Im Spektrogramm haben sich diesmal viele Links zu sprachlicher Diskriminierung und zu Sprachpurismus angesammelt. Für den Spaß sorgen Katzen‑, Möbel- und Metalbandnamen.
- In der taz hat diese Woche ein Text von Arno Frank ((Nicht unser Lesetipp, aber hier.)) zu sprachlicher Diskriminierung für zeitungsinternen Widerspruch gesorgt. So schreibt Daniel Bax: ((Dem leider entgangen ist, dass das Bremer Sprachlog schon lange Geschichte ist.)) »Zu behaupten, der Verzicht auf diskriminierende Begriffe mache sprachlos, ist genau so absurd wie die Befürchtung, dass Flirts nicht mehr möglich seien, weil Rainer Brüderles anzügliche Dirndl-Äußerung skandalisiert wurde.«
- Noch lesenswerter ist, was Lalon Sander bemerkt: »Wer in Kategorien wie Verbot und Erlaubnis denkt verkennt, dass es nicht bloß darum geht, Worte zu ersetzen, Menschen anders zu adressieren. „Aber wie soll ich die jetzt nennen?“, diese Frage steht zwischen den Zeilen. „Die“, das sind die Neger, Fidschis und Zigeuner von früher. Doch diese Konstruktion der „Anderen“ gibt es in einem antirassistischen Weltbild nicht mehr, insofern gibt es für sie auch keinen neuen Begriff.«
- In der WELT schreibt der Germanistik Karl-Heinz Göttert über den beleibe nicht neuen Sprachpurismus. Wer das Sprachlog liest, wird einige alte Bekannte im Artikel entdecken: »Nach 1945 trat ein neuer Verein, die Gesellschaft für deutsche Sprache, die Nachfolge des Allgemeinen deutschen Sprachvereins an. […] Doch vom alten Purismus nahm verabschiedete man sich.Mit diesem Verzicht auf Fremdwort-Panikmache ließ die Gesellschaft allerdings eine Marktlücke offen, die irgendwann andere besetzten: …«
- Wer in Karlsruhe oder in der Nähe wohnt, könnte sich für die Tagung »Wörter raus!?« interessieren, auf der es u.a. aus sprach- und literaturwissenschaftlicher Perspektive um diskriminierungsfreie Sprache in Kinderbüchern geht.
- In Mainz fand diese Woche die meines Wissens erste sprachwissenschaftliche Tagung zu Tiernamen statt ((Programm und Abstracts)). Mit einem der Vortragenden hat die FAZ ein Interview über die Benennung von Katzen geführt.
- Und zum Abschluss noch ein Quiz: Auf IKEA or Death gilt es, Möbel- von Metalbandnamen zu unterscheiden. Schwedischkenntnisse sind von Vorteil!
9 von 20 richtig
13 von 20! 🙂
Das mit den Tiernamen würde ich gerne noch breiter angelegt sehen. Und auf seine Kuscheltier-Studie freue ich mich auch schon!
@Jess: Was interessiert Dich genau? Andere Tierarten? Mehr Details? Es wird einen Tagungsband geben, das dauert aber noch. Den ein oder anderen Aspekt kann ich auch aus der Erinnerung noch erläutern. Da zu Tiernamen bisher kaum geforscht wurde, warfen die meisten der vorgestellten Studien in erster Linie sehr viele spannende Fragen auf.
Höhö. 18 von 20.
@Kristin Kopf Ja, definitiv andere Tierarten. Diese beobachtete Korrelation von Fell/Flauschigkeit und Namen. Aber auch einfach noch mehr Katzen, vielleicht aus mehr Ländern. Und vor allem mehr über die Hintergünde der namengebenden Menschen — Alter, Bildung, Stadt/Land?
Vielleicht wurde das ja auch alles zumindest ansatzweise behandelt, nur in dem Interview nicht danach gefragt?
@Jess: Katzen aus anderen Ländern gab es leider nicht, aber das kommt sicher noch 🙂 Untersuchungen zu anderen Tierarten und Haltungsformen gab es. Kaninchen z.B. scheinen, wenn ich mich recht erinnere, in erster Linie nach ihrem Fell oder anderen Charakteristika benannt zu werden (Wuschel, Hoppel, Krümel). Bei ihnen kommt es außerdem oft zur Vergabe männlicher Namen an weibliche Tiere und umgekehrt, da eine Geschlechtsfeststellung besonders am Anfang sehr schwierig ist. Viele BesitzerInnen behalten den Namen dann dennoch bei.
Bei Zirkustieren schienen sich die Namen für weibliche und männliche Tiere lautlich wesentlich deutlicher voneinander zu unterscheiden als bei Haustieren. Außerdem war hier wichtig, dass gemeinsam auftretende Tiere sich deutlich voneinander unterscheiden, weshalb man z.B. verschiedene Vokale benutzte. Der Name musste auch kurz sein, damit er sich zur Dressur eignete.
Bei Milchkühen hatte man früher Benennung nach Fell und teilweise auch nach Naturelementen (Bäume, Blumen), mittlerweile dominieren Frauennamen — sofern noch Namen vergeben werden, viele Betriebe beschränken sich heute auf Nummern.
Welche Daten jeweils zu den BesitzerInnen erhoben wurden, weiß ich leider nicht. Bei den Haustieren erfolgten die Umfrage über Haustierforen, d.h. da haben wir eine recht starke Selbstselektion, es werden bes. Menschen mitgemacht haben, denen ihre Tiere extrem am Herzen liegen.
In einer Untersuchung wurden Schulkinder verschiedener Schultypen befragt, da schien sich zu ergeben, dass die soziale Schicht keinen (oder maximal wenig) Einfluss auf die Namengebung zu haben scheint.
Halbaffen im medizinischen Versuchslabor haben einen Chip, eine Nummer, einen Namen und oft einen Spitznamen. Je nach emotionaler Nähe zum Affen wird anders referiert — in der Pathologie mit Nummer und Chip, TierärztInnen mit Nummer und Name (wobei beim Namen oft Fehler gemacht wurden), TierpflegerInnen mit Namen und Spitznamen. Labormäuse scheinen hingegen (zumindest bei den befragten Einrichtungen) nicht benannt zu werden.
Tiere, die in freier Wildbahn beobachtet werden, können (neben Nummerierung, Beringung etc.) benannt werden — männliche Nachtigallen z.B. nach dem Revier, in dem sie singen (Busstop, Tanke). Der Name hält sich allerdings nur ein Jahr und wird, wenn im Folgejahr eine neue Nachtigall in diesem Revier sitzt, auf diese übertragen. Vielleicht ist er also eher ein Toponym. Dagegen spricht aber, dass ein Gebiet nur dann überhaupt benannt wird, wenn eine Nachtigall dort sitzt, und auch dass mit den Namen auf die Vögel direkt referiert wird (“Tanke hat heute nicht gesungen”).
So, das erstmal das, was mir noch so eingefallen ist 🙂
Wow! Danke, Kristin Kopf! Diese Antwort war ja eigentlich schon ein eigener Beitrag.
Sehr spannend, das alles. Die Halbaffen-Studie scheint ja z. B. sehr schön zu zeigen, wie verschiedene Menschengruppen verschiedene Namen nutzen. Neu aufgefallen (durch den Dressur-Punkt) ist mir der sicher auch sehr untersuchenswerte Unterschied zwischen Tieren, die ihren eigenen Namen erkennen (z. B. Hunde) und Tieren, die das nicht tun.
Auf die Kuscheltier-Untersuchung, wenn sie denn irgendwann kommen sollte, bin ich vor allem deshalb gespannt, weil hier die (meisten) Benennenden eine ganz spezifische Gruppe sind, nämlich Kinder, die ja auch ansonsten ihre ganz eigenen Begriffe und Ausdrucksweisen haben.