Neuerdings haben wir ja immer so viel Material, dass wir langweilige Sprachuntergangsapokalypsen gar nicht mehr verlinken müssen. Heute also Selbstreflexives zu „Blackfacing“, unfassbare Grammatikpedanz bei Wikipedia und erfrischendes zu Anführungszeichen. Dazu ein Veranstaltungshinweis für Berliner/innen — und wie Sie sich darauf vorbereiten können:
- Im DEUTSCHLANDRADIO KULTUR nimmt sich Joachim Dicks unseren Anglizismus des Jahres zum Anlass, über die Tradition des Blackfacing nachzudenken: „Als ich ein Junge war, zog ich als katholischer Ministrant mit den Sternsingern durch die Gemeinde. Einer von uns musste sich immer dunkle Schuhwichse ins Gesicht schmieren und den Caspar mimen, und so sammelten wir bei unseren Gemeindemitgliedern Geld für die nächste Messdienerfahrt ein. Die Rolle des afrikanischen Weisen war im karnevalesken Rheinland unter uns Kindern heiß begehrt: ein religiös motiviertes Theaterspiel, dass uns selbst im fröstelnden Januar warm ums Herz machte. Den Nachbarsjungen aus Ghana wollten wir damit keineswegs verulken, und er nahm es, soweit ich mich erinnere, mit Humor. Aber sicher bin ich mir heute nicht mehr. Wer weiß, was wirklich in ihm vorging? Gefragt habe ich ihn nie.“
- Emojis sind schwer in: nicht nur Anatol wird derzeit häufig dazu befragt (u.a. wieder diese Woche ausführlich auf RADIO EINS), auch Vyv Evans hat sich im GUARDIAN zum Zeichenstatus im sprachwissenschaftlichen Sinne Gedanken gemacht, anknüpfend an die Frage, ob man mit Emojis „Terrordrohungen“ aussprechen kann.
- [VERANSTALTUNGSHINWEIS] Und weil Anatol mittlerweile eine ausgewiesene Koryphäe der Emojiforschung ist, sind Emojis Thema der Abschlusssitzung seiner Vorlesung „Levels of Linguistic Analysis“ an der Freien Universität Berlin (Do, 12.2., 12–14 Uhr, Hörsaal 2, Rost-/Silberlaube, Habelschwerdter Allee 45).
- Nochmal Emojis: ebenfalls im GUARDIAN hat man die Emojis ausgezählt, die in Tweets über britische Politiker/innen verwendet werden.
- Mit einem deutschen Wortexport der zweifelhaften Art beschäftigt sich Philipp Krämer auf dem Blog der Niederländischen Philologie (Freie Universität Berlin): das Demokonfix (?) -gida im niederländischen Sprachraum, „Vlagida und die Lügenpresse“.
- Im Englischen nennt man sie „Grammar Nazis“, Leute wie Bryan Henderson, der in der Wikipedia angeblich 47.000-mal den gleichen „Fehler“ korrigiert hat. Davon berichten diese Woche u.a. DER STANDARD. David Shariatmadari erklärt im GUARDIAN, warum Henderson nicht einfach nur pedantisch ist, sondern auch daneben liegt.
- Im LEXICON VALLEY auf SLATE gibt’s was zur Geschichte von Anführungszeichen.
- Und um ein verbales „Anführungszeichen“ geht’s bei XKCD.