn: Unbe­strit­ten ist für unser Sprachge­fühl, dass Flugzeuge gewöhn­lich im Fem­i­ninum ste­hen: die Con­corde, die Boe­ing oder die Cess­na. Dass dann, äh, der Air­bus ein Maskulinum ist, ist auch noch recht ein­fach mit dem mor­phol­o­gis­chen Sys­tem des Deutschen erk­lär­bar, da der Kopf eines Kom­posi­tums das Genus der ganzen Ein­heit bes­timmt: die Tür und der Knauf ergeben der Türk­nauf. Bei der Air­bus über­stimmt die mor­phol­o­gis­che Genuszuweisung (von der Bus) also das des Wortfeldmusters.

Aber was machen wir mit “A380”? Ganz ehrlich? Ich wäre im Traum nicht drauf gekom­men, das Ding die A380 zu nen­nen und ver­mut­lich dürfte es dem großen Rest der Sprachge­mein­schaft ganz ähn­lich gehen (abzüglich der tech­nikaffinen Frak­tion der Klugscheißen­den). Für der A380 stand ver­mut­lich der Airbus 380 Mod­ell — und das ist ein Maskulinum. Aber die A380 ist die Beze­ich­nung, die Air­bus und Lufthansa für ihre Air­bus­flotte ver­wen­den. Dazu später mehr.

Wie sieht’s denn nun aus im Sprachge­brauch? Das ZEIT-Kor­pus (via DWDS) spuckt für A380 zwis­chen 2000 und 2009 etwa 360 Belege aus, die nach phrasen- und nicht genus­markierten Vorkom­men bere­inigt (N=223) unge­fähr so verteilt sind:

Bis auf das Jahr 2007 kön­nte die Inter­pre­ta­tion als gesichert gel­ten, wonach der A380 im all­ge­meinen Sprachge­brauch die häu­fig­ste Ver­wen­dung ist. Die ungewöhn­liche Häu­fung des Fem­i­ninums im Jahr 2007 kön­nte damit zusam­men­hän­gen, dass im Okto­ber jenes Jahres die erste Mas­chine in den Lin­ien­di­enst gestellt wurde und dementsprechend viele Jubel­pressemit­teilun­gen von Air­bus bei Jour­nal­istIn­nen das Fem­i­ninum her­aus­gek­itzelt haben kön­nten (prim­ing). Das ist jet­zt nur eine Ver­mu­tung, auch da die Vorkom­men von die A380 im ZEIT-Kor­pus nicht nach bloßer Über­nahme von Pressemel­dun­gen aus dem Konz­ern aussehen.

Ändert man die Suchan­frage auf A3* (wonach also auch A320, A350 oder A3xx [Pro­jek­t­na­men des A380] gefun­den wer­den), und fil­tert wie oben alle Phrasen, Kom­posi­ta und unmarkierten Fund­stellen raus, sieht das so aus:

Ein unein­heitlich­es Bild — und so gesichert wie auf der Grafik von oben ist die Inter­pre­ta­tion des Sprachge­brauchs gar nicht mehr, so auf den ersten Blick. Begin­nend in den 1980ern (sor­ry für die poten­tiell ver­wirrende Auflis­tung 1982, 1985, 1993) ist das Fem­i­ninum tat­säch­lich meist die häu­figere Ver­sion, obgle­ich die Fal­lzahlen sehr klein sind. Dies mag daran liegen, dass in dieser Zeit meist ein Sub­stan­tiv der Mod­ell­num­mer vor­ange­ht und diese Belege aus dieser Suche natür­lich aus­geklam­mert wur­den: in den meis­ten Fällen der Her­steller Air­bus (der Air­bus 320). So entste­ht der Ein­druck, früher wäre weniger über Air­bus berichtet wor­den. Das ist nicht ganz falsch, aber die Grafik stellt das etwas zu verz­er­rt da. Was man trotz­dem oder ger­ade deshalb sagen kann: Der Eigen­na­men­charak­ter von A3xx stellt sich erst mit Ende der 1990er ein.

Die Zahlen für 2009 sind inter­es­sant, weil sie eine Zunahme des Fem­i­ni­mums sug­gerieren. Ver­fizieren lässt sich das an diesen Dat­en nicht weit­er, weil für 2010 und 2011 keine Dat­en aus der ZEIT vor­liegen. Stich­punk­tar­tige Suchen für 2010 über COSMAS II ergeben z.B. 5:4 für das Maskulinum in der Han­nover­schen All­ge­meinen, 10:7 in der Braun­schweiger Zeitung und einen deut­lichen Sieg von 37:0 fürs Maskulinum in der Ham­burg­er Mor­gen­post — wirk­lich fes­tle­gen auf eine Ten­denz sollte man sich da nach 2009 also nicht. Es kön­nte sich um Genre- bzw. Reg­is­ter­vari­a­tion han­deln — aber ich möchte der Han­nover­schen All­ge­meinen nicht Unrecht tun oder die Mopo beleidigen.

Aber wenn man sich beim 2009er Auss­chlag anguckt, was in diesem Jahr für Air­bus so in der Presse los war, wird klar, dass sich die meis­ten dieser Tre­f­fer der zweit­en Grafik auf den Flug der Air France beziehen, der im Juni 2009 vor der brasil­ian­is­chen Küste vom Radar ver­schwand. Die Unfal­lur­sachen bzw. Speku­la­tio­nen darüber waren sehr tech­nisch und kön­nten deshalb jour­nal­is­tisch von Luft­fahrt­ex­perten begleit­et wor­den sein, die sich am Fach­sprachenge­brauch von Unfall­bericht­en oder Pressemel­dun­gen ori­en­tierten, wonach Air­bus­beze­ich­nun­gen mit Eigen­na­men­charak­ter nahezu aus­nahm­s­los fem­i­nin sind.

Und das mit dem Fach­sprachenge­brauch geht so:

Eine Ger­man­is­tik­stu­dentin im Grund­studi­um der Uni­ver­sität Duis­burg-Essen hat­te die Ent­deck­ung gemacht, dass in EAD­S/Air­bus-Pressemit­teilun­gen immer vom A380 in der fem­i­ni­nen Form die Rede ist. Also hat sie sich an den Konz­ern gewandt. Ein zuständi­ger Webredak­teur hat ihr wie fol­gt geantwortet:

…lei­der gibt es zum The­ma keine Lit­er­atur, die sich her­anziehen lässt, nur der Umstand kann ange­führt wer­den, dass das Unternehmen Air­bus vor eini­gen Jahren intern entsch­ieden hat, bei Pro­duk­t­na­men­snen­nun­gen mehr oder weniger die Umgangssprache zu adaptieren. …

So heißt es “der Air­bus A380”, aber “die A380”. Warum? Es gibt keinen Grund oder Erk­lärung. Ja, das umgang­sprach­liche Deutsch ist hier unscharf und ungenau. …

Vielle­icht ist es ein Stückchen nord­deutsche Eige­nart, sich nicht immer voll­ständig an die Regeln des weit­er südlich redigierten Dudens zu hal­ten, vielle­icht ein Ein­fluss aus dem Vere­inigten Kön­i­gre­ich auf die Schiff- und Flugzeug­bau­tra­di­tion der Hanse- und Hafen­städte Ham­burg und Bre­men — der Volksmund fühlt sich anscheinend bei der Ver­wen­dung der weib­lichen Form, wenn  nicht vorher der Fir­men­name geführt wird, ein­fach wohler.

(Die E‑Mail-Kor­re­spon­denz kann hier nachge­le­sen werden.)

Da tritt er reich­lich geschwurbelt gle­ich in mehrere Fettnäpfchen.

Zunächst: Rals Chap­man, der immer­hin als “Cor­po­rate Com­mu­ni­ca­tor” mut­maßlich für die Unternehmenkom­mu­nika­tion bei EADS zuständig ist, hat in sein­er Antwort die Frage der Stu­dentin gar nicht beant­wortet, ver­mut­lich hat er sie nicht mal ver­standen: die Beobach­tun­gen der Stu­dentin haben näm­lich ergeben — und das schildert sie ihm auch -, dass Air­bus in Pressemit­teilun­gen die fem­i­nine Form ver­wen­det, während im all­ge­meinen Sprachge­brauch die masku­line Form vorherrscht (mit Aus­nahme von Artikeln “auf der Wikipedia-Home­page”). Irgend­wie irrt er dann aber richtig im Regen umher, bringt gle­ich noch mal ein paar kul­turelle Plat­titü­den ins Spiel und gibt im Vor­beige­hen der DUDEN-Redak­tio­nen eine mit.

(Die Stu­dentin sagt, der Online-DUDEN empfehle “der A380” — das kann ich auf duden.de nicht nachvollziehen.)

Air­bus hat sich aber mit­nicht­en an den Sprachge­brauch angepasst. Und Chap­man liegt dann auch gle­ich vier­fach daneben, wenn er sagt, man habe bei Air­bus die Umgangssprache adap­tiert, der “Volksmund füh­le sich mit der weib­lichen Form … wohler” (tut der Volksmund ja ger­ade nicht), es gebe “keinen Grund oder Erk­lärung” für die Vari­a­tion und dann behauptet, das umgangssprach­liche Deutsch sei “unge­nau”.

Aber begin­nen wir mit dem inter­nen, dem Fach­sprachenge­brauch. Dazu hätte ich gerne Pressemel­dun­gen von Air­bus durch­sucht, aber die liegen momen­tan nur auf Englisch vor, die deutsche Web­seite von Air­bus ist im Um- oder Auf­bau. Also greife ich zum Lufthansa Bor­d­magazin, das auf dieser Seite für die Aus­gaben seit 2008 im Archiv vor­liegt, und suche über Google nach

  • die A380 (65 Tre­f­fer ohne Dopplungen)
  • der A380 (61 Tre­f­fer ohne Dopplun­gen, alle fem.GEN)
  • dem A380 (2 Tre­f­fer, nur Kom­posi­ta: dem A380-Sim­u­la­tor)
  • den A380 (2 Tre­f­fer, nur Kom­posi­ta: den A380-Pro­to­typ)

Einzig für des A380 find­et sich ein einziger Tre­f­fer: …auf den bevorste­hen­den Ein­satz des A380 in der Lufthansa Flotte. Bei etwa 130 genus­markierten Ver­wen­dun­gen nur ein einziges Maskulinum — spricht eine recht deut­liche Fach­sprache. Wenn wir also auch den all­ge­meinen Sprachge­brauch nicht so ein­deutig empirisch bele­gen kön­nen, die Fach­sprache kön­nen wir dur­chaus festnageln.

Aber eigentlich ist die Frage eine ganz andere: Erk­lärungs­bedüftig ist näm­lich nicht der Fach­sprach­genge­brauch die A380, son­dern der all­ge­meine Sprachge­brauch der A380. Warum? Weil wir auch in der Umgangssprache ver­gle­ich­baren Flugzeug­mod­ellen in der Regel das Fem­i­ninum zuweisen, mit der Aus­nahme solch­er Begriffe wie Eurofight­er oder Tiger (lässt uns Herr Chap­man wis­sen, worunter auch die Bel­u­ga fällt — was für mich als der Bel­u­ga aber in die gle­iche Kat­e­gorie wie der Tiger fall­en würde, aber nun gut). So sagen wir die B52 oder die DC10 — und alle 26 Tre­f­fer im DWDS-Kernko­r­pus für 747 sind aus­nahm­s­los im Fem­i­ninum. Bei let­zter­er ist es sog­ar wurscht, ob noch ein B davor ste­ht (als Analo­giebeispiel für A380). Es bleibt die B‑747. So bleibt der A380 als Außen­seit­er ste­hen — nicht die A380 der Fach­sprache, die dem generellen Muster wider­spruch­s­los folgt.

Wer also ver­suchen würde, die A380 als Abwe­ichung erk­lären zu wollen, dem kön­nten Argu­mente ein­fall­en wie “naja, ist halt auch die Mas­chine” — mit der gle­ichen Begrün­dung kön­nte man auch irgend­wo mal das A380 erwarten, immer­hin ist es ja das Flugzeug und somit seman­tisch viel näher dran. Das führt aber zu nix, weil solche Erk­lärungsver­suche zwangsweise kreis­läu­fig sind (die sich aber im Laien­pub­likum großer Beliebtheit erfreuen und dementsprechend für viel Ver­wirrung sor­gen können).

Plau­si­bler ist es vielmehr, den all­ge­meinen Sprachge­brauch, der dem Muster des Wort­felds eben nicht fol­gt, zu betra­cht­en, also der A380 mit der konzeptuellen Nähe zu der Air­bus 380 oder auch der Air­bus A380 in Verbindung zu brin­gen und so zu erk­lären. Denn in gut einem Drit­tel aller Vorkom­men mit A380 (z.B. DWDS) ist der Mod­ell­num­mer noch der Her­steller bzw. die volle Mod­ell­beze­ich­nung vor­angestellt, in diesem Fall eben Air­bus. Wir “denken” uns qua­si den masku­li­nen Bus davor, wenn wir von dem A380 sprechen.

Oder anders gesagt: Der Eigen­na­men­charak­ter, der auch die 747, die Fokker, die Titan­ic oder die Queen Mary II motiviert, ist im all­ge­meinen Sprachge­brauch für die Air­bus­flotte noch nicht in dem Maße angekom­men, wie dort, wo Air­busse gebaut, geflo­gen oder analysiert wer­den. So ein­fach sieht’s aus.

Und im Englischen so?

Tja — jet­zt wird es ein biss­chen haarig. Vor­weg: Das englis­che Genussys­tem basiert auf biol­o­gis­chem Geschlecht, nicht auf gram­ma­tis­chem (siehe z.B. auch hier). Flugzeuge wer­den neben Schif­f­en und Autos aber generell gerne als Beispiele genan­nt, wenn das Englis­che im Genussys­tem Aus­nah­men zulässt. Wer ken­nt sie nicht, die Phrase: The Titan­ic sank on her maid­en voy­age?

Es war aber in den let­zten Tagen unglaublich schwierig unmöglich, für plane/air­plane/aero­plane/air­craft und dem Pronomen she/her Belege zu find­en — ich würde sog­ar so weit gehen, die These aufzustellen, dass auf Flugzeuge über­haupt nicht im Fem­i­ninum ref­eren­ziert wird. Und falls doch, dann müsste es eine außergewöhn­lich emo­tionale Fär­bung oder eine sehr spezielle gesprochen­sprach­liche Umge­bung aufweisen. Belege habe ich nicht gefun­den, obgle­ich sie meinem Sprachge­fühl nach möglich sind: “She’s a beau­ty alright!”.

Erstes Suchge­bi­et: Kor­po­ra. BNC und COCA liefern entwed­er nicht genug Kon­text oder zuviele Tre­f­fer. Ein Behelf­skniff: nach Pronomenkol­lokat­en (9;9) suchen und dann die Tre­f­fer für she/her anschauen. Ergeb­nis: keine Tre­f­fer (hier für eine exem­plar­ische Suche nach dem “mündlich­sten” Aus­druck plane). Zum Ver­gle­ich: mit der gle­ichen Meth­ode lassen sich für titan­ic sofort auch bei kurz­er Durch­sicht einige Belege find­en, z.B.:

Many peo­ple called her “the won­der ship.” Oth­ers said Titan­ic was the best ship ever built. Some even believed she was too strong to sink!

(COCA: Susan E Good­man. 2004. Return to Titan­ic. Nation­al Geo­graph­ic 4 (3): 4.)

Zweites Suchge­bi­et: Das Bor­d­magazin der Qan­tas (neben Sin­ga­pore Air­lines die einzige Air­line aus dem englis­chsprachi­gen Raum, die bere­its mit A380 im Lin­ien­di­enst fliegt), ähn­lich dem Ver­such, der Fach­sprache bei Lufthansa auf die Spur zu kom­men. Auch hier: keine Tre­f­fer in ein­er zugegeben­er­maßen sehr ober­fläch­lichen Suche, noch nicht mal it-Ana­phern oder ‑Kat­a­phern kon­nte ich finden.

Drittes Suchge­bi­et: TV-Doku­men­ta­tio­nen. Für den Man­gel an Tre­f­fern (in die eine wie die andere Rich­tung) in Suchge­bi­eten 1 & 2 mag vielle­icht ver­ant­wortlich gewe­sen sein, dass man sich gar nicht mit dem A380 an sich auseinan­der­set­zt. Also hab ich mir eine englis­che Doku­men­ta­tion des Dis­cov­ery Chan­nel (2005/6, “Build­ing the A380) und eine von Nation­al Geo­graph­ic (2005, “Megas­truc­tures”, Episode 25) ange­se­hen. Ich bin nicht chro­nol­o­gisch vorge­gan­gen, habe z.B. bei der ersten Doku­men­ta­tion direkt in Teil 4 rein­gelinst, bei der zweit­en hab ich mir nur die ersten zehn Minuten ange­tan. Aber auch hier: kaum eine Ref­erenz mit Per­son­al­pronomen. Naja, gut, bis auf acht it-Ana­phern bei Dis­cov­ery Chan­nel und drei aus der Nation­al Geo­graph­ic. Aber she/her? Fehlanzeige. Zum Ver­gle­ich: in zwei Dokus der ARD und von Spiegel-TV ist A380 in den ersten acht Minuten jew­eils acht von acht mal (ARD), bzw. drei von vier Mal (Spiegel-TV) fem­i­nin. Bei Spiegel-TV begin­nt man mit “Er ist der Gigant der Lüfte”, nutzt dann noch ein Mal der A380 und spricht dann in der Folge von die A380.

Man hätte die Suche auch deut­lich abkürzen kön­nen: Im englis­chen Wikipedia-Ein­trag zum A380 find­en sich she und her nicht ein einziges Mal. Zum hink­enden Ver­gle­ich: Der Wikipedia-Artikel für Titan­ic, der etwa dop­pelt so lang ist, hat 39 Vorkom­men für she und gar 73 für her. Möglich­es Stör­feuer dieser Suche wären natür­lich weib­liche Per­so­n­en — aber bis auf Mol­ly Brown dürften Frauen kaum irgen­deine eine Rolle gespielt haben. Die Rich­tung dürfte deut­lich sein: Schiffe: Ja, dur­chaus. Flugzeuge: Nö, ver­mut­lich nicht.

(Die Fran­zosen ste­hen übri­gens vor nahezu exakt dem gle­ichen Prob­lem: dort ist der (Air)Bus auch ein Maskulinum, le bus. Die Analyse, ob A380 le oder la ist, ist nicht so ein­fach [wegen l’A380 für bei­de Gen­era], aber die Suche nach du A380 [m.] liefert nur einen Bruchteil der Ergeb­nisse für de l’A380 [f.] [site:fr, etwa 4.000:350.000] — also hier scheint es sich anders als bei uns auch im all­ge­meinen Sprachge­brauch um ein Fem­i­ninum zu handeln.
SF: Hier hat­te ich bis ger­ade eben einen Zählfehler — es sind etwa 4000 Tre­f­fer für du A380. Danke an Jens!)

Fazit

Was lehrt uns das?

Das Sprachge­fühl der Stu­dentin (und ihres Dozen­ten) war kor­rekt. Die Antwort des Cor­po­rate Com­mu­ni­ca­tors war hinge­gen völ­lig unin­formiert, ver­wirrend und wider­sprüch­lich — wenn nicht sog­ar eine Spur her­ablassend. Aha — die Nord­deutschen sind eigen­tüm­lich und hal­ten sich nicht so gerne an die Regeln des “weit­er südlich redigierten Dudens”? Mit Ver­laub — die klare Präferenz der Mopo von 37:0 masku­lin­er For­men nur für 2010 sprechen eine ziem­lich klare Sprache für den Sprachge­brauch der Nord­deutschen. Immer­hin war die Mopo ja lange sowas wie ein Watch­blog für das Gewüh­le im Müh­len­berg­er Loch. Also bitte!

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Nord­deutschen fol­gen dem all­ge­meinen Sprachge­brauch sog­ar ziem­lich gut. (Chap­man hat hier gle­ich mehrere Dinge missver­standen: Die Aus­gangs­frage, die Sprachver­wen­dung von A380 — und, wie viele Laien natür­lich, die Art, wie der DUDEN arbeit­et. Aber sparen wir uns das für einen Beitrag nach der Som­mer­pause auf.)

Chap­man führt ja auch den Sprachge­brauch des Vere­inigten Kön­i­gre­ichs in der Schiffs- und Flugzeug­pro­duk­tion ins Feld. Aber lei­der gibt es in den doch ober­fläch­lichen Suchen so gut wie keine Hin­weise dafür, dass Flugzeuge im Englis­chen auf bre­it­er Basis mit soge­nan­nten gen­dered pro­nouns ver­wen­det wer­den — wieder­holter it’s a she!-Prokla­ma­tio­nen zum Trotz. Ver­mut­lich lassen sich solche Belege nur mit Eliz­ita­tions- oder Akzep­tanztests abfra­gen. Kor­pus­suchen bleiben hier blass — oder müssen die These zulassen, dass es bei diesem Phänomen um wirk­lich sehr eingeschränk­te Ver­wen­dungskon­texte geht.

Air­bus ver­wen­det die A380 eben inner­halb der Kon­ven­tio­nen der Fach­sprachen mit Eigen­na­men­charak­ter. Diese fol­gt dem Muster der Genuszuweisung des Wort­felds für Flugzeuge. Die Sprachge­mein­schaft macht es, wenn sie der A380 sagt, über­wiegend nach einem mor­phol­o­gis­chem Muster mit dem Vor­bild der Air­bus 380. Was daran unscharf und unge­nau für die Umgangssprache sein soll, erschließt sich mir nicht.

Und ne plau­si­ble Erk­lärung für die Vari­a­tion haben wir auch gefun­den. Hauen Sie das dem­nächst der Klugscheißfrak­tion um die Ohren.

Davon abge­se­hen: Natür­lich will ich bald mal mit dem A380 fliegen.

9 Gedanken zu „Das weibliche Airbus

    1. suz Beitragsautor

      @Jens: Ich möchte mich gar nicht zu weit aus dem Fen­ster lehnen — mein Franzö­sisch beschränkt sich auf de + le = du etc (also hätte ich das zumin­d­est richtig machen kön­nen…). Das Prob­lem an du A380 ist aber, dass auch 4.000 Tre­f­fer über 350.000 für das Fem­i­ninum gegenüber ste­hen. Aber Danke für den impliziten Hin­weis — ganz kor­rekt bin ich nicht vorge­gan­gen, ich hab es korrigiert.

      @happyschwa: Naja, bei mein­er Suche eben hat­te le bel A380 vier Tre­f­fer — das sind natür­lich infinit mehr als für la belle A380, aber ob ich vier Tre­f­fer, wovon drei sog­ar iden­tisch sind und qua­si nur als einen Tre­f­fer zu werten wären, für einen idioma­tis­chen Sprachge­brauch her­anziehen würde? Ich wäre skeptisch.
      Aber ist de l’A380 tat­säch­lich auch für Maskuli­na möglich? Meines Wis­sens wäre das du A380, oder? Falls nicht, wäre die Unter­suchung mit Genuskonkruenz bei Adjek­tiv­en in der Tat eine gute Strategie.

      Antworten
  1. happyschwa

    Das Prob­lem im Franzö­sis­chen ist meines Eracht­ens, dass “de l’A380” mit eli­diertem Artikel vor Vokal die kor­rek­te Form für bei­de Gen­era wäre.

    Eventuell würde eine Suche, die auf Genus-Kon­gruen­zen von Adjek­tiv­en oder par­ticipes passés achtet, mehr Aufk­lärung brin­gen (sei es Le/La+[vorangest. Adj.]+A380 oder L’A380+[nachgest. Adj./Part.])

    Im Gegen­satz zu mehreren Ergeb­nis­sen ein­er Google-Suche nach “Le bel A380” (m) brachte z.B. “La belle A380” (f) kein einziges und auch “la nou­velle A380” (f) unter­liegt “le nou­v­el A380” (m).

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  2. happyschwa

    @suz
    Ich kam auf 205:0 bei “le bel A380” zu “la belle A380” und (aus­sagekräftiger) 250.700:33 bei “le nou­v­el A380” zu “la nou­velle A380”.

    Zur Hia­tusver­mei­dung wird der Artikel grund­sät­zlich unab­hängig vom Genus eli­diert, wenn das nach­fol­gende Wort (Nomen, Adjek­tiv, Numer­al) mit Vokal (oder stum­mem h) anlautet. So z.B. “de l’ar­bre” [m] oder das (auf­grund der Antepo­si­tion des Adjek­tivs ggf. markierte) “de l’énorme effort” [m]. Das amal­gamierte “du” (de+le) tritt nur auf, wenn auch son­st nicht-eli­diertes “le” stünde.

    Antworten
  3. happyschwa

    Ich verbessere mich, anscheinend kann man gewis­sen Google-Angaben wirk­lich nicht ver­trauen und ich war tat­säch­lich zu vor­eilig. 249:13 (nouvel/nouvelle) und 41:0 (bel/belle).

    Die ersten Tre­f­fer für “L’A380 est”, das u.a. sowohl For­men des passé com­posé mit genuskon­gru­entem Par­tizip als auch prädika­tiv gebrauchte, genuskon­gru­ente Adjek­tive aufzeigt, scheinen allerd­ings auch leicht für das Maskulinum zu sprechen.

    Antworten
    1. suz Beitragsautor

      @happyschwa: Ja, Google­suchen sind nur Indika­toren. Außer­dem sollte man bei solchen Suchen das Suchge­bi­et erhe­blich ein­schränken (hier: auf franzö­sis­che Seit­en, mit dem Zusatz site:fr), um uner­wün­schte Neben­ef­fek­te z.B. durch Fremd­sprachen­lern­er, Zweit­sprachen- und/oder Vari­etäten­sprech­ern zu min­imieren. Genuszuweisung in “Nicht-Kern­va­ri­etäten” kön­nen mitunter sehr unter­schiedlich und von Sub­strat­sprachen bee­in­flusst sein. Das ist aber auch nur eine Näherung. Beson­ders fürs Englis­che sind solche Ein­schränkun­gen aber nor­mal und nahezu unauswe­ich­lich (meist: site:uk). Aber natür­lich stimmt es: Google­suchen sind nie zu ver­trauen und jed­er wird andere Ergeb­nisse bekom­men. Bei hochfre­quenten Phänome­nen wis­sen wir auch nie, wieviele Dopplun­gen dabei sind — und wer will schon Mil­lio­nen von Tre­f­fern durchsuchen.

      Wie wird im Franzö­sis­chen denn auf Boe­ings oder Cess­nas referiert?

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  5. ke

    *mäkel* Wie hap­pyschwa kor­rekt ange­merkt hat, erfol­gt die Zusam­men­ziehung von “de” und “le” zu “du” nicht vor Vokal, son­dern es wird “de l’ ” daraus.

    die Suche nach du A380 [m.] lie­fert nur einen Bruch­teil der Ergeb­nisse für de l’A380 [f.] [site:fr, etwa 4.000:350.000] — also hier scheint es sich anders als bei uns auch im all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch um ein Femi­ni­num zu handeln

    Diese Schlussfol­gerung ist also in kein­ster Weise gerechtfertigt.

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