Der TAGESSPIEGEL hat ein neues Jugendmagazin namens „Schreiberling“, und inhaltlich entspricht das, was ich bisher davon gesehen habe, exakt dem, was der Name vermuten lässt.
Heute morgen erfahre ich etwa zu meiner Überraschung, dass das Lettische eine „Sprache ohne Schimpfwörter“ sei – eine 15-Jährige Schülerin, die gerade ein Auslandsjahr in Lettland verbringt, gibt als Grund für die Wahl des Gastlandes unter anderem an: „ Lettland, weil sich keine Schimpfwörter im lettischen Wortschatz finden lassen, weil es eigentlich doch ziemlich nah dran ist und wir trotzdem kaum etwas drüber wissen“.
Ich will hier nicht auf 15-jährigen Schülerinnen herumhacken, vor allem nicht, wenn sie so mutig sind, ein Auslandsjahr eben mal nicht in England, Australien oder den USA zu verbringen. Es würde mich tatsächlich interessieren, wie sie auf die Idee kommt, es könne tatsächlich eine solche schimpfwortfreie Sprache geben.
Aber beim Tagesspiegel arbeiten – das weiß ich aus persönlicher Erfahrung – Menschen, die sich ganz hervorragend mit Sprachen auskennen und denen klar sein dürfte, dass nur ein muļķis so eine Behauptung ungeprüft veröffentlichen würde, so ein richtiger stulbenis.
Viel Spaß bei der Suche nach weiteren lettischen Schimpfwörtern.
Vielleicht werden die genannten Wörter ja niemals als Beleidigungen verwendet sondern immer nur zur akkuraten Beschreibung der Wirklichkeit?
Vielleicht sind Schimpfwörter dort stärker/anders tabuisiert und es gilt als inakzeptabel, einer jungen Schülerin (oder Lettischlernenden im Allgemeinen) welche beizubringen, sodass man ihr gegenüber lieber behauptet, man kenne keine?
Nur ein weiterer Vorschlag. Der obige gefällt mir aber noch besser.
Ganz bald kommt unter der Leitung (Herausgeberschaft) von Ingke Günther ein Buch zu Schimpfwörtern im Deutschen heraus. Dazu habe ich ein ganz kurzes linguistisch orientiertes Kapitel beigesteuert. Ich hatte damals — also vor dem Verfassen des Beitrages — nicht so viel Ahnung von Schimpfwörtern und musste mir vieles erst einmal anlesen. Dabei hat mir auch eine Magisterarbeit von Laureta Dominauskien (Uni Vilnius) geholfen: Flüche und Schimpfwörter: die Kunst des sprachlichen Tabubruchs
im Sprachvergleich Deutsch, Litauisch. (Vielleicht kann man die Arbeit immer noch im Netz finden). Nun ist Litauisch nicht Lettisch; aber keine Sprache steht dem Lettischen so nahe. Ich wäre verwundert…
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