Frohe Botschaft: Das Etymologiequiz ist vorbei, und größtenteils mit Bravour gelöst worden. Eine Ehrenurkunde geht an koma, Grumpfzessin, zr0wrk und Zitronenmilch! Ebenfalls tapfer geschlagen haben sich Thierbach und pacioli mit je einer Verwechslung. Gratulation!
Wie die einzelnen Wortpaare zusammenhängen, will ich im Schnelldurchlauf erklären. Wenn ich dabei von einer konkreten lautlichen Form spreche, setze ich sie kursiv, wenn die Rede von einer Bedeutung ist, steht sie in einfachen Anführungszeichen.
Geburt und empören haben beide eine gemeinsame indoeuropäische (ie.) Wurzel mit der Bedeutung ‘tragen’. Bei der Geburt ist das noch recht deutlich (vgl. ein Kind unter dem Herzen tragen), bei empören muss eine Bedeutungserweiterung hin zu ‘erheben’ stattgefunden haben (wie auch bei empor), wenn man empört ist, ist man ja auch oft auffahrend.
Gold und Galle sind beide gelb, auch wenn man’s bei der Galle in der Regel nicht so sieht. Sie sind von einer ie. Wurzel ‘glänzen, schimmern’ abgeleitet. Lustigerweise haben andere Sprachen die Wurzel auch für andere leuchtende Farben benutzt, z.B. ‘weiß’ (Altirisch), ‘blassgrün’ (Griechisch) und ‘grün’ (die meisten slawischen Sprachen).
Das Heer steckt in der Herberge: Ursprünglich handelte es sich bei letzterem um ein Kompositum aus hêr+bergo, also ‘Heer’ und ‘Schutz, Unterkunft’. Sieht man auch heute noch am eng verwandten Verb bergen.
Kind und Generation kann man nicht direkt auf eine gemeinsame Wurzel zurückführen, da das Kind ein Erbwort ist (d.h. man kann es direkt vom Neuhochdeutschen bis in die älteste sprachliche Vorstufe, das Indoeuropäische, zurückverfolgen), Generation aber erst seit dem 16. Jh. im Deutschen gebraucht wird. Entlehnt haben wir es aus dem lateinischen generātio ‘Zeugung(skraft), Nachkommenschaft, Generation’, man sieht den Zusammenhang mit generieren und Genus. Aber auch das Lateinische ist eine indoeuropäische Sprache, sodass sich letztlich für beide Wörter eine Wurzel mit der Bedeutung ‘erzeugen, gebären’ findet.
Um zu sehen, dass die Krippe mit krumm zu tun hat, muss man etwas über die Kulturgeschichte der Futterkrippe wissen. Die ursprüngliche Wurzel trug die Bedeutung ‘drehen, winden’ und die daraus abgeleitete Form für einen Futtertrog hieß ‘Flechtwerk, Geflochtenes’ – man nutze nämlich geflochtene Körbe zur Fütterung. Als dann Holz- und Steintröge aufkamen, behielt man die alte Bezeichnung natürlich bei. Aber Krippe ist heute in einer weiteren Bedeutung viel häufiger: in der der professionellen Kinderbetreuung. Die hat wohl tatsächlich mit der Geburtsgeschichte Jesu im Stall zu tun. Von der indoeuropäischen Wurzel zu krumm war es natürlich lange nicht so weit.
Das nächste Paar habe ich als Kuckucksei eingebaut – es hat keinen Weihnachtsbezug. Beide Wörter gehen auf eine Grundbedeutung der körperlichen Unzulänglichkeit zurück, die indoeuropäische Wurzel bedeutete ‘zerbrochen’. Von da lag lahm nahe, für Lümmel muss man noch einen weiteren Schritt gehen: Eine Nebenform von lahm, nämlich lumm, bekam die Bedeutung ‘weich, schlaff, matt, träge’, von da wurde dann ein Mensch abgeleitet, der nur geringen Verstand hat und der ungezogen und frech ist.
Evolutionär sind das Lamm und der Elch nicht so eng miteinander verwandt, aber sprachlich haben beide ihre Wurzel in einer Farbbezeichnung ‘rot, braun’, von der zahlreiche Tierbezeichnungen abgeleitet wurden.
Bei liegen und erlöschen ist der Zusammenhang transparenter: erlöschen lässt sich über die Semantik ’sich legen’ erklären.
Bei Reise und gerinnen kann man sich denken, dass beides etwas mit Bewegung zu tun hat, und so kann man sie auch auf ’sich in Bewegung setzen’ zurückführen. gerinnen ist vom noch klarer erkennbaren rennen abgeleitet.
Suppe ist kein deutsches Erbwort, sondern entlehnt, und zwar mehrfach: Im Süden des deutschen Sprachgebiets bediente man sich im Französischen, in Mitteldeutschland übernahm man eine niederdeutsche Form. Sie bezeichnete eingeweichtes Brot, Brühe, Brei oder Soße und noch früher wahrscheinlich einfach eine Speise, die man schlürfend aß. Im Indogermanischen besaß das Vorgängerwort die Bedeutung ‘tropfen lassen, schlürfen, saugen’. Hiervon hat man jetzt auch ganz schnell den Säugling abgeleitet, ein Kind, das sich saugend ernährt.
Von der Ursprungsbedeutung ’stehen’ geht es zum Stall als Ort, an dem Tiere eingestellt werden. Es konnte aber auch einen Stand oder einen menschlichen Wohnort bezeichnen. Beim Stülpen stellt man etwas mit der Öffnung nach unten auf.
Stroh ist etwas ‘Hingestreutes’. Von ‘hinstreuen’ ging es zu ‘ausbreiten’, ‘hinwegstreifen’ und von da dann zu streichen.
können bedeutete ursprünglich neben ‘geistig vermögen’ auch ‘wissen, verstehen’. verkünden ist von kund ‘bekannt’ abgeleitet, heißt also ‘bekannt machen’, quasi dafür sorgen, dass jemand etwas weiß.
Vieh hieß, so lange man zurückdenken kann, ‘Vieh’ – bekam aber in vielen Sprachen die Nebenbedeutung ‘Geld’. Logisch, wenn man bedenkt, dass Geld eine Fortsetzung des Tauschhandels mit anderen Mitteln war. Im Lateinischen bezeichnete es zuerst Kleinvieh, besonders Schafe, und schließlich abstrakter ein Vermögen. Das zu lateinisch pecūnia gebildete Adjektiv übernahmen wir indirekt im 18. Jh. aus dem Französischen als pekuniär. Nun unterscheiden sich die beiden Wörter lautlich sehr stark. Das hat mit der sogenannten »Ersten Lautverschiebung« zu tun, bei der in den germanischen Sprachen (wie Deutsch) aus einem p ein f und aus einem k ein h wurde. Im Lateinischen (einer italischen Sprache) hingegen sind die alten Laute p und k (geschrieben als <c>) noch erhalten.
Weihrauch ist ‘heiliger, geweihter Rauch’. Rauch stellt das Ausströmen von Geruch dar, den man natürlich riechen kann. Weiter als ins Germanische lassen sich die Formen aber nicht sicher zurückverfolgen.
weise und Visier haben beide etwas mit der Sehfähigkeit zu tun. weise hieß ‘wissend’ und wurde auch von einer Vorform des Verbs wissen abgeleitet. Die Bedeutung dieses Verbs ist über die Vergangenheitsform ‘gesehen haben’ enstanden: Was man gesehen hatte, wusste man. Das Visier geht indirekt auf das Lateinische zurück: Man entlehnte das Verb *vīsāre ‘aufmerksam betrachten’ als visieren. Das kam übrigens widerum von dem wohl besser bekannten vidēre ’sehen’. Seit dem Ende des 16. Jhs gibt es davon abgeleitet das Visier als Zielvorrichtung, durch die man schaut.
Alle hier erwähnten Etymologien basieren auf:
Pfeifer, Wolfgang (1993): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Aufl. 2 Bde. Berlin.
> ein Kind, dass sich saugend ernährt.
Autsch.
Heile heile Segen, sieben Tage Regen …
Ist repariert.