Ein frohes neues Jahr allerseits! Wir fangen diesmal selbstreferenziell mit Schätzen aus dem Sprachlog-Archiv an und haben dann eine Menge zu hören und zu sehen. Es geht um Politik, Ästhetik, Wortwahlen und Schimpfwörter — viel Spaß!
- Im Sprachlog-Archiv findet sich einiges zum Jahresbeginn, zum Beispiel die Erklärung, woher Prosit, wie in Prosit Neujahr! stammt oder, viel trickreicher, etymologische Überlegungen zum Guten Rutsch. Und wer sich auch dieses Jahr noch an in 2015 stört, kann mal hier klicken.
- Ist Deutsch eine hässliche Sprache? Eine Frage, vor der man als Linguistin ratlos steht — was soll denn bitte Hässlichkeit sein? Wie will man das messen? Was haben Werturteile da überhaupt zu suchen? Bernd Brunner hat für den DEUTSCHLANDFUNK ein wenig nachgedacht: »Ist eine “harte” Sprache automatisch hässlich und eine “weiche” immer schön? Fühlen sich Menschen, die selbst hart klingende Sprachen sprechen, womöglich eher zu weicher klingenden hingezogen?«
- Geht man nach der gemeinsamen Auftretenshäufigkeit von Wörtern, sind beispielsweise die im Internet so beliebten Katzen schwarz, getigert, herrenlos, klein, rollig oder tot – Margarete Stokowski überträgt diesen Blick in ihrer TAZ-Kolumne auf die Wörter Mann und Frau und zerlegt die deprimierenden Ergebnisse.
- Was zum Gucken: Martin Haase (NEUSPRECH-Blog) hat sich auf dem 31c3 die digitale Agenda der Bundesregierung aus, unter anderem, linguistischer Perspektive angesehen. (Etwas unschön die Passage zu »Deppenleerzeichen«, die offensichtlich auf billige Lacher abzielt.)
- Für LEXICON VALLEY haben Bob Garfield und Mike Vuolo LexikografInnen zu den englischen Wörtern des Jahres 2014 befragt: »Merriam-Webster chose culture, Oxford selected vape, and Dictionary.com went with exposure. So how did three esteemed reference works end up with three very different Words of the Year? And why does Erin McKean of Wordnik.com avoid crowning a WOTY altogether?«
- Englische Schimpfwörter auf -shit: Was heißen sie und woher kommen sie? Kory Stamper hat für STRONG LANGUAGE nachgeschlagen und stellt zum Beispiel fest: »go ape tends to imply a happy, usually harmless frenzy, whereas go apeshit almost always refers to violent or other ill-mannered explosions.«
- Welche Sprachen wird die Welt im Jahr 2115 sprechen? Das weiß natürlich niemand, aber John McWhorter macht für das WALL STREET JOURNAL ein paar Vorhersagen: »A traveler to the future, a century from now, is likely to notice two things about the language landscape of Earth. One, there will be vastly fewer languages. Two, languages will often be less complicated than they are today –– especially in how they are spoken as opposed to how they are written.«
“I think that a description of any loud, stirring, tumultuous episode must be tamer in German than in English. Our descriptive words of this character have such a deep, strong, resonant sound, while their German equivalents do seem so thin and mild and energyless. Boom, burst, crash, roar, storm, bellow, blow, thunder, explosion; howl, cry, shout, yell, groan; battle, hell. These are magnificent words; the have a force and magnitude of sound befitting the things which they describe. But their German equivalents would be ever so nice to sing the children to sleep with, or else my awe-inspiring ears were made for display and not for superior usefulness in analyzing sounds. Would any man want to die in a battle which was called by so tame a term as a Schlacht? Or would not a consumptive feel too much bundled up, who was about to go out, in a shirt-collar and a seal-ring, into a storm which the bird-song word Gewitter was employed to describe? And observe the strongest of the several German equivalents for explosion — Ausbruch. Our word Toothbrush is more powerful than that. It seems to me that the Germans could do worse than import it into their language to describe particularly tremendous explosions with. The German word for hell — Hölle — sounds more like helly than anything else; therefore, how necessary chipper, frivolous, and unimpressive it is. If a man were told in German to go there, could he really rise to thee dignity of feeling insulted?”
–Mark Twain, The Awful German Language.
“Ist Deutsch eine hässliche Sprache?”
Erlebnis einer Bekannten, die als Kind aus Norddeutschland in die Pfalz umzog, zu einer Zeit, in der in normalen Haushalten noch kein Fernseher stand und somit den Altersgenossinnen akzentfreies Hochdeutsch schlicht unbekannt war. Sie bekam öfter zu hören, “worum schwätzt dann Du so onnersch, net so schää wie mir?” (… nicht so schön wie wir).
Da es heute zum deutlich besser passt als letztens, hier noch einmal der Link zu „The harsh German language“.
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Der CCC hat eine eigene Medienplattform auf der eins Martin Haases Vortrag (unter anderem in besserer Bild- und Tonqualität) sehen kann:
http://media.ccc.de/browse/congress/2014/31c3_-_6264_-_de_-_saal_1_-_201412271245_-_wir_beteiligen_uns_aktiv_an_den_diskussionen_-_martin_haase_maha.html#video
Die angeblichen CCC-Youtube-Channel stehen in keiner Verbindung zum CCC und sollten (aus gutem Grund) boykotiert werden. (Siehe http://events.ccc.de/2015/01/03/the-youtube-and-stream-dump-problem/)
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Zu “Klang der Deutschen Sprache”: ich hatte das Zitat von Kaiser Karl V immer so verstanden: “Bei Gott, Männern und Frauen muss ich mich verbiegen und eine Fremdsprache sprechen, nur bei meinen Pferden darf ich reden, wie ich will.” Es gibt aber auch die Variante: “Italienisch für den Papst, spanisch zu meiner Mutter, englisch zu meiner Tante, deutsch zu meinen Pferden, französisch zu mir selbst.” Hat jedenfalls nichts mit dem Klang zu tun.
Aber ist natürlich toll, wenn man viele Sprachen zu Auswahl hat.