ERLANGEN (sl). Die Deutsche Bahn ist zur Sprachpanscherin des Jahres gekürt worden. Das teilte die DEUTSCHE SPRACHWELT diese Woche in Erlangen mit. Den alljährlich verliehenen Negativpreis erhält das Reiseunternehmen für 2013, weil es das prägnante deutsche Wort Service aus dem Unternehmenslexikon gestrichen hat. „Die Verdrängung verständlicher deutscher Sprache schreitet unaufhaltsam voran. Wir wollen das nicht länger hinnehmen“, begründet Thomas Paulwitz, Chefredakteur der verleihenden Institution für Sprachpflege, das Urteil.
Seit die Bahn Mitte des letzten Jahres angekündigt hatte, dass im Zuge einer größeren unternehmensinternen Sprachreform der ServicePoint ausgedient hat und in DB Information umbenannt werden wird, sei die Deutsche Bahn um eine prägnante Bezeichnung ärmer. DB Information, so die Sprachexperten, sei kein adäquater Ersatz für den großen Katalog an Leistungen, die man an den Schaltern erhalten könne, die meist weit über Informationen zu Fahrplänen, Verspätungen oder Zugausfällen hinausgingen. Die Umbenennung könne bei Reisenden deshalb in Zukunft zu großer Verwirrung und Desorientierung führen. „Der qualitative Aspekt des DB-Service hat bei unserer Entscheidung über die Ächtung der unheilvollen Fremdwortflut aber keine Rolle gespielt“, versichert die Jury, „Service auf Abstellgleis ist einfach so ein dämliches Wortspiel“.
Mit dieser Auszeichnung wird der Deutschen Bahn die Ehre zuteil, die bislang lediglich ihren Vorständen Hartmut Mehdorn (2007) und Johannes Ludewig (1999) vorbehalten war, die ebenfalls für die Übernahme von unverständlichen und unzureichend beschreibenden Lehnwörtern gerügt wurden. „Das war also überfällig“, war aus gut informierten Sprachpflegerkreisen zu hören.
Wie? Sprachwahrerin? Ach so, son Positivpreis diesmal? Asoja, äh, janö, nadann, also wir haben uns schon gewundert. Aber in dem Fall macht die Auszeichnung ja voll Sinn. Und den Sternen, Foki und Rundfunken der Welt ist auch nicht die sprachpflegerische Höchstleistung aufgefallen, hier eine Maximalbankrotterklärung zu würdigen, die die Hotline ab sofort — man will’s eigentlich gar nicht so genau wissen — durch Service-Nummer ersetzt.
Für die Moral: Sprachwahrerin mit Movierungssuffix.
Nach einigen Artikeln zum Service-Point hier hab ich gefragt: Gibts die irgendwo überhaupt? In Göttingen am Bahnhof hat’s jedenfalls keinen Service Point. Nur eine Information und ein Reisezentrum. Und das schon ziemlich lange.
Mittels Ticketvermerken wie “Zugbindung aufgehoben” informieren diese Informationen gelegentlich sogar ZugbegleiterInnen weit außerhalb ihrer lokalen Zuständigkeitsbereiche. Treffender wäre also wohl “Nah- und Ferninformation”.
Warum nicht ein bisschen abstrakter werden? “DB-Kundendienst” wäre da doch der passende Ausdruck, das ist schön vage und beinhaltet so ziemlich alles — Informationen beschaffen und herausgeben, Zugbindungen aufheben, Bescheinigungen über Verspätungen ausstellen usw. Und die Hotline könnte man dann analog in “DB-Kundendienst-Nummer” umbenennen, obwohl man da auch ohne “Nummer” auskäme. Das wäre doch mal Sprachpflege…
Ist doch ganz logisch. Wenn die Bahn nichts mehr mit “Service” betitelt, kann man ihr auch nicht mehr vorwerfen, dass der Service schlecht ist. Denn sie behauptet ja nicht mehr, einen zu bieten.