Wenn das Wort des Jahres verkündet wird, sind wir beim Sprachlog immer hin und her gerissen zwischen Wortwahlkollegialität und Kopfschütteln. Das Kopfschütteln gewinnt meistens. Also, jedes Mal.
Nachdem man im letzten Jahr das völlig unbekannte Wort „Rettungsroutine“ zum Sieger gekürt hatte, wollte man dieses Jahr etwas nehmen, das alle kennen:
Wort des Jahres 2013 ist GroKo. Das Kurzwort, meist mit dem auffälligen großen „K“ im Wortinneren, steht für die neue »Große Koalition«. Das Thema hat das Wahljahr beherrscht. Das Wort zeigt in seinem Anklang an »Kroko« bzw. »Krokodil« eine halb spöttische Haltung gegenüber der sehr wahrscheinlichen Koalition aus CDU/CSU und SPD auf Bundesebene und hat die Presse bereits zu neuen Bildungen wie GroKo-Deal animiert. [Presserklärung der GfdS, 13.12.2013]
Ja, das auffällige große K, das ist wirklich mal etwas Ungewöhnliches. Also, das machen wir bei Twitter-Hashtags oft. Oft, aber ungewöhnlich. Liegt vielleicht an unseren iPhones und BlackBerrys. Ein Großbuchstabe im Wortinneren, da müsste man mal ein Wort für erfinden.
Und das Wort klingt ein bisschen wie „Kroko“ – immerhin, denn „Rettungsroutine“ klingt schließich wie gar kein Tier. Außer ein bisschen wie „Sägehornbiene“. Das ist lustig. Da könnte man ein Twittermem draus machen – #einwortdesjahresdanebentiere, oder so.
Und es drückt eine spöttische Haltung aus. Weil – naja, es klingt wie „Kroko“.
Und es hat die Presse zu neuen Bildungen animiert. „Animiert“ bedeutet doch, von Twitter abgeschrieben, oder?
Animiert klingt ein bisschen wie „angeschmiert“. Aber das ist kein Tier.
Ich weiß gar nicht, was ich hier eigentlich tue.
Ich finde die in Programmiererkreisen übliche Bezeichnung CamelCase, in Anlehnung an die Höcker derselben für die Verwendung von Binnenmajuskeln viel schöner. Was vorher da war, müssen Sie klären. Ich bin Informatiker, kein Linguist.
Das österreichische Wort des Jahres “frankschämen” ist irgendwie besser
Was mich aus sprachwissenschaftlicher Sicht mal interessieren würde: Spricht man GroKo nur so ähnlich aus wie Kroko oder nicht doch identisch?
Ganz ehrlich, für mich klingt beides gleich (ebenso wie Grippe und Krippe, Blage und Plage und ähnliche Fälle, wo Liquid auf Plosiv folgt). Und extra die Stimmhaftigkeit zu unterstreichen klingt mir sehr forciert. Liegt das an meiner Muttersprache (Pfälzischer Dialekt) oder geht das irgendwelchen Hochsprachesprecherinnen und ‑sprechern genauso?
Also in Norddeutschland spricht man Groko und Kroko nicht gleich aus. Ich habe allerdings mal in der taz etwas über “Kindergrippenplätze” gelesen. Der Autor schien da auch so seine Probleme zu haben 😉
Im Süddeutschen/Bairischen ist im Anlaut der Unterschied zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten in der Tat oft schwer auszumachen – Bass/Pass (/bås/) und Torten/dort’n (/duatn/) sind oft ununterscheidbar. Klassischerweise bleibt zwar initiales K von initialem G unterscheidbar (Karten/Garten ist also nicht gleichlautend, sondern /koatn/ vs. /goatn/), aber bei „Krokodil“ wäre mein instinktive Wiener Aussprache trotzdem /grokodü/, nicht /krokodü/.
Ah, Mutmaßung: Initial sind K/G im Bairischen dann unterscheidbar, wenn auf sie unmittelbar ein Vokal folgt? ::grübel::
Die Wikipedia zu den bairischen Dialekten stimmt da zu, allerdings nur für den Wortanfang:
“Als einziger fortis-Laut ist k- am Wortanfang erhalten, wenn ihm ein Vokal nachfolgt; vor r, l und n wird er ebenfalls zum g lenisiert.”
“Kroko” und “Groko” sowie “Koatn” und “Goartn” sind im Bairischen schon unterscheidbar. Das K wird rausgekotzt, das G viel sanfter ausgesprochen.
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