Das Jugendwort des Jahres ist i bims, was in der Logik des Wettbewerbs nur folgerichtig ist, weil es weder ein Wort ist, noch von Jugendlichen verwendet wird. Wie jedes Jahr sind uns auch diesmal wieder die Aufzeichnungen aus den Redaktionsräumen des Schlangeneidt-Verlags zugespielt worden, in denen Oberlexikograf Dr. Willhelm Wortwisperer und Assistenzoberlexikograf Siegfried Silbensäusler das Wort alljährlich küren. (Die geleakten Protokolle der vergangenen Jahre finden Sie hier.)
In den Redaktionsräumen des Wörterbuchverlags Schlangeneidt in München.
Anwesend sind OBERLEXIKOGRAF DR. WILLHELM WORTWISPERER und ASSISTENZOBERLEXIKOGRAF SIEGFRIED SILBENSÄUSLER.
SILBENSÄUSLER. Wortwisperer, Wortwisperer!
(STILLE)
SILBENSÄUSLER. Aufgewacht, Wortwisperer!
WORTWISPERER. Eiderdaus, Silbensäusler, wie oft habe ich Ihnen gesagt, Sie sollen mich nicht beim Nachdenken stören!
SILBENSÄUSLER. Pardon, Wortwisperer, aber ich hatte just den Herr Direktor Schlangeneidt am Fernsprechapparat, er fragt, wo das Jungspundwort des Jahres bleibt!
WORTWISPERER. Er will schon wieder ein neues? Was passt ihm denn an „knorke“ nicht?
SILBENSÄUSLER. Das war 1922 Jungspundwort des Jahres, Wortwisperer, da bringen Sie etwas durcheinander.
WORTWISPERER. Hach, 1922, Silbensäusler, noch einmal ein junger Mann von 50 sein, das wär’s!
SILBENSÄUSLER. Fürwahr, fürwahr, Wortwisperer!
WORTWISPERER. Dann auf in die Spelunke, feiern wir das heurige Jungspundwort bei einem Kännchen Ersatzkaffee.
SILBENSÄUSLER. Wir haben doch noch gar kein Jungspundwort gewählt!
WORTWISPERER. Potzblitz, Silbensäusler, was passt Ihnen denn an „knorke“ nicht?
SILBENSÄUSLER. Aber Wortwisperer, wir haben doch gar nicht mehr 1922.
WORTWISPERER. Ich fühle mich alt, Silbensäusler.
SILBENSÄUSLER. Ach was, Wortwisperer, man ist so jung, wie man sich fühlt.
WORTWISPERER. Ja, und ich fühle mich alt, Silbensäusler.
SILBENSÄUSLER. Nun denn, wir müssen dem Herrn Direktor dennoch ein Jungspundwort nennen, sonst kommt er her und veranstaltet ein Holdrio.
WORTWISPERER. Wie wäre es mit „i bims“ – wie auf dieser Facebookseite
SILBENSÄUSLER. Woher kennen Sie denn Facebook, Wortwisperer, Sie können doch nicht einmal unseren Fernsprecher bedienen!
WORTWISPERER. Der Fernsprecher wird sich nicht durchsetzen, Silbensäusler, das Telegramm ist einfach zu comfortabel. Aber Facebook, ohne Facebook bekommen Sie doch heute gar nichts mehr mit.
SILBENSÄUSLER. Na gut, aber „i bims“? Der Autor jenes Facebook-Manuscriptums ist doch kein Jungspund mehr.
WORTWISPERER. Der ist doch höchstens im fünfunddreißigsten Lebensjahr, Silbensäusler, und außerdem — man ist so jung, wie man sich fühlt, n’est-ce-pas?
SILBENSÄUSLER. Das ist selbst mir zu blöd, Wortwisperer.
WORTWISPERER. Sie sind entlassen, Silbensäusler.
SILBENSÄUSLER. Sie können mich nicht entlassen, i bims seit 1952 in 1 Ruhestand, vong Altenteil her.
WORTWISPERER. Verdammt, Silbensäusler.
SILBENSÄUSLER. Also auf in die Spelunke, Wortwisperer?
WORTWISPERER. Knorke, Silbensäusler, und 1923 machen wir dann alles besser!
Dass ich bei Ihnen mal einen Kommafehler finden würde… “weder ein Wort ist, noch…” — da muss das Komma selbstverständlich weg. 🙂
Mindestens seit 2014 wird auf Sprachlog auf die gleiche Weise über die Benennung eines Jugendwortes des Jahres gewitzelt. Ich erinnere mich dunkel, dass ich das das erste Mal richtig lustig fand. Aber bei Wiederholung lassen Witze an Lustigkeit nach.
Sich beschweren, dass als Jugendwort mal kein Einzelwort gewählt wird, sondern ein Ausdruck, eine Formulierung oder Ähnliches, finde ich doch arg kleinlich.
Ob Jugendliche “I bims” nicht verwenden, kann ich nicht beurteilen. Meinen Sie denn, dass fast niemand das verwendet, oder meinen Sie, dass fast nur Erwachsene es verwenden? Worauf stützen Sie das?
Zu der Auswahl von “I bims” gibt es anderswo Interessanteres zu lesen. Zum Beispiel in der Süddeutschen vom 17. November:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/jugendwort-des-jahres-dem-marketing-gag-gelingt-ein-politisches-statement‑1.3754098
Wenn schon der Tagesspiegel in der Berichterstattung zu diesem Quatsch erwähnt, dass es sich um eine Werbeaktion des Verlages handele, kann man zwei Dinge festhalten:
1. Mit empirischer Betrachtung von Sprache hat das tendenziel gar nichts zu tun.
2. Wenn man weiß, wie es geht, bekommt man in den Medien jede Menge Werbeflächen bzw. ‑zeit gratis.
Also in Zukunft nicht mal ignorieren.