Die CDU ist ohne Frage die deutschtümelndste Partei im deutschen Bundestag, wie sich unter anderem am Wunsch erkennen lässt, Deutsch notfalls auch gegen die eigene Kanzlerin im Grundgesetz zu verankern (das Sprachlog berichtete). Aber ab und zu wagt sich jemand aus ihren Reihen hervor, um eine Lanze für die englische Sprache zu brechen, und dann kann man absolut sicher sein, dass das aus den falschen Gründen geschieht. Vor einigen Jahren wollte Günther Oettinger Englisch zur Sprache des Berufslebens machen und das Deutsche in die Sphäre des trauten Heims verbannen, und jetzt hat Wolfgang Schäuble ein Plädoyer für das Englische gehalten: Die „Sprache der europäischen Einigung“ sei es. Und warum? Wie vor ihm Oettinger beruft er sich auf die Bedarfe der Wirtschaft — „in global agierenden Unternehmen“ werde eben „nur noch Englisch gesprochen“. Sein eigenes Englisch schätzt er übrigens realistisch ein: Er bedauert diejenigen, die es ertragen müssen (und zwar zu recht).
Als Finanzminister ist Schäuble ja so eine Art Weihnachtsmann der Regierung, der zum Beispiel Geschenke an die braven Bürger verteilt, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Der echte Weihnachtmann ist aber deutlich sprachgewandter: fast 300.000 Brief hat der nämlich in seinem Wohnort im brandenburgischen Himmelspfort in diesem Jahr beantwortet, und zwar in siebzehn Sprachen. Bei aller Liebe für Eltern, die ihren Kindern nicht die Wahrheit über den Weihnachtsmann sagen wollen — dass der nämlich nicht in Brandenburg, sondern im Weltall lebt — frage ich mich, was diese Aktion wohl jährlich kosten mag, und ob sich davon nicht stattdessen ein paar Englisch-Stunden für den Finanzminister finanzieren ließen.
Das waren die letzten Sprachbrocken in diesem Jahr, aber im nächsten Jahr geht es natürlich weiter. Allen Leserinnen und Lesern des Sprachlogs wünsche ich einen Start ins neue Jahr, der ihren Wünschen entspricht!
Dem Ort im Brandenburgischen fehlt das Fugen‑s: http://de.wikipedia.org/wiki/Himmelpfort .
Außerdem bin etwas verblüfft, hier im Sprachlog “die Bedarfe” ohne Anführungszeichen zu lesen. Für mich gibt es das Wort (bis auf ganz wenige Ausnahmen) nur im Singular.
Die “Bedarfe” der Wirtschaft? Ich hätte jetzt spontan gesagt, dass es “Bedürfnisse” heißt und dass “Bedarf” nicht in der Mehrzahl verwendet wird.
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@naddy Bedarf und Bedürfnis sind Synonyme, allerdings wird in bestimmten Bereichen nur das Wort Bedarf gebraucht, z.B. sagt man Personalbedarf, Bedarf an Vitaminen (nicht: Bedürfnis).
Wiki erklärt noch:
“In der Wirtschaftswissenschaft wird terminologisch der Bedarf vom Bedürfnis unterschieden. Bedarf ist ein mit Kaufkraft ausgestattetes Bedürfnis. Ein Bedarf setzt voraus, dass jemand zur Bedürfnisbefriedigung Kaufkraft einsetzen will und kann. Der Bedarf tritt auf dem Markt als Nachfrage nach einem Wirtschaftsgut (Waren, Dienstleistungen) auf.”
Und ja: der Plural von Bedarf heißt Bedarfe.
Die Wünsche für einen guten Start ins neue Jahr schicke ich gerne retour an den Sprachlog. 🙂
der, die, DAS Sprachlog! Pardon, alte Gewohnheit von mir (der, statt das Blog zu sagenschreiben).
Auf Wiederlesen im neuen Jahr. Ick freu mir.