Die sprachliche Nachricht der Woche war fraglos „‚Tweet‘ kommt ins Wörterbuch“. Das Wörterbuch, um das es dabei ging, war das Oxford English Dictionary, das tweet war das englische Verb to tweet. Und tatsächlich findet sich der entsprechende Eintrag bereits in der Online-Version des Wörterbuchs, ebenso, wie der für das Substantiv tweet. Dabei ist nicht das Wort selbst neu, denn das stand bisher natürlich schon mit der Bedeutung „einen kurzen, hohen Ton oder eine Serie solcher Töne machen“ (für das Verb) und „kurzer, hoher Ton wie ihn ein kleiner Vogel macht“ (für das Substantiv) im größten Wörterbuch der englischen Sprache. Nun kommen zwei Verbbedeutungen hinzu. Eine für das Verb ohne Objekt (z.B. John tweets): „einen Beitrag auf dem sozialen Netzwerkdienst Twitter machen. Auch: Twitter regelmäßig oder gewohnheitsmäßig verwenden“. Und eine für das Verb mit Objekt (z.B. John tweeted a picture of a cat): „eine Nachricht, eine Information auf Twitter veröffentlichen“. Als Erstbeleg für Verb und Substantiv gibt das OED derzeit einen Blogbeitrag auf dem Blog NevOn vom 15. März 2007 an – für Sprachfans eine klare Herausforderung, einen früheren Beleg zu finden.
Mit diesem noch sehr jungen Erstbeleg hat das OED übrigens, wie unter anderem der Inquirer berichtet, bei der Aufnahme des Wortes eine hausinterne Regel gebrochen, nach der sich ein Wort mindestens zehn Jahre im allgemeinen Sprachgebrauch halten muss, um in das Wörterbuch aufgenommen zu werden. Warum hier eine Ausnahme gemacht wurde, ist unklar, aber wenigstens lässt sich ausschließen, dass das OED sich bei der Firma Twitter beliebt machen wollte. Denn die Lexikograf/innen des OED haben sowohl das Substantiv als auch das Verb klein geschrieben, und damit den allgemeinen Sprachgebrauch korrekt abgebildet aber eine Anweisung ignoriert, die Twitter vor einiger Zeit allen Nutzer/innen dieses Wortes auf den Weg gab: „Please remember to capitalize the T in Twitter and Tweet.“
Der Duden, auch das wurde stellenweise berichtet, war übrigens deutlich schneller als das Oxford English Dictionary: Schon seit 2009 ist das Verb twittern dort zu finden (allerdings nur in seiner objektlosen Variante). Auch das Substantiv Tweet hat schon seit längerem einen Eintrag. Der Duden definiert die Wörter übrigens ohne jeden Bezug auf die Firma Twitter (die nur bei der Wortherkunft erwähnt wird): ((Wo man den Kurznachrichtendienst kurioserweise als „Dienstleistungsprogramm“ bezeichnet.)) Der Tweet is definiert als „beim Twittern gesendete Nachricht“, und das Verb als „Kurznachrichten über das Internet senden und empfangen“. Das dürfte den Markenrechtsanwälten von Twitter missfallen, aber der Duden entspricht damit zumindest meinem Sprachgebrauch. Denn ich würde auch Sätze sagen wie „Ich muss diesen Blogbeitrag noch auf App.net twittern“ oder „Auf identi.ca stand vorhin ein lustiger Tweet“.
Statt mit neuen beschäftigt sich Bodo Mrozek ja mit alten Wörtern. Wörtern, die er vom Aussterben bedroht sieht, wie Kleinod, Xanthippe, Hagestolz und andere Nützlichkeiten. Auf SCHWAEBISCHE.DE erzählt er, wie alles anfing und warum er kein Sprachschützer ist. Selbst verwenden will er die bedrohten Wörter übrigens nachvollziehbarer Weise nicht, denn, wie er richtig beobachtet, würde man dabei „ja heutzutage oft nicht mehr verstanden, sondern schräg angeguckt“. Er illustriert das mit dem schönen alten Satz Da überholt eine Babybrumme einen Fußgasaffen in einer Schneckenschleuder, der für mich eher nach frei erfundenem Fünfziger-Jahre-Slang als nach aussterbenden Wörtern klingt. Oder vielleicht nach einem Twittermem #wortfiktionen.
Oah nee. Damit käme ich ja gar nicht klar.