Wie das Bundespatentgericht heute offiziell bekanntgab, betrachtet es einzelne Buchstaben — hier: das M — als Wortmarke für schutzfähig. BMW möchte das M in der Produktklasse „Sportwagen“ ganz für sich haben, und das Patentgericht sieht darin kein Problem, da das M „zum einen unterscheidungskräftig“ sei, „da der angesprochene Durchschnittsverbraucher dem Buchstaben „M“ keine beschreibende Bedeutung“ für die beantragte Produktklasse beimesse. Zum anderen sei der Buchstabe „auch nicht für die Konkurrenten der Anmelderin freihaltebedürftig“ — mit anderen Worten: Niemand brauche diesen Buchstaben unbedingt zur Beschreibung eines Sportwagens.
Das Patentgericht stellt klar, dass die Schutzfähigkeit nur für den allein stehenden Buchstaben M gelte, dass also z.B. die EG- Typenbezeichnung Klasse M (für „Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern“ [StVZO, Anl. 29]) weiterhin verwendbar bleibe. Die Idee, dass Buchstaben zum Eigentum Einzelner erklärt werden können, war aber auch mit dieser Einschränkung absurd genug, um der Piratenpartei eine ungewohnt hintergründige Pressemeldung Wert zu sein: „*it der Entscheidung, den Buchstaben * für die Bayrischen *otorenwerke für einen Sportwagen *arkenrechtlich zu schützen, setzt das Deutsche Patent- und *arkena*t (DP*A) den Trend fort, allge*eine Zeichen und Begriffe der Nutzung durch die Öffentlichkeit zu entziehen“, beginnt die, und setzt den Verzicht auf den frisch geschützten Buchstaben konsequent fort.
Für diesen fast poetischen Verzicht auf einen Buchstaben gibt es literarische Vorbilder, von denen heute besonders das Gedicht „Der Tag, an dem das verschwand“ des großen Robert Gernhardt hervorzuheben ist, der gestern 75 Jarhe alt geworden wäre. Während Gernhardt den fehlenden Buchstaben einfach auslässt, haben sich andere Autorinnen und Autoren zu allen Zeiten das Ziel gesetzt, Buchstaben dergestalt wegzulassen, dass alle Wörter, in denen sie vorkommen, gemieden und durch Synonyme ersetzt werden. Der Roman Gadsby von Ernest Vincent Wright aus dem Jahre 1939 ist eins der bekanntesten und radikalsten Beispiele: Er verzichtet darin — konsequent — auf den häufigsten Buchstaben des Englischen: das E. Und schon 1903 schrieb Friederike Kempner Gedichte ohne r, auch keine leichte Aufgabe.
Also nehmt uns die Buchstaben weg, ihr Kaufleute der freien Rede. Unsere Poetinnen und Poeten werden uns auch darüber hinweghelfen.
Naja. Ganz so ist es ja nicht.
Der Schutz erstreckt sich ja nur auf den Buchstaben M als Bezeichnung für einen Sportwagen.
Und da würde ich jetzt denken, dass das in Ordnung sein kann, wenn man nicht das ganze Konzept des Markenrechts anzweifelt (was ich zum Beispiel tue).
Die Verwirrung stammt wohl auch daher, dass die Pressemitteilung vom Bundespatentgericht stammt und reflexartig angenommen wird, BMW habe ein Patent erworben.
Ansonsten ist die Entscheidung kaum eine Meldung wert, derart Markenschutz ist gang und gäbe. Peugeot hat sich schon in den 20er-Jahren Typenbezeichnungen mit einer Null in der Mitte schützen lassen: http://de.wikipedia.org/wiki/Porsche_901
Mir ist niemand bekannt, der annimmt, BMW habe ein Patent erworben. Davon abgesehen halte ich die Schutzfähigkeit einzelner Buchstaben und Wortteile für einen schlechten Treppenwitz des aus linguistischer Perspektive ohnehin katastrophalen Markenrechts.
Dazu gern auch “Nollops Vermächtnis” (bzw. “Ella Minnow Pea” für die Original-Liebhaber) lesen.
Auch Georges Perec hat mit dem Verzicht auf Buchstaben gespielt, siehe hier:http://de.wikipedia.org/wiki/Georges_Perec#Werk
Einen französischen Roman ohne “e” zu schreiben, bedeutet, dass man nicht mal “Je” (ich) schreiben kann!
Sich irgendwelche speziellen Produktbezeichnungen zu sichern, finde ich lächerlich — einfach weil ganz vielen Verbrauchern dieses angeblich herausstehende Merkmal nicht auffallen wird!
@Anatol Stefanowitsch: Siehst du denn da einen grundsätzlichen Unterschied zur Schutzfähigkeit ganzer Worte?
Ich glaube, der leuchtet mir nicht ganz ein. Ist “M” als geschützte Marke für ein Auto anders zu bewerten als “Speedster” oder “Käfer”?
Und dann ist da natürlich noch der Pirat Baba aus Asterix & Obelix, dem ein Konsonant abhanden gekommen ist.
Ich stimme Muriel und Marc zu. Wenn es für Renault oder VW möglich ist, sich gängige Vornamen wie “Zoe” oder bekannte Sportarten wie “Golf” exklusiv zu reservieren, sehe ich nicht, wieso man BMW sich nicht das “M” reservieren lassen sollte. Einen “Audi M” oder “Porsche M” als Konkurrenz zum “BMW M” brauche ich ja eigentlich auch nicht wirklich. Ein “VW Golf M” scheint ja ohne weiteres möglich zu sein, genauso wie ein Familienvan oder Kleintransporter “Fiat M”, also was soll’s?
Man kann sicher mit guten Gründen das herrschende Markenrecht an sich anzweifeln, aber der besondere Aufreger-Faktor an diesem konkreten Beispiel erschliesst sich mir nicht.