In einem Text, in dem ständig über eine oder mehrere gemischtgeschlechtliche Personengruppen geredet wird, muss man eine Lösung dafür finden, wie diese zu bezeichnen sind. Vor diesem Problem steht im Moment die Piratenpartei mit ihrer Satzung, in der durchgängig von Piraten die Rede ist, obwohl natürlich auch Piratinnen gemeint sind. Eine Reihe von Liquid-Feedback-Inititativen befasst sich aktuell mit der Frage, wie dieses Problem zu lösen ist, und Miriam Seyffarth hat mich über Twitter gefragt, wie ich diese Inititativen bewerte und ob ich bessere Vorschläge habe.
Natürlich nutze ich die Gelegenheit gerne, dieses allgemeine Problem anhand der Satzung der Piratenpartei und der erwähnten Inititativen zu diskutieren.
Eine sehr beliebte Lösung des Problems ist es, das Problem einfach zu ignorieren und durchgängig die maskuline Form zu verwenden (also z.B. immer nur Piraten zu schreiben) und davon auszugehen, dass es den Leser/innen selbstverständlich klar sein müsse, dass Frauen (und andere Nicht-Männer) dadurch mitgemeint sind. Diese Strategie beruht auf der Idee, dass es ein „generisches Maskulinum“ gebe, dass die maskuline Form von Personenbezeichnungen sich alse entweder nur auf Männer, oder allgemein auf alle Personen beziehen könne.
Es gibt gute Gründe, an dieser Idee zu zweifeln. Natürlich wissen Sprecher/innen des Deutschen, dass häufig die maskuline Form verwendet wird, wenn eigentlich alle gemeint sind, aber das bedeutet nicht, dass die maskuline Form tatsächlich eine entsprechende Bedeutung hat; es ist eher ein strategisches Wissen über die Art, wie die deutsche Sprache, die sich seit Hunderten von Jahren in einer zutiefst patriarchalischen Gesellschaft entwickelt, verwendet wird.
Der Zweifel an der Existenz eines „generischen Maskulinums“ ist inzwischen immerhin ausreichend weit verbreitet, dass es üblich geworden ist, auf die generische Verwendung wenigstens deutlich hinzuweisen, z.B. in einer Fußnote dergestalt, dass man(n) der „Einfachheit“ halber eben die maskuline Form verwende, dabei aber auch die weiblichen Leser/innen im Kopf habe (ein besonders merkbefreites Beispiel dafür habe ich vor einiger Zeit hier gesehen).
Die aktuelle Satzung der Piratenpartei enthält im Prinzip eine solche Fußnote, nämlich §1, Satz 5, der wie folgt lautet:
Abs. A, §1 (5): Die in der Piratenpartei Deutschland organisierten Mitglieder werden geschlechtsneutral als Piraten bezeichnet. [Bundessatzung der Piratenpartei, Stand vom 5. Juni 2012]
Während manche mit dieser Lösung zufrieden sind und alles so lassen wollen, weisen andere auf ein Problem hin: Weibliche Mitglieder würden „von einer nicht zu vernachlässigenden Zahl anderer Mitglieder (oft auf aggressive Weise) darauf hingewiesen werden, dass sie sich nicht ‘Piratin’ nennen dürften, da dies so in der Satzung stünde.“ Dies sei natürlich ein Missverständnis, da sich der Satz nur auf die Verwendung des Wortes innerhalb der Satzung beziehe, um dies klarzustellen, solle deshalb der Satz eingefügt werden,
Selbstverständlich steht es allen Mitgliedern der Piratenpartei Deutschland frei, sich selbst auch als Piratin oder anderswie zu bezeichnen. [Initiative 3448, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
Ein alternativer Vorschlag mit dem gleichen Ziel schlägt vor, den Begriff geschlechtsneutral durch im Folgenden zu ersetzen:
Der Zusatz „im Folgenden“ stellt klar, dass hier nur die Bezeichnung innerhalb des Satzungstextes gemeint ist und der Absatz nicht als Anweisung an Mitglieder der Piratenpartei zu verstehen ist, wie sie sich zu benennen haben (wie es auch im Gründungsprotokoll der Partei festgehalten ist… [Initiative 3446, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
An dieser Stelle kann ich zunächst anmerken, dass die zweite Lösung hier ehrlicher wäre, da sie es vermeidet, den Anschein zu erwecken, dass das Wort Pirat „geschlechtsneutral“ sei — das ist es nämlich eben nicht, egal, wie es im Zusammenhang der Satzung möglicherweise gemeint ist. Die Formulierung sagt sehr ehrlich, dass die Mitglieder der Partei eben in der Satzung so bezeichnet werden, ohne zu erklären, warum, oder zu thematisieren, ob das angemessen ist. Genauso stünde es mir frei, am Anfang eines Textes über verschiedene Autos zu schreiben „Alle in diesem Text erwähnten Autos werden im folgenden als Toyotas bezeichnet.“ Ich würde damit die Bedeutung des Wortes Toyota für die Zwecke meines Textes einfach umdefinieren, sodass es nun schlicht „Auto“ hieße.
Aber sinnvoll ist diese Art eigenwilliger Umdefinition natürlich nicht, denn wenn wir alle anfingen, Wörtern beliebige Bedeutungen zu geben, wäre das kommunikative Chaos vorprogrammiert. Eine Reihe von Initiativen sehen das wohl ähnlich und schlagen deshalb grundlegendere Änderungen vor. Diese folgen ziemlich genau den drei groben Strategien, die immer gewählt werden, wenn Organisationen sich um geschlechtergerechte Sprache bemühen.
Erstens, die Wahl geschlechtsneutraler Begriffe. Nicht alle Personenbezeichnungen haben eine Geschlechtsspezifikation. Wörter wie Mensch, Mitglied oder Person haben (scheinbar, dazu später mehr) keine speziellen Formen für Männer und Frauen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Wörter grammatisch Maskulina (wie der Mensch), Neutra (wie das Mitglied) oder Feminina (wie die Person) sind; geschlechtsneutral sind sie deshalb, weil sie nur jeweils eine Form haben.
Diese Strategie verfolgen zwei der Initiativen: die eine will das Wort Pirat durch Mitglied (und an einer Stelle durch Mensch) ersetzen:
… Unsere Satzung schließt durch ihre Sprachregelung weibliche, männliche und Intersexuelle Mitglieder, die sich selbst nicht mit der männlichen Form „Pirat“ bezeichnen wollen, aus. Dies geschieht ohne jegliche sprachliche Not, da die Deutsche Sprache das geschlechtsneutrale Wort „Das Mitglied“ kennt. Es erscheint dem Antragsteller unlogisch, dass gerade in einem Fall bei dem die Deutsche Sprache eine geschlechtneutrale Formulierung ohne Zweigeschlechterdenken oder „Sprachumbiegungen“ wie das Binnen‑I erlaubt, es nicht verwendet wird. … [Initiative 3438, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
Die andere Initiative will das Wort Eichhörnchen verwenden. Vermutlich ist diese Initiative nicht ernst gemeint, ihre Begründung ist aber durchaus plausibel und geht in dieselbe Richtung wie die der eben erwähnten:
Der Ausdruck „Eichhörnchen“ kann als ausreichend geschlechtsneutral angesehen werden, da er auch keine weibliche Form besitzt. Desweiteren ist er historisch im Kampf der Geschlechter noch nicht vorbelastet. [Inititative 3447, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
Zweitens, die durchgängige Nennung der maskulinen und femininen Form. Es besteht ja problemlos die Möglichkeit, immer die Männer und die Frauen zu benennen, und eine der Initiativen schlägt genau das vor: Pirat soll durch Pirat oder Piratin und Piraten durch Piraten und Piratinnen ersetzt werden:
Sprachlich zwar nicht so elegant und mit binärer Geschlechtertrennung im Kopf ist das trotzdem die Initiative für diejenigen, die die weiblichen Mitglieder auch mit ansprechen wollen, aber ein Problem mit dem Ausdruck „Mitglied“ haben, weil dieser eventuell nicht als geschlechtsneutral empfunden wird. [Initiative 3444, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
Drittens, orthografische Signale, die einer Beidnennung enstprechen, ohne dass jedes Mal beide Formen genannt werden. Hier gibt es eine Inititative, die die Form Pirat* vorschlägt:
Das Gender-Sternchen steht für eine Vielzahl an möglichen Selbstbezeichnungen, es überwindet binäres Geschlechterdenken, führt nicht zu sprachlichen Verwirrungen und bietet vor allem allen unabhängig von sozialem oder biologischem Geschlecht eine Möglichkeit, sich mitgemeint zu fühlen. Zwar steht dann weiterhin das generische Maskulinum da, aber das Gender-Sternchen macht bewusst, dass mit dem Ausdruck tatsächlich ALLE gemeint sind. [Initiative 3445, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
Traditionellere Signale wären der Schrägstrich (Pirat/in) oder das Binnen‑I (PiratIn), die in einer anderen Initiative erwähnt, aber nicht beantragt werden (siehe Initiative 3442, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland).
Wie sind diese drei Vorschläge (oder Gruppen von Vorschlägen) nun zu bewerten, und gibt es bessere Lösungen?
Von orthografischen Signalen würde ich, vielleicht mit Ausnahme des Schrägstrichs, aus dem einfachen Grund abraten, dass sie das Problem im wahrsten Sinne des Wortes nur auf dem Papier lösen. Schrift ist nur ein System, um Sprache visuell abzubilden, und das Binnen‑I, das Gender-Sternchen und auch die in den Anträgen nicht erwähnte Gender-Gap (Pirat_innen) bildet nichts ab (einfacher Test: versuchen wir, sie laut vorzulesen). Damit will ich nicht sagen, dass diese Signale keinen Zweck erfüllen können — gerade das Gender-Sternchen und die Gender-Gap zeigen durch ihre Nichtaussprechbarkeit unsere Sprachlosigkeit, wenn es um geschlechtsneutrale und/oder geschlechtergerechte Sprache geht. Es gibt eben keine sprachliche Form, die die Dichotomie von Mann/Frau auflösen könnte, und genau das betonen diese Signale.
Der Schrägstrich (und vielleicht auch das Binnen‑I) funktionieren etwas anders — sie sind im Prinzip Kurzformen für die Beidnennung (Pirat/innen würde also als Piratinnen und Piraten ausgesprochen). Persönlich würde ich diese Formen also als Äquivalent zur Beidnennung betrachten und werde deshalb dort auf sie zurückkommen, aber es gibt Stimmen, die den Schrägstrich dafür kritisieren, dass die weibliche Form dadurch der männlichen untergeordnet wird. (Meiner Meinung nach ist das aber kein Problem des Schrägstichs, sondern der deutschen Sprache).
Es bleiben, wenn man sich innerhalb des aktuellen Sprachsystems des Deutschen bewegn will, die erste und die zweite der oben genannten Lösungen, also die Wahl geschlechtsneutraler Formen (Mitglied, Mensch, Person) oder die Beidnennung (Piratinnen und Piraten). Beide Lösungen sind im Prinzip akzeptabel, auch wenn beide gewisse Probleme mit sich bringen.
Welche Lösung man wählt, hängt vom gewünschten Effekt ab. Will man betonen, dass es (in der Partei, in der Gesellschaft, …) nicht nur Männer, sondern (mindestens) auch Frauen gibt, wählt man die Strategie der Beidnennung. Will man von den Geschlechterkategorien weg abstrahieren, wählt man die geschlechtsneutralen Wörter.
Die Gefahr der ersten Strategie ist, dass man die Differenz, die man eigentlich überwinden will, weiter verfestigt. Die Gefahr der zweiten Strategie ist, dass man die Differenz verdeckt, und damit den Status Quo aufrecht erhält, bei dem Männer eben die Norm sind.
Die Gefahr der zweiten Strategie wird übrigens in einer weiteren Inititative thematisiert, die die Verwendung der Bezeichnung Mitglied aus zwei Gründen kritisiert. Es wird bestritten, dass Mitglied tatsächlich geschlechtsneutral sei, wofür zwei Gründe angegeben werden. Der erste bezieht sich auf die Struktur des Wortes:
Das männliche Glied ist ein bedeutender Teil der Assoziationskette im Wortfeld „Glied“ und auf Genderbezug rekurriert ja gerade die Initiative, die „der Pirat“ durch „das Mitglied“ ersetzen möchte explizit, allerdings fokussiert auf das „das“, nicht auf „Mit-Glied“. Die Einführung von „Das MIT-Glied“ — veranschaulicht durch „Das Ohne-Glied“ — „geschlechtsneutral“ zu nennen — statt neutralisierte Maskulinisierung oder maskulinisierte Neutralisierung — und den ganzen Vorgang als höhere Geschlechtssensibilität auszulegen, ist, deshalb, auf gut Piratendeutsch, etwas daneben.
Und das nicht nur in den Ohren von geschlechtssensibilisierten Ohngliedern, sondern auch von Mitgliedern mit Glied. … [(Zurückgezogene) Inititative 3442, Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland]
Die Herleitung von Mitglied von „mit Glied“ mit Bezug auf den Penis ist etymologisch falsch. Glied bedeutete ursprünglich (wie im Prinzip auch heute noch) „Körperteil“, die Bedeutung wurde dann auf alle möglichen Arten von Teilen erweitert, auf auf Teile von Gruppen und Gemeinschaften. Mitglied ist dann eine Verstärkung dieser Bedeutung. Die Bezeichnung des Penis als „Glied“ ist ein Euphemismus (der Versuch, eine neutrale Umschreibung für ein als unanständig empfundenes Konzept zu finden). Die feministische Linguistin Luise Pusch, die als die Expertin für die deutsche Sprache und ihre Geschlechterproblematik betrachtet werden muss, kommentiert in einer Glosse von 1982 diese falsche Herleitung mit den Worten „Wir sagen den Männern nach, sie dächten immer nur an ‘das eine’. Weibliche Wortschöpfungen wie Ohneglied und Mitklitoris legen den Verdacht nahe, daß auch Frauen noch entschieden zu oft daran denken.“ Ob tatsächlich eine nennenswerte Zahl von Sprecher/innen des Deutschen diese falsche Assoziation herstellen, was dann natürlich trotzdem ein Grund sein könnte, das Wort zu meiden, ist eine offene Frage. Ich bezweifle es.
Die Initiative nennt aber noch ein weiteres, ernstzunehmendes Problem an Wörtern wie Mitglied und Mensch:
… Während mehr als 600 Jahre schrieben stereotyp-heteronormierte Männer für ebensolche Männer in der Rechts- und Satzungssprache: „das Mitglied“. In dieser Gesellschaftsphase war die männliche Sprache die menschliche. Homme/uomo war synonymisiert Mensch und Mann. Dagegen gab es merkwürdig wenig Widerrede und Gegensprache…(ironisch gemeint). Diesen Vorgang der vergessenen, verdrängten, selbstverständlich gewordenen normativen Maskulinisierung als „geschlechtsneutral“ auszulegen, versetzt uns irgendwo hinter Luise F. Pusch …
Dieses Problem ist durchaus real (siehe Pusch 1984), es ist aber tatsächlich kein sprachliches, sondern ein gesellschaftliches Problem. Die Wörter sind geschlechtsneutral, unsere Gedanken sind es nicht. Luise Pusch plädiert deshalb für die durchgängige Beidnennung als die bessere Strategie (Pusch 1980), da sie uns eben tatsächlich zwingt, Männer und Frauen mitzudenken.
Die Gefahr der Beidnennung ist allerdings, dass sie eine binäre Unterscheidung in „Männer“ und „Frauen“ nahelegt, die sowohl biologisch als auch sozial rein fiktiv ist. Persönlich würde ich deshalb doch die Verwendung geschlechtsneutraler Wörter wie Mitglied empfehlen, der feministische Konsens liegt aber näher an Puschs Position. Wenn man die Beidnennung wählt, bleibt natürlich noch die Frage, ob man eine verkürzte Schreibweise wählt. Ich würde in diesem Fall den Schrägstrich empfehlen, weil er ein allgemein anerkanntes orthografisches Signal ist.
Wenn man bereit ist, das aktuelle Sprachsystem des Deutschen zu sprengen, gibt es eine weitere Möglichkeit, die ebenfalls auf einen Vorschlag von Luise Pusch zurückgeht (Pusch 1980): Man könnte ernst machen mit der Behauptung, dass das Wort Pirat geschlechtsneutral ist, und folgerichtig von das Pirat sprechen, wenn man alle Geschlechter meint. Spricht man von einem Mann, sagt man der Pirat, bei einer Frau die Pirat. Wörter, die auf diese Weise funktionieren, gibt es aktuell im Deutschen nicht; am nächsten kommen dieser Strategie noch Substantive, die aus Partizipien abgeleitet sind (der Studierende, die Studierende), aber selbst die haben keinen geschlechtsneutralen Oberbegriff (man sagt nicht das Studierende).
Ob die Piratenpartei zu dieser Art von Sprachentwicklung bereit ist, müsste man im Rahmen einer zusätzlichen Inititiative klären — öffentlichkeitswirksam wäre es allemal.
Wenn nicht (und Pusch vermutet schon 1980, dass niemand für diese Strategie zu haben sein würde), gäbe es allerdings eine alternative radikale Lösung: die radikale Feminisierung, also die durchgängige Verwendung des Femininums (Pusch 1990). Nichts spräche dagegen, den §1(5) in „Die in der Piratenpartei Deutschland organisierten Mitglieder werden geschlechtsneutral als Piratinnen bezeichnet“ zu ändern — wenn man die Bedeutung von Wörtern beliebig umdefiniert, warum nicht in diese Richtung? Es spräche aber einiges dafür: Frauen sind strukturell benachteiligt, sowohl gesellschaftlich als auch sprachlich, und ein „generisches Femininum“ wäre ein deutliches Zeichen, dass man(n) das ändern will. Für die Frauen wäre es ein Symbol des Selbstbewusstseins, für die Männer wäre es ein Signal, dass man zumindest theoretisch bereit wäre, über den Schatten der eigenen Privilegien zu springen. Auch hier könnte eine Liquid-Feedback-Initiative klären, ob es eine Mehrheit bei den Pirat/innen gäbe.
Abschließend noch ein Vorschlag, der vielleicht zu offensichtlich ist als das ihn jemand gemacht hätte: Im Zeitalter der Informationstechnologie dürfte es nicht schwer sein, eine Satzung zu programmieren, bei der die Leser/innen per Drop-Down-Menü auswählen können, ob sie die Personenbezeichnungen in der männlichen oder der weiblichen Form lesen wollen, ob sie die Beidnennung, den Schrägstrich, das Binnen‑I, geschlechtsneutrale Begriffe oder das Pirat lesen wollen.
[Nachtrag. Als Reaktion auf diesen Blogbeitrag gibt es nun drei zusätzliche Initiativen:
- „Orthographisch etablierte Beidnennung: Pirat/innen“
- „Generisches Femininum – durchgängig Piratin verwenden“
- „Wir verwenden jetzt ‘Das Pirat’”
Es wird also spannend.]
PUSCH, Luise F. (1980) Das Deutsche als Männersprache: Diagnose und Therapievorschläge. Linguistische Berichte 69, S. 59–74.
PUSCH, Luise F. (1982) Mitgliederinnen. Courage: Berliner Frauenzeitung 7.10, S. 45.
PUSCH, Luise F. (1984) Feministische Linguistik, andere feministische Disziplinen und Maskulinguistik — ein Methodenvergleich. In: Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an der Freien Universität Berlin (Hg.), Methoden in der FrauenforschungSymposium an der Freien Universität Berlin vom 30.11.–2.12.1983. Frankfurt a.M.: Fischer, S. 141–152.
PUSCH, Luise F. (1990) Alle Menschen werden Schwestern: Überlegungen zum umfassenden Femininum. In: Dies. (Hg.): Alle Menschen werden Schwestern. Feministische Sprachkritik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 85–103.
Diese und weitere Artikel von Luise Pusch sind in folgenden empfehlenswerten Büchern gesammelt:
PUSCH, Luise F. (1984): Das Deutsche als Männersprache. Aufsätze und Glossen zur feministischen Linguistik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
PUSCH, Luise F. (1990) Alle Menschen werden Schwestern. Feministische Sprachkritik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Außerdem empfehlenswert als praktische Handreichung zur geschlechtergerechten Sprache:
HELLINGER, Marlis und Christine BIERBACH (1993) Eine Sprache für beide Geschlechter. Richtlinien für einen nicht-sexistischen Sprachgebrauch. Bonn: UNESCO-Kommission. [Link (PDF)].
[Hinweis: Da man ohne Anmeldung im Liquid Feedback der Piratenpartei die Namen der Antragsteller/innen nicht sieht, weiß ich nicht, von wem die verschiedenen Inititativen stammen.]
[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Version enthält möglicherweise Korrekturen und Aktualisierungen. Auch die Kommentare wurden möglicherweise nicht vollständig übernommen.]
Wat is?
“Piraten” ist eine Beleidigung und Unterdrückung der Frauen, “Piratinnen” angemessen? Ich fühle mich nicht als Piratin. Fühlen Sie sich als Frau?
Worauf die Piraten hinweisen wollten, als sie diesen Punkt in die Satzung aufgenommen haben: Das Geschlecht spielt keine Rolle. Es geht um die Kompetenz- statt der Frauenquote, Menschen sollen nach ihrer Menschlichkeit und nicht nach ihrem Geschlecht sortiert werden. Wenn man nun aber anfängt, die geschlechtlichen Unterschiede in der Sprache herauszustellen, trennt man das “Kollektiv” “die Piraten beiderlei Geschlechts” eben doch wieder in Männlein und Weiblein, was nicht sinnvoll ist und bei der politischen Zusammenarbeit eher blockiert. Provokant gesagt: Nur ein Sexist erachtet das Geschlecht für erwähnenswert.
Mit “der und die Pirat” hätte ich kein Problem, “das Pirat” fände ich noch treffender. Sprachvergewaltigung wie das Binnen‑I bereitet mir aber nicht aus sexistischen, sondern aus ästhetischen Gründen Sodbrennen…
Die unendliche Geschichte des generischen Maskulinums…
Um übrigens ein selbiges mal in umgedrehter Rolle zu zeigen:
Ich studiere Logopädie, ein massiv von Frauen bestimmtes Feld. Hier haben sich mein einziger männlicher Kommilitone und ich sehr bald damit abgefunden, als Therapeutinnen und Studentinnen mitbezeichnet zu werden (natürlich ohne Binnen-Majuskel).
Achtung: Das soll kein Argument in irgendeine Richtung sein, bloß eine kleine Anekdote am Rande. Zumal es uns nicht stört. Ungewohnt war es anfangs dennoch 😉
Meine Güte! Na ja, ich darf nichts sagen, fühlte mich auch schon bemüßigt, zu diesem Thema Stellung zu nehmen (http://das-pausenblog.blogspot.pt/…die-mond.html)
[Wie ich Ihnen ja schon einmal gesagt habe, verwechseln Sie grammatisches und natürliches Geschlecht (davon abgesehen, dass Ihre Aussagen zu „geschlechtsneutralen“ Wörtern und zu Wortverwandschaften schlicht falsch sind). Sie können deshalb nun aufhören, auf Ihren Beitrag zu verlinken. — A.S.]
Geschlechtsneutrale Sprache & Satzungen
Schöner Text über die allgemeinen und speziellen Schwierigkeiten, einen (formalen) Text geschlechtsneutral bzw. geschlechterinklusiv bzw. geschlechtergerecht zu formulieren. Zwei Anmerkungen noch:
1. Die Drop-down-Lösung stößt möglicherweise im Parteiengesetz o.ä. auf ihre Grenze — rechtlich muss es vermutlich einen Satzungstext geben, und nicht eine Vielzahl technisch modifizierter. Das ließe sich umgehen, wenn der eine Text (z.B. mit Beidnennung) als der eine gültige Text angesehen wird, und das andere nur Filterungen davon sind, die aber nicht rechtsgültig sind. Das Ganze stößt allerdings vermutlich auch auf technische Probleme (cf. Nook vs. Kindle, to kindle vs. to nook), insbesondere dann, wenn die Pirat_innen eines Tages beschließen sollten, einen Passus “Piratinnen können ein Frauenforum abhalten” einzufügen.
2. Ein schönes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, ist die VwV Regelungen (Verwaltungsvorschrift Regelungen) des Landes Baden-Württemberg. Diese enthält zwar Vorschriften, die eine geschlechtergerechte Sprache einfordern, sieht als eine Lösung dafür aber (kurz gesagt) das generische Maskulinum vor. Solange die VwV Regelungen nicht geändert ist, ist ein normgerechtes Gesetz in Baden-Württemberg damit im generischen Maskulinum zu verfassen — was dazu führt, dass der Beamt_innen-Apparat des Landes nicht dazu zu bewegen ist, Beidnennungen in neuen Gesetzen durchzuführen. Dazu kommt die Problematik von Artikelgesetzen, die andere Gesetze (die im generischen Maskulinum verfasst sind) ändern — und dann ja schlecht einen Satz mit Beidnennung in einen Absatz ohne einfügen können. Mal schauen, ob/wann die VwV Regelungen modernisiert wird.
Geschlechterbetonte Sprache
“Geschlechtsneutrale” Sprache ist doch auch nur ein Euphemismus für geschlechtsbetonte Sprache, zumindest alle Versionen mit Schrägstrichen, Binnen-Is oder den beinahe jährlich wechselnden, modischen Sonderzeichen, die man irgendwo einfügt, anhängt, was auch immer.
Für mich als Asexuellen ist es schon schwierig genug, in einer Gesellschaft zu leben, in der man zum Verlierer abgestempelt wird, wenn man nicht zumindest ab und zu “sexuell erfolgreich” ist. Outen kann man sich höchstens im Freundeskreis, weil man sonst als Freak betrachtet wird.
Ich habe daher absolut keine Lust darauf und finde es diskriminierend, Texte zu lesen, wo man bei jedem personenbezogenen Substantiv explizit darauf hingewiesen wird, dass die Mehrzahl der Leute es anscheinend überaus wichtig finden, was sie zwischen den Beinen haben, und was sie damit anstellen.
Das Pirat wäre daher die einzige Variante, die ich neben dem althergebrachten sogenannten generischen Maskulinum akzeptieren könnte.
“das Pirat” gefällt mir ganz gut.
Gibt es auch Ansätze wie beim englischen Pronomen (http://en.wikipedia.org/…onoun#Invented_pronouns) oder ist sowas für “das” nicht nötig, da es im Gegensatz zu “it” nicht vorbelastet ist?
Bin mir nicht sicher ob man die beiden überhaupt vergleichen kann…
Wunderbarer und umfassender Artikel. Hierzu:
” Ich würde in diesem Fall den Schrägstrich empfehlen, weil er ein allgemein anerkanntes orthografisches Signal ist.”
faellt mir aber ein, dass ich eben gerade deswegen den gap _ bevorzuge, weil er eben kein anerkanntes Signal ist — und das neue Zeichen etwas neues signalisiert.
Nebenbei gefragt
Wieso ist “der Mensch” geschlechtsneutral, “der Pirat” aber nicht? “Der Pirat” ist eine Wortschöpfung, die nur zufällig männlich ist, jedoch nicht identisch mit “der männliche Seefahrer”. Es gibt keine geschlechtsspezifische Form “des Piraten” in vorliegender Form, somit haben Sie doch eigentlich die ganze Debatte schon im Voraus geschlossen.
“Mit “der und die Pirat” hätte ich kein Problem, “das Pirat” fände ich noch treffender. Sprachvergewaltigung wie das Binnen‑I bereitet mir aber nicht aus sexistischen, sondern aus ästhetischen Gründen Sodbrennen…”
Und Aesthetik ist natuerlich viel wichtiger als Gleichbehandlung von Menschen, sogar so viel wichtiger, dass du es fuer noetig befindest, die sexuelle Gewaltausuebung, die zumeist Frauen erfahren muessen, dafuer zu verniedlichen. Ekelhaft.
Werden Menschen dadurch gleich behandelt, dass man sie nach ihrem Geschlecht statt als Individuum kategorisiert? Widerlich.
“die sexuelle Gewaltausuebung, die zumeist Frauen erfahren muessen”, Blödsinn. Die meisten Männer trauen sich nur nicht, zuzugeben, dass sie unter häuslicher Gewalt leiden. Die Zahlen werden aber jedes Jahr höher, frag mal bei AGENS nach…
So einen sexistischen, männerfeindlichen Müll glaubst du doch nicht ernsthaft? Ich wiederhole mich: Widerlich!
Doch, diesen sexistischen, maennerfeindlichen Mist glaube ich.
Glückwunsch, Sexist. Damit ist das Gespräch für mich erledigt, mit widerwärtigen Sexisten kann und werde ich nicht auf inhaltlicher Basis diskutieren.
Jetzt hats mir den Ironiedetektor zerlegt, gut dass ich immer ein paar auf Lager kaufe. In der einen Sekunde noch um das Individuum statt um das Geschlecht besorgt, in der naechsten Sekunde fast an den um die aus dem Zylinderhut der eigenen Privilegiertheit herbeigezauberte Feindlichkeit gegen das eigene ach so unterdrueckte Geschlecht vergossenen Krokodilstraenen ersoffen. Ruft den Internationalen Gerichtshof und die NATO, bei so viel Ungerechtigkeit muss man doch eingreifen. Was leben wir in einer Zeit, in der man noch nicht mal mehr Vergewaltigung als beliebige Phrase verdreschen darf!!
Dass du die Vergewaltigung an Männern durch Frauen als nichtexistent darstellst, sagt alles Nötige über dich aus. Individuen sind eben nur schützenswert, wenn sie keinen Penis haben, nöch?
Kranker Mist.
“schaft”?
… wenn das Wort “Mitglied” so unbeliebt ist, warum nicht von der “Piratenschaft” (“Studentenschaft”) sprechen? Ansonsten würde ich auch den Schrägstrich bevorzugen, allerdings noch einen Bindestrich einfügen: “Pirat/-in”, “Piraten/-innen”.
@coke
das funktioniert recht schlecht, wenn man genau ein einzelnes Mitglied meint.
-ende
Damals ™, als ich studiert habe, waren wir noch Studenten und Studentinnen mit Hang zu StudentInnen.
Wie wäre es daher mit Piratenden? 😉
Der oder die Piratende ist doch super, oder?
Den Vorschlag mit Piratinnen gab es tatsächlich schon: https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/323.html — wenn auch mit einem etwas lakonischem Unterton. Geschehen ist natürlich nichts.
Am besten fände ich inzwischen eine randomisierte Verwendung von weiblich und männlicher bezeichnung, und darauf eben hinweisen. Generisches Femininum wäre aber auchn tolles Statement.
So langsam …
… denk ich mir: Nehmt einfach „Arschloch“. Das ist etwas schroff, dafür ein Neutrum. Und es ist sogar geschlechterunabhängig. Win-win!
die PC-Falle
na gut, ich fange es mal (widerstrebend) so an:
1. Ich bin eine Frau.
2. Deutsch ist nicht meine Muttersprache; In meiner gibt es diesen Firlefanz mit den Geschlechtern 😉 nicht.
3. Den Status Quo in der Satzung finde ich gut.
4. Ich liebe diesen Sprachblog.
5. Mir wird beim Lesen dieser Ausführungen immer schlechter.
Die Diskussion, die Verstrickung in immer kompliziertere, schweißig-angestrengte, von Sonderzeichen wimmelnde Lösungsansätze errinnert mich stark an Ergebnisse, die herauskpmmen, wenn man sich in den dunklen Katakomben des PC verliert. Es ist sicherlich immer ein ästhetisches Problem, ob man “vertikal Herausforderte” für eine Katastrophe von einem Ausdruck hält oder nicht.
Auf jeden Fall möchte ich dafür plädieren, wie ein guter Maler einen Schritt nach hinten tun und sich zu fragen, ob “das Ganze” noch gut aussieht.
wie wärs mit:
das Pirate
der Pirat
die Piratin
Ich vermute, dass sich gendergerechte Sprache schon allei aus Sprachökonomischen Gründen nicht durchsetzen wird.
Mittlerweile gibt es tatsächlich Leute, die von FeindInnenbild sprechen. Die beste Satire ist immer noch die Realität.
http://www.univie.ac.at/unique/uniquecms/?p=1901
Ein weiterer Vorschlag:
Ich finde eine Zwei-Geschlechter-Sprachlösung suboptimal. Das zementiert eine eben nicht gewünschte Festlegung auf Männer und Frauen.
Ein neutraler Begriff wäre aus mehreren bereits genannten Gründen von Vorteil, aber warum sollte man deswegen die Sprache “vergewaltigen”?
Zur Lösung des Problems schlage ich einen Neuen, aber an das Bestehende angelehnten Begriff vor, der zudem ein grammatisches Neutrum darstellt: Das Pirating
Jedes Mitglied der Piratenpartei wäre also ein Pirating und alle zusammen wären Piratinge. Darüber hinaus könnte sich jeder, dem sein Geschlecht in diesem Zusammenhang wichtig erscheint, als Pirat oder Piratin bezeichnen.
Ich finde den Begriff leicht zu sprechen, etwas leichter noch als die ebenfalls mögliche Version “Piratling”, die wie Findling, Drilling, “Fähnlein Fieselschweifling” bei mir sofort die Assoziation mit zusammen- oder einer bestimmten Gruppe angehörenden Personen oder Dingen weckt.
“Piratling” (mit “l”) ist allerdings nicht grammatisch neutral sondern maskulin.
unnötig
wird das jetzt die piratige form des grünen “realos gegen fundis” clash?
konzentriert euch aufs wesentliche!
(zunächst einmal bin ich immer wieder von der schieren existenz von maskulisten entsetzt. so eine bigotte heuchelei.)
ich hab nur eine kleine nachfrage: könnte man die gender-gap nicht auch wie beim schrägstrich als eine beidnennung interpretieren? dadurch wird aus pirat_innen beim sprechen »piratinnen und piraten« und gleichzeitig hat man ein orthographisch unbesetztes zeichen für ein aktuelles problem und, wie sie so schön sagten, verzichtet nicht auf die sprachlosigkeit, die uns dieses problem bereitet, und auf die wir dann zumindest noch in der schrift hinweisen können.
die Eine nur …
Anatol Stefanowitsch schrieb (05. Juni 2012, 23:40):
> […] auch die weiblichen Leser/innen im Kopf
Was man als Blogger/in nicht schaft,
schaft die geneigte (vornehmlich weibliche) Leserschaft.
> Abs. A, §1 (5): Die in der Piratenpartei Deutschland organisierten Mitglieder werden geschlechtsneutral als Piraten bezeichnet. [Bundessatzung der Piratenpartei, Stand vom 5. Juni 2012] […]
Dieser Satz bezieht sich offenbar auf die Bezeichnung von Mitgliedern als Gruppe(n), durch einen (geeigneten) Plural.
Enthält die Bundessatzung der Piratenpartei denn noch keinen Satz, der die Bezeichnung einzelner Mitgliederanten und/oder ‑antinnen regelt ? …
-
Inhaltlich und sachlich ist eine Unterscheidung von Untergruppen innerhalb der Bezugsgruppe “Mitglieder der Piratenpartei” nicht gerechtfertigt. §2 der Bundessatzung unterscheidet keine Mitgliedschaften — selbst bei jenen Mitgliedern, die zugleich Mitglied einer anderen Partei sind -, wie auch Rechte und Pflichten der Mitglieder und ihr Zugang zu Ämtern nicht von der Zugehörigkeit zu einer Untergruppe abhängig sind. (Mitglieder können “alle natürlichen Personen” werden, die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ist die einzige Voraussetzung für eine Mitgliedschaft.)
Im konkreten Satzungstext findet also eine sprachliche Unterscheidung nach “Geschlecht” oder “geschlechtlicher Identität” keine inhaltlich-sachliche Entsprechung.
Ob man sich bei einer Gruppe “mitgemeint” oder “angesprochen” fühlt, hat immer auch eine subjektive Komponente, die nicht immer rational-sachlichen Kriterien folgt. (Bspw. wenn sich ein seit über 30 Jahren in Deutschland lebender ausländischer Staatsbürger in der Gruppe “Deutsche” nachvollziehbar mitgemeint und ansprochen fühlt.)
Grundsätzlich muß man sich fragen, ob die Kategorie “Geschlecht” oder “geschlechtliche Identität” in *jedem* Sprechkontext so relevant ist, daß sie als condicio sine qua non *immer auch* “zur Sprache gebracht” werden muß.
Darauf kann man natürlich auch eine politische und damit immer auch weltanschauliche Antwort geben (wie es “die Piraten” als politische Partei ja tun bzw. darum ringen); weshalb dieser Diskurs bei allen plausiblen Sachargumenten sicherlich auch kein Ende finden wird.
was das aussprachedilemma beim gender gap angeht, kenne ich aus anderen kontexten die lösung, es einfach als knacklaut auszusprechen (nur als anregung, weil das bislang noch nicht als idee auftauchte).
und: ehmja, genau, wenn Joerg behauptet, frauen seien zumeist stärker von sexualisierter gewalt betroffen als männer, heißt das BESTIMMT, dass er es so darstellt, als seien männliche betroffene nicht existent. geht’s noch?
(im übrigen wär hier wohl ein frauen* angemessen, um transpersonen in dem kontext auch “sichtbar” zu machen… leider)
Oh mein Gott! Was für Probleme! Wie erkläre ich das alles jetzt z.B. meinen “Schülern” (= nichtdeutschsprachige berufstätige Erwachsene, die gerne Deutsch lern möchten), ohne ständiges Stirnrunzeln und blankes Nichtglaubenkönnen in deren Gesichtern abzulesen?
Ich bin weiblich, werde bald 60 und bin mit Alice Schwarzer groß geworden. Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden mit den Errungenschaften des Feminismus und der Frauenbewegung, auch wenn es da leider immer noch sehr viele Baustellen gibt.
Aber bei solchen Problemen, wie hier geschildert, da “beißt’s aus” (so sagen wir in Bayern.
Was ist an dem Wort Mitglied falsch? Wieso denkt man da offensichtlich im Ernst daran, “das Pirat” zu konstruieren? Das klingt in meinen Ohren so entsetzlich falsch und vor allem auch dermaßen absurd, dass mir dabei nur noch Monty Pythons Scherze in den Sinn kommen.
Oh Herr(in???), wirf Gelassenheit und gesunden Mensch(innen???)verstand vom Himmel!
Ah, da fällt mir noch was dazu ein:
“das Mensch” ist im Bairischen ein Schimpfwort für ein ungehöriges Frauenzimmer… irgendwie scheinen Neutra doch oft einen negativen Beigeschmack zu bekommen (mein subjektiver Eindruck)…
Mit der Verwendung einer der akzeptierten Formen stellt der Sprecher heraus, das es das Problem kennt und sich der feministischen Sache anschliesst. Es ist ein wiederholtes öffentliches Bekenntnis. Der Inhalt der Aussage ist dabei ganz unwichtig. Ich glaube auch nicht, das irgendjemand die Form Piraten/Piratinnen beim Denken benutzt, sie wird erst beim Schreiben gebildet und erfordert jedesmal eine bewusste Anstrengung. Das führt dann zu so köstlichen Fehlleistungen wie “Liebe Zuschauer draussen an den Fernsehern und Fernseherinnen”.
Piratierende
ist doch ganz einfach
Mitgemeint
Ich fand einen satz in der Prüfungsordnung bei usnerer Uni recht cool. (aus dem Gedächtnis)
“Mit dem Begriff Studentinnen (sic!) sind die männlichen Studeten mitgemeint.”
Anglistik 😉
Man könnte das ja auch doppelt wenden:
“Mit dem Begriff Piraten sind auch die männlichen Piraten gemeint.”
Piratende
Analog zu “Studierende” könnte man doch auch Piratende generieren.
Ich bin mir immer nicht ganz sicher, warum den meisten die deutsche Sprache so heilig ist.
Sprache ist doch seit jeher im Wandel. Ob es nun die Jugendlichen sind, die sich abgrenzen wollen (oft sicher unbewusst) oder Menschen die sich einfach auf so neuem Gebiet befinden, dass sie neue Wörter erfinden müssen.
Sprache verändert sich. Warum also nicht ganz radikal sein? Das Übel an der Wurzel anpacken und endlich ein wirklich geschlechtsneutrales Wort benutzen.
Sie sehen schon, ich favorisiere “das Pirat”.
Sollte sich das nicht durchsetzen, hoffe ich ernsthaft, dass die männlichen Piraten auf die weiblichen Piraten stolz genug sind, um Piratinnen als “geschlechtsneutrales” Wort zu benutzen. Auch wenn man dann alle anderen Genderformen ausgrenzt.
Tippfehler
Hallo Anatol,
im dritten Absatz, letzten Satz gibt es wohl einen Tippfehler:
“Personenbezeichnungen sich alse entweder nur auf Männer”
zumindest sagt mir das Wort “alse” nichts 😉
Ansonsten, mach weiter so!
Dirk
Piraten = π?, Pirat = π!
Nein, muss sie ganz bestimmt nicht. Pusch ist zwar erstens sehr bekannt, zweitens nicht auf den Mund gefallen und drittens weniger dogmatisch als andere Feministen, aber ihre linguistische (Methoden-)Kompetenz kann man (trotz Habilitation) mitunter nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen.
There’s no such thing.
Es geht hier nicht um eine „beliebige“, sondern um eine beschränkte Bedeutung aus dem allgemeinen semantischen Feld und das auch nur innerhalb eines Textwerkes. Derart explizit Termini festzulegen, ist völlig normal in allen technischen Textsorten.
Es ist noch viel schlimmer: Mann/Frau ist überhaupt kein dichotomes Begriffspaar! Je nach Kontext haben wir im Deutschen {mann}/{frau}, {herr}/{frau}, {mann}/{weib}, {herr}/{dame}, {mann}/{-in}, {herr}/{-in}, dafür ist im Englischen das eine Geschlecht fast immer ein Spezialfall des anderen: {fe-}/{male}, {wo-}/{man}.
Genau, das kann man gar nicht genug betonen!
Übrigens fällt der m‑Bias in den verschiedenen Beidnennungs(kurz)formen unterschiedlich stark aus und wechselt bei der Binnenmajuskelform *(PiratIn, PiratInnen) sogar zu einem f‑Bias. Ich habe noch keine Studie gefunden, die alle Varianten, auch unterschieden nach Singular und Plural, untersucht, aber ich vermute, dass die Biasreihenfolge (f zu m) der Kurzformen *PiratInnen, *PiratIn, *Pirat/innen, *Pirat/in, Piratinnen/-en, Pirat/-in, Piraten/-innen, Pirat(in), Pirat(inn)en ist und die der Vollformen Piratinnen und Piraten, Piratin oder Pirat, Pirat oder Piratin, Piraten und Piratinnen ist. (Gendergap und ‑sternchen habe ich absichtlich ignoriert.)
Man beachte, dass bei {pirat} alle Kurzformen ohne größere Probleme – am meisten noch im Plural beim Schrägstrich – funktionieren, was nicht bei allen Personenbezeichnungen der Fall ist, vgl. Ärzt/-in.
Neben *(das Pirat, der Pirat, die Pirat; die Piraten) gäbe es natürlich auch andere mögliche Neuschöpfungen, z.B. zwei markierte Fälle statt nur einem: *(der Pirat, der Piraton, die Piratin; die Piraten, die Piratonnen, die Piratinnen) (analog mit {-is}, {-er}, {-or}, {-et}, …).
Ceterum censeo, dass Mitglied in einer Vereinssatzung u.ä. im Allgemeinen die beste Variante ist.
PS: Der Pirat tagt wöchentlich und legt auf jeder Sitzung eine weitere Ziffer der Kreiszahl fest.
f — wie Freibeute
Frank Wappler schrieb (06. Juni 2012, 11:35):
> Anatol Stefanowitsch schrieb (05. Juni 2012, 23:40):
> > […] auch die weiblichen Leser/innen im Kopf
> Was man als Blogger/in nicht schafft,
> schafft die geneigte (vornehmlich weibliche) Leserschaft.
> […]
Wer kla(ba)u(ter)t denn sowas ?!
trigenera
> (man sagt nicht das Studierende)
Stimmt vielleicht. Aber zu Fachschaftszeiten haben wir damals™ durchaus der/die/das Studi gesagt, mit dem neutrum als indefiniter Form
weiterer Vorschlag:
Einfach die Satzung ins Englische übersetzen (oder nur “the pirate”). Dadurch würde sich die Partei als weltoffen und international präsentieren.
Sind Piratinnen Piraten?
Sind Kater Katzen?
Ist die Kanzlerin ein Kanzler?
Disclaimer: Ich begrüße Bemühungen um geschlechtergerechte Sprache. Zum nachfolgend dargestellten Sachverhalt habe ich keine fertige Meinung, bin vielmehr recht ratlos.
Gerhard Schröder war der siebte deutsche Bundeskanzler. Angela Merkel ist die erste deutsche Bundeskanzlerin. So weit, so klar. Wenn nun aber, was nach Lage der Dinge gut möglich ist, eines nahen oder fernen Tages ein Mann Merkel im Amt nachfolgt — ist er dann der achte oder der neunte Bundeskanzler?
Laienhafter Lösungsversuch meinerseits: Das Wort “Bundeskanzler” (analog Präsident, Minister etc.) hat zwei Bedeutungen: Es bezeichnet a) das Amt unabhängig von der Person und b) die (männliche) Person, die das Amt bekleidet. Lässt sich unter diesen Voraussetzungen das Wort “Bundeskanzler” in Bedeutung a) geschlechtsneutral verstehen? Ein Indikator dafür könnte sein, dass im Grundgesetz durchgängig nur vom Bundeskanzler in männlicher Form die Rede ist und dennoch niemand bei Merkels Amtsantritt eine entsprechende GG-Änderung für nötig befunden hat. Demnach wäre A.M. die erste Bundeskanzlerin und zugleich die achte Person im Amt des Bundeskanzlers. Ihr hypothetischer männlicher Nachfolger wäre wiederum der achte Bundeskanzler und die neunte Person im Amt des Bundeskanzlers.
Kommt man auf diesem Weg weiter? Wenn nicht — wie dann?
@Dilettant
das gibt es auch in der Variante “Frauen sind die besseren Autofarer/innen”.
Um dem gerecht zu werden, müssen entweder Ambuguitäten in Kauf genommen oder der Satz umformuliert werden.
Ich denke jedoch, dass bei einem so herausgehobenen Amt wie das des_r Bundeskanzlers_in die Formulierung “die achte Bundeskanzlerin” eher als “die achte Person im Amte” verstanden wird. Wenn herausgestrichen werden soll, dass sie die erste Frau im Amt war, kann das ja so geschrieben werden “die erste Frau im Amt der Bundeskanzlerin”.
Wenn ihr ein Mann nachfolgen sollte, würde er dann wohl der “neunte Bundeskanzler”.
Hallo erst mal,
mal wieder ein schöner Blogtext.
Ich bin der Meinung, dass Pirat eigentlich eine Berufsbezeichnung ist und deswegen neutral sein sollte. Ich verstehe aber die Problematik.
Meiner Ansicht nach sollte mal mit der wahllosen Benutzung von Artikeln aufhören und endlich alles was nicht explizit männlich und weiblich ist mit ‘das’ bezeichnen.
Da das zugegebenermaßen schwierig ist von außen aufzuzwingen, fände ich es genial, wenn die Piraten damit anfingen und sich auf das Pirat als neutrum verständigten.
Keine Lösung
“Piratierende” ist keine Lösung. Schon “Studierende” regt mich öfter mal auf. Vor allem, wenn die Uni dann “den/die Studierende/n des Monats” kürt. Im Singular keine Lösung.
Aber auch der “Mensch mit Pirateriehintergrund” wäre irgendwie keine Lösung. Analog zum “Mensch mit Behinderung” frage ich mich da sowieso immer, warum man extra betonen muss, dass es sich bei Behinderten um Menschen handelt, das sollte doch selbstverständlich sein. Übrigens, “Behinderte” ist bereits analog zu “Studierende”. Also Bald “Mensch mit Immatrikulationsbescheinigung”?
Die Piraten könnten einfach auch immer die weibliche Form benutzen. Mit entsprechender Fußnote. Wenn man schon der Auffassung ist, dass die männliche Form eben nicht generisch ist, dann ist es ja egal, welche nicht-generische Form man verwendet.
Cthulhux +1 ack
Wenn schon irgendwelche Besserwisser geschlechtsdiskriminierende Begriffe vorschlagen, warum dann nicht gleich Piratmuschi und Piratpimmel?
Atomgendern, Nein danke!
das Pirat — Deklination?
Die doch sehr künstlich klingende Form “das Pirat” verliert aber in mancher regierter Position ihren Effekt, wegen der Synkretismen bei maskulinen und neutralen Artikelformen und der sich ausbreitenden Endungslosigkeit schwacher maskuliner Substantive im Dativ, vgl. dem Pirat und dem Piraten — beides frequente Formen des maskulinen Pirat.
Im Plural löst sich das ganze dann natürlich sowieso auf, weil hier alle Genera zusammenfallen. Da würde das Pirat schnell wieder zu generisch-maskulinen Piraten. Man müsste also gleich noch eine neue Deklinationsklasse mitbedenken.
Piratinnen und Piraten als Multiplikator
Warum soll eine Wiederholung in der Art “Piratinnen und Piraten” unökonomisch sein? Es ist doch implizite Eigenwerbung, wenn der Wortstamm Pirat möglichst häufig vorkommt.
Zugegeben, mit der Zeit nervt es dann vielleicht auch. Aber in der Anfangszeit gibt es doch nichts besseres als den Wortstamm möglichst oft zu wiederholen.
@impala, 06.06.2012, 19:06
Du magst mehr vom Formalismus der Sparche an sich was verstehen, aber für mich hört sich
das Pirat
der Pirat
die Pirat (in)
die Piraten
ganz OK und sinnvoll an.
Des Weiteren möchte ich anmerken, dass Sprache für die meisten Menschen auf der Welt eine Sache der Gewöhnung ist. Und, übrigens … ‘die Piraten’ “fühlen” sich für mich nicht sehr maskulin an. ^o^
Jens,
es geht nicht darum, ob ich die Form jetzt okay finde oder nicht. Man benutzt Substantive nun mal nicht nur im Nominativ. In einer Phrase wie dem Pirat ist es erlaubt muss der Dativ benutzt werden und dann verschwindet das umständlich konstruierte Neutrum, weil es formengleich mit dem Maskulinum ist (unter der Voraussetzung, dass man schwache Substantive endungslos dekliniert). Und im Plural ist der Unterschied auch nicht gegeben, der bei der femininen Form Piratin sehr wohl gegeben ist. Das Pluralsuffix ‑en an sich ist zwar geschlechtsneutral, wird aber bei Piratin an ein durch ein Derivationssuffix eindeutig als feminin markiertes Wort angehängt. Kreiert man eine Form das Pirat, indem man das generische Maskulinum einfach in ein Neutrum konvertiert, greift man ein bisschen zu kurz, da sich der künstlich kreierte Unterschied nur in einer Minderheit der Formen wirklich äußert.
@impala, 06.06.2012, 21:40
Meine Auffassung von Sprache ist, dass es gefällt. Also, das sich die Wendung im “Dschungel der Sprache” einfach durchsetzt.
Und ich denke, da die sich die verschiedenen Formen in längeren Gebrauchstexten sowieso abwechseln, ist die Gefahr, bei den deklinierten Varianten nicht zu wissen was gemeint sein sollte, ziemlich gering.
Generisches Maskulinum
Die Bedeutung eines Wortes ergibt sich aus seiner Verwendung. Wie kann man daher einen Unterschied zwischen der “Bedeutung” und der “Verwendung” behaupten? Das ist doch sprachlicher Platonismus.
Mir leuchtet nicht ein, wieso man sich derart über das Wort “Pirat” in der Satzung der Partei ereifern kann, wenn doch schon der Name der Partei nicht geschlechtsneutral ist: “Piratenpartei Deutschland”, parteioffizielle Kurzform PIRATEN.
Ob man nun “Pirat/innen”, “das Pirat” oder “Piraten und Piratinnen” sagt ist eigendlich ziemlich wurst. Immer wird mindestens eine der vier biologischen Geschlechtergruppen (Männer, Frauen, Hermaphroditen, Geschlechtslose) sprachlich ignoriert. “Pirat/innen” und “Piraten und Piratinnen” ignoriert zwei, “das Pirat” immerhin schon drei Geschlechtergruppen.
Vermeintlich neutrale Bezeichnungen wie “Mensch”, “Mitglied” und “Person”, werden von vielen dennoch als als geschlechtsspezifisch empfunden und haben dadurch zumindest in der Wahrnehmung die selben Probleme wie die anderen Vorschläge.
Aber es gibt einen Ausweg für das Gender-Dilemma. Das englische “Pirate” ist geschlechtsneutral. Man kann einfach statt dem deutschen Wort das englische nutzen und entweder auf den Artikel verzichten oder das englische “the” verwenden. Damit umgeht man das Genderminenfeld.
Formulierungen mit Wörtern wie “jede(r/s)” vor dem Begriff sind natürlich trotzdem zu vermeiden…
“Aber es gibt einen Ausweg für das Gender-Dilemma.”
es gibt einen viel einfacheren ausweg: einfach akzeptieren, dass es ein generisches maskulinum gibt.
das gelingt am besten, indem man sich vor augen führt, dass das biologische geschlecht nur eine facette der menchlichen identität ist. und zwar eine facette, die nicht an jeder möglichen und unmöglichen stelle zur sprache kommen muss. andere aspekte der identität werden auch nicht benannt und werden nicht vermisst. es ist eine frage des eigenen selbstverständnisses und des verständnisses von geschecht, ob man sich in einer allgemeinen bezeichnung wiederfinden und sich gemeint fühlen will, oder sein geschlecht als so bedeutend, identitätsstiftend und dringend nennenswert empfindet, dass es als dichotomie und sprachliche geschlechtertrennung benannt werden muss.
Die Lösung: das Einführen einer eigenen Mehrzahlform für geschlechter-gemischte Gruppen. Zum Beispiel auf ‑u. Ich mache es vor:
Liebe Genossu!
Liebe Höru!
Liebe Lehru!
Die Wählu
Die Autofahru
Die Piratu
Mir gefällt es auch auf ‑is gut:
Liebe Genossis!
Sprache muss sich weiterentwickeln wenn sich die Gesellschaft entwickelt.
@ Studierendenfutter
ich benutze es selten aber diesmal gerne:
word!
Danke 🙂
Danke für den Artikel, es ist wirklich nicht leicht, da eine gute Lösung zu finden. Persönlich habe ich mich schon vor einiger Zeit zum “_” als Trenner entschieden.
Für die Piraten würde Eichhörnchen bei deren Flauschbedürfnis gut passen 🙂
Das Pirat finde ich auch gut, oder man könnte freilich auch ein sächliches neues piratiges Wort entwerfen. Pirabing oder sowas…
“Sprache muss sich weiterentwickeln wenn sich die Gesellschaft entwickelt.”
das tut sie. nur eben nicht durch politisch, moralisch oder pädagogisch motivierte regelungen. wenn z.b. die taz titelt “Ramsauer entdeckt Herz für Radfahrer” glaubt niemand, dass nur die männlichen radfahrer gemeint sind. vielleicht waren im 19. jh. nur die radelnden männer gemeint, mag sein, aber heute hat der begriff auch eine generische bedeutung angenommen und wird je nach kontext verstanden.
Die Lösung — Tusch! — pars piratarum
Wie schon NörglerIn sagte, hat das diskutierte Satzungsproblem Auswirkung auf den Parteinamen. “Piratinnen- und Piratenpartei” (PPP) wäre da noch die passabelste Lösung. Parteinamen mit Drop-down-Menü auf dem Wahlzettel oder “Eichhörnchenpartei” wäre vermutlich selbst den Parteimitgliedern und sicherlich dem Bundeswahlleiter zu schräg.
Zwei Alternativen:
Die Seeraubendenpartei (dass darauf noch niemand gekommen ist)
und — in meinen Augen der Vorschlag der Wahl:
pars piratarum
“pirata” ist natürlich lateinisch und zeichnet sich durch das dort sehr seltene Auseinanderfallen von grammatikalischem Geschlecht (Femininum) und sog. natürlichem Geschlecht (Maskulium) aus, hält somit wunderbar die Waage.
Der Name würde den Anspruch der piratarum unterstreichen, “post-gender” zu sein, weil sie sich dem Schräg-Binde-Unterstrich-Terror elegant widersetzen, aber auch nicht das Überkommene fortsetzen.
Er wäre zudem ein Fanal für die internationale Zusammenarbeit mit anderes Parteien, weil dieser Name europaweit verwendbar ist.
Schließlich würden mit den Altphilologen und Bildungsbürgern völlig neue Wählerschichten eröffnet.
Liebe piratae, auf zum Ändern!
Unfug
Wie ist eigentlich die weibliche Form von der Mensch? Die Menschin?
Und wieso sind in der Mehrzahl alle weiblich? “Die” Bärte, “die” Jungen, “die” Männer.
Dieser ganze “Innen”-Quatsch ist so überflüssig wie ein Kropf und bläht nur unnütz Texte und Reden auf.
Der Nutzen geschlechtsneutraler Sprache
Ich denke nicht, dass die durchschnittliche Frau durch geseschlechtsneutrale Sprache eine höhere Lebenszufriedenheit oder einen sonstigen Nutzen ziehen wird.
Es ist vor allem eine Gedankenwelt, die sich durch Sensibilisierung ihre eigene Relevanz geschaffen hat und anfällig dafür sind jene Feministinnen (nicht alle), die aus dem Kampf gegen solche Nichtigkeiten Konsumnutzen ziehen.
Ja, der einzige Nutzen dieser neuen Sprachregelungen ist der Kampf gegen die Unterdrückung selbst, der erfreut.
Piraten- und Piratinnenpartei…
wäre selbst nach der UNESCO-Richtlinie (http://www.unesco.de/…ibliothek/eine_sprache.pdf)
nicht notwendig. Ich zitiere:
Im Deutschen gibt es zahlreiche zusammengesetzte oder abgeleitete Worter, die zwar eine maskuline Personenbezeichnung enthalten (Arbeiter, Burger), aber selbst keine Personen- bezeichnung sind. Meist handelt es sich bei diesen Wortern um abstrakte Nomina (Bewe- gung), kollektive Nomina (Gemeinschaft) oder Adjektive. Hier besteht im allgemeinen keine Notwendigkeit zur Veranderung.
Als Beispiele genannt werden Arbeiterbewegung, Studentenwerk, ausländerfeindliche Parolen.
Piratenpartei würde für mich in dieselbe Kategorie fallen.
dito …
… Piratenindividuum (w/m).
ich habe eine anmerkung und eine frage.
1. die anmerkung: sobald es um geschlechtergerechte sprache geht, tauchen menschen auf, die von terror oder atomgendern (hier), bevormundung und faschismus usw. (woanders gelesen) reden. da versuchen menschen, sich lösungen einfallen zu lassen, um alle gruppen gleichermaßen anzusprechen, und das soll terror sein? ich denke, das ist eine unangemessene wortwahl.
2. die frage (mit längerer einleitung): es gibt hinweise darauf, dass das generische maskulinum nicht wie behauptet funktioniert (unter anderem in diesem blog). neben irgendwelchen studien besteht wohl ein hinweis darauf auch schlicht in der existenz einer minderheit von menschen, die SAGEN, dass es für sie ein problem darstellt und sie sich nicht gleichermaßen angesprochen fühlen.
wo ist denn nun eigentlich umgekehrt das problem, auf diese menschen rücksicht zu nehmen und sprachgewohnheiten zu verändern?
kann mir das mal eine/einer erklären? also nochmal etwas präziser, was ist das argument: warum sollte auf diese menschen NICHT rücksicht genommen werden und stattdessen weiterhin daran festgehalten werden, das generische maskulinum zu verwenden?
@Bert
Zu Ihrer Frage:
Rücksicht auf andere ist eine gute und schöne Sache. Rede ich mit einem Dunkelhäutigen, so nenne ich ihn sicherheitshalber nicht Neger, da er sich daran vielleicht stoßen könnte. Hier geht es ja nur darum, ein Wort durch ein anderes zu ersetzen.
Problematisch wird es dann, wenn auch die üblichen Ersatzwörter als diskriminierend empfunden und abgelehnt werden. Dann verliere ich allmählich die Geduld und rede nur noch über das Wetter.
Die Forderung nach geschlechtergerechter Rede ist aber sehr viel weitergehend, als ein Wort durch ein anderes zu ersetzen.
Rücksicht sollte gegenseitig sein. Von mir zu verlangen, nun ständig “Arbeiter und Arbeiterinnen”, “der oder die Angestellte” “er oder sie” zu sagen und zu schreiben, empfinde ich als eine Zumutung und eine Rücksichtlosigkeit. Schlimm genug, daß ich das in amtlichen Texten ständig über mich ergehen lassen muß.
Rücksicht nehme ich gerne, wenn ich gewisse Empfindlichkeiten für verständlich halte. Man kann aber nur schwer auf jede spinnerte Überempfindlichkeit Rücksicht nehmen. Wenn einige Frauen irrtümlich meinen, sie seien nicht mitgemeint oder ein generisches Maskulinum gebe es nicht (was ihnen ja von einigen immer wieder eingeredet wird), dann erreicht meine Rücksichtsbereitschaft ihre Grenzen.
Danke für die Antwort.
Subjektiv stellt es sich für mich komplett anders dar:
Ich persönlich finde es einfach nicht schlimm, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, und die Frauen, die das in meiner Gegenwart bislang angeregt haben, erschienen mir auch nicht als spinnert oder überempfindlich oder haben da irgendwas von mir “verlangt” oder mir das “befohlen”, das waren meist ganz nette, hochgebildete und sympathische Frauen, die das eben als Anregung eingebracht haben.
Zum Beispiel kürzlich von einer Kollegin, die einen meiner Texte Korrektur las und nachfragte, ob ich wirklich in einem Text nur über “Arbeitnehmer” schreiben möchte (obwohl ich weiß, dass Erwerbstätigkeit eng mit gesellschaftlicher Teilhabe und Anerkennung verflochten ist, Frauen da aber nicht gleichermaßen eingebunden sind, die Erwerbsarbeitssphäre generell eher männlich konnotiert ist, ich damit die Assoziation von “Erwerbsarbeit — männlich” stützen könnte und diese Assoziation vielleicht auch dafür sorgt, dass Frauen sich dort nicht so beheimatet fühlen (wie am Herd :)).
Klang für mich nachvollziehbar, ich habe entschieden, dass ich das nicht möchte, einmal kurz “suchen und ersetzen” und fertig ist die Laube, ich habe mich da nicht “rücksichtslos” behandelt gefühlt oder so.
Beim Sprechen geht zwar nicht automatisiert “suchen und ersetzen”. Aber ich spreche manchmal (nicht besonders oft) geschlechtergerecht, und ich gewöhne mich zunehmend daran. Ich finde es eben nachvollziehbar und plausibel, dass das generische Maskulinum nicht alle gleichermaßen anspricht (vgl. auch hier http://www.sprachlog.de/2011/12/14/frauen-natuerlich-ausgenommen/) — egal, was irgendwelche Regelwerke sagen. Also versuche ich ab und an bewusst, beide Formen zu sprechen. Tut mir gar nicht weh und ich habe nicht das Gefühl, dass mir dabei ein Zacken aus der Krone bricht oder ich irgendwie unterdrückt werde.
Ich akzeptier aber natürlich die Erläuterung (nochmal danke dafür), dass der Vorschlag, von den eigenen “althergebrachten” Sprech- und Sprachgewohnheiten abzuweichen bei einigen anscheinend Unwohlsein hervorruft.
Ich empfinde es selber nur erstmal überhaupt nicht so (und bin dann irritiert).
Aber wenn das für einige ein großes Problem darstellt, ist das wohl ernstzunehmen (wobei ich nicht weiß, ob dieses Unwohlsein dann schwerer wiegen sollte als dass derjenigen, die sich nicht ausreichend “mitgemeint” fühlen, und diese “Fronten” werden damit ja in Stellung gebracht).
Den einleitenden Vergleich finde ich allerdings etwas unglücklich: Ich glaube nicht, dass sich ein Schwarzer für die nette Rücksichtnahme bedanken muss, nicht “Neger” genannt zu werden, das ist doch irgendwie selbstverständlich?
Ich bedanke mich ja auch nicht den ganzen Tag bei allen Menschen dafür, dass sie darauf verzichten, mich zu beleidigen.
@Bert
Ich bedanke mich meinerseits dafür, daß wir über dieses manchmal doch recht emotional aufgeladene Thema zivilisiert diskutieren können.
Ich kann Ihnen allerdings nicht in allem folgen. Insbesondere nicht, was meinen einleitenden Vergleich anbetrifft. Zunächst sehe ich in dem Wort “Neger” an sich nichts Beleidigendes. Es bedeutet ja eigentlich nichts anderes als “Schwarzer”. Allerdings war “Neger” der gängige Begriff zu einer Zeit, als viele “Weiße” die Dunkelhäutigen für in irgendeiner Weise minderwertig hielten. Damals haben aber auch diejenigen, die nicht dieser Meinung waren, unbefangen von “Negern” gesprochen.
Dennoch kann ich angesichts dieser Vorgeschichte gut verstehen, daß die Betroffenen dieses Wort als unpassend empfinden. Darauf nehme ich gerne Rücksicht und erwarte dafür auch keinerlei Dankbarkeit.
Ferner scheinen Sie mir die Schwierigkeiten der geschlechtergerechten Sprache zu unterschätzen. So einfach “suchen und ersetzen” reicht meist eben nicht aus. Wenn ich Ihr Beispiel nehme, so stellt sich doch zunächst die Frage, ob “Arbeitnehmer” in der Ein- oder Mehrzahl verwandt wird. “Der Arbeitnehmer” wäre ja zu ersetzen durch “der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin” oder “der/die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin” oder “der oder die ArbeitnehmerIn” oder … oder … In der Mehrzahl ist es natürlich einfacher. Da reicht die Ersetzung von “Arbeitnehmer” durch “Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen” wohl aus. Dann muß ich aber noch die Pronomina überprüfen. Eventuell muß ich “er” durch “er oder sie” ersetzen, aber nur in den Fällen, wo sich “er” tatsächlich auf “Arbeitnehmer” bezieht. Ich kenne kein Textverarbeitungsprogramm, das all das automatisch erledigen könnte.
dieser versuch muss scheitern, denn es gibt unzählige gruppen, die unmöglich alle in den genuss einer eigenen ansprache kommen können. stellt sich also die frage, mit welcher legitimation eine gruppe vor allen anderen eine separate nennung beanspruchen kann.
wenn wir die werte gleichberechtigung und gleichbehandlung befürworten, können wir unmöglich einer gruppe eine extra ansprache gewähren und vielen anderen gruppen dieses gleiche recht verweigern.
es gibt auch hinweise, dass es funktioniert.
genau richtig formuliert: das problem ist eines des gefühls. es ist nicht objektivierbar, sondern eine persönliche befindlichkeit. dass man heute mit diesen befindlichkeiten aufmerksamkeit und vermeintliche rücksicht einfordern kann, bestärkt in der befindlichkeit, statt ihre überwindung zu befördern.
rücksicht nehme ich auf menschen, die rücksicht benötigen, weil sie in irgendeiner form schwach sind. frauen sind nicht schwach. ob sich sich angesprochen fühlen wollen oder nicht, ist ihre sache. nicht meine.
Bert
@NörglerIn: Ja, mit “suchen und ersetzen” habe ich ein wenig untertrieben, es war nichtsdestotrotz in besagtem Text recht einfach, das trifft sicher nicht immer zu. Ich würde jetzt auch nicht tagelang darüber sinnieren, ob ich wie was geschlechtergerecht formulieren kann, aber das erwartet doch auch niemand (noch nichtmal Feministinnen :)), in vielen Fällen ist es eben doch recht leicht und dann sehe ich nichts, was dagegen spricht.
Was die Bedeutung von Bezeichnungen für Schwarze angeht, bin ich mir unsicher inwiefern unsere Ansichten auseinandergehen. Allgemein: Was vormals als nichtwertende Bezeichnung galt — Macker, Wichser, etc. (da gibt es bestimmt bessere Beispiele), kann trotzdem zu einem anderen Zeitpunkt klar als Beleidung fungieren, das hängt ja nicht nur von “der ursprünglichen Bedeutung” ab. Und dann würde ich diese Bezeichnung eben nicht verwenden, sofern ich niemanden beleidigen will. Aber anscheinend machen wir das auch beide nicht.
@Studierendenfutter: “dieser versuch muss scheitern, denn es gibt unzählige gruppen, die unmöglich alle in den genuss einer eigenen ansprache kommen können.” hakt ja wohl ein bißchen, da beim generischen Maskulinum nicht “alle Gruppen” sondern nur die “Nichtmänner” evtl. ausgeschlossen werden, es geht also nur um die Beseitigung geschlechtlicher Ungleichheiten. Die von Ihnen so angeprangerte vermeintliche Extraansprache besteht ja bereits: Es werden vornehmlich Männer adressiert, oder zumindest eindeutiger, als “Nichtmänner” adressiert werden.
Und genau, es gibt Hinweise für und gegen problematische Auswirkungen des generischen Maskulinums, in so einer Situation ist es vermutlich am Besten, sich für die Position zu entscheiden, bei der evtl. munter diskriminiert wird? Ganz komische Entscheidung. Weil das ja “nur vielleicht” passiert? Wenn ich durch mein Verhalten evtl. andere Menschen in irgendeiner Form schädigen könnte, sollte ich doch lieber möglichst darauf verzichten, so lange der mögliche Schaden nicht ausgeschlossen ist, dachte ich bislang. Aber dann kann ich morgen beruhigt mit 130 durch die Innenstadt brausen, da passiert es auch nur vielleicht, dass jemand zu Schaden kommt und ich möchte ungern auf den Spaß verzichten.
Den letzten Absatz finde ich insgesamt unlogisch. Was meinen Sie mit “objektivierbar”? Vielleicht hilft da eine Analogie weiter: Wenn ich jetzt z.B. einen Ordnungshüter als “Bullenschwein” bezeichne und der fühlt sich beleidigt, ist dass dann ein Gefühl und nicht objektivierbar und ich werde nicht bestraft (oder ist das dann doch “objektivierbar” und wovon soll das dann abhängen, wann etwas “objektivierbar” ist und wann nicht)?
Und wenn ich doch angezeigt werde, kann ich dann sagen, das sei doch dessen Sache, ob der sich davon angesprochen fühle oder nicht (und ganz schön schwach, dass der sich über sowas beschwert, der soll das lieber überwinden statt sich in einem Prozess noch in seiner beleidigten Befindlichkeit Bestärkung zu suchen)?
Und da der, z.B. im Rahmen einer Demonstration, auch nicht auf der “schwachen” Seite stand, ist das eh in Ordnung? Wäre das in einer nach Ihren Vorstellungen gestrickten Gesellschaft so? Und finden Sie das dann auch in der vorhandenen Gesellschaft richtig?
Zum Begriff Rücksichtnahme, den interpretieren wir vielleicht anders: Ich passe zum Beispiel in vollen Zügen darauf auf, dass ich niemandem auf die Füße trete, egal, ob der schwach oder stark ist, das verstehe ich als “Rücksicht nehmen”. Sie treten anscheinend nur Kindern, Kranken oder sonstwie von Ihnen als “schwach” definierten Menschen nicht auf die Füße, oder wie darf ich Ihre Einlassung da verstehen?
Ich weiß, dass die Analogien mehr oder weniger hinken, finde aber auch die Argumentation genauso seltsam und hoffe, dass meine Kritik daran dadurch verständlich wird.
das hakt gar nicht. es gibt zahllose ungleichheiten. wer will mit welchem recht der geschlechtlichen ungleichheit vor anderen ungleichheiten einen vorzug einräumen? wenn gleichheit gleichheit ist, dann muss gleichheit bei allen ungleichheiten angestrebt werden.
im übrigen ist die behauptung, es würden alle “nichtmänner” ausgeschlossen, falsch. wenn alle menschen mit einer grammatikalisch maskulinen formulierung gemeint SIND, dann ist diese formulierung keine exklusiv männliche bezeichnung mehr.
wenn man argumentation der (vermeitlichen) diskriminierung durch sprache konsequent folgt, müssten nun männer sich durch eine generische verwendung des maskulinums diskriminiert fühlen, weil ihre ureigenste bezeichnung ihnen nun nicht mehr exklusiv zusteht.
wenn man etwas weniger an frauen “denkt” bei der verwendung einer maskulinen form, ist das keine diskriminierung. diskriminierung findet woanders statt, nicht in der sprache. und diese diskriminierungen werden durch sprache nicht beseitigt.
welcher konkrete schaden soll das denn sein?
keine frau erleidet einen schaden duch ein maskulinum.
das ist sehr wohl objektivierbar: ein ordnunghüter ist kein tier, schon gar kein schwein und auch kein bulle, sondern ein mensch, der seinem beruf nachgeht. somit ist diese beleidigung objektiverbar, denn mit der bezeichung von menschen als tier, schwein oder bulle gehen bekannte und objektivierbare assoziationen einher. deshalb liegt eine beleidigung vor. wenn frauen in generische bezeichungen einbezogen werden, liegen keine negativen assoziationen vor. es entsteht der frau kein schaden, wenn ihr geschlecht nicht zur sprache kommt. sogar das gegenteil ist der fall, da die negativen assoziationen weibliche stereotype betreffend entfallen.
wenn sie so rücksichstvoll wären, wie sie vorgeben, würden sie auf deratige unterstellungen und interpretationen verzichten. aber ihr verhalten ist typisch für apologeten der politisch korrekter sprache: die sprechen nur korrekt, wo es ihnen eine moralische gewinnmitnahme ermöglicht und sie sich als “besser” gerieren können. in ihrem denken sind sie nicht moralischer als andere.
Schon der Name der Partei ist Problem
Schon der Name der Partei “Die Piraten” trägt offenkundig eine schmerzhafte Tendenz, eine männliche und bärtige Bildwelt hervorzurufen. Die ganze Überlieferung des Piratentums ist ja männlich. Wie wird man diese Last los?!
Eine Möglichkeit wäre, auf Anne Bonny zu rekurrieren und daraus eine Art “Eichhörnchen”-Lösung zu machen — die Mitlgieder heißen dann Bonny im Singular und die Bonnys im Plural. “Ich bin ein Pirat” kann dann wahlweise so lauten: “Ich bin eine Bonny” bzw. “Ich bin ein Bonny” oder “Ich bin bei den Bonnys.”
Vorsätzlich benachteiligt
Wer nach Diskrimierung sucht, wird sie finden. Vor allem, wenn er sich jetzt aber mal wirklich so richtig diskrimiert fühlen will. Dazu bedarf es natürlich eines gewissen Vorsatzes. Steckt nicht in dem “er” des Wortes “wer” schon eine Diskrimierung? Wenn die Piraten demnächst als Bonnies für eine Reform des Urheberinnen- und Urheberrechts stritten, wie jemand von Ihnen,liebe Diskutanten und ‑onkel vorgeschlagen hat, könnten sie gleich mit Die Partei fusionieren. Dann bleibt’s im Bundestag übersichtlicher.
Generisches Femininum in der Praxis
Mir ist bei den (sehr empfehlenswerten) Gesellschaftsschielen “Anno Domini” (http://www.fatamorgana.ch/annodomini/default.asp) zum allerersten Mal das generische Femininum im Alltagsgebrauch aufgefallen, also außerhalb eines gendertheoretischen Textes: Die Spielanleitungen verwenden durchgängig die weibliche Form, wenn von den Spielerinnen die Rede ist. Nach meiner Erinnerung gibt es einen Hinweis zum Beginn des Textes, danach wird dann ausschließlich von “Spielerinnen” gesprochen.
Interessant: Es wirkt ungewohnt, ist aber keinesfalls besonders gewöhnungsbedürftig.
Ich fand es höchst erfreulich, diese Möglichkeit einmal ganz unverhofft in der Praxis zu sehen — noch dazu bei einem sehr unterhaltsamen, populären Spiel…
@Brett
Geniale Lösung!
Ich fürchte nur, daß einige Bedenkenträger unter den Piratinnen sich durch die Ähnlichkeit zu “Bunny” irritiert fühlen könnten.
das Pirätchen
Fast so schön wie das im Artikel genannte Eichhörnchen.
@Kris UNESCO-Empfehlung und Realität
Kris schrieb: “Piratinnnen und Piratenpartei wäre selbst nach der UNESCO-Richtlinie (…) nicht notwendig. Ich zitiere: ‘Im Deutschen gibt es zahlreiche zusammengesetzte oder abgeleitete Worter, die zwar eine maskuline Personenbezeichnung enthalten (Arbeiter, Burger), aber selbst keine Personen- bezeichnung sind. (…) Hier besteht im allgemeinen keine Notwendigkeit zur Veranderung.
Als Beispiele genannt werden Arbeiterbewegung, Studentenwerk, ausländerfeindliche Parolen.’ ”
Ganz offensichtlich geht diese — in meinen Augen durchaus plausible — UNESCO-Empfehlung vielen in Sachen Gendergerechtigkeit nicht weit genug. Sonst wäre es wohl nicht zu erklären, dass “Studierendenvertretung” bei Google 1,2 Millionen Treffer liefert.
Danke und Nachhaken
Gudn Tach!
Wow! Vielen Dank für diese gebündelte Sammlung von Herangehensweisen des allseits beliebten Problems. Etwas Vergleichbares habe ich so kompakt, dass es einem fast schwindelig wird, noch nirgends gesehen. 🙂
Persönlich finde ich ja sowohl die Eichhörnchen-Idee ganz nett als auch die etwas englisch anmutende “das Pirat” (wobei sich dann vermutlich wieder Leute darüber beschweren, dass der Plural zumindest vom Genus her “zu” feminin sei oder dass es ein ach so hässlicher Anglizismus sei).
Ich möchte diese Gelegenheit auch gleich nutzen, mich für die grandiosen Artikel im Bremer Sprachblog von anno dazumal zu bedanken… und habe dazu eine leicht provokante, aber ernst gemeinte Anschlussfrage:
Würden Sie heute die Artikel, die Sie damals geschrieben haben, z.B. 2007 die berühmten Sinnesfreuden
[http://www.iaas.uni-bremen.de/…innesfreuden‑i/], nun, seitdem Sie offenbar generische Genera nicht mehr mögen, ja ihnen sogar die Existenz absprechen, anders schreiben? Würden Sie Formulierungen wie “Waren es wirklich Politiker oder Journalisten?” nun als “Waren es wirklich Politiker/innen oder Journalist/innen?” (oder ähnlich) schreiben, obwohl/weil das Sexus der Leute eigentlich sowohl Ihnen als auch den Lesern völlig egal war?
Gruss
seth
So
Ich halte diese Herangehensweise für ausgesprochen interessant:
Die Piraten (w/m)
;o)
..und wiedereinmal
wiedermal sieht man, was Genderopfer alles bereden.
Das Pirat.…das klingt wirklich gut.
Mein Gott, ist das ein Opferverein.
Deutsch ist faehig, ein Sprachreform in Bedeutungsverschienungen in betreffendem Vokabular zu haben. Es gibt viele Beispiele im Laufe der Sprachgeschichte.
Man muss halt den korrekten Sprachgebrauch bestaendig benutzen. Wie beim Englischen, das Wort ‘mute’, wo ‘deaf-mute’ und ‘deaf and dumb’ nicht mehr oder seltener gebraucht werden, weil taube Personen staendig ‘deaf’ gebrauchen.
In der Gebaerdensprache (GS) gibt es weder geschlechtsspezifische Pronomen noch geschlechtsspezifische Uebereinstimmungsmorpheme. Sie sind alle raeumlich reguliert (rechts, links, entfernt, nahe, oben, unten, der erste, zweite, usw. an den Fingern, und andere Moeglichkeiten). Taube Personen schreiben manchmal auf Deutsch Berufsbezeichnungen, ‘er’ und possessiv ’sein’ fuer irgendeine Person, disrespektiv von Geschlecht. Grammatisch falsch, aber gesellschaftspolitisch richtig!
Also generische Maskulinum scheint die bessere erfolgsversprechendere Loesung zu sein, wenn notwendig mit Zusatz “(m/w)” oder aehnliches.
Hartmut
Hier nin ich es wieder:
“Piraten” bedeutet “Seerauber”, also kriminelle meannliche Gestalten.
Die Piratenpartei versucht deutlich eine semantische Sprachreform des Wortes herbeizufuehren. Sie umformt die Bedeutung zu “Rebell/Revolutionaer/Gesellschaftsreformer”. Warum koennen sich die Mitglieder nicht auch eine Reform in grammatischer Geschlechtszuweisung des Wortes in Singular und Plural festlegen und das inerhalb der Partei staendig benutzen? Die Mitglieder koennen den gleichen Sprachgebrauch nach aussen benutzen und somit den Sprachwandel im geschlechtsneutralen Gebrauch des Wortes “Pirat” und anderen wirklich sexistischen Woerter (“man” ist gar nicht sexistisch) beschleunigen. Das Wort an sich ist zumeistens unschuldig. Nur der Gebrauch und die Sprecher sind schuldig des Sexismus, Audismus ud anderen diskriminierenden Ismen.
Lösung
Die Lösung des Problems ist:
Das genaue Gegenstück zum Begriff
“Piratinnen” ist natürlich der Begriff
“Pirataussen”.