Während es draußen kalt und finster wird, zündet man die ersten Kerzen an und lässt die gediegene Gemütlichkeit in deutsche Wohnzimmer— halt! Sie sind im Sprachlog, hier isses vorbei mit der Festlichkeit! An die Arbeit:
- Der BR hat seinen Mitarbeiter/innen offenbar eine Broschüre zum geschlechtergerechten Formulieren aufbereitet. Das hat wenig überraschend einiges an Echo hervorgerufen — picken wir Rosinen: Meike Büttner nimmt sich im THE EUROPEAN der „Panik vor Sprachentwicklung“ an, Ramona Weise fragt in der TZ „Wo ist hier bitte die Entmannung?“. Und Peter Praschl findet in der WELT — etwas allgemeiner — dass die Debatte das Interesse an der Sprache wach hält.
- Damaris Nübling von der Uni Mainz wird der Konrad-Duden-Preis 2014 verliehen. (Sie kriegt ihn ja für eigentlich alles, also auf jeden Fall für ganz viel — und ein paar Projekte sind hier oder hier zu bestaunen.)
- Nedad Memić schreibt für DER STANDARD von der Schwierigkeit der Abgrenzung von Sprachen — und dass unterschiedliche Gesellschaftsgruppen durchaus zu sehr unterschiedlichen Eingruppierungen kommen.
- SLATE ist ein wahrer Quell an interessanten, öffentlichkeitstauglichen Reflexionen über Sprache und Sprachgebrauch. Heute: Was Sprache über die soziale Gruppenzugehörigkeit verrät. Auf MACLEANS ist ein ähnlicher Artikel erschienen: „The power of the gay voice.“
- Und dieser Artikel im GUARDIAN illustriert auf einer Metaebene ganz gut, weshalb wir hier so viel auf Englisch verlinken (müssen): für ein Massenmedium ein gründlicher Artikel mit Expert/innen — über Fremdsprachen & Humor.
- Und weil’s so schön ist, noch zur Frage: „Was machen Computerlinguist/innen?“
- Kommen wir zum Abgang zu „Sprache & Comics“.
Kann man für Artikel über gendergerechte Sprache vielleicht eine “Kommentarwarnung” einführen oder sowas? Was sich da so tümmelt kann einem echt die Laune vermiesen…
ADDENDUM:
1.) Unter Androhung von Folter Nachrichtenseite beim Erreichen des letzten Satzes verlassen.
2.) Gehen Sie nicht über die Kommentarspalte.
3.) Kommentare ignorieren.
4.) Lesen Sie NIE Kommentare. NIENIENIENIE.
5.) Wenn Sie so drauf sind, wie ich: lächeln lernen!
Anm. d. Red.: Das ADDENDUM ist ein Serviceangebot außer der Reihe. In der Regel nehmen wir an, dass Verlinkungen zu Themen rund um gerechte Sprache implizite Kommentarwarnungen enthalten.
Andererseits entgehen einem dann möglicherweise echte Preziosen des unfreiwilligen Humors — beispielsweise ein/e Kommentator/in bei der TZ, der/die sich “sprachliebhaberin” nennt, aber nicht einmal weiß, wie die männliche Form zu “Hebamme” lautet (“Entbindungspfleger”, zumindest in Deutschland, laut Wikipedia wird in Österreich “Hebamme” als generisches Femininum benutzt).
Ich gebe allerdings zu, dass solche gelegentlichen Blüten des quasi-loriot’schen Humors das Waten durch gefühlte Kubiklichtjahre von Bullshit nicht unbedingt wert sind.
Überraschend fand ich (im ersten Link), dass aus „Feuerwehrmann“ „Einsatzkräfte der Feuerwehr“ wird – ich hätte einfach „Feuerwehrleute“ gesagt …?
Ich auch. Wenn man sich so kompliziert anstellt, wird das mit der Gendergerechtigkeit nie was.
Und wie ist dann der Singular zu “Feuerwehrleute”? “Feuerwehrperson”?
Kommt drauf an. Eine männliche Einsatzkraft der Feuerwehr ist ein Feuerwehrmann, eine weibliche eine Feuerwehrfrau, eine Einsatzkraft, die sich mit herkömmlichen Gendern nicht identifizieren kann, muss man eben fragen. Wenn man es gar nicht weiß, kann man immer noch “Einsatzkraft” sagen. Oder “Feuerwehrmensch”, da kann eigentlich keiner beleidigt sein, außer Mr. Spock.
Mal abgesehen davon, wenn man Platz sparen will: “Die Feuerwehr löschte den Brand”
Jede/r LeserIn wird sich wohl denken können, dass das dann Einsatzkräfte der Feuerwehr waren und keine Schreib- oder Putzkräfte.
@Mycroft: Aber die Sprachreglung mit “-mann/-frau” hat doch wieder seinen Zweck verfehlt. Was hat denn nun das Geschlecht mit der Aufgabe von Feuerwehrleuten zu tun? Es ist einfach eine sachfremde Information, die ja vermieden werden soll.
Bei “Einsatzkraft” muss wieder umständlich der Kontext erklärt werden: Einsatzkraft der Feuerwehr. Ansonsten kann es zu Verwechslungen kommen, weil evtl. nicht zwingend klar ist, ob eine Einsatzkraft der Polizei oder die einer anderen Rettungsorganisation gemeint ist. Damit wären wir wieder beim ursprünglichen Problem.
Eine kompakte Bezeichnung im Singular, die geschlechtsneutral ist, wäre daher recht praktisch.
Bei Einsätzen der Feuerwehr sind in aller Regel mehr als eine Person zugegen. Daher wäre die Bezeichnung “Feuerwehrleute” praktisch immer richtig. Und die ist kürzer als “Einsatzkräfte der Feuerwehr”. Wenn mal mehrere Organisationen vor Ort sind, wären es z.B. “Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei”. Wenn ein Individuum gemeint ist, ist das eben eine Einsatzkraft (Individuum ist zwar noch geschlechtsneutraler, aber gut), und nur, wenn aus dem Zusammenhang nicht klar ist, zu welcher Organisation diese Einsatzkraft gehört, muss man eben dazu sagen “der Feuerwehr” oder “der Polizei”.
Es ging ursprünglich darum, wieso “Einsatzkräfte der Feuerwehr” ein guter Ersatz für “Feuerwehrmänner” sein soll, “Feuerwehrleute” jedoch nicht (ein Bauchstabe gespart). Ob das Geschlecht einer individuellen Feuerwehreinsatzkraft im Einzelfall wichtig ist, sei dem jeweiligen Journalisten selbst überlassen (bzw. dem Pressekodex). Stell Dir mal folgenden Zeitungstext vor:
“Feuerwehreinsatzkraft (39) bei Großbrand schwer verletzt. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder.” Wenn wir schon Alter und Familienverhältnisse der fraglichen Person erfahren dürfen, warum sollte ihr Geschlecht ein Geheimnis sein? Oder man lässt alles weg.