Heute geht’s um den AdJ-Kandidaten gendern und ich will gleich vorausschicken, dass ich dem Monsterthema zwar einige Köpfe abschlagen konnte, aber immer neue nachgewachsen sind. Also: Anspruch auf Unvollständigkeit.
Nominiert wurde gendern von David, mit folgender Begründung:
Das Wort wird vor allem in der Bedeutung »in geschlechtergerechter Sprache schreiben« verwendet. In Englisch gibt es das Verb »to gender« nicht, und das Nomen »gender« in der Bedeutung »soziales Geschlecht« ist ebenfalls vergleichsweise jung. Das Wort zeugt also von einem kreativen Umgang mit Sprache, außerdem scheint es momentan Hochkonjunktur zu haben.
Für mich ist es aus mindestens zwei Gründen ein sehr spannendes Wort:
Zum einen kam es mir zunächst sehr etabliert vor, für den Anglizismus des Jahres schon viel zu lange viel zu verbreitet. Aber vielleicht ist das nur in meiner sehr geisteswissenschaftlich-universitär geprägten Welt so, wo geschlechtergerechte Sprache weitgehend Konsens ist?
Zum anderen trage ich, trotz der hohen Verwendungshäufigkeit in meinem Umfeld, noch immer leise Zweifel mit mir herum, was das Wort denn nun heißen kann. Die sind darin begründet, dass ich in einem Seminar einmal gelernt habe, gendern würde zunehmend falsch verwendet – es hieße nämlich nicht ‘etwas in geschlechtergerechte Sprache bringen’ sondern ‘geschlechterbasierte Unterschiede erzeugen’. Nach dieser Bedeutung wäre z.B. Babymode gegendert (rosa, Schmetterlinge und Blümchen für Mädchen – blau, Bagger und Flugzeuge für Jungs).
Diesen beiden Punkten werde ich in diesem Beitrag auch hauptsächlich nachgehen.
Was war das Vorbild?
Der Anglizismus des Jahres muss, logisch, aus dem Englischen stammen – was für unser deutsches Verb gendern mehr oder weniger direkt zutrifft. Es gibt zwei potenzielle Wortlieferanten: Zum einen das Substantiv gender, das David im Verdacht hat, und zum anderen das Verb to gender, das es nämlich sehr wohl gibt, wenn es auch im Gebrauch recht selten ist.
Das Substantiv haben wir auch als solches schon vor Längerem ins Deutsche entlehnt (Gender), wo es sich besonders in der Soziologie (und den relativ neuen Gender Studies) als ausgesprochen nützlich erwiesen hat. Bis dahin gab es nämlich nur Geschlecht, wo man auf Englisch zwei wichtige Aspekte unterscheiden konnte: Das biologische Geschlecht (sex) und das soziale Geschlecht (gender). Damit trägt man der Tatsache Rechenschaft, dass es gesellschafts- und kulturspezifische Geschlechterrollen gibt, die stark variieren können – zum Beispiel was Kleidung, typische Tätigkeiten/Berufe etc. betrifft.
Im Deutschen Referenzkorpus habe ich das Substantiv einmal für deutschsprachige Zeitungen recherchiert. ((Im W‑Archiv der geschriebenen Sprache, ohne Wikipedia, zugänglich via Cosmas II.)) Belegt ist es dort erstmals 1994, wobei das Korpus auch erst ab 1990 eine gewisse Größe erreicht. ((Insgesamt sind die Zahlen sehr klein (332 bereinigte Treffer; Es wurden entfernt: Vorkommen innerhalb englischer Zitate, Vorkommen als Erstglied eines Kompositums, Fehltreffer wie Eigennamen oder falsche Segmentierungen), ich habe es dennoch gewagt, sie einmal auf Vorkommen pro Million Wörter zu normalisieren und in folgendes Diagramm zu packen:
Die Zeit, in der Gender ununterbrochen erklärt werden musste (und als fremdes Element in Anführungszeichen gesetzt wurde), scheint vorbei zu sein, aber besonders häufig ist es auch heute nicht.)) In Büchern lässt sich das Wort vermehrt seit den 1980ern nachweisen. ((Logisch, weil die Anfänge des Wortes in den Sozialwissenschaften zu suchen sind, und bis wissenschaftliche Terminologie in Zeitungen überschwappt, dauert es einfach. Eine Google-Buch-Suche für 1900 bis 1990 lieferte keine deutschen Belege – alle von mir durchgesehenen 26 Trefferseiten bestehen aus Englisch, Silbentrennung (Typ fol-gender) oder falscher Datierung. Schaut man aber einmal mit dem Ngram-Viewer, wobei hier auch englische Buchtitel und Zitate etc. hineinspielen werden, lässt sich eine schöne Kurve beobachten:
Ob das deutsche Verb gendern vom entlehnten Substantiv abgeleitet wurde, oder ob es sich um eine Entlehung des englischen Verbs handelt, muss hier leider ungeklärt bleiben, dazu müsste man sich, denke ich, speziell gesellschaftswissenschaftliche Texte anschauen. Sollten sich unter den Sprachlog-LeserInnen Fachleute befinden, freue ich mich über Hinweise!
Was heißt es?
Dass bei (oder nach) der Entlehnung semantisch einiges passiert sein muss, sagt uns aber der gesunde Menschenverstand: Englisch hat das Problem mit dem »generischen Maskulinum« quasi nicht, weil es kein Maskulinum (als Genus, d.h. grammatisches Geschlecht) besitzt. ((Was natürlich nicht heißt, dass alle personenbezeichnenden Substantive als geschlechtsneutral wahrgenommen würden, natürlich existieren Geschlechterrollen auch dann, wenn sie sprachlich weitgehend »unsichtbar« sind. Dieses Rätsel ist ja sicher hinreichend bekannt.)) Dem Deutschen vergleichbare Probleme treten im Pronominalsystem auf, wo man sich bei Menschen für he oder she entscheiden muss – eine Lösung des Problems ist das Pluralpronomen they im Singular, oft werden (zumindest in geschriebener Sprache) auch Mischformen wie s/he benutzt. ((Ebenfalls diskutiert werden Personenbezeichnungen auf -man wie chairman, die häufig durch -person ersetzt werden.)) Es existiert also ein Diskurs darüber, wie man geschlechtsneutrale Sprache erreichen kann, aber die erforderlichen sprachlichen Veränderungen (oder Hacks) sind bei weitem nicht so umfangreich wie im Deutschen. Ein Verb wie gendern in der Bedeutung ‘geschlechtergerechte Sprache verwenden’ hat das Deutsche also definitiv nötiger als das Englische.
Und tatsächlich, im Englischen hat to gender dieser Bedeutung nicht, zumindest liefert ein Blick ins OED nur folgende Definition:
To assign or attribute a gender to; to divide, classify, or differentiate on the basis of gender. rare before mid 20th cent.
[‘Ein Geschlecht zuweisen oder zuschreiben; trennen, klassifizieren oder unterscheiden auf der Grundlage des Geschlechts. Vor Mitte des 20. Jhs selten’, meine Übersetzung]
Zur Illustration ein Beleg von 1990:
Reason was gendered as masculine and attributed to persons of rank, passion was gendered as feminine and characteristic of common people.
[aus: C. Jordan: Renaissance Feminism; ‘Vernunft wurde als männlich konzipiert und ranghohen Personen zugeschrieben, Leidenschaft wurde als weiblich und typisch für rangniedere Menschen konzipiert’, meine Übersetzung]
Hier geht es also um gesellschaftliche Unterschiede vom Typ Rosa-und-Blau, den ich eingangs erwähnt habe. Im Deutschen habe ich keine Belege für eine solche Verwendung gefunden – was nichts heißen muss, auch dazu sind Hinweise hochwillkommen!
Ich gehe nun also im Folgenden davon aus, dass die Bedeutungsverschiebung hin zum Bedeutungsbestandteil ‘Geschlechtergerechtigkeit’ eine deutsche Innovation ist und will versuchen, sie etwas aufzudröseln. Ganz grob – und ich bin wirklich sehr grob, denn es ist mittlerweile 2:30 Uhr – kann das deutsche gendern zwei Bedeutungen haben, eine, die sich nur auf Sprache bezieht und eine, die sich auf gesellschaftliche Strukturen bezieht.
Die Sprachdefinition
Das ist die, für die David das Wort nominiert hat, also ungefähr ‘etwas in geschlechtergerechte Sprache bringen, in geschlechtergerechter Sprache formulieren’. Gemeint ist also die Beseitigung oder Vermeidung rein maskuliner Formen (irrtümlicherweise oft als »generisches Maskulinum« bezeichnet) zugunsten von Beidnennung (Bloggerinnen und Blogger), Binnen‑I (BloggerInnen), Schrägstrich (Blogger/innen) o.a. (Blogger_innen, Blogger*innen, Bloggende, …).
Hier ein Verwendungsbeispiel aus einer Zeitung (via DeReKo):
Frauenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) griff das Thema auf und trat im Jänner 2009 mit Ihrem Wunsch an die Öffentlichkeit, die Österreichische Bundeshymne „zu gendern“, also den männlichen und weiblichen Teil gleich zu erwähnen.
(in: Burgenländische Volkszeitung, 21.07.2011; Töchter nun besungen)
Die Gesellschaftsdefinition
Duden online schreibt dem Verb aber eine viel breitere Bedeutung zu, nämlich ‘das Gender-Mainstreaming (auf etwas) anwenden’. Das kann zum einen Chancengleichheit ungeachtet des Geschlechts bedeuten (z.B. keine Gehaltsunterschiede), zum anderen die gleiche Berücksichtigung beider Geschlechter (d.h. von als unterschiedlich/geschlechtsspezifisch wahrgenommenen Bedürfnissen).
In dieser Bedeutung findet es sich auch in Zeitungen, interessanterweise ganz besonders in Österreich. So wird gefordert, Budgets zu gendern (d.h. aufzuschlüsseln, wie viel Geld für bestimmte gesellschaftliche Gruppen ausgegeben wird, hier sind, sehr spannend, auch Menschen mit Migrationshintergrund und SeniorInnen mitgemeint), man gendert Spielplätze (d.h. sowohl Jungen als auch Mädchen wurden danach befragt, welche Spielgeräte es geben sollte) oder Gemeinden (d.h. man erhebt, welche gesellschaftlichen Gruppen welche Gemeindestrukturen besonders nutzen und nimmt evtl. Veränderungen vor).
Weitere Definitionen
Ich habe gestern auf Facebook gefragt, was die, äh, LikerInnen unserer Seite unter gendern verstehen. Der Großteil (14, Mehrfachnennungen möglich) spricht sich aktuell für die sprachliche Definition aus, eine Minderheit (3) für die Gesellschaftsdefinition. Außerdem gibt es zwei Anhänger der englischen Definition und schließlich wurde noch eine weitere vorgeschlagen, nämlich ‘Genderdekonstruktion/-kritik betreiben’, die ebenfalls zwei Personen vertreten.
Nun hätte ich gerne ein patentes Mittel, um die Häufigkeit der verschiedenen Bedeutungen im allgemeinen Sprachgebrauch zu messen – gibt’s aber nicht. Normalerweise würde ich in Ermangelung von Alternativen irgendwas mit Google hintricksen, das verbietet sich in diesem Fall jedoch aufgrund der ideologischen Aufgeladenheit des Wortes. Also, es ginge natürlich schon, aber ich ertrage die ganzen unqualifizierten Glossen und Forenbeiträge vom Typ SalzstreuerIn einfach nicht. Ein grobes Scrollen über die ersten Ergebnisseiten weist aber ganz klar auf die Sprachdefinition hin.
Füllt gendern damit
[…] eine interessante Lücke im deutschen Wortschatz […], indem [es] eine vorhandene Wortbedeutung weiter ausdifferenzier[t] oder indem [es] ein Wort für etwas bereitstell[t], was es vorher nicht gab oder was vorher nur mühsam umschrieben werden konnte? (vgl. hier)
Für die Sprache: Ganz eindeutig, ja. Ungetüme wie in geschlechtergerechter Sprache sagen/schreiben oder sich geschlechtergerecht ausdrücken sind damit unnötig. In dieser Bedeutung prophezeihe ich dem Wort eine sichere Zukunft.
Für die gesellschaftliche Ebene, die ich hier als weniger verbreitete Nebenbedeutung ansehe, fehlt dem Verb aber, ähnlich wie dem Konzept, m.E. eine gewisse Eindeutigkeit. Geht es darum, Unterschiede zu beseitigen? Unterschiede besonders zu berücksichtigen? Wenn KindergärtnerInnen vorgeschlagen wird, einen Gendertag einzuführen, an dem die Mädchen typische Jungenspiele spielen sollen und umgekehrt, werden dann nicht eher Unterschiede zementiert als beseitigt? Ohne mich genauer eingearbeitet zu haben – mittlerweile ist es halb fünf – würde ich dieser Bedeutung eine gewisse Kaugummihaftigkeit zusprechen, die sie an ihrem Fortkommen hindern könnte, aber nicht muss. Außerdem lassen sich in vielen Situationen auch schon länger bekannte Verben wie gleichberechtigen und gleichstellen nutzen.
Seit wann Benutzt man es – und wie oft?
So. Jetzt müssen wir uns natürlich noch fragen, ob das Wort 2012 einen Zuwachs in der Gebrauchshäufigkeit erfahren hat, denn eines der Kriterien für den Anglizismus des Jahres ist ja, dass er
[…] im laufenden Jahr zum ersten Mal ins Bewusstsein und den Sprachgebrauch einer breiten Öffentlichkeit gelangt sein [muss]
Das Bewusstsein lässt sich schwer messen, der Gebrauch etwas leichter.
Eine Ngram-Viewer-Suche für Bücher fördert bei gendern leider zu viel Müll zutage, um irgendwelche Aussagen über Tendenzen der letzten Jahre (bis 2008) zuzulassen. ((U.a. scheinen viele Fehlschreibungen von geändert dabeizusein.))
Im Deutschen Referenzkorpus taucht das Verb acht Jahre nach dem Substantiv Gender, also erst 2002 auf und steigert sich dann zwar recht kontinuierlich, aber doch in sehr, sehr bescheidenem Maße. Sieben Vorkommen im Jahr 2012 sind zwar absoluter DeReKo-Rekord, aber fürs Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit reichen sie wahrscheinlich nicht. Fast alle Belege (22 von 29) stammen übrigens aus österreichischen Zeitungen. ((Die genauen Zahlen:
Jahr | absolut | pro Mio Wörter |
2002 | 2 | 0,023 |
2003 | 0 | 0,000 |
2004 | 0 | 0,000 |
2005 | 0 | 0,000 |
2006 | 3 | 0,019 |
2007 | 5 | 0,024 |
2008 | 4 | 0,018 |
2009 | 3 | 0,014 |
2010 | 3 | 0,017 |
2011 | 2 | 0,011 |
Erste Hälfte 2012 | 7 | 0,062 |
Gesucht wurde im W‑Archiv der geschriebenen Sprache (ohne Wikipedia) nach: gendern OR gendere OR genderst OR gendert OR genderte OR gendertest OR genderten OR gendertet OR gegendert))
Bleibt noch Google Trends – hier wird die (geschätzte) Häufigkeit von Suchanfragen bei Google abgebildet. Man sieht also nicht die Verwendungshäufigkeit, sondern wie oft ein Begriff gesucht wurde.
Mit viel gutem Willen kann man Suchinteresse mit Bewusstsein in Zusammenhang bringen und stellt dann fest, dass sich hier im vergangenen Jahr einiges getan hat.
Kurios: Auch bei Google Trends spielt Österreich wieder ganz vorne mit. Das Suchaufkommen scheint ganz bedeutend über dem für Deutschland zu liegen (und in der Schweiz interessiert man sich gar nicht für gendern). Eventuell hat das mit dem seit 2009 gesetzlich verankerten Gender Budgeting zu tun, bei dem sich gendern dann in der Gesellschaftsbedeutung auf den beide Geschlechter gleichermaßen berücksichtigenden Finanzhaushalt bezieht. ((Danke für den Hinweis an Hagen.)) Genau in dem Jahr geht es bei den Trends nämlich los mit den steil ansteigenden Kurven.
Damit wird dann fraglich, ob gendern zum Anglizismus des Jahres 2012 taugt. Nicht, dass der österreichische Sprachgebrauch ausgeblendet werden soll – aber hier scheint der sprunghafte Anstieg schon vor 2012 stattgefunden zu haben, 2010 oder 2011.
Für Deutschland allein liegen weniger Daten vor, und die, die es gibt, zeigen einen leichten Anstieg im Jahr 2012. (Wenn man die Zahlen addiert – und ich bezweifle, dass man das darf – sind die Suchen von 2011 auf 2012 um ca. ein Drittel gestiegen.) Ob das zur Erfüllung des Bewusstseinskriteriums ausreicht? Ich weiß es nicht.
Insgesamt halte ich gendern aber für einen interessanten, bedenkenswerten Kandidaten und freue mich schon auf spannende Diskussionen mit der Jury und den KommentatorInnen.
Ich glaube, das Wort wird gerade jetzt seine Blüte erleben:
Vor einigen Jahren habe ich von einer gegenderten Bibel gelesen (wenn sie auch damals nicht so genannt wurde). Musste etwas suchen, aber hier ist sie:
http://www.bibel-in-gerechter-sprache.de/
Zum Zeitpunkt des Projekts war der Begriff “gendern” definitiv noch nicht im deutschen Sprachgebrauch außerhalb der Soziologie verankert.
2012 habe ich dagegen im Rahmen meines Studiums einen Kurs besucht, in dem es unter anderem um Gender Studies im Französischen ging. Daher halte ich es für einen vielversprechenden Kandidat.
Am Rande: Kommt es eigentlich häufig vor, dass mehrdeutige Wörter Begriffe bezeichnen, die (in einem weiten Sinne) gegensätzlich sind? Neben dem “gendern” (das mir bisher nur in der Bedeutung “Aufteilen der Welt in einen blauen und einen rosa Teil” geläufig war) fällt mir noch das Wort “sanktionieren” ein, das einerseits “gutheißen”, andererseits “mit Sanktionen bestrafen” bedeuten kann.
Johannes: Ja: Untiefe zB.
Ich muß bei Gender immer an The very proper gander von James Thurber denken, und dann kann ich nicht mehr ernsthaft sein.
@Johannes: frugal fiel mir grad ein. Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Antagonym
@Evanesca Feuerblut
“Bibel in gerechter Sprache” ??
Da weiss ich jetzt ja nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll, was machen die denn da wohl aus Stellen wie:
“So spricht Gott, der HERR: Ich will die Götzen vertilgen und die Abgötter ausrotten aus Noph; es soll kein Ägypter mehr Fürst sein über das Land; ich will dem Land Ägypten Furcht einjagen, und will Patros verwüsten und in Zoan ein Feuer anzünden, und will an No das Urteil vollziehen und will meinen Zorn über Sin, die Feste Ägyptens, ausschütten und die Volksmenge zu No ausrotten. Und ich will Feuer an Ägypten legen. Sin soll sich krümmen vor Schmerz, No soll erobert und Noph am hellen Tage geängstigt werden. Die Jünglinge von On und Pi-Beset sollen durchs Schwert fallen, und sie selbst in die Gefangenschaft wandern.(etc.usw.)” (für Fans: Hesekiel 30 13–17)
Das scheint ja mal eine echte Herausforderung, aber 15,99 für’s Ebook ist mir das dann doch nicht wert 😉
@klappnase:
Ich als Nicht-Christin hatte nie einen Grund, mich über die sprachliche Kuriosität hinaus damit zu beschäftigen, aber vermutlich heißt die Stelle irgendwas in Richtung “So spricht ER/SIE” und “es soll kein Ägypter und keine Ägypterin mehr Fürst oder Fürstin sein”.
2006 las ich — jetzt weiß ich es wieder — in einer Kolumne im GEO davon. Damals habe ich mich nicht weiter damit beschäftigt, es diente eher als Anekdote, die ich meinen Eltern und Freunden erzählen konnte. (Ich war damals 15/16 Jahre alt).
Seitdem war es um diese Bibel aber sehr still. Dabei wäre sie das perfekte Beispiel für die aktuelle Debatte.
@Evanesca Feuerblut
“Seitdem war es um diese Bibel aber sehr still. Dabei wäre sie das perfekte Beispiel für die aktuelle Debatte.”
So wie ich mir dieses Werk vorstelle vermute ich, dass es eher Munition für all die PC-Basher liefert, jedenfalls wenn ich mir den ersten Satz aus dem Hesekiel-Zitat umgebaut in etwas wie:
“So spricht ER/SIE: Ich will die GötzInnen vertilgen und die AbgöttInnen ausrotten aus Noph; es soll kein Ägypter und keine Ägypterin mehr Fürst oder Fürstin sein über das Land…” ansehe, dann fällt es mir zugegebenermassen schwer mich nicht darüber lustig zu machen.
@klappnase & Evanesca: Spekulieren ist unnötig, die Wikipedia hat erwartungsgemäß Beispiele und Erklärungen 😉
@Kristin Kopf: Dort habe ich bereits nachgeschaut. Aber natürlich weiß man nicht aus dem Kopf, wie die Beispiele genau im Wortlaut lauten.
Dort ist auch die Begründung angegeben, wieso man es getan hat. Und dass es sehr zwiespältig aufgenommen wurde.
@Kristin & Evanesca:
Also, wenn ich mal den Abschnitt “Rezeption und Kritik” so überfliege, scheint sich meine Ahnung von wegen “Munition für PC-Basher” ja so einigermasen zu bestätigen.
Aber eigentlich ist das Thema ja viel zu uninteressant um so viel darüber zu debattieren; witzig finde ich es trotzdem, wenn manche Anhänger der diversen christlichen Sekten offenbar glauben, dass die Worte, die ihr oberster Götze doch angeblich vor Jahrtausenden den Propheten direkt in die Feder diktiert hat, auf einmal “ungerecht” sind und dringend nachgebessert werden müssen.
Da bleibt eigentlich nur noch die Hoffnung, dass das fliegende Spaghettimonster in naher Zukunft alle Falschgläubigen in Knoblauch-Pesto ertränken wird 😉
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Ich habe zuerst in einem deutschen Text den Begriff “Doing Gender” (ungefähr: Reproduktion von Geschlechterverhältnissen) kennen gelernt. Später, aber auch schon vor langer Zeit, ist mir “gendern” im Sinne des Vorschlags untergekommen. Mir kam es aber immer eher wie eine vereinfachte Form von “Doing Gender” vor. Deshalb konnte ich mich mit dem Begriff nicht so recht anfreunden.
Bis mir aufging, dass die Verwendung geschlechtergerechter Sprache oft dazu führt, dass ausdrücklich zwei Geschlechter genannt werden und somit eine Reproduktion der Geschlechterdichotomie stattfindet. Das ist für meinen Geschmack dicht genug dran an der ersten Bedeutung, um zu passen. Jetzt gefällt mir das Wort besser und die Praxis weniger. Bingo, so ist die Bezeichnung eine schöne Mahnung daran, dass Doppelnennung, Binnen‑I etc. nur eine Übergangslösung sein sollten!
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