Die Nachricht der Woche war zweifellos, dass sich zur Liste der twitternden Staatsoberhäupter auch der Monarch des kleinsten Staates des Welt hinzugesellt: Josef Ratzinger, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Benedikt XVI — oder eben @pontifex, wie der twitternde Teil der Bevölkerung ihn vermutlich bald auch im Real Life nennen wird. Der hat zwar seit Eröffnung seines Twitterkontos noch keinen einzigen Tweet geschrieben, das aber dafür in gleich sieben Sprachen: Englisch, Deutsch, Spanisch, Portugiesisch, Polnisch, Italienisch, Französisch und Arabisch.
In diesem beeindruckenden Reigen der (stillen) Mehrsprachigkeit fehlt merkwürdigerweise, wie die WIENER ZEITUNG feststellt, die offizielle Amtssprache von Vatikanstadt, Latein — vielleicht, so vermutet die Kolumnistin Christina Böck, weil ein ehrwürdiger Segen wie Urbi et Orbi sich nicht mit den „diversen LOLs“ verträgt, die sie offenbar für einen verpflichtenden Bestandteil eines Tweets hält.
Während der Papst noch über seinen ersten Tweet nachdenkt, beendet „Sprachpapst“ Wolf Schneider endlich seine Karriere als oberster Sprachnörgler der deutschsprachigen Journaille. Wie der KURIER berichtet, gab Schneider im Alter von 87 Jahren seine Abschiedsvorstellung am Kuratorium für Journalistenausbildung. Wir dürfen uns auf die Anglizismenflut freuen, die nun, da Sprachhüter Schneider die Grenzen des Deutschen nicht mehr bewacht, zweifellos über uns hereinbrechen wird.
Mehrsprachig — sogar im doppelten Sinne — ist übrigens auch das Schweizer Wort des Jahres, das (wie sein österreichisches Pendant) gestern bekannt gegeben wurde: es lautet Shitstorm. Das ist erstens natürlich Englisch, aber zweitens ist es der deutsche Anglizismus des Jahres vom vergangenen Jahr! Die Neue Zürcher Zeitung wirft der Schweizer Jury deshalb mangelnde Originalität vor, aber wir im Sprachlog freuen uns natürlich, dass wir hier Trendsetter für die Schweiz sein konnten.
Vor allem aber freuen wir uns auf den Wettbewerb zum diesjährigen Anglizismus des Jahres, den wir heute Nachmittag offiziell eröffnen!
Ich bin verblüfft, dass @pontifex noch frei war. Oder hat der Vatikan das gekauft?
Und was für eine sonderbare Idee, Latein vertrage sich nicht mit Abkürzungen. Die wurden schon damals gerne und ausgiebig genutzt, wenn die Erinnerungen an meine Schulzeit mich nicht trügen.
Ich hätte es cool gefunden, wenn er auf Latein getwittert hätte — auch wenn ich keine Christin bin. Einfach mal zeitgemäßes Latein zu lesen, hätte was gehabt.
“Einfach mal zeitgemäßes Latein zu lesen, hätte was gehabt.”
Also, ich weiss nicht, ob bei diesem Kameraden “zeitgemäss” wirklich das richtige Wort ist, vieleicht wäre ja “zeitgenössisch” ausreichend 😉
Ergo bibamus et vivamus, dum licet posse SMSen.