Legitimes Befremden

Von Anatol Stefanowitsch

Todd Akin, Kan­di­dat für den US-Sen­at, hat mit seinen Aus­sagen zu Abtrei­bung und Verge­wal­ti­gung nicht nur die Welt schock­iert, son­dern auch für sprach­liche Ver­wirrung gesorgt. Die sprach­liche Ver­wirrung kann ich aufk­lären, und damit vielle­icht sog­ar zeigen, dass Akins schock­ieren­den Aus­sagen ein schock­ieren­des Welt­bild unterliegt.

Akin ver­tritt eine radikale Anti-Abtrei­bungspoli­tik, bei der selb­st Schwanger­schaften, die durch Verge­wal­ti­gung entste­hen, nicht been­det wer­den dürften. In einem Inter­view des Fernsehsenders KTVI TV (einem lokalen Ableger von FOX) führte er die Gründe dafür fol­gen­der­maßen aus:

Mod­er­a­tor (Charles Jaco): What about in the case of rape. Should it be legal or not?

Akin: Well, you know, peo­ple always want to try and make that as one of those things, well, how do you– how do you slice this par­tic­u­lar­ly tough sort of eth­i­cal ques­tion. It seems to me, first of all, from what I under­stand from doc­tors, that is real­ly rare. If it is a legit­i­mate rape, the female body has ways to try to shut that whole thing down. But let’s assume that maybe that didn’t work or some­thing, I think there should be some pun­ish­ment, but the pun­ish­ment ought to be on the rapist, and not attack­ing the child.

Akin glaubt also, dass der weib­liche Kör­p­er in bes­timmten Sit­u­a­tio­nen von sich aus eine Schwanger­schaft ver­hin­dern könne — eine absurde Behaup­tung, die allein schon aus­re­ichen sollte, ihn für immer von öffentlichen Ämtern fernzuhal­ten. Hinzu kommt aber die For­mulierung „legit­i­mate rape“, die vor allem in den deutschen Medi­en für Ver­wirrung sorgt.

Die Süd­deutsche Zeitung über­set­zt die Pas­sage mit „Wenn es eine legit­ime Verge­wal­ti­gung ist, hat der weib­liche Kör­p­er die Möglichkeit, das zu ver­hin­dern“ und kom­men­tiert dann „Eine ‘legit­ime’ Verge­wal­ti­gung — was auch immer das sein soll…“, und auch in den Diskus­sio­nen in den sozialen Medi­en sorgt die Vorstel­lung ein­er „legit­i­men“ Verge­wal­ti­gung für noch mehr Befrem­den als es Atkins krude The­sen ohne­hin tun.

Tat­säch­lich hat das Wort legit­i­mate mehrere Bedeu­tun­gen und damit mehrere mögliche Über­set­zun­gen, von denen „legit­im“ zwar eine, aber in diesem Kon­text nicht die richtige ist. Die anderen sind „seriös/ernstzunehmen“ (z.B. a legit­i­mate con­cern) und „rechtlich/gesetzmäßig“ (z.B. a legit­i­mate child), die erst ein­mal auch nicht weit­erzuhelfen scheinen.

Die Über­set­zung von Spiegel Online trifft es bess­er: „Wenn es sich um eine tat­säch­liche Verge­wal­ti­gung han­delt, dann ken­nt der weib­liche Kör­p­er Möglichkeit­en, mit denen er ver­sucht, die ganze Sache nicht zuzu­lassen.“ Tat­säch­lich wird dann wie fol­gt erk­lärt: „Wenn sie ‘tat­säch­lich’ verge­waltigt wer­den — und es nicht nur vor­spie­len, um einen Schwanger­schaftsab­bruch vornehmen zu können.“

Wenn diese Über­set­zung stim­men würde, wäre Atkins Aus­sage dadurch nicht viel bess­er, aber er würde hier „nur“ dem Stereo­typ in die Hände spie­len, dass Frauen häu­fig behaupten, sie seien verge­waltigt wor­den, um auf diese Weise eine Abtrei­bung durch­führen zu kön­nen (was natür­lich, wenn über­haupt, nur dort der Fall ist, wo dies wegen Poli­tik­ern wie Akin die einzige Möglichkeit ist, legal abtreiben zu können).

Tat­säch­lich ist es aber etwas schlim­mer. Akin unter­schei­det mit der Phrase „legit­i­mate rape“ nicht echte von vor­getäuscht­en Verge­wal­ti­gun­gen, son­dern solche Verge­wal­ti­gun­gen, die sein­er Vorstel­lung von Verge­wal­ti­gung entsprechen, von allen anderen Verge­wal­ti­gun­gen. Wer von „legit­i­mate rape“ spricht, meint damit die Art von Verge­wal­ti­gung, wie sie in tra­di­tionellen Gesellschaften und Rechtssys­te­men ver­boten war und ist: Eine Verge­wal­ti­gung, bei der ein Mann eine ihm fremde, „sit­tlich“ bek­lei­dete Frau über­fällt und mit physis­ch­er, Spuren hin­ter­lassender Gewalt zum Geschlechtsverkehr zwingt obwohl die Frau sich mit aller Kraft physisch wehrt und ver­bal deut­lich macht, dass sie den Geschlechtsverkehr nicht will.

Nur das ist für Men­schen wie Akin — das meint er mit legit­i­mate — eine „Verge­wal­ti­gung im rechtlichen Sinne“.

Nun ist es so, dass die Geset­ze aller zivil­isierten Gesellschaften „Verge­wal­ti­gung“ inzwis­chen anders definieren — näm­lich als „mit ein­er Per­son gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr durch­führen“. Ob Täter und Opfer sich ken­nen — sog­ar ob sie ver­heiratet sind –, ob physis­che Gewalt oder physis­ches Sich-Wehren im Spiel ist, wie die Frau (oder, wenn das Opfer ein Mann ist, natür­lich auch der Mann) sich ange­zo­gen oder ver­hal­ten hat, spielt (the­o­retisch) keine Rolle mehr.

Wer die Phrase „legit­i­mate rape“ ver­wen­det, sagt damit, dass er (ich sage ein­fach mal „er“) diese zivil­isierte Def­i­n­i­tion von Verge­wal­ti­gung ablehnt und weit­er­hin nur die tra­di­tionelle Def­i­n­i­tion akzep­tiert und dass es Verge­wal­ti­gun­gen zwis­chen Bekan­nten oder gar in ein­er Beziehung eben­sowenig geben kann, wie Verge­wal­ti­gun­gen, bei denen Gewalt „nur“ expliz­it oder implizin ange­dro­ht wird oder bei denen keine sicht­baren Ver­let­zun­gen entstehen.

Und lei­der zeigen die Sta­tis­tiken, dass — egal, welche Fortschritte es bei der Geset­zge­bung gegeben haben mag — bei der Rechtssprechung der ver­al­tete Mythos, dem Akin anhängt, nach wie vor eine große Rolle spielt. Das macht den Begriff „legit­i­mate rape“ min­destens so gefährlich wie Akins Unken­nt­nis der men­schlichen Reproduktionsbiologie.

[PS. Ich sage das alles nicht ein­fach so, ich habe mir den Gebrauch der Phrase legit­i­mate rape im Prä-Akin-Diskurs in Büch­ern und Zeitun­gen ange­se­hen und gebe hier das Ergeb­nis dieser Recherche wieder. Die, die sich selb­st überzeu­gen wollen, ermutige ich, ein­fach in Zeitungsarchiv­en oder bei Google Books nach der Phrase zu suchen.]

 

[Nach­trag (21.8.2012). Akin hat die in diesem Beitrag dargestellte Lesart mit­tler­weile durch weit­ere Aus­sagen gefes­tigt: Der Ex-Präsi­dentschafts­be­wer­ber und kon­ser­v­a­tive Radiomod­er­a­tor Mike Huck­abee fragte ihn, ob er möglicher­weise forcible rape gemeint habe und Akin bejahte dies. Der Begriff der forcible rape ist ein vom FBI ver­wen­de­ter ver­al­teter Begriff, der sich auf das oben dargestellte tra­di­tionelle Denkmod­ell bezieht.]

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

35 Gedanken zu „Legitimes Befremden

  1. tungl

    Und Akin hat der tra­di­tionellen, unglaublich engen Def­i­n­i­tion von Verge­wal­ti­gung, die Sie beschrieben haben, jet­zt eben noch die Zusatzbeschränkung “…und endet nicht mit ein­er Schwanger­schaft” mit­gegeben. Wie prak­tisch. Selb­st wenn eine Frau also alle Bedin­gun­gen erfüllt um als “echt­es” Opfer anerkan­nt zu wer­den, wird ihr dieser Sta­tus wieder ent­zo­gen, wenn sie als Folge der Verge­wal­ti­gung schwanger wird. Denn dann kann sie es ja nicht wirk­lich nicht gewollt haben. Son­st hätte ihr Kör­p­er ja magis­cher­weise den Eis­prung ver­hin­dert? Rück­gängig gemacht? Dem Samen den Zugang zur Gebär­mut­ter ver­weigert? Oder wie auch immer Mr. Akin sich das vorstellt.
    Echt perfide.

  2. Jakob

    Vie­len Dank für ihre tre­f­fende Analyse der ide­ol­o­gis­chen Imp­lika­tio­nen von Todd Akins Wortwahl.
    Ich möchte aber hinzufü­gen, dass er für seine reich­lich absur­den Aus­sagen zur Repro­duk­tions­bi­olo­gie nicht allein ver­ant­wortlich ist — hier trägt die evo­lu­tionäre Psy­cholo­gie auch einen Teil der Schuld, wenn auch die ohne­hin schon an den Haaren her­beige­zo­gene Hypothese auf die er sich impliz­it beruft auf dem Weg zu seinen Aus­sagen noch ein­mal durch das Stille-Post-Prinzip ordentlich verz­er­rt wor­den ist.
    Seit ger­aumer Zeit ist bekan­nt, dass Präeklamp­sie, eine häu­fige Schwanger­schaft­skom­p­lika­tion verurscacht durch eine Über­reak­tion des müt­ter­lichen Immun­sys­tems, bei Erst­ge­burten ver­mehrt auftritt. Eine genauere Analyse hat ergeben, dass der Grund dafür sein dürfte, dass sich das Immun­sys­tem durch die Samen­flüs­sigkeit an väter­liche Anti­gene gewöh­nen kann — Hin­weise dafür sind, dass es einen sig­nifikan­ten Unter­schied aus­macht ob und wieviel die Eltern vor und während der Schwanger­schaft ungeschützen Geschlechtsverkehr hat­ten, und dass die Reduk­tion bei weit­eren Geburten aus­bleibt wenn der Vater ein ander­er ist.
    Die auf der Hand liegende Erk­lärung dafür ist, dass es sich um einen unver­mei­dlichen Neben­ef­fekt davon han­delt, wie unser Immun­sys­tem Fre­und und Feind zu unter­schei­den lernt (wom­öglich beim Men­schen ver­schlim­mert dadurch, dass das über­pro­por­tionale Gehirnwach­s­tum im drit­ten Trimester eine engere Verbindung zwis­chen Uterus und Plazen­ta und damit mehr Gele­gen­heit für Leaks als bei anderen Säugetieren erfordert). Auch wenn Präeklamp­sie spez­i­fis­ch­er ist kann man auch bei Mäusen ähn­liche Effek­te feststellen.
    Aber warum denn ein­fach wenn man auch spekulieren kann, dass es sich um eine Anpas­sung an Paarungsstrate­gien, zum Beispiel zur Ver­mei­dung von Schwanger­schaften nach Verge­wal­ti­gun­gen, han­delt? Also pos­tulierten Davis&Gallup (2006): “A mech­a­nism (i.e. a preeclamp­sia trig­ger) that could dis­tin­guish between famil­iar and unfa­mil­iar semen as a means of dif­fer­en­ti­at­ing between com­mit­ted and uncom­mit­ted males could have had con­sid­er­able adap­tive sig­nif­i­cance.” Das ist nicht unpar­si­mo­nious, son­dern ignori­ert auch dass Präeklamp­sie auch eine der häu­fig­sten Ursachen von Müt­ter­sterblichkeit ist — und dass sowas ähn­lich­es bei Mäusen, bei denen jedes Män­nchen uncom­mit­ted ist, völ­lig unab­hängig von der Ver­trautheit der Anti­gene, wird hier zum Paradox.
    Doch selb­st so bleibt Todd Akins Aus­sage fach­lich falsch. “Erhöhte Rate von Kom­p­lika­tio­nen im 3. Trimester” heißt nicht “erfol­gre­iche Schwanger­schaften kom­men prak­tisch nicht vor”, und wenn es tat­säch­lich so wäre (i.e., eine Kom­p­lika­tion­srate von nahezu 100%) wäre das ja wohl eher ein Argu­ment für als gegen eine Abtreibung.

  3. Jakob

    Linksamm­lung (nachgere­icht)
    Englis­che Wikipedia: en.wikipedia.org/wiki/Pre-eclampsia
    Davis&Gallup (2006): http://scholar.google.at/…;as_sdt=0&sciodt=0
    Zur Epi­demi­olo­gie von Präeklamp­sie, zeigt wie absurd es ist, das als Adap­tion zu inter­pretieren: http://www.gfmer.ch/Endo/Course2003/Eclampsia.htm
    Über Gewöh­nungsef­fek­te in Mäusen: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12896827
    Und, for the gig­gles, eine Hypothese die das genaue Gegen­teil von D&G sagt, näm­lich dass men­schlich­es Paarungsver­hal­ten zu einem Gut­teil als Strate­gie zur Ver­mei­dung von Präen­klamp­sie zu erk­lären ist — ähn­lich speku­la­tiv, aber doch plau­si­bler als eine schwere Kom­p­lika­tion als gezielte Anpas­sung zu inter­pretieren. Etwas beden­klich finde ich allerd­ings, dass D&G das Paper mehrmals zitieren ohne of die dort vorgestellte Erk­lärung auch nur in einem Wort einzuge­hen. http://www.sciencedirect.com/…/S0165037803000408

  4. impala

    Den Schuss nicht gehört
    Akin find­et es nicht nur dufte, wenn verge­waltigte Frauen dazu gezwun­gen wer­den, das Baby ihres Verge­waltigers auszu­tra­gen, son­dern hat auch raus­ge­fun­den, dass die Homoe­he den Unter­gang der Men­schheit darstellt. Mit einem beson­ders stich­halti­gen Argument:

    And we also have any­body who knows some­thing about the his­to­ry of the human race knows that there is no civil­i­sa­tion which has con­doned homo­sex­u­al mar­riage wide­ly and open­ly that has long survived.

    Der Mann hat’s drauf! One Mil­lion Moms und andere Gestörtenor­gan­i­sa­tio­nen emp­fan­gen ihn sich­er mit offe­nen Armen.

  5. blue

    Legit­i­mate kann auch ein­fach nur ein selb­st­bestäti­gen­des Füll­wort sein. Aus­ge­hend vom Vor­liegen ein­er Schwanger­schaft — und davon ist bei der Frage nach Abtrei­bung auszuge­hen, ist die Frage nach der Tat­säch­lichkeit ein­er Verge­wal­ti­gung aus ver­schieden­sten Grün­den zu stellen, nicht zulet­zt im Täterinteresse.
    Vielle­icht meinte Akin also auch etwa statu­to­ry rape auszuschließen oder vor­sat­zlosen nicht-kon­sen­sualen Geschlechtsverkehr.
    The dev­il in the detail..

  6. Jakob

    Was genau dür­fen wir uns unter “vor­sat­zlosem nicht-kon­sen­sualen Geschlechtsverkehr” vorstellen, inwiefern unter­schei­det dieser sich aus Opfer­sicht von dem was Sie eine “tat­säch­liche” Verge­wal­ti­gung nen­nen, und welche Rel­e­vanz hat diese Unter­schei­dung für die Frage nach dem ethis­chen Sta­tus ein­er Abtrei­bung nach Verge­wal­ti­gung? Ich hoffe ich ver­ste­he Sie hier falsch. Haben Sie über­haupt den Beitrag gelesen?

  7. Gunnar

    und ich dachte
    wir hät­ten dieses mit­te­lal­ter­liche Denken langsam hin­ter uns gelassen.
    Mr. Todd Akin liegt total daneben:
    Study: Rape vic­tims have a high­er preg­nan­cy rates than oth­er women
    http://www.washingtonpost.com/…than-oth­er-wom­en/
    Was für ein Vollpfosten!

  8. Konrad

    Oder auch nur …
    Es kann auch nur zur Unter­schei­dung von ein­er “stat­u­a­to­ry rape” gemeint sein; in let­zterem Falle ist die Verge­wal­ti­gung mehr ein Recht­skon­strukt (z.B. weil das Age of Con­sent noch nicht erre­icht wurde)

  9. stefle

    @Anatol
    Du unter­schei­dest zwis­chen “tra­di­tionellen Gesellschaften und Rechtssys­te­men” und “zivil­isierten Gesellschaften”. Wenn ich dich richtig ver­ste­he, leben wir in ein­er “tra­di­tionellen Gesellschaft” bzw. einem “tra­di­tionellen Rechtssys­tem”*. Und du find­est das schlimm.
    Warum sagtst du das nicht klar und deut­lich? Ist es ver­boten, seine Mei­n­ung klar und deut­lich zum Aus­druck zu brin­gen (oder traust du dich nicht)? Oder habe ich dich falsch verstanden?
    *Im StGB ste­ht ja:
    1. mit Gewalt,
    2. durch Dro­hung mit gegen­wär­tiger Gefahr für Leib oder Leben oder
    3. unter Aus­nutzung ein­er Lage, in der das Opfer der Ein­wirkung des Täters schut­z­los aus­geliefert ist

  10. phaeake

    @stefle, @Stefanowitsch
    Ich habe Her­rn Ste­fanow­itsch schon so ver­standen, dass Deutsch­land zu den zivil­isierten Län­dern gehört. Denn was im Gegen­satz dazu die “tra­di­tionellen Rechtssys­teme” unter Verge­wal­ti­gung ver­ste­hen (“Eine Verge­wal­ti­gung, bei der ein Mann eine ihm fremde, „sit­tlich“ bek­lei­dete Frau über­fällt und mit physis­ch­er, Spuren hin­ter­lassender Gewalt zum Geschlechtsverkehr zwingt obwohl die Frau sich mit aller Kraft physisch wehrt und ver­bal deut­lich macht, dass sie den Geschlechtsverkehr nicht will.”), wird vom deutschen Gesetz ein­deutig nicht (mehr) gefordert.
    Wobei man bei aller — abso­lut gerecht­fer­tigten Empörung — gegenüber Akin nicht vergessen sollte, dass in zwei Punk­ten das deutsche Recht noch bis 1997 dem “tra­di­tionellen” Verge­wal­ti­gungs­be­griff entsprach, näm­lich insofern es nur den erzwun­genen AUßERe­he­lichen Geschlechtsverkehr erfasste und auch nur die Kon­stel­la­tion männlich­er Täter und weib­lich­er Opfer. Daneben enthält der von Ste­fanow­itsch her­aus­gear­beit­ete “Akin­sch Verge­wal­ti­gungs­be­griff” Ele­mente die in KEINER mir bekan­nten juris­tis­chen Def­i­n­i­tion eine Rolle spie­len, wohl aber in manch­er vor-rechtlichen Begriffsvorstel­lung, etwa die züchtige Bek­lei­dung des Opfers. M.E. wird der Unter­schied zwis­chen der einen und der anderen Art “tra­di­tioneller” Begriff­se­le­menten etwas ver­wis­cht, wenn man vom “veraltete[n] Mythos, dem Akin anhängt,” spricht.
    Und wenn Akins The­sen auch haarsträubend sind und ich Ste­fanow­itsch in sein­er Analyse und Kri­tik weitest­ge­hend beipflichte, in einem Neben­punkt tut er m.E. Akin Unrecht. Ich meine Ste­fanow­itschs Pas­sus: “aber er [Akin] würde hier ’nur’ dem Stereo­typ in die Hände spie­len, dass Frauen häu­fig behaupten, sie seien verge­waltigt wor­den, um auf diese Weise eine Abtrei­bung durch­führen zu kön­nen (was natür­lich, wenn über­haupt, nur dort der Fall ist, wo dies wegen Poli­tik­ern wie Akin die einzige Möglichkeit ist, legal abtreiben zu können).”
    Solche Poli­tik­er, die sich für eine Recht­slage ein­set­zen, in denen NUR die krim­i­nol­o­gis­che Indika­tion einen Schwanger­schaftsab­bruch recht­fer­tigt, sind in den Augen von Akin immer noch ZU LIBERAL. Er stre­it­et ja ger­ade gegen eine krim­i­nol­o­gis­che Indikation.

  11. stefle

    @phaeake
    Du redest von “erzwun­genem” Geschlechtsverkehr, Ana­tols For­mulierung zielt aber auf das fehlende Ein­vernehmen ab (“gegen deren Willen”). Zum Zwang sagt er nichts.

  12. Stephan Fleischhauer

    Hab hier im Blog immer als ste­fle gepostet, aber weil ich inzwis­chen über­all unter Klar­na­men poste, mache ich das ab jet­zt auch hier.
    Meines Eracht­ens sind an Akins Aus­sage zwei Dinge beson­ders skandalös:
    — erstens die ange­bliche Fähigkeit des weib­lichen Kör­pers, eine Schwanger­schaft durch Verge­wal­ti­gung abzuwehren,
    — zweit­ens die Verpflich­tung der Frau, auch ein durch Verge­wal­ti­gung gezeugtes Kind auszu­tra­gen, mit allen weit­eren lebenslan­gen Kon­se­quen­zen für die Frau und das Kind (wobei noch zu klären wäre, welche gesellschaftliche Stel­lung bei­den von Akin zuge­bil­ligt werden)
    Zu let­zterem äußert sich Ana­tol nicht. Stattdessen beschäftigt er sich mit einem ver­meintlichen Über­set­zung­sprob­lem, in wirk­lichkeit geht es ihm aber um eine juris­tis­che Unterscheidung.
    Er beg­ibt sich dabei in einen Zirkelschluss. Er sagt:
    Wer von „legit­i­mate rape“ spricht, meint damit die Art von Verge­wal­ti­gung, wie sie in tra­di­tionellen Gesellschaften und Rechtssys­te­men ver­boten war und ist
    (Und er ergänzt weit­er unten, dies könne er aus ein­er Recherche der Phrase legit­i­mate rape im “Prä-Akin-Diskurs” folgern.)
    Natür­liche wäre dieser Begriff von „legit­i­mate rape“ völ­lig in Übere­in­stim­mung mit dem Begriff der „nicht vor­getäuscht­en Verge­wal­ti­gung“, sofern man näm­lich aus dem „tra­di­tionellen Rechtssys­tem“ argu­men­tiert. Das ist zirkulär. Wenn Ana­tol aber sagt, dies sei “schlim­mer”, kann es ihm also nicht mehr ums Sprach­liche gehen, ja nicht ein­mal mehr um Akin. Ana­tol will eher eine Diskus­sion über das zugrun­deliegende Rechtssys­tem anstoßen. Wenn er sein eigentlich­es Anliegen aber so ver­steckt, wie hier, muss es noch ein anderes Prob­lem geben.

  13. Stephan Fleischhauer

    Was wirk­lich mal sprach­wis­senschaftlich inter­es­sant wäre …
    Wie kommt man durch Recherche von Tex­ten in Büch­ern und Zeitun­gen zu fol­gen­der Aussage?
    Wer von „legit­i­mate rape“ spricht, meint damit die Art von Verge­wal­ti­gung, wie sie in tra­di­tionellen Gesellschaften und Rechtssys­te­men ver­boten war und ist: Eine Verge­wal­ti­gung, bei der ein Mann eine ihm fremde, „sit­tlich“ bek­lei­dete Frau über­fällt und mit physis­ch­er, Spuren hin­ter­lassender Gewalt zum Geschlechtsverkehr zwingt obwohl die Frau sich mit aller Kraft physisch wehrt und ver­bal deut­lich macht, dass sie den Geschlechtsverkehr nicht will.
    Ana­tol meint hier nicht: Recherche in juris­tis­ch­er Fach­lit­er­atur, Analyse der Recht­sprechung oder so.
    Weit­er unten schreibt Anatol:
    Nur das ist für Men­schen wie Akin — das meint er mit legit­i­mate — eine „Verge­wal­ti­gung im rechtlichen Sinne“.
    Hier macht er eine Ein­gren­zung: Men­schen wie Akin. Dadurch bleibt seine Analyse des Begriffs „legit­i­mate rape“ recht unklar.

  14. Jakob

    Natür­liche wäre dieser Begriff von „legit­i­mate rape“ völ­lig in Übere­in­stim­mung mit dem Begriff der „nicht vor­getäuscht­en Verge­wal­ti­gung“, sofern man näm­lich aus dem „tra­di­tionellen Rechtssys­tem“ argu­men­tiert. Das ist zirkulär. Wenn Ana­tol aber sagt, dies sei “schlim­mer”, kann es ihm also nicht mehr ums Sprach­liche gehen, ja nicht ein­mal mehr um Akin. Ana­tol will eher eine Diskus­sion über das zugrun­deliegende Rechtssys­tem anstoßen. Wenn er sein eigentlich­es Anliegen aber so ver­steckt, wie hier, muss es noch ein anderes Prob­lem geben.”
    Das ist natür­lich Unsinn. Indem Akin den Begriff “Verge­wal­ti­gung” auf “Verge­wal­ti­gung unter Ein­satz tat­säch­lich­er physis­ch­er Gewalt” ein­schränkt — und genau das macht seine Wort­wahl, und wem das noch nicht genug ist, der braucht sich nur anzuse­hen wie Akin sich her­auszuwinden ver­suchte indem er eine “miss­glück­te Wort­wahl” ein­räumte und klarstellte dass er “forcible rape” meinte — sagt er Frauen, die über Monate hin­weg von ihrem Vorge­set­zten miss­braucht wur­den und sich aus Angst um ihren Job nicht zu den Behör­den gehen traut­en, Teenagern die von Ver­wandten miss­braucht wer­den und allen anderen Opfern, die nicht an ein­er dun­klen Straße­necke über­fall­en wur­den ins Gesicht, dass sie ja eigentlich gar keine Opfer seien, es sich selb­st zuzuschreiben hät­ten und dafür Ver­ant­wor­tung übernehmen müssten, und ihre etwaige Schwanger­schaft damit aus Prinzip kein Argu­ment für ein Recht auf Abtrei­bung unter gewis­sen Umstän­den sein kann. Die einzige Sit­u­a­tion, die in seinem Welt­bild eventuell eine Abtrei­bung recht­fer­ti­gen kön­nte ist die nach “legit­i­mate rape”, und da baut er vor, indem er fälschlich behauptet, in solchen Fällen käme es ohne­hin zu keinen Schwanger­schaften. Er ver­sucht damit weit über 90% aller Verge­wal­ti­gun­gen aus der Welt zu definieren. Damit, ob die Anschuldigung im Einzelfall gerecht­fer­tigt ist hat das alles gar nichts zu tun.

  15. Phaeake

    @stefle
    Ich nehme nur Bezug auf deinen mit “ste­fle” geze­ich­neten Beitrag.
    In der Tat klafft ein Spalt zwis­chen der von dir teil­weise zitierten Legalde­f­i­n­i­tion des deutschen Rechts und der laut Ste­fanow­itsch in allen zivil­isierten Staat­en gel­tende Def­i­n­i­tion „mit ein­er Per­son gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr durch­führen“ Der Unter­schied beste­ht darin, dass nach deutschem Recht nur der Ein­satz bes­timmter Nöti­gungsmit­tel zur Verge­wal­ti­gung führt. Dass aber auch nach Ste­fanow­itschs Def­i­n­i­tion irgen­deine Nöti­gung­shand­lung dazukom­men muss, würde ich schon ver­muten, denn irgend­wie muss der ent­ge­gen­ste­hende Willen ja über­wun­den wer­den. Ich habe aus dem beschriebe­nen Unter­schied (Ein­satz BESTIMMTER Nöti­gungsmit­tel nach deutschem Recht vs. Ein­satz irgendwelch­er Nöti­gungse­le­mente nach der Def­i­n­i­tion “aller zivil­isiert­er Staat­en”) allerd­ings nicht den Schluss gezo­gen, dass Deutsch­land kein zivil­isiertes Land seo, weil Ste­fanow­itsch diesen Unter­schied im Gegen­satz zu den anderen zwis­chen ‘legit­i­mate rape’ und ‘oth­ers’ mit keinem Wort the­ma­tisiert hat. Aber wie gesagt: Das ist meine Lesart, auf die ich keinen Wahrheit­sanspruch erhebe.

  16. Stephan Fleischhauer

    Ana­tols Aus­führun­gen zu „legit­i­mate rape“ sind meines Eracht­ens zu ober­fläch­lich, als dass sie seine Schlussfol­gerun­gen stützen. Hier nochmal die Prob­lematik sein­er (behaupteten) sprach­wis­senschaftlichen Analyse:
    Der Spiegel über­set­zt mit „tat­säch­lich­er Verge­wal­ti­gung“ und präzisiert das dann mit „nicht vor­getäuschter Verge­wal­ti­gung“. Diese Präzisierung sagt erst­mal nichts darüber aus, ob der Geschlechtsverkehr, der zur Schwanger­schaft geführt hat, ein­vernehm­lich war oder nicht. (Die Möglichkeit des ein­vernehm­lichen Geschlechtsverkehrs schließt Ana­tol auch nicht aus, weist aber auf offen­bar beste­hende unzuläs­sige Vorurteile hin.)
    Ana­tol sagt nun, diese Deu­tung von Spiegel Online wäre unzutr­e­f­fend. Aus sprach­wis­senschaftlichen Erwä­gun­gen könne man fol­gern, dass hier nur eine klar abgegeren­zte Bedeu­tung von „legit­i­mate rape“ in Betra­cht käme (eine Bedeu­tung, die z.B. auch die „sit­tliche Klei­dung“ des Opfers voraussetzt).
    Da wäre eine genauere Begrün­dung schon hil­fre­ich. Selb­st wenn er nach­weisen kann, dass dies die vorherrschende Bedeu­tung on „legit­i­mate rape“ ist, ist damit noch nicht viel gewon­nen. Wie sor­g­los Ana­tol hier Mei­n­ungsäußerung und logis­che Schlussfol­gerung durcheinan­der­bringt, zeigt seine fol­gende Formulierung:
    Akin unter­schei­det mit der Phrase „legit­i­mate rape“ nicht echte von vor­getäuscht­en Verge­wal­ti­gun­gen, son­dern solche Verge­wal­ti­gun­gen, die sein­er Vorstel­lung von Verge­wal­ti­gung entsprechen, von allen anderen Vergewaltigungen.
    Aber es ist hier ger­ade egal, was Akins unter ein­er Verge­wal­ti­gung ver­ste­ht, denn es geht hier ja darum, wovon er sie unter­schei­det. Da Akins dies nicht sagt, behil­ft sich Ana­tol mit ein­er bloßen Unterstellung.
    Zitat Anatol:
    Die anderen [Über­set­zungsmöglichkeit­en für „legit­i­mate“] sind „seriös/ernstzunehmen“ (z.B. a legit­i­mate con­cern) und „rechtlich/gesetzmäßig“ (z.B. a legit­i­mate child), die erst ein­mal auch nicht weit­erzuhelfen scheinen.
    Doch, sie helfen weit­er, je nach­dem ob man eine Akins moralis­che oder juris­tis­che Aus­sage unter­stellt, sind das gute Über­set­zun­gen. Aber manch­mal lässt sich Poli­tik­er-Wis­chi­waschi eben schw­er über­set­zen, inbeson­dere wenn es das entsprechende Wis­chi­waschi-Wort in der anderen Sprache nicht gibt.

  17. Manuel

    Geset­ze
    “Nun ist es so, dass die Geset­ze aller zivil­isierten Gesellschaften „Verge­wal­ti­gung“ inzwis­chen anders definieren — näm­lich als „mit ein­er Per­son gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr durchführen“.”
    Diese Aus­sage ist falsch. Z.B. definiert der deutsche Geset­zge­ber Verge­wal­ti­gung anders als Geschlechtsverkehr gegen den Willen des Opfers, siehe § 176 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB.
    [Der § 176 StGB han­delt nicht von Verge­wal­ti­gung son­dern vom Sex­uellen Miss­brauch von Kindern. Er enthält im Abs. 2 auch keinen Satz 2. — A.S.]

  18. Stephan Fleischhauer

    Ana­tols Argu­men­ta­tion funk­tion­iert etwa so: Wenn eine begrif­fliche Unter­schei­dung beste­ht wie “strafrechtlich rel­e­vante Verge­wal­ti­gung” vs. “Verge­wal­ti­gung”, kann nicht gle­ichzeit­ig eine andere Unter­schei­dung beste­hen wie “strafrechtlich rel­e­vante Verge­wal­ti­gung” vs. “vor­getäuschte Vergewaltigung”.
    [Sie haben Ihre idiosynkratis­che Lesart des Textes dargestellt, andere haben ver­sucht, Ihnen zu zeigen, wo diese Lesart möglicher­weise fehlge­ht. Ich denke, dieser Aspekt ist damit aus­re­ichend disku­tiert. — A.S.]

  19. Stephan Fleischhauer

    @Jakob
    Ger­ade was die Wort­wahl “legit­i­mate rape” anbe­lagt, geht es ja nicht so sehr um Akin, son­dern um die Gesellschaft (und deren Zivil­i­sa­tion­s­grad). Nicht umson­st beruft sich Ana­tol auf Recherchen von Zeitung­s­tex­ten und Büch­ern, nicht auf Hin­weise aus Akins per­sön­lichem Sprachgebrauch.
    Das bringt mich auf eine andere Frage: Kann ein Welt­bild, dass in amerikanis­chen Zeitun­gen und Büch­ern über­wiegend vertreten wird, für Amerikan­er schock­ierend sein?
    Zitat Ana­tol: Die sprach­liche Ver­wirrung kann ich aufk­lären, und damit vielle­icht sog­ar zeigen, dass Akins schock­ieren­den Aus­sagen ein schock­ieren­des Welt­bild unterliegt.
    Ana­tol stellt es ja so dar, dass “legit­i­mate rape” ein von de Amerikan­er wohler­standen­er, recht klar zu umschreiben­der Begriff ist. Aber du, Jakob, sagst nun, dass sich Akin vor den Amerikan­er recht­fer­ti­gen und seine Wort­wahl ändern musste.
    Meinst du, Ana­tol hat unsauber recherchiert?

  20. Sigmund

    Wenn man Akins Argumentation
    anwen­det, kommt man ja noch zu weit­eren lusti­gen Schlüssen:
    Wenn ich jeman­den gegen seinen Willen Alko­hol ein­flöße, wird die per­son nicht betrunk­en. Nur beim frei­willi­gen Saufen kippt man um.
    Wenn ich ein­er Frau K.O.-Tropfen hein­lich ins Glas schütte, fällt sie nicht um.
    (Heißt im Umkehrschluss natür­lich: Rape Dates gibt es nicht. Die Schlam­p­en haben es alle frei­willig gemacht.)
    Vor allem ist es aber ein wichtiger Beitrag zum The­ma “Rauchver­bot”:
    Vom Pas­sivrauchen, welch­es ja in der Regel unfrei­willig passiert, kann ich keinen Lun­genkrebs kriegen!
    Da gibt es bes­timmt noch mehr Felder, wo man das Akin-The­o­rem ver­wen­den kön­nte, oder…

  21. Momo

    Unglaublich
    Es ist unglaublich, dass so eine Debat­te über­haupt entste­hen kann und solche Aus­sagen öffentlich gemacht wer­den. Aber sehr gute, sach­liche Analyse.

  22. Jakob

    Läuft ger­ade ein Wet­tbe­werb, wieviele Fehlschlüsse man in einem Kom­men­tar unter­brin­gen kann?
    “Ger­ade was die Wort­wahl “legit­i­mate rape” anbe­lagt, geht es ja nicht so sehr um Akin, son­dern um die Gesellschaft (und deren Zivilisationsgrad).”
    Nicht “die Gesellschaft”, son­dern diejeni­gen Seg­mente der Gesellschaft, die das Code­wort “legit­i­mate rape” ver­wen­den. Ich kann auch die Codewörter analysieren, mit denen öster­re­ichis­che Neon­azis das Wieder­betä­ti­gungs­ge­setz umge­hen und dar­legen was damit gemeint ist, ohne dem Land als ganzen zu unter­stellen, es sei im Nation­al­sozial­is­mus steckengeblieben.
    “Das bringt mich auf eine andere Frage: Kann ein Welt­bild, dass in amerikanis­chen Zeitun­gen und Büch­ern über­wiegend vertreten wird, für Amerikan­er schock­ierend sein? ”
    Nir­gends wurde impliziert, dass Akins Welt­bild “über­wiegend” vertreten werde — nur dass seine Wort­wahl ein gewiss­es Welt­bild indiziert.
    Aber unab­hängig davon, wie weit ver­bre­it­et dieses Welt­bild nun tat­säch­lich ist — mit sein­er (sach­lich falschen) Behaup­tung dass es im Falle von “legit­i­mate rape” (oder, wie er später kor­rigierte, “forcible rape”) kaum Schwanger­schaften gebe, als Antwort auf die bre­it­er gefasste Frage nach Schwanger­schaften nach Verge­wal­ti­gun­gen generell, impliziert er ganz klar, dass Aus­nah­men von dem von ihm ver­langten Abtrei­bungsver­bot für andere Opfer sex­ueller Gewalt gar nicht erst der Diskus­sion würdig sei, dass diese qua­si keine richti­gen Opfer sind. Genau das ist das befremdliche.

  23. sol1

    Der Aus­druck “forcible rape”…
    …hat eine Vorgeschichte in einem Geset­zesvorhaben, an dem auch Rom­neys desig­niert­er Vize Paul Ryan beteiligt war:
    http://www.motherjones.com/…ryan-redefin­ing-rape
    Nicht nur in Akins Kopf spukt also die Idee von Verge­wal­ti­gung­sopfern erster und zweit­er Klasse.

  24. Noyt der Tiger

    Biolo­gie vs. Gesellschaft/Individualität
    Auch wenn ich kat­e­gorisch gegen jed­wede Fremdbes­tim­mung bin, habe ich mit ein­er Aus­sage des Posts so meine Probleme:

    Akin glaubt also, dass der weib­liche Kör­p­er in bes­timmten Sit­u­a­tio­nen von sich aus eine Schwanger­schaft ver­hin­dern könne — eine absurde Behaup­tung, die allein schon aus­re­ichen sollte, ihn für immer von öffentlichen Ämtern fernzuhalten.

    Warum ist dies Behaup­tung absurd? Was wis­sen wir denn bish­er über das Funk­tion­ieren des (weib­lichen) Organ­is­mus? Kaum etwas! Und unsere Forschun­gen sind insofern sehr wider­sprüch­lich — aus mein­er Sicht auch, weil wir nur einen Bruchteil der rel­e­van­ten Kri­te­rien erheben (kön­nen).
    Auch wenn Gun­nar oben eine Studie zitiert hat, die schein­bar gegen die weib­liche Abwehrreak­tion spricht: Was sagt uns das wirk­lich? Bestätigt das wirk­lich die Absur­dität der Akin­schen These? Wohl eher nicht. Denn wir wis­sen ander­er­seits, dass mit Pille ver­hü­tende Frauen andere Män­ner wählen als ohne Pille. Und sehr wahrschein­lich funk­tion­iert noch so Manch­es im Men­schen ganz ohne (oder gegen) seinen (bewussten) Willen biol­o­gisch richtig. Es ist also auf biol­o­gis­chem Gebi­et keineswegs absurd, dass frau biol­o­gisch unsin­nige ‘Verge­wal­ti­gun­gen’ effek­tiv bekämpfen kann, unbe­wusst. Und dass also Verge­wal­ti­gun­gen möglicher­weise auch deswe­gen zu häu­figeren Schwanger­schaften führen, weil dort der biol­o­gisch richtige Part­ner gewählt wird. Ver­mut­lich nicht sel­ten der passendere Part­ner als über die gesellschaftlich ver­mit­telte ‘Paarung’. (Möglicher­weise ist die soge­nan­nte Liebe auf den ersten Blick eben Aus­druck der — heute sel­tener wer­den­den — biol­o­gis­chen Passung.)
    Eine andere Frage ist die gesellschaftliche Wirk­lichkeit und die dort akzep­tierte bzw. ermöglichte Part­ner­wahl. Dort bin ich, wohl mit der über­wiegen­den west­lichen Bevölkerung, für eine roman­tis­che Part­ner­wahl — und damit strikt gegen jed­wede Verge­wal­ti­gung und für das Recht jed­er im gesellschaftlichen (bzw. rechtlichen) Sinne verge­waltigten Frau zur Abtrei­bung. Aber auf wis­senschaftlichem Gebi­ete müssen Unter­schei­dun­gen zwis­chen Biolo­gie und Gesellschaft möglich bleiben — und auch die Diskus­sion bzw. Behaup­tung unbe­wiesen­er Kor­re­la­tio­nen oder Ursachen.

  25. Noyt der Tiger

    Legit­imes Anliegen: Orig­i­nal vs. Kopie
    Ich bin eigentlich N o ï t A t i g a — aber lei­der ist dieser Name auf­grund eines einzi­gen, dem Blog­be­treiber unwillkomme­nen Beitrages gesperrt.
    Allerd­ings würde ich gern wieder unter meinem Kün­stler­na­men auftreten — und bitte daher Blog­be­treiber um entsprechende Anpas­sung des Spam-Fil­ters. Soweit diese erfol­gt habe ich nichts gegen die Löschung dieses Kom­men­tars. Vie­len Dank.

  26. Matthias

    Gut gebrüllt, Tiger!
    Auch wenn es mit­tler­weile zahlre­iche Stu­di­en gibt, die nahele­gen, dass die Erde älter als 6000 Jahre ist (z.B. C14-Datierung von Dinosauri­er-Knochen): Was sagt uns das wirk­lich? Bestätigt das wirk­lich die Absur­dität des Kreation­is­mus? Wohl eher nicht. Denn wir wis­sen ander­er­seits, dass die Evo­lu­tion nur eine von vie­len möglichen The­o­rien zur Entste­hung der Arten­vielfalt ist. Und sehr wahrschein­lich gibt es noch viel mehr zwis­chen Him­mel und Erde als sich unsere Weisheit träu­men lässt. Und nachts ist es käl­ter als draußen. Es ist also auf biol­o­gis­chem Gebi­et keineswegs absurd, dass die Erde erst einige Tausend Jahre alt ist. Und dass Gott damals die heute beobachtete Arten­vielfalt erst geschaf­fen hat.

  27. Noyt der Tiger

    @Matthias Brüll-Natur vs. Wissen-Diskurs
    Ich weiß ja, dass der Blog­be­treiber eine sehr loyale und teils wenig kri­tis­che Gefol­gschaft hat. Aber darum tue ich mir keine Zwang an — Tiger etwa ist näm­lich wie oben ange­führt nicht mein Name und Brüllen nicht meine Natur — und zwar aus gutem Grund: Mit meinen Äußerun­gen bin ich prinzip­iell zurück­hal­tend und mein eigentlich­es Pseu­do beruht bewusst auf vie­len, im Main­stream west­lich­er Gesellschaften über­wiegend neg­a­tiv­en Assoziationen.
    Inhaltlich gibt es insofern auch einen gravieren­den Unter­schied zwis­chen Ihrem Beispiel des Kreation­is­mus und mein­er Kri­tik: Der Kreation­is­mus bedarf eines bewusst han­del­nden Gottes — meine These hinge­gen basiert auf den aktuellen Erken­nt­nis­sen über men­schlich­es Han­deln, ganz ohne jede Über­natür­lichkeit. Wir wis­sen, dass Men­schen nicht nur bewusst und wil­lentlich han­deln und dass die Biolo­gie oft den men­schlichen Willen über­s­teuert — ger­ade zum Über­leben des Indi­vidu­ums oder der Art. Ver­suchen Sie etwa ein­mal, Ihre Atmung bis zum Tode zu unter­drück­en — was Ihnen hof­fentlich wie ver­mutet nicht gelin­gen wird. Denn dort greift das Unbe­wusste oder auch das Unterbewusste.
    Ähn­lich scheint es bei manchen zwis­chen­men­schlichen Kon­tak­ten zu sein. Wer viele Beziehun­gen pflegt, der sollte das auch schon erlebt haben: In Form Süß-Saur­er-Beziehun­gen, also von Beziehun­gen mit Men­schen, die uns gle­ichzeit­ig anziehen und abstoßen. Dort arbeit­en teils Un(ter)bewusstes und Bewusstes gegeneinan­der — und bei­de haben irgend­wie Recht. Die Auflö­sung kann aber nicht über irgen­dein Über­natür­lich­es erfol­gen, son­dern über Unter­schiede in der bewussten und un(ter)bewussten Bedürfnis­erken­nung eines jeden Men­schen. Der erste Teil ist uns aner­zo­gen, der zweite ange­boren. Und so wird ein als Tiger erzo­gen­er Schwarz­er manch­mal unter­wür­fig — oder ein als Tiger geboren­er Weißer manch­mal aufmüpfig…

  28. David

    Chap­ter­house
    So daneben ist das ganze nicht. Wir alle wis­sen schließlich, daß in eini­gen Mil­le­nien die Bene-Gesser­it-Schwest­ern in der Lage sein wer­den, sog­ar das Geschlecht ihrer Kinder bewußt zu bes­tim­men, wofür sie bekan­ntlich in der Lage sein müssen, Ein­fluß darauf auszuüben, welche Samen­zellen mit der Eizelle ver­schmelzen kön­nen und welche nicht. Nun sind Bene-Gesser­it-Schwest­ern kein Spaß; die kön­nen was, und ehrlich gesagt: Ich möchte kein­er per­sön­lich begeg­nen! Aber die Annahme, daß eine viel kleinere Leis­tung als die, die sie bewußt zu voll­brin­gen in der Lage sind, heuti­gen Frauen schon unbe­wußt möglich sein kön­nte, ist so absurd nicht!

  29. Noyt der Tiger

    @David: Sfi­Fi vs. erken­nen­des Beobachten
    Auf Chap­ter­house-Ebene haben Sie sich­er recht, dass alle (Re)Aktionen des weib­lichen Organ­is­mus zweifel­los in der aktuellen Welt ganz ohne jede biol­o­gis­che Rel­vanz sind. Bedeu­tung kann der Frau und ihrem Kör­p­er allen­falls in utopis­chen Gesellschaften auf utopis­chen Plan­eten zukom­men, denn was (Sprach)Wissenschaftler nicht ver­ste­hen, das kann nicht existieren. Und Orgas­men von Frauen etwa sind nun­mal auf der heuti­gen Erde eben­so funk­tion­s­los wie deren men­tale Ein­stel­lung — darum sind Frauen ja auch grund­los ständig in mieser Laune und nicht auf Sex eingestellt, ganz im Gegen­satz zu Män­nern. Allerd­ings scheint mir mehr Macho fast unmöglich…
    Auf wis­senschaftlichem Gebi­et hinge­gen spricht einiges für die grundle­gende Bedeu­tung des weib­lichen Orga(ni)smuses hin­sichtlich der Konzep­tion — und zwar sowohl bezüglich des Geschlecht­es als auch bezüglich der ‘Besamungser­folges’. Allerd­ings bleibt auch dann noch das Auseinan­der­fall­en zwis­chen Biolo­gie und Gesellschaft — und das gesellschaftlich begrün­dete Recht auf wil­lentliche Selb­st­bes­tim­mung. Aber diese Unter­schei­dung ist natür­lich sprach­lich schwierig…

  30. Matthias

    Fürs Pro­tokoll: Ich hat­te heute in diesem Thread einen Beitrag ver­fasst, der satirisch Bezug auf einen anderen Beitrag nahm. Da let­zter­er gelöscht wurde, ergab mein Beitrag natür­lich keinen Sinn mehr und wurde eben­falls gelöscht. Kann man (als Haush­err) natür­lich so machen, ich würde mir aber einen trans­par­enteren Umgang mit Löschun­gen wün­schen, schließlich wirkt es sich neg­a­tiv auf die Moti­va­tion zu kom­men­tieren aus, wenn Beiträge kom­men­tar­los ver­schwinden, bloß weil sie eine Antwort auf Beiträge ander­er User enthalten.

  31. Noyt der Tiger

    Soviel zu Ihrer Seriosität
    Ich hoffe, dass Sie die Kom­mentare umge­hend wieder freis­chal­ten — denn ich hat­te zumin­d­est im ersten Kom­men­tar meine E‑Mail-Adresse angegeben — das Blo­gabon­nement ist dafür wohl auch Ihnen Beweis genug. Und der Inhalt bezog sich auf ein Zitat Ihres Originalbeitrages!

  32. Matthias

    Ich ziehe meine Bemerkung von soeben wieder zurück. A.S. hat die Löschun­gen sehr wohl kom­men­tiert. Da hat­te ich wohl nicht schnell genug getippt, sorry. 🙂

  33. Noyt der Tiger

    @Matthias
    Ja, er hat sie kom­men­tiert, allerd­ings falsch — wieder einmal.

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