Erpresserbriefe, sprachliche Zukunftsvisionen, DDR-Jugendsprache, hochnotpeinliche Verhöre und, ähm, was zu uh: Auch diese Woche gibt es im Spektrogramm jede Menge Links zwischen skurril und spannend!
- Wie schreibt man einen anonymen Erpresserbrief? Auf jeden Fall nicht, indem man versucht, wie Nicht-MuttersprachlerInnen zu klingen. Wolfgang Krischke in der FAZ: »Richtig falsch zu schreiben erfordert also ein beträchtliches Können und zudem eine Disziplin, die viele Autoren nicht aufbringen: Wer sich auf Rechtschreibfehler konzentriert, vernachlässigt oft die notwendigen Verstöße gegen die Grammatik und umgekehrt. Es gibt also eine ganze Reihe von Anhaltspunkten, um sprachliche Maskierungen zu erkennen.«
- Was steht der deutschen Sprache noch bevor? Joachim Scharloth wagt auf SURVEILLANCE AND SECURITY einen Blick in die Glaskugel: »… so scheint mir doch, dass die Zukunft der deutschen Sprache — und auch anderer Sprachen — am meisten davon beeinflusst wird, dass Computer einen immer größer werdenden Anteil an der Kommunikation haben. Aber nicht im trivialen Sinn, dass in der computervermittelten Kommunikation die Sprache verfällt. Computer sind vielmehr direkt oder indirekt immer tiefer in Transferprozesse im Medium der Sprache involviert. Und das hat Folgen in mindestens drei Bereichen …« (Ein Interview zum gleichen Thema hat Scharloth mit der Sächsischen Zeitung geführt.)
- Michael Mann hat im LEXIKOGRAinPHIEBLOG ein Jugendsprachwörterbuch der DDR aus den 80ern ausgegraben: »Unter anderem finden wir dort bereits einen Eintrag für “cool” (S. 85), positiv bezogen auf Personen und auf Musik. Dazu ist zu sagen, dass in den DDR-Rechtschreibduden “cool” gar nicht verzeichnet ist; im BRD-Duden steht “cool” ab der 18. Aufl. (1980): ‘ugs. für ruhig, überlegen, kaltschnäuzig’; erst ab der 22. (längst gesamtdeutschen) Aufl. (2000) dann auch: ‘Jugendspr. für hervorragend’.«
- Stephan Bopp schweift auf FRAGEN SIE DR. BOPP ab: Eigentlich sollte er nur erklären, wie ein Adjektiv flektiert, und plötzlich liefert er uns die Etymologie von hochnotpeinlich. »Ein hochnotpeinliches Verhör ist ein sehr strenges Verhör, hochnotpeinliche Fragen sind sehr strenge Fragen. Historisch gesehen war hochnotpeinlich aber noch viel strenger als das, was wir heute unter sehr streng verstehen: …«
- Wo wir ähm oder äh oder öh sagen, nutzt man in den USA ganz ähnliche Füllwörter: um oder uh — und zwar mit regionalen Präferenzen, wie hier auf QUARTZ dargestellt: »To uncover the geography of filler words, Grieve ran through the Twitter corpus to find how often a given American county uses “um” over “uh” and vice versa. After that, he used an algorithm known as “hot-spot testing” to smooth out the results and make them more meaningful.«
Pssst … Der Erpresserbrief-Artikel stammt aus der FAZ nicht der Zeit.
P.S.: Vielen Dank für die wöchentliche Arbeit!
Danke für den Hinweis, ist korrigiert!
P.S.: Aber gerne doch!
Danke für die schönen Links! Aber müsste es bei Euch nicht ErpresserInnen-Brief heißen? Ihr gendert doch immer so gerne.
Oder ist es so, dass negativ konnotierte Bezeichnungen (Verbrecher,Faschisten, Erpresser) dann lieber doch maskulin bleiben?
Hi Tim, danke für das Lob.
Zu Deiner Nachfrage und der Unterstellung (gegen die ich mich streng verwahre): Hier handhabt das jede/r so, wie er/sie will (und das ändert sich dann auch immer mal wieder). Es geht uns um einen bewussten Umgang mit geschlechtergerechter Sprache, aber ich glaube niemand von uns würde für sich beanspruchen, die ideale Lösung gefunden zu haben.
Ich persönlich versuche, alle als eigenes Wort vorkommenden Personenbezeichnungen mit Binnen‑I zu versehen (und manchmal werfe ich auch ein generisches Femininum dazwischen), tue das allerdings nicht innerhalb von Komposita. D.h. ich schreibe ErpresserInnen, aber eben Erpresserbrief. Wo es geht, umgehe ich das Problem in Komposita, z.B. Teilnahmegebühr statt Teilnehmergebühr oder sowas, das bot sich hier aber nicht an.
Hmm, wie wäre es mit “Erpressungsbrief”?
Jupp, wollte auch grad „Erpressungsbrief“ vorschlagen.