Na, gestern genug Sonne abbekommen? Dann kann der heutige Tag ja ganz dem Spektrogramm gewidmet werden. Viel Spaß mit Tonträgern, Bösewichten, aktueller Forschung, Minderheitensprachen und unübersetzbaren Wörtern!
- Auf einen musikalischen Spaziergang durch die Dudenauflagen macht sich Michael Mann im LEXIKOGRAPHIEBLOG: Wann wurde eine Diskothek das, wofür wir sie heute halten und wie tritt die CD erstmals in Erscheinung?
- Ist, wer einen britischen Akzent hat, böse? Auf SPEECH TALK schreibt Geoff Lindsey sehr differenziert und mit vielen Hörbeispielen über Filmfiguren und ihr Englisch: »I think the primary factor is social rather than national: the most important thing about ‘British villains’ is not their country of origin but the fact that they sound high class.«
- Wer aus der Schweiz kommt und WhatsApp benutzt, kann der Wissenschaft helfen: Für ein linguistisches Forschungsprojekt werden sprachliche Spenden gesucht!
- Im NEW INTERNATIONALIST hält Jo Lateu ein Plädoyer für die Erhaltung von Minderheitensprachen: »Some people argue that, since languages ebb and flow as part of a natural order, it is pointless trying to save them. But the current threat to most of the world’s 7,000 languages is far from being a natural phenomenon.«
- 13 absolut unübersetzbare Wörter hat Michael Covarrubias auf WISHYDIG (Englisch) gesammelt.
Sollte dieser letzte Link lustig sein? Oder war da nur jemand massiv genervt von Listen mit angeblich nicht übersetzbaren Wörtern? Jedenfalls danke für die vergeudete Zeit. Wenn solche Listen unnütz sind, ist es ein Artikel dieser Bauart erst recht.
Warum “oder”?
Außerdem: Bitte melden Sie sich schriftlich, wir erstatten Ihnen dann das Geld zurück …
Für einen Moment hatte ich den Wishydig-Artikel tatsächlich ernst genommen und wollte mich schon darüber aufregen, aber dazu beignet sich der aus dem New Internationalist viel besser. Der enthält nämlich kein einziges Argument (außer romantisch verklärte kulturelle Identität) dafür, Sprachen gezielt am Leben zu erhalten, sondern nur welche für ihre Beschreibung und Konservierung. Ersteres ist ohnehin nicht Aufgabe der Linguistik.
@Kristin Kopf: Ich wollte damit lediglich ausdrücken, dass dieser Artikel dem ansonsten herausragenden Standard der in diesem Blogspektrogramm (nicht nur diese Woche, sondern generell) verlinkten Artikel meines Erachtens in keiner Weise gerecht wird. Natürlich stimme ich mit dem, was auf den verlinkten Seiten so gesagt wird, nicht immer überein — wie langweilig wäre das bitte? — aber normalerweise kann ich doch aus jeder dieser Seiten noch irgendeinen Nutzen ziehen, und das war hier schlicht nicht der Fall. Wenn auf der Seite nur der Satz “Das Wort ‘unübersetzbar’ ist Unfug” (bzw. sein englisches Gegenstück) gestanden hätte, wäre das exakt genauso informativ und wesentlich kürzer gewesen. Da mir das aber schon vorher klar war, habe ich exakt gar nichts davon gehabt, und da bin ich inzwischen doch darauf konditioniert, von dieser Seite ein bisschen mehr zu erwarten. Falls diese Konditionierung ein Fehler sein sollte, kann ich natürlich gern versuchen, meine Erwartungen wieder etwas zu senken. 😉 (Allerdings nicht so weit, dass ich den Artikel gut finden könnte. Das hier ist immer noch sprachlog.de und nicht bild.de oder heftig.co.)
@Ospero: Danke für das generelle Lob. Die Kritik an Wishydig kann ich nicht nachvollziehen — was soll daran denn das Niveaulose sein?
Es ist ein Scherz über all die Listen vom Typ “10 deutsche Wörter, die es in keiner anderen Sprache gibt” und sicher ist er nur für einen Teil unserer Leserschaft verständlich oder lustig, das halte ich aber nicht für problematisch (ist ja auch bei anderen Texten so, dass nicht alle was mit allem anfangen können). Wenn man sich davon irgendwie reingelegt fühlt und darüber ärgert, kann ich das zu einem gewissen Grad nachvollziehen, das rechtfertigt aber den Vorwurf der Niveaulosigkeit auch nicht.
Die einzelnen Einträge nehmen linguistische Praktiken und laienlinguistische Meinungen recht clever auf den Arm.
Zum Beispiel heißt es da “(Tierra del Fuego, by the way, means “Fire, Having Land/Earth/Dirt, Which Land/Earth/Dirt Is Being This Land/Earth/Dirt”.)”
— eine Referenz auf Glossierungen/Übersetzungen, die das Material so verfremden, dass die vorhandenen Ähnlichkeiten mit anderen Sprachen verdeckt werden.
Iktsuarpok ruft den bekannten Mythos von den Eskimowörtern für Schnee ab und The demonstriert, dass sich für Funktionswörter keine konkreten Bedeutungsangaben machen lassen und wir sie somit alle zu “unübersetzbar” erklären könnten.
@Christoph Päper: Die Kritik teile ich zu einem gewissen Maß, allerdings bin ich der Meinung, dass der verlinkte Artikel durchaus auf wichtige Aspekte hinweist und kann in Passagen wie
“To survive, languages must be seen to be relevant. They must be valued and their use encouraged, particularly among children. Being multilingual is very much the norm in most of the world; Indian children, for example, will often be fluent in three or four languages, and will switch between them as appropriate, at school, with family, friends or neighbours. It is this sort of ‘active’ multilingualism, with each language having a valid and valued place in a different area of an individual’s daily life, that must be encouraged.” oder “Enlightened government policies, pressure from the UN and ongoing academic research will go some way to improve the lot of minority languages. But such top-down approaches are not enough. Without the engagement of those speaking the languages, without a renewed sense of their worth and desirability and of their place in modern life, they will not survive.” zwar ein gewisses Sendungsbewusstsein, aber keine romantische Verklärung entdecken.