Ich habe mir kürzlich das Lilliput-Wörterbuch Badisch gekauft – weil’s an der Kasse stand. (Nein, bei Schokoriegeln falle ich nicht drauf rein.) Und ich bin wider Erwarten recht zufrieden damit. Natürlich hat es wenig praktischen Nutzen, aber es ist ganz lustig und scheint mir ordentlich gemacht. Die Einträge richten sich nach dem Karlsruher Dialekt und werden gelegentlich durch kleine Infoboxen vervollständigt.
Solche Spaßprojekte listen ja meist eine Vielzahl von Wörtern auf, die maximal scherzhaft, meist aber gar nicht benutzt werden. Das Badisch-Wörterbuch hält sich damit angenehm zurück. Es gibt zwar gelegentlich welche (z.B. Droddwarbelaaidiger ‘Trottoirbeleidiger’ für ‘große Schuhe’) , aber die meisten Einträge sind wirklich brauchbar.
Die Texte der Infoboxen sind meist klug geschrieben – hier sei stellvertretend der Eintrag Debbich ‘Teppich, Decke’ zitiert (zum selben Thema beim Schplock):
Im Badischen hat man in seinem Bett einen Debbich, um sich damit zuzudecken. Auch ins Schwimmbad nimmt man einen Debbich als Liegedecke mit. Und wenn ein richtiger Fußbodenteppich schmutzig ist, dann bearbeitet man ihn mit einem Debbichbaddscher, einem Teppichklopfer.
Was ich etwas problematisch finde: Das Wörterbuch erhebt im Titel den Anspruch, für das “Badische” zu gelten – das ist aber kein einheitlicher Dialekt. Man benutzt die Bezeichnung für alle Dialekte des früheren Lands Baden, eine Sammelbezeichnung also.
Das Büchlein gibt das zwar freimütig zu, aber ein bißchen geschummelt wirkt es doch: Eigentlich ist es nur ein südfränkisches Wörterbuch – deckt also den Bereich ab, der hier pink ist:
Die alemannischen und die fränkischen Dialekte Badens gehören zu den oberdeutschen Mundarten, weisen aber dennoch einige Unterschiede auf. Das sieht man z.B. an den Adjektiven aus dem Lilliput, die im Hochdeutschen auf -ig enden:
aaschdennich ‘anständig’, gribblich ‘kribbelig’, needich ’nötig’
Im Karlsruher Dialekt spricht man sie als -ich aus, die alemannische Version wäre -ik (ooschdendik, gribblik, needik).
Oder am recht häufigen w statt b zwischen Vokalen, das es im Alemannischen nur vereinzelt gibt. Wahllos aus dem Lilliput herausgegriffen:
drowwe ‘droben’, driwwer ‘darüber’, demm hawwe khörich de Kimmich griewe ‘dem habe ich gehörig den Kamm gerieben’, Zwiwwl ‘Zwiebel’
Auch die Vereinfachung von nd/nt zu n scheint mir ein mitteldeutsches Phänomen zu sein:
annere ‘andere’, hinner ‘hinter’, unne ‘unten’
Aber natürlich sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Dialekten sehr graduell, und so finden sich auch viele Ähnlichkeiten, gerade was den Wortschatz anbelangt. Mein auch südlicher verbreiteter Lieblingseintrag: verglebbere ‘verrühren’ – insbesondere die Herstellung von Rühreiern lässt sich damit exzellent beschreiben.
Schöner Artikel und tolle Karte! Die Eigenart eine Decke als Teppich zu bezeichnen ist glaube ich im ganzen Südwesten verbreitet, also auch im schwäbischen.
Aus meiner Sicht ne andere Sprache. 🙂
Und ich kann mich nicht ganz entscheiden, ob ich Oberrheinalemannisch oder Hochalemannisch sozialisiert bin.
Oh Käse, verzeih mir meine substantivierten Adjektive und den orthografischen R(h)einfall und die syntaktische Katastrophe. Es naht der Ernstfall. Ehrlich.