Sind Piratinnen Piraten?

Von Anatol Stefanowitsch

In einem Text, in dem ständig über eine oder mehrere gemis­cht­geschlechtliche Per­so­n­en­grup­pen gere­det wird, muss man eine Lösung dafür find­en, wie diese zu beze­ich­nen sind. Vor diesem Prob­lem ste­ht im Moment die Piraten­partei mit ihrer Satzung, in der durchgängig von Pirat­en die Rede ist, obwohl natür­lich auch Piratin­nen gemeint sind. Eine Rei­he von Liq­uid-Feed­back-Ini­ti­ta­tiv­en befasst sich aktuell mit der Frage, wie dieses Prob­lem zu lösen ist, und Miri­am Seyf­far­th hat mich über Twit­ter gefragt, wie ich diese Ini­ti­ta­tiv­en bew­erte und ob ich bessere Vorschläge habe.

Natür­lich nutze ich die Gele­gen­heit gerne, dieses all­ge­meine Prob­lem anhand der Satzung der Piraten­partei und der erwäh­n­ten Ini­ti­ta­tiv­en zu diskutieren.

Eine sehr beliebte Lösung des Prob­lems ist es, das Prob­lem ein­fach zu ignori­eren und durchgängig die masku­line Form zu ver­wen­den (also z.B. immer nur Pirat­en zu schreiben) und davon auszuge­hen, dass es den Leser/innen selb­stver­ständlich klar sein müsse, dass Frauen (und andere Nicht-Män­ner) dadurch mit­ge­meint sind. Diese Strate­gie beruht auf der Idee, dass es ein „gener­isches Maskulinum“ gebe, dass die masku­line Form von Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen sich alse entwed­er nur auf Män­ner, oder all­ge­mein auf alle Per­so­n­en beziehen könne.

Es gibt gute Gründe, an dieser Idee zu zweifeln. Natür­lich wis­sen Sprecher/innen des Deutschen, dass häu­fig die masku­line Form ver­wen­det wird, wenn eigentlich alle gemeint sind, aber das bedeutet nicht, dass die masku­line Form tat­säch­lich eine entsprechende Bedeu­tung hat; es ist eher ein strate­gis­ches Wis­sen über die Art, wie die deutsche Sprache, die sich seit Hun­derten von Jahren in ein­er zutief­st patri­ar­chalis­chen Gesellschaft entwick­elt, ver­wen­det wird.

Der Zweifel an der Exis­tenz eines „gener­ischen Maskulinums“ ist inzwis­chen immer­hin aus­re­ichend weit ver­bre­it­et, dass es üblich gewor­den ist, auf die gener­ische Ver­wen­dung wenig­stens deut­lich hinzuweisen, z.B. in ein­er Fußnote dergestalt, dass man(n) der „Ein­fach­heit“ hal­ber eben die masku­line Form ver­wende, dabei aber auch die weib­lichen Leser/innen im Kopf habe (ein beson­ders merk­be­fre­ites Beispiel dafür habe ich vor einiger Zeit hier gesehen).

Die aktuelle Satzung der Piraten­partei enthält im Prinzip eine solche Fußnote, näm­lich §1, Satz 5, der wie fol­gt lautet:

Abs. A, §1 (5): Die in der Piraten­partei Deutsch­land organ­isierten Mit­glieder wer­den geschlecht­sneu­tral als Pirat­en beze­ich­net. [Bun­dessatzung der Piraten­partei, Stand vom 5. Juni 2012]

Während manche mit dieser Lösung zufrieden sind und alles so lassen wollen, weisen andere auf ein Prob­lem hin: Weib­liche Mit­glieder wür­den „von ein­er nicht zu ver­nach­läs­si­gen­den Zahl ander­er Mit­glieder (oft auf aggres­sive Weise) darauf hingewiesen wer­den, dass sie sich nicht ‘Piratin’ nen­nen dürften, da dies so in der Satzung stünde.“ Dies sei natür­lich ein Missver­ständ­nis, da sich der Satz nur auf die Ver­wen­dung des Wortes inner­halb der Satzung beziehe, um dies klarzustellen, solle deshalb der Satz einge­fügt werden,

Selb­stver­ständlich ste­ht es allen Mit­gliedern der Piraten­partei Deutsch­land frei, sich selb­st auch als Piratin oder ander­swie zu beze­ich­nen. [Ini­tia­tive 3448, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

Ein alter­na­tiv­er Vorschlag mit dem gle­ichen Ziel schlägt vor, den Begriff geschlecht­sneu­tral durch im Fol­gen­den zu ersetzen:

Der Zusatz „im Fol­gen­den“ stellt klar, dass hier nur die Beze­ich­nung inner­halb des Satzung­s­textes gemeint ist und der Absatz nicht als Anweisung an Mit­glieder der Piraten­partei zu ver­ste­hen ist, wie sie sich zu benen­nen haben (wie es auch im Grün­dung­spro­tokoll der Partei fest­ge­hal­ten ist… [Ini­tia­tive 3446, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

An dieser Stelle kann ich zunächst anmerken, dass die zweite Lösung hier ehrlich­er wäre, da sie es ver­mei­det, den Anschein zu erweck­en, dass das Wort Pirat „geschlecht­sneu­tral“ sei — das ist es näm­lich eben nicht, egal, wie es im Zusam­men­hang der Satzung möglicher­weise gemeint ist. Die For­mulierung sagt sehr ehrlich, dass die Mit­glieder der Partei eben in der Satzung so beze­ich­net wer­den, ohne zu erk­lären, warum, oder zu the­ma­tisieren, ob das angemessen ist. Genau­so stünde es mir frei, am Anfang eines Textes über ver­schiedene Autos zu schreiben „Alle in diesem Text erwäh­n­ten Autos wer­den im fol­gen­den als Toy­otas beze­ich­net.“ Ich würde damit die Bedeu­tung des Wortes Toy­ota für die Zwecke meines Textes ein­fach umdefinieren, sodass es nun schlicht „Auto“ hieße.

Aber sin­nvoll ist diese Art eigen­williger Umde­f­i­n­i­tion natür­lich nicht, denn wenn wir alle anfin­gen, Wörtern beliebige Bedeu­tun­gen zu geben, wäre das kom­mu­nika­tive Chaos vor­pro­gram­miert. Eine Rei­he von Ini­tia­tiv­en sehen das wohl ähn­lich und schla­gen deshalb grundle­gen­dere Änderun­gen vor. Diese fol­gen ziem­lich genau den drei groben Strate­gien, die immer gewählt wer­den, wenn Organ­i­sa­tio­nen sich um geschlechterg­erechte Sprache bemühen.

Erstens, die Wahl geschlecht­sneu­traler Begriffe. Nicht alle Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen haben eine Geschlechtsspez­i­fika­tion. Wörter wie Men­sch, Mit­glied oder Per­son haben (schein­bar, dazu später mehr) keine speziellen For­men für Män­ner und Frauen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Wörter gram­ma­tisch Maskuli­na (wie der Men­sch), Neu­tra (wie das Mit­glied) oder Fem­i­ni­na (wie die Per­son) sind; geschlecht­sneu­tral sind sie deshalb, weil sie nur jew­eils eine Form haben.

Diese Strate­gie ver­fol­gen zwei der Ini­tia­tiv­en: die eine will das Wort Pirat durch Mit­glied (und an ein­er Stelle durch Men­sch) erset­zen:

… Unsere Satzung schließt durch ihre Sprachregelung weib­liche, männliche und Inter­sex­uelle Mit­glieder, die sich selb­st nicht mit der männlichen Form „Pirat“ beze­ich­nen wollen, aus. Dies geschieht ohne jegliche sprach­liche Not, da die Deutsche Sprache das geschlecht­sneu­trale Wort „Das Mit­glied“ ken­nt. Es erscheint dem Antrag­steller unl­o­gisch, dass ger­ade in einem Fall bei dem die Deutsche Sprache eine geschlecht­neu­trale For­mulierung ohne Zweigeschlech­ter­denken oder „Spra­chumbiegun­gen“ wie das Binnen‑I erlaubt, es nicht ver­wen­det wird. … [Ini­tia­tive 3438, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

Die andere Ini­tia­tive will das Wort Eich­hörnchen ver­wen­den. Ver­mut­lich ist diese Ini­tia­tive nicht ernst gemeint, ihre Begrün­dung ist aber dur­chaus plau­si­bel und geht in dieselbe Rich­tung wie die der eben erwähnten:

Der Aus­druck „Eich­hörnchen“ kann als aus­re­ichend geschlecht­sneu­tral ange­se­hen wer­den, da er auch keine weib­liche Form besitzt. Desweit­eren ist er his­torisch im Kampf der Geschlechter noch nicht vor­be­lastet. [Ini­ti­ta­tive 3447, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

Zweit­ens, die durchgängige Nen­nung der masku­li­nen und fem­i­ni­nen Form. Es beste­ht ja prob­lem­los die Möglichkeit, immer die Män­ner und die Frauen zu benen­nen, und eine der Ini­tia­tiv­en schlägt genau das vor: Pirat soll durch Pirat oder Piratin und Pirat­en durch Pirat­en und Piratin­nen erset­zt werden:

Sprach­lich zwar nicht so ele­gant und mit binär­er Geschlechtertren­nung im Kopf ist das trotz­dem die Ini­tia­tive für diejeni­gen, die die weib­lichen Mit­glieder auch mit ansprechen wollen, aber ein Prob­lem mit dem Aus­druck „Mit­glied“ haben, weil dieser eventuell nicht als geschlecht­sneu­tral emp­fun­den wird. [Ini­tia­tive 3444, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

Drit­tens, orthografis­che Sig­nale, die ein­er Bei­d­nen­nung enst­prechen, ohne dass jedes Mal bei­de For­men genan­nt wer­den. Hier gibt es eine Ini­ti­ta­tive, die die Form Pirat* vorschlägt:

Das Gen­der-Sternchen ste­ht für eine Vielzahl an möglichen Selb­st­beze­ich­nun­gen, es über­windet binäres Geschlech­ter­denken, führt nicht zu sprach­lichen Ver­wirrun­gen und bietet vor allem allen unab­hängig von sozialem oder biol­o­gis­chem Geschlecht eine Möglichkeit, sich mit­ge­meint zu fühlen. Zwar ste­ht dann weit­er­hin das gener­ische Maskulinum da, aber das Gen­der-Sternchen macht bewusst, dass mit dem Aus­druck tat­säch­lich ALLE gemeint sind. [Ini­tia­tive 3445, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

Tra­di­tionellere Sig­nale wären der Schrägstrich (Pirat/in) oder das Binnen‑I (PiratIn), die in ein­er anderen Ini­tia­tive erwäh­nt, aber nicht beantragt wer­den (siehe Ini­tia­tive 3442, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land).

Wie sind diese drei Vorschläge (oder Grup­pen von Vorschlä­gen) nun zu bew­erten, und gibt es bessere Lösungen?

Von orthografis­chen Sig­nalen würde ich, vielle­icht mit Aus­nahme des Schrägstrichs, aus dem ein­fachen Grund abrat­en, dass sie das Prob­lem im wahrsten Sinne des Wortes nur auf dem Papi­er lösen. Schrift ist nur ein Sys­tem, um Sprache visuell abzu­bilden, und das Binnen‑I, das Gen­der-Sternchen und auch die in den Anträ­gen nicht erwäh­nte Gen­der-Gap (Pirat_innen) bildet nichts ab (ein­fach­er Test: ver­suchen wir, sie laut vorzule­sen). Damit will ich nicht sagen, dass diese Sig­nale keinen Zweck erfüllen kön­nen — ger­ade das Gen­der-Sternchen und die Gen­der-Gap zeigen durch ihre Nich­taussprech­barkeit unsere Sprachlosigkeit, wenn es um geschlecht­sneu­trale und/oder geschlechterg­erechte Sprache geht. Es gibt eben keine sprach­liche Form, die die Dichotomie von Mann/Frau auflösen kön­nte, und genau das beto­nen diese Signale.

Der Schrägstrich (und vielle­icht auch das Binnen‑I) funk­tion­ieren etwas anders — sie sind im Prinzip Kurz­for­men für die Bei­d­nen­nung (Pirat/innen würde also als Piratin­nen und Pirat­en aus­ge­sprochen). Per­sön­lich würde ich diese For­men also als Äquiv­a­lent zur Bei­d­nen­nung betra­cht­en und werde deshalb dort auf sie zurück­kom­men, aber es gibt Stim­men, die den Schrägstrich dafür kri­tisieren, dass die weib­liche Form dadurch der männlichen unter­ge­ord­net wird. (Mein­er Mei­n­ung nach ist das aber kein Prob­lem des Schrägstichs, son­dern der deutschen Sprache).

Es bleiben, wenn man sich inner­halb des aktuellen Sprach­sys­tems des Deutschen bewegn will, die erste und die zweite der oben genan­nten Lösun­gen, also die Wahl geschlecht­sneu­traler For­men (Mit­glied, Men­sch, Per­son) oder die Bei­d­nen­nung (Piratin­nen und Pirat­en). Bei­de Lösun­gen sind im Prinzip akzept­abel, auch wenn bei­de gewisse Prob­leme mit sich bringen.

Welche Lösung man wählt, hängt vom gewün­scht­en Effekt ab. Will man beto­nen, dass es (in der Partei, in der Gesellschaft, …) nicht nur Män­ner, son­dern (min­destens) auch Frauen gibt, wählt man die Strate­gie der Bei­d­nen­nung. Will man von den Geschlechterkat­e­gorien weg abstrahieren, wählt man die geschlecht­sneu­tralen Wörter.

Die Gefahr der ersten Strate­gie ist, dass man die Dif­ferenz, die man eigentlich über­winden will, weit­er ver­fes­tigt. Die Gefahr der zweit­en Strate­gie ist, dass man die Dif­ferenz verdeckt, und damit den Sta­tus Quo aufrecht erhält, bei dem Män­ner eben die Norm sind.

Die Gefahr der zweit­en Strate­gie wird übri­gens in ein­er weit­eren Ini­ti­ta­tive the­ma­tisiert, die die Ver­wen­dung der Beze­ich­nung Mit­glied aus zwei Grün­den kri­tisiert. Es wird bestrit­ten, dass Mit­glied tat­säch­lich geschlecht­sneu­tral sei, wofür zwei Gründe angegeben wer­den. Der erste bezieht sich auf die Struk­tur des Wortes:

Das männliche Glied ist ein bedeu­ten­der Teil der Assozi­a­tions­kette im Wort­feld „Glied“ und auf Gen­der­bezug rekur­ri­ert ja ger­ade die Ini­tia­tive, die „der Pirat“ durch „das Mit­glied“ erset­zen möchte expliz­it, allerd­ings fokussiert auf das „das“, nicht auf „Mit-Glied“. Die Ein­führung von „Das MIT-Glied“ — ver­an­schaulicht durch „Das Ohne-Glied“ — „geschlecht­sneu­tral“ zu nen­nen — statt neu­tral­isierte Maskulin­isierung oder maskulin­isierte Neu­tral­isierung — und den ganzen Vor­gang als höhere Geschlechtssen­si­bil­ität auszule­gen, ist, deshalb, auf gut Pira­ten­deutsch, etwas daneben.

Und das nicht nur in den Ohren von geschlechtssen­si­bil­isierten Ohngliedern, son­dern auch von Mit­gliedern mit Glied. … [(Zurück­ge­zo­gene) Ini­ti­ta­tive 3442, Liq­uid Feed­back der Piraten­partei Deutsch­land]

Die Her­leitung von Mit­glied von „mit Glied“ mit Bezug auf den Penis ist ety­mol­o­gisch falsch. Glied bedeutete ursprünglich (wie im Prinzip auch heute noch) „Kör­perteil“, die Bedeu­tung wurde dann auf alle möglichen Arten von Teilen erweit­ert, auf auf Teile von Grup­pen und Gemein­schaften. Mit­glied ist dann eine Ver­stärkung dieser Bedeu­tung. Die Beze­ich­nung des Penis als „Glied“ ist ein Euphemis­mus (der Ver­such, eine neu­trale Umschrei­bung für ein als unanständig emp­fun­denes Konzept zu find­en). Die fem­i­nis­tis­che Lin­guistin Luise Pusch, die als die Exper­tin für die deutsche Sprache und ihre Geschlechter­prob­lematik betra­chtet wer­den muss, kom­men­tiert in ein­er Glosse von 1982 diese falsche Her­leitung mit den Worten „Wir sagen den Män­nern nach, sie dächt­en immer nur an ‘das eine’. Weib­liche Wortschöp­fun­gen wie Ohneglied und Mitk­l­i­toris leg­en den Ver­dacht nahe, daß auch Frauen noch entsch­ieden zu oft daran denken.“ Ob tat­säch­lich eine nen­nenswerte Zahl von Sprecher/innen des Deutschen diese falsche Assozi­a­tion her­stellen, was dann natür­lich trotz­dem ein Grund sein kön­nte, das Wort zu mei­den, ist eine offene Frage. Ich bezwei­fle es.

Die Ini­tia­tive nen­nt aber noch ein weit­eres, ern­stzunehmendes Prob­lem an Wörtern wie Mit­glied und Men­sch:

… Während mehr als 600 Jahre schrieben stereo­typ-het­eronormierte Män­ner für eben­solche Män­ner in der Rechts- und Satzungssprache: „das Mit­glied“. In dieser Gesellschaft­sphase war die männliche Sprache die men­schliche. Homme/uomo war syn­onymisiert Men­sch und Mann. Dage­gen gab es merk­würdig wenig Widerrede und Gegensprache…(ironisch gemeint). Diesen Vor­gang der vergesse­nen, ver­drängten, selb­stver­ständlich gewor­de­nen nor­ma­tiv­en Maskulin­isierung als „geschlecht­sneu­tral“ auszule­gen, ver­set­zt uns irgend­wo hin­ter Luise F. Pusch …

Dieses Prob­lem ist dur­chaus real (siehe Pusch 1984), es ist aber tat­säch­lich kein sprach­lich­es, son­dern ein gesellschaftlich­es Prob­lem. Die Wörter sind geschlecht­sneu­tral, unsere Gedanken sind es nicht. Luise Pusch plädiert deshalb für die durchgängige Bei­d­nen­nung als die bessere Strate­gie (Pusch 1980), da sie uns eben tat­säch­lich zwingt, Män­ner und Frauen mitzudenken.

Die Gefahr der Bei­d­nen­nung ist allerd­ings, dass sie eine binäre Unter­schei­dung in „Män­ner“ und „Frauen“ nahelegt, die sowohl biol­o­gisch als auch sozial rein fik­tiv ist. Per­sön­lich würde ich deshalb doch die Ver­wen­dung geschlecht­sneu­traler Wörter wie Mit­glied empfehlen, der fem­i­nis­tis­che Kon­sens liegt aber näher an Puschs Posi­tion. Wenn man die Bei­d­nen­nung wählt, bleibt natür­lich noch die Frage, ob man eine verkürzte Schreib­weise wählt. Ich würde in diesem Fall den Schrägstrich empfehlen, weil er ein all­ge­mein anerkan­ntes orthografis­ches Sig­nal ist.

Wenn man bere­it ist, das aktuelle Sprach­sys­tem des Deutschen zu spren­gen, gibt es eine weit­ere Möglichkeit, die eben­falls auf einen Vorschlag von Luise Pusch zurück­ge­ht (Pusch 1980): Man kön­nte ernst machen mit der Behaup­tung, dass das Wort Pirat geschlecht­sneu­tral ist, und fol­gerichtig von das Pirat sprechen, wenn man alle Geschlechter meint. Spricht man von einem Mann, sagt man der Pirat, bei ein­er Frau die Pirat. Wörter, die auf diese Weise funk­tion­ieren, gibt es aktuell im Deutschen nicht; am näch­sten kom­men dieser Strate­gie noch Sub­stan­tive, die aus Par­tizip­i­en abgeleit­et sind (der Studierende, die Studierende), aber selb­st die haben keinen geschlecht­sneu­tralen Ober­be­griff (man sagt nicht das Studierende).

Ob die Piraten­partei zu dieser Art von Sprachen­twick­lung bere­it ist, müsste man im Rah­men ein­er zusät­zlichen Ini­ti­tia­tive klären — öffentlichkeitswirk­sam wäre es allemal.

Wenn nicht (und Pusch ver­mutet schon 1980, dass nie­mand für diese Strate­gie zu haben sein würde), gäbe es allerd­ings eine alter­na­tive radikale Lösung: die radikale Fem­i­nisierung, also die durchgängige Ver­wen­dung des Fem­i­ninums (Pusch 1990). Nichts spräche dage­gen, den §1(5) in „Die in der Piraten­partei Deutsch­land organ­isierten Mit­glieder wer­den geschlecht­sneu­tral als Piratin­nen beze­ich­net“ zu ändern — wenn man die Bedeu­tung von Wörtern beliebig umdefiniert, warum nicht in diese Rich­tung? Es spräche aber einiges dafür: Frauen sind struk­turell benachteiligt, sowohl gesellschaftlich als auch sprach­lich, und ein „gener­isches Fem­i­ninum“ wäre ein deut­lich­es Zeichen, dass man(n) das ändern will. Für die Frauen wäre es ein Sym­bol des Selb­st­be­wusst­seins, für die Män­ner wäre es ein Sig­nal, dass man zumin­d­est the­o­retisch bere­it wäre, über den Schat­ten der eige­nen Priv­i­legien zu sprin­gen. Auch hier kön­nte eine Liq­uid-Feed­back-Ini­tia­tive klären, ob es eine Mehrheit bei den Pirat/innen gäbe.

Abschließend noch ein Vorschlag, der vielle­icht zu offen­sichtlich ist als das ihn jemand gemacht hätte: Im Zeital­ter der Infor­ma­tion­stech­nolo­gie dürfte es nicht schw­er sein, eine Satzung zu pro­gram­mieren, bei der die Leser/innen per Drop-Down-Menü auswählen kön­nen, ob sie die Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen in der männlichen oder der weib­lichen Form lesen wollen, ob sie die Bei­d­nen­nung, den Schrägstrich, das Binnen‑I, geschlecht­sneu­trale Begriffe oder das Pirat lesen wollen.

[Nach­trag. Als Reak­tion auf diesen Blog­beitrag gibt es nun drei zusät­zliche Initiativen:

Es wird also spannend.]

 

PUSCH, Luise F. (1980) Das Deutsche als Män­ner­sprache: Diag­nose und Ther­a­pievorschläge. Lin­guis­tis­che Berichte 69, S. 59–74.

PUSCH, Luise F. (1982) Mit­gliederin­nen. Courage: Berlin­er Frauen­zeitung 7.10, S. 45.

PUSCH, Luise F. (1984) Fem­i­nis­tis­che Lin­guis­tik, andere fem­i­nis­tis­che Diszi­plinen und Maskulin­guis­tik — ein Meth­o­d­en­ver­gle­ich. In: Zen­tralein­rich­tung zur Förderung von Frauen­stu­di­en und Frauen­forschung an der Freien Uni­ver­sität Berlin (Hg.), Meth­o­d­en in der Frauen­forschungSym­po­sium an der Freien Uni­ver­sität Berlin vom 30.11.–2.12.1983. Frank­furt a.M.: Fis­ch­er, S. 141–152.

PUSCH, Luise F. (1990) Alle Men­schen wer­den Schwest­ern: Über­legun­gen zum umfassenden Fem­i­ninum. In: Dies. (Hg.): Alle Men­schen wer­den Schwest­ern. Fem­i­nis­tis­che Sprachkri­tik. Frank­furt a.M.: Suhrkamp, S. 85–103.

 

Diese und weit­ere Artikel von Luise Pusch sind in fol­gen­den empfehlenswerten Büch­ern gesammelt:

PUSCH, Luise F. (1984): Das Deutsche als Män­ner­sprache. Auf­sätze und Glossen zur fem­i­nis­tis­chen Lin­guis­tik. Frank­furt a.M.: Suhrkamp.

PUSCH, Luise F. (1990) Alle Men­schen wer­den Schwest­ern. Fem­i­nis­tis­che Sprachkri­tik. Frank­furt a.M.: Suhrkamp.

Außer­dem empfehlenswert als prak­tis­che Han­dre­ichung zur geschlechterg­erecht­en Sprache:

HELLINGER, Marlis und Chris­tine BIERBACH (1993) Eine Sprache für bei­de Geschlechter. Richtlin­ien für einen nicht-sex­is­tis­chen Sprachge­brauch. Bonn: UNESCO-Kom­mis­sion. [Link (PDF)].

[Hin­weis: Da man ohne Anmel­dung im Liq­uid Feed­back der Piraten­partei die Namen der Antragsteller/innen nicht sieht, weiß ich nicht, von wem die ver­schiede­nen Ini­ti­ta­tiv­en stammen.]

(CC-BY-SA 3.0 Deutsch­land).

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

82 Gedanken zu „Sind Piratinnen Piraten?

  1. Cthulhux

    Wat is?
    “Pirat­en” ist eine Belei­di­gung und Unter­drück­ung der Frauen, “Piratin­nen” angemessen? Ich füh­le mich nicht als Piratin. Fühlen Sie sich als Frau?
    Worauf die Pirat­en hin­weisen woll­ten, als sie diesen Punkt in die Satzung aufgenom­men haben: Das Geschlecht spielt keine Rolle. Es geht um die Kom­pe­tenz- statt der Frauen­quote, Men­schen sollen nach ihrer Men­schlichkeit und nicht nach ihrem Geschlecht sortiert wer­den. Wenn man nun aber anfängt, die geschlechtlichen Unter­schiede in der Sprache her­auszustellen, tren­nt man das “Kollek­tiv” “die Pirat­en bei­der­lei Geschlechts” eben doch wieder in Männlein und Weiblein, was nicht sin­nvoll ist und bei der poli­tis­chen Zusam­me­nar­beit eher block­iert. Pro­vokant gesagt: Nur ein Sex­ist erachtet das Geschlecht für erwähnenswert.
    Mit “der und die Pirat” hätte ich kein Prob­lem, “das Pirat” fände ich noch tre­f­fend­er. Sprachverge­wal­ti­gung wie das Binnen‑I bere­it­et mir aber nicht aus sex­is­tis­chen, son­dern aus ästhetis­chen Grün­den Sodbrennen…

  2. Valentin

    Die unendliche Geschichte des gener­ischen Maskulinums…
    Um übri­gens ein sel­biges mal in umge­drehter Rolle zu zeigen:
    Ich studiere Logopädie, ein mas­siv von Frauen bes­timmtes Feld. Hier haben sich mein einziger männlich­er Kom­mili­tone und ich sehr bald damit abge­fun­den, als Ther­a­peutin­nen und Stu­dentin­nen mit­beze­ich­net zu wer­den (natür­lich ohne Binnen-Majuskel).
    Achtung: Das soll kein Argu­ment in irgen­deine Rich­tung sein, bloß eine kleine Anek­dote am Rande. Zumal es uns nicht stört. Unge­wohnt war es anfangs dennoch 😉

  3. Cristina

    Meine Güte! Na ja, ich darf nichts sagen, fühlte mich auch schon bemüßigt, zu diesem The­ma Stel­lung zu nehmen (http://das-pausenblog.blogspot.pt/…die-mond.html)
    [Wie ich Ihnen ja schon ein­mal gesagt habe, ver­wech­seln Sie gram­ma­tis­ches und natür­lich­es Geschlecht (davon abge­se­hen, dass Ihre Aus­sagen zu „geschlecht­sneu­tralen“ Wörtern und zu Wortver­wand­schaften schlicht falsch sind). Sie kön­nen deshalb nun aufhören, auf Ihren Beitrag zu ver­linken. — A.S.]

  4. Till Westermayer

    Geschlecht­sneu­trale Sprache & Satzungen
    Schön­er Text über die all­ge­meinen und speziellen Schwierigkeit­en, einen (for­malen) Text geschlecht­sneu­tral bzw. geschlech­terin­klu­siv bzw. geschlechterg­erecht zu for­mulieren. Zwei Anmerkun­gen noch:
    1. Die Drop-down-Lösung stößt möglicher­weise im Parteienge­setz o.ä. auf ihre Gren­ze — rechtlich muss es ver­mut­lich einen Satzung­s­text geben, und nicht eine Vielzahl tech­nisch mod­i­fiziert­er. Das ließe sich umge­hen, wenn der eine Text (z.B. mit Bei­d­nen­nung) als der eine gültige Text ange­se­hen wird, und das andere nur Fil­terun­gen davon sind, die aber nicht rechts­gültig sind. Das Ganze stößt allerd­ings ver­mut­lich auch auf tech­nis­che Prob­leme (cf. Nook vs. Kin­dle, to kin­dle vs. to nook), ins­beson­dere dann, wenn die Pirat_innen eines Tages beschließen soll­ten, einen Pas­sus “Piratin­nen kön­nen ein Frauen­fo­rum abhal­ten” einzufügen.
    2. Ein schönes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, geschlechterg­erechte Sprache zu ver­wen­den, ist die VwV Regelun­gen (Ver­wal­tungsvorschrift Regelun­gen) des Lan­des Baden-Würt­tem­berg. Diese enthält zwar Vorschriften, die eine geschlechterg­erechte Sprache ein­fordern, sieht als eine Lösung dafür aber (kurz gesagt) das gener­ische Maskulinum vor. Solange die VwV Regelun­gen nicht geän­dert ist, ist ein nor­mgerecht­es Gesetz in Baden-Würt­tem­berg damit im gener­ischen Maskulinum zu ver­fassen — was dazu führt, dass der Beamt_in­nen-Appa­rat des Lan­des nicht dazu zu bewe­gen ist, Bei­d­nen­nun­gen in neuen Geset­zen durchzuführen. Dazu kommt die Prob­lematik von Artikelge­set­zen, die andere Geset­ze (die im gener­ischen Maskulinum ver­fasst sind) ändern — und dann ja schlecht einen Satz mit Bei­d­nen­nung in einen Absatz ohne ein­fü­gen kön­nen. Mal schauen, ob/wann die VwV Regelun­gen mod­ernisiert wird.

  5. irgendein Pirat

    Geschlechter­be­tonte Sprache
    “Geschlecht­sneu­trale” Sprache ist doch auch nur ein Euphemis­mus für geschlechts­be­tonte Sprache, zumin­d­est alle Ver­sio­nen mit Schrägstrichen, Bin­nen-Is oder den beina­he jährlich wech­sel­nden, modis­chen Son­derze­ichen, die man irgend­wo ein­fügt, anhängt, was auch immer.
    Für mich als Asex­uellen ist es schon schwierig genug, in ein­er Gesellschaft zu leben, in der man zum Ver­lier­er abgestem­pelt wird, wenn man nicht zumin­d­est ab und zu “sex­uell erfol­gre­ich” ist. Out­en kann man sich höch­stens im Fre­un­deskreis, weil man son­st als Freak betra­chtet wird.
    Ich habe daher abso­lut keine Lust darauf und finde es diskri­m­inierend, Texte zu lesen, wo man bei jedem per­so­n­en­be­zo­ge­nen Sub­stan­tiv expliz­it darauf hingewiesen wird, dass die Mehrzahl der Leute es anscheinend über­aus wichtig find­en, was sie zwis­chen den Beinen haben, und was sie damit anstellen.
    Das Pirat wäre daher die einzige Vari­ante, die ich neben dem altherge­bracht­en soge­nan­nten gener­ischen Maskulinum akzep­tieren könnte.

  6. Aggi

    das Pirat” gefällt mir ganz gut.
    Gibt es auch Ansätze wie beim englis­chen Pronomen (http://en.wikipedia.org/…onoun#Invented_pronouns) oder ist sowas für “das” nicht nötig, da es im Gegen­satz zu “it” nicht vor­be­lastet ist?
    Bin mir nicht sich­er ob man die bei­den über­haupt ver­gle­ichen kann…

  7. Joerg

    Wun­der­bar­er und umfassender Artikel. Hierzu:
    ” Ich würde in diesem Fall den Schrägstrich empfehlen, weil er ein all­ge­mein anerkan­ntes orthografis­ches Sig­nal ist.”
    faellt mir aber ein, dass ich eben ger­ade deswe­gen den gap _ bevorzuge, weil er eben kein anerkan­ntes Sig­nal ist — und das neue Zeichen etwas neues signalisiert.

  8. Cthulhux

    Neben­bei gefragt
    Wieso ist “der Men­sch” geschlecht­sneu­tral, “der Pirat” aber nicht? “Der Pirat” ist eine Wortschöp­fung, die nur zufäl­lig männlich ist, jedoch nicht iden­tisch mit “der männliche Seefahrer”. Es gibt keine geschlechtsspez­i­fis­che Form “des Pirat­en” in vor­liegen­der Form, somit haben Sie doch eigentlich die ganze Debat­te schon im Voraus geschlossen.

  9. Joerg

    Mit “der und die Pirat” hätte ich kein Prob­lem, “das Pirat” fände ich noch tre­f­fend­er. Sprachverge­wal­ti­gung wie das Binnen‑I bere­it­et mir aber nicht aus sex­is­tis­chen, son­dern aus ästhetis­chen Grün­den Sodbrennen…”
    Und Aes­thetik ist nat­uer­lich viel wichtiger als Gle­ich­be­hand­lung von Men­schen, sog­ar so viel wichtiger, dass du es fuer noetig befind­est, die sex­uelle Gewal­tausue­bung, die zumeist Frauen erfahren muessen, dafuer zu verniedlichen. Ekelhaft.

  10. Cthulhux

    Wer­den Men­schen dadurch gle­ich behan­delt, dass man sie nach ihrem Geschlecht statt als Indi­vidu­um kat­e­gorisiert? Widerlich.

  11. Cthulhux

    die sex­uelle Gewal­tausue­bung, die zumeist Frauen erfahren muessen”, Blödsinn. Die meis­ten Män­ner trauen sich nur nicht, zuzugeben, dass sie unter häus­lich­er Gewalt lei­den. Die Zahlen wer­den aber jedes Jahr höher, frag mal bei AGENS nach…
    So einen sex­is­tis­chen, män­ner­feindlichen Müll glaub­st du doch nicht ern­sthaft? Ich wieder­hole mich: Widerlich!

  12. Cthulhux

    Glück­wun­sch, Sex­ist. Damit ist das Gespräch für mich erledigt, mit wider­wär­ti­gen Sex­is­ten kann und werde ich nicht auf inhaltlich­er Basis diskutieren.

  13. Joerg

    Jet­zt hats mir den Ironiede­tek­tor zer­legt, gut dass ich immer ein paar auf Lager kaufe. In der einen Sekunde noch um das Indi­vidu­um statt um das Geschlecht besorgt, in der naech­sten Sekunde fast an den um die aus dem Zylin­der­hut der eige­nen Priv­i­legiertheit her­beigeza­uberte Feindlichkeit gegen das eigene ach so unter­drueck­te Geschlecht ver­gosse­nen Krokodil­strae­nen ersof­fen. Ruft den Inter­na­tionalen Gericht­shof und die NATO, bei so viel Ungerechtigkeit muss man doch ein­greifen. Was leben wir in ein­er Zeit, in der man noch nicht mal mehr Verge­wal­ti­gung als beliebige Phrase ver­dreschen darf!!

  14. Cthulhux

    Dass du die Verge­wal­ti­gung an Män­nern durch Frauen als nich­tex­is­tent darstellst, sagt alles Nötige über dich aus. Indi­viduen sind eben nur schützenswert, wenn sie keinen Penis haben, nöch?
    Kranker Mist.

  15. coke

    schaft”?
    … wenn das Wort “Mit­glied” so unbe­liebt ist, warum nicht von der “Piraten­schaft” (“Stu­den­ten­schaft”) sprechen? Anson­sten würde ich auch den Schrägstrich bevorzu­gen, allerd­ings noch einen Binde­strich ein­fü­gen: “Pirat/-in”, “Piraten/-innen”.

  16. M. Demling

    @coke
    das funk­tion­iert recht schlecht, wenn man genau ein einzelnes Mit­glied meint.

  17. Will Sagen

    -ende
    Damals ™, als ich studiert habe, waren wir noch Stu­den­ten und Stu­dentin­nen mit Hang zu StudentInnen.
    Wie wäre es daher mit Piratenden? 😉
    Der oder die Pira­tende ist doch super, oder?

  18. Stefan

    Den Vorschlag mit Piratin­nen gab es tat­säch­lich schon: https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/323.html — wenn auch mit einem etwas lakonis­chem Unter­ton. Geschehen ist natür­lich nichts.
    Am besten fände ich inzwis­chen eine ran­domisierte Ver­wen­dung von weib­lich und männlich­er beze­ich­nung, und darauf eben hin­weisen. Gener­isches Fem­i­ninum wäre aber auchn tolles Statement.

  19. datenkind

    So langsam …
    … denk ich mir: Nehmt ein­fach „Arschloch“. Das ist etwas schroff, dafür ein Neu­trum. Und es ist sog­ar geschlechterun­ab­hängig. Win-win!

  20. Melinda

    die PC-Falle
    na gut, ich fange es mal (wider­strebend) so an:
    1. Ich bin eine Frau.
    2. Deutsch ist nicht meine Mut­ter­sprache; In mein­er gibt es diesen Fir­lefanz mit den Geschlechtern 😉 nicht.
    3. Den Sta­tus Quo in der Satzung finde ich gut.
    4. Ich liebe diesen Sprachblog.
    5. Mir wird beim Lesen dieser Aus­führun­gen immer schlechter.
    Die Diskus­sion, die Ver­strick­ung in immer kom­pliziert­ere, schweißig-angestrengte, von Son­derze­ichen wim­mel­nde Lösungsan­sätze errin­nert mich stark an Ergeb­nisse, die her­auskp­m­men, wenn man sich in den dun­klen Katakomben des PC ver­liert. Es ist sicher­lich immer ein ästhetis­ches Prob­lem, ob man “ver­tikal Her­aus­forderte” für eine Katas­tro­phe von einem Aus­druck hält oder nicht.
    Auf jeden Fall möchte ich dafür plädieren, wie ein guter Maler einen Schritt nach hin­ten tun und sich zu fra­gen, ob “das Ganze” noch gut aussieht.

  21. Henning Höllein

    Ein weit­er­er Vorschlag:
    Ich finde eine Zwei-Geschlechter-Sprach­lö­sung sub­op­ti­mal. Das zemen­tiert eine eben nicht gewün­schte Fes­tle­gung auf Män­ner und Frauen.
    Ein neu­traler Begriff wäre aus mehreren bere­its genan­nten Grün­den von Vorteil, aber warum sollte man deswe­gen die Sprache “verge­walti­gen”?
    Zur Lösung des Prob­lems schlage ich einen Neuen, aber an das Beste­hende angelehn­ten Begriff vor, der zudem ein gram­ma­tis­ches Neu­trum darstellt: Das Pirating
    Jedes Mit­glied der Piraten­partei wäre also ein Pirat­ing und alle zusam­men wären Piratinge. Darüber hin­aus kön­nte sich jed­er, dem sein Geschlecht in diesem Zusam­men­hang wichtig erscheint, als Pirat oder Piratin bezeichnen.
    Ich finde den Begriff leicht zu sprechen, etwas leichter noch als die eben­falls mögliche Ver­sion “Piratling”, die wie Fin­d­ling, Drilling, “Fähn­lein Fieselschwei­fling” bei mir sofort die Assozi­a­tion mit zusam­men- oder ein­er bes­timmten Gruppe ange­hören­den Per­so­n­en oder Din­gen weckt.
    “Piratling” (mit “l”) ist allerd­ings nicht gram­ma­tisch neu­tral son­dern maskulin.

  22. achim

    unnötig
    wird das jet­zt die piratige form des grü­nen “rea­los gegen fundis” clash?
    konzen­tri­ert euch aufs wesentliche!

  23. anton voyl

    (zunächst ein­mal bin ich immer wieder von der schieren exis­tenz von maskulis­ten entset­zt. so eine big­otte heuchelei.)
    ich hab nur eine kleine nach­frage: kön­nte man die gen­der-gap nicht auch wie beim schrägstrich als eine bei­d­nen­nung inter­pretieren? dadurch wird aus pirat_innen beim sprechen »piratin­nen und pirat­en« und gle­ichzeit­ig hat man ein orthographisch unbe­set­ztes zeichen für ein aktuelles prob­lem und, wie sie so schön sagten, verzichtet nicht auf die sprachlosigkeit, die uns dieses prob­lem bere­it­et, und auf die wir dann zumin­d­est noch in der schrift hin­weisen können.

  24. Frank Wappler

    die Eine nur …
    Ana­tol Ste­fanow­itsch schrieb (05. Juni 2012, 23:40):
    > […] auch die weib­lichen Leser/innen im Kopf 
    Was man als Blogger/in nicht schaft,
    schaft die geneigte (vornehm­lich weib­liche) Leserschaft.
    > Abs. A, §1 (5): Die in der Piraten­partei Deutsch­land organ­isierten Mit­glieder wer­den geschlecht­sneu­tral als Pirat­en beze­ich­net. [Bun­dessatzung der Piraten­partei, Stand vom 5. Juni 2012] […] 
    Dieser Satz bezieht sich offen­bar auf die Beze­ich­nung von Mit­gliedern als Gruppe(n), durch einen (geeigneten) Plural.
    Enthält die Bun­dessatzung der Piraten­partei denn noch keinen Satz, der die Beze­ich­nung einzel­ner Mit­glieder­an­ten und/oder ‑antinnen regelt ? …

  25. Joachim Losehand

    -
    Inhaltlich und sach­lich ist eine Unter­schei­dung von Unter­grup­pen inner­halb der Bezugs­gruppe “Mit­glieder der Piraten­partei” nicht gerecht­fer­tigt. §2 der Bun­dessatzung unter­schei­det keine Mit­glied­schaften — selb­st bei jenen Mit­gliedern, die zugle­ich Mit­glied ein­er anderen Partei sind -, wie auch Rechte und Pflicht­en der Mit­glieder und ihr Zugang zu Ämtern nicht von der Zuge­hörigkeit zu ein­er Unter­gruppe abhängig sind. (Mit­glieder kön­nen “alle natür­lichen Per­so­n­en” wer­den, die Zuge­hörigkeit zu dieser Gruppe ist die einzige Voraus­set­zung für eine Mitgliedschaft.)
    Im konkreten Satzung­s­text find­et also eine sprach­liche Unter­schei­dung nach “Geschlecht” oder “geschlechtlich­er Iden­tität” keine inhaltlich-sach­liche Entsprechung.
    Ob man sich bei ein­er Gruppe “mit­ge­meint” oder “ange­sprochen” fühlt, hat immer auch eine sub­jek­tive Kom­po­nente, die nicht immer ratio­nal-sach­lichen Kri­te­rien fol­gt. (Bspw. wenn sich ein seit über 30 Jahren in Deutsch­land leben­der aus­ländis­ch­er Staats­bürg­er in der Gruppe “Deutsche” nachvol­lziehbar mit­ge­meint und ansprochen fühlt.)
    Grund­sät­zlich muß man sich fra­gen, ob die Kat­e­gorie “Geschlecht” oder “geschlechtliche Iden­tität” in *jedem* Sprechkon­text so rel­e­vant ist, daß sie als condi­cio sine qua non *immer auch* “zur Sprache gebracht” wer­den muß.
    Darauf kann man natür­lich auch eine poli­tis­che und damit immer auch weltan­schauliche Antwort geben (wie es “die Pirat­en” als poli­tis­che Partei ja tun bzw. darum rin­gen); weshalb dieser Diskurs bei allen plau­si­blen Sachar­gu­menten sicher­lich auch kein Ende find­en wird.

  26. rkha

    was das aussprachedilem­ma beim gen­der gap ange­ht, kenne ich aus anderen kon­tex­ten die lösung, es ein­fach als knack­laut auszus­prechen (nur als anre­gung, weil das bis­lang noch nicht als idee auftauchte).
    und: ehm­ja, genau, wenn Joerg behauptet, frauen seien zumeist stärk­er von sex­u­al­isiert­er gewalt betrof­fen als män­ner, heißt das BESTIMMT, dass er es so darstellt, als seien männliche betrof­fene nicht exis­tent. geht’s noch?
    (im übri­gen wär hier wohl ein frauen* angemessen, um transper­so­n­en in dem kon­text auch “sicht­bar” zu machen… leider)

  27. Uschi M.

    Oh mein Gott! Was für Prob­leme! Wie erk­läre ich das alles jet­zt z.B. meinen “Schülern” (= nicht­deutschsprachige beruf­stätige Erwach­sene, die gerne Deutsch lern möcht­en), ohne ständi­ges Stirn­run­zeln und blankes Nicht­glaubenkön­nen in deren Gesichtern abzulesen?
    Ich bin weib­lich, werde bald 60 und bin mit Alice Schwarz­er groß gewor­den. Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden mit den Errun­gen­schaften des Fem­i­nis­mus und der Frauen­be­we­gung, auch wenn es da lei­der immer noch sehr viele Baustellen gibt.
    Aber bei solchen Prob­le­men, wie hier geschildert, da “beißt’s aus” (so sagen wir in Bayern.
    Was ist an dem Wort Mit­glied falsch? Wieso denkt man da offen­sichtlich im Ernst daran, “das Pirat” zu kon­stru­ieren? Das klingt in meinen Ohren so entset­zlich falsch und vor allem auch der­maßen absurd, dass mir dabei nur noch Mon­ty Pythons Scherze in den Sinn kommen.
    Oh Herr(in???), wirf Gelassen­heit und gesun­den Mensch(innen???)verstand vom Himmel!
    Ah, da fällt mir noch was dazu ein:
    “das Men­sch” ist im Bairischen ein Schimpf­wort für ein unge­höriges Frauen­z­im­mer… irgend­wie scheinen Neu­tra doch oft einen neg­a­tiv­en Beigeschmack zu bekom­men (mein sub­jek­tiv­er Eindruck)…

  28. HF

    Mit der Ver­wen­dung ein­er der akzep­tierten For­men stellt der Sprech­er her­aus, das es das Prob­lem ken­nt und sich der fem­i­nis­tis­chen Sache anschliesst. Es ist ein wieder­holtes öffentlich­es Beken­nt­nis. Der Inhalt der Aus­sage ist dabei ganz unwichtig. Ich glaube auch nicht, das irgend­je­mand die Form Piraten/Piratinnen beim Denken benutzt, sie wird erst beim Schreiben gebildet und erfordert jedes­mal eine bewusste Anstren­gung. Das führt dann zu so köstlichen Fehlleis­tun­gen wie “Liebe Zuschauer draussen an den Fernse­hern und Fernseherinnen”.

  29. Oliver Gassner

    Mit­ge­meint
    Ich fand einen satz in der Prü­fung­sor­d­nung bei usner­er Uni recht cool. (aus dem Gedächtnis)
    “Mit dem Begriff Stu­dentin­nen (sic!) sind die männlichen Stude­ten mitgemeint.”
    Anglistik 😉
    Man kön­nte das ja auch dop­pelt wenden:
    “Mit dem Begriff Pirat­en sind auch die männlichen Pirat­en gemeint.”

  30. analog

    Pira­tende
    Ana­log zu “Studierende” kön­nte man doch auch Pira­tende generieren.

  31. Eisboer

    Ich bin mir immer nicht ganz sich­er, warum den meis­ten die deutsche Sprache so heilig ist.
    Sprache ist doch seit jeher im Wan­del. Ob es nun die Jugendlichen sind, die sich abgren­zen wollen (oft sich­er unbe­wusst) oder Men­schen die sich ein­fach auf so neuem Gebi­et befind­en, dass sie neue Wörter erfind­en müssen.
    Sprache verän­dert sich. Warum also nicht ganz radikal sein? Das Übel an der Wurzel anpack­en und endlich ein wirk­lich geschlecht­sneu­trales Wort benutzen.
    Sie sehen schon, ich favorisiere “das Pirat”.
    Sollte sich das nicht durch­set­zen, hoffe ich ern­sthaft, dass die männlichen Pirat­en auf die weib­lichen Pirat­en stolz genug sind, um Piratin­nen als “geschlecht­sneu­trales” Wort zu benutzen. Auch wenn man dann alle anderen Gen­der­for­men ausgrenzt.

  32. Dirk

    Tippfehler
    Hal­lo Anatol,
    im drit­ten Absatz, let­zten Satz gibt es wohl einen Tippfehler:
    “Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen sich alse entwed­er nur auf Männer”
    zumin­d­est sagt mir das Wort “alse” nichts 😉
    Anson­sten, mach weit­er so!
    Dirk

  33. Christoph Päper

    Pirat­en = π?, Pirat = π!

    Die fem­i­nis­tis­che Lin­guistin Luise Pusch, die als die Exper­tin für die deutsche Sprache und ihre Geschlechter­prob­lematik betra­chtet wer­den muss,

    Nein, muss sie ganz bes­timmt nicht. Pusch ist zwar erstens sehr bekan­nt, zweit­ens nicht auf den Mund gefall­en und drit­tens weniger dog­ma­tisch als andere Fem­i­nis­ten, aber ihre lin­guis­tis­che (Methoden-)Kompetenz kann man (trotz Habil­i­ta­tion) mitunter nur mit Kopf­schüt­teln zur Ken­nt­nis nehmen.

    der fem­i­nis­tis­che Konsens

    There’s no such thing.

    wenn wir alle anfin­gen, Wörtern beliebige Bedeu­tun­gen zu geben, wäre das kom­mu­nika­tive Chaos vorprogrammiert

    Es geht hier nicht um eine „beliebige“, son­dern um eine beschränk­te Bedeu­tung aus dem all­ge­meinen seman­tis­chen Feld und das auch nur inner­halb eines Tex­twerkes. Der­art expliz­it Ter­mi­ni festzule­gen, ist völ­lig nor­mal in allen tech­nis­chen Textsorten.

    Es gibt eben keine sprach­liche Form, die die Dichotomie von Mann/Frau auflösen kön­nte, und genau das beto­nen diese Signale.

    Es ist noch viel schlim­mer: Mann/Frau ist über­haupt kein dichotomes Begriff­s­paar! Je nach Kon­text haben wir im Deutschen {mann}/{frau}, {herr}/{frau}, {mann}/{weib}, {herr}/{dame}, {mann}/{-in}, {herr}/{-in}, dafür ist im Englis­chen das eine Geschlecht fast immer ein Spezial­fall des anderen: {fe-}/{male}, {wo-}/{man}.

    Die Gefahr der Bei­d­nen­nung ist allerd­ings, dass sie eine binäre Unter­schei­dung in „Män­ner“ und „Frauen“ nahelegt, die sowohl biol­o­gisch als auch sozial rein fik­tiv ist. 

    Genau, das kann man gar nicht genug betonen!
    Übri­gens fällt der m‑Bias in den ver­schiede­nen Beidnennungs(kurz)formen unter­schiedlich stark aus und wech­selt bei der Bin­nen­ma­juskelform *(PiratIn, PiratIn­nen) sog­ar zu einem f‑Bias. Ich habe noch keine Studie gefun­den, die alle Vari­anten, auch unter­schieden nach Sin­gu­lar und Plur­al, unter­sucht, aber ich ver­mute, dass die Bias­rei­hen­folge (f zu m) der Kurz­for­men *PiratIn­nen, *PiratIn, *Pirat/innen, *Pirat/in, Piratin­nen/-en, Pirat/-in, Piraten/-innen, Pirat(in), Pirat(inn)en ist und die der Voll­for­men Piratin­nen und Pirat­en, Piratin oder Pirat, Pirat oder Piratin, Pirat­en und Piratin­nen ist. (Gen­der­gap und ‑sternchen habe ich absichtlich ignoriert.)
    Man beachte, dass bei {pirat} alle Kurz­for­men ohne größere Prob­leme – am meis­ten noch im Plur­al beim Schrägstrich – funk­tion­ieren, was nicht bei allen Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen der Fall ist, vgl. Ärzt/-in.
    Neben *(das Pirat, der Pirat, die Pirat; die Pirat­en) gäbe es natür­lich auch andere mögliche Neuschöp­fun­gen, z.B. zwei markierte Fälle statt nur einem: *(der Pirat, der Pira­ton, die Piratin; die Pirat­en, die Pira­ton­nen, die Piratin­nen) (ana­log mit {-is}, {-er}, {-or}, {-et}, …).
    Ceterum censeo, dass Mit­glied in ein­er Vere­inssatzung u.ä. im All­ge­meinen die beste Vari­ante ist.
    PS: Der Pirat tagt wöchentlich und legt auf jed­er Sitzung eine weit­ere Zif­fer der Kreiszahl fest.

  34. Frank Wappler

    f — wie Freibeute
    Frank Wap­pler schrieb (06. Juni 2012, 11:35):
    > Ana­tol Ste­fanow­itsch schrieb (05. Juni 2012, 23:40):
    > > […] auch die weib­lichen Leser/innen im Kopf 
    > Was man als Blogger/in nicht schafft, 
    > schafft die geneigte (vornehm­lich weib­liche) Leserschaft. 
    > […]
    Wer kla(ba)u(ter)t denn sowas ?!

  35. janWo

    tri­gen­era
    > (man sagt nicht das Studierende)
    Stimmt vielle­icht. Aber zu Fach­schaft­szeit­en haben wir damals™ dur­chaus der/die/das Stu­di gesagt, mit dem neu­trum als indef­i­niter Form

  36. Physiker

    weit­er­er Vorschlag:
    Ein­fach die Satzung ins Englis­che über­set­zen (oder nur “the pirate”). Dadurch würde sich die Partei als weltof­fen und inter­na­tion­al präsentieren.

  37. Dilettant

    Ist die Kan­z­lerin ein Kanzler?
    Dis­claimer: Ich begrüße Bemühun­gen um geschlechterg­erechte Sprache. Zum nach­fol­gend dargestell­ten Sachver­halt habe ich keine fer­tige Mei­n­ung, bin vielmehr recht ratlos.
    Ger­hard Schröder war der siebte deutsche Bun­deskan­zler. Angela Merkel ist die erste deutsche Bun­deskan­z­lerin. So weit, so klar. Wenn nun aber, was nach Lage der Dinge gut möglich ist, eines nahen oder fer­nen Tages ein Mann Merkel im Amt nach­fol­gt — ist er dann der achte oder der neunte Bundeskanzler?
    Laien­hafter Lösungsver­such mein­er­seits: Das Wort “Bun­deskan­zler” (ana­log Präsi­dent, Min­is­ter etc.) hat zwei Bedeu­tun­gen: Es beze­ich­net a) das Amt unab­hängig von der Per­son und b) die (männliche) Per­son, die das Amt bek­lei­det. Lässt sich unter diesen Voraus­set­zun­gen das Wort “Bun­deskan­zler” in Bedeu­tung a) geschlecht­sneu­tral ver­ste­hen? Ein Indika­tor dafür kön­nte sein, dass im Grundge­setz durchgängig nur vom Bun­deskan­zler in männlich­er Form die Rede ist und den­noch nie­mand bei Merkels Amt­santritt eine entsprechende GG-Änderung für nötig befun­den hat. Dem­nach wäre A.M. die erste Bun­deskan­z­lerin und zugle­ich die achte Per­son im Amt des Bun­deskan­zlers. Ihr hypo­thetis­ch­er männlich­er Nach­fol­ger wäre wiederum der achte Bun­deskan­zler und die neunte Per­son im Amt des Bundeskanzlers.
    Kommt man auf diesem Weg weit­er? Wenn nicht — wie dann?

  38. Kris

    @Dilettant
    das gibt es auch in der Vari­ante “Frauen sind die besseren Autofarer/innen”.
    Um dem gerecht zu wer­den, müssen entwed­er Ambu­gui­täten in Kauf genom­men oder der Satz umfor­muliert werden.
    Ich denke jedoch, dass bei einem so her­aus­ge­hobe­nen Amt wie das des_r Bundeskanzlers_in die For­mulierung “die achte Bun­deskan­z­lerin” eher als “die achte Per­son im Amte” ver­standen wird. Wenn her­aus­gestrichen wer­den soll, dass sie die erste Frau im Amt war, kann das ja so geschrieben wer­den “die erste Frau im Amt der Bundeskanzlerin”.
    Wenn ihr ein Mann nach­fol­gen sollte, würde er dann wohl der “neunte Bundeskanzler”.

  39. JensE

    Hal­lo erst mal,
    mal wieder ein schön­er Blogtext.
    Ich bin der Mei­n­ung, dass Pirat eigentlich eine Berufs­beze­ich­nung ist und deswe­gen neu­tral sein sollte. Ich ver­ste­he aber die Problematik.
    Mein­er Ansicht nach sollte mal mit der wahllosen Benutzung von Artikeln aufhören und endlich alles was nicht expliz­it männlich und weib­lich ist mit ‘das’ bezeichnen.
    Da das zugegeben­er­maßen schwierig ist von außen aufzuzwin­gen, fände ich es genial, wenn die Pirat­en damit anfin­gen und sich auf das Pirat als neu­trum verständigten.

  40. DrNI

    Keine Lösung
    “Piratierende” ist keine Lösung. Schon “Studierende” regt mich öfter mal auf. Vor allem, wenn die Uni dann “den/die Studierende/n des Monats” kürt. Im Sin­gu­lar keine Lösung.
    Aber auch der “Men­sch mit Pira­teriehin­ter­grund” wäre irgend­wie keine Lösung. Ana­log zum “Men­sch mit Behin­derung” frage ich mich da sowieso immer, warum man extra beto­nen muss, dass es sich bei Behin­derten um Men­schen han­delt, das sollte doch selb­stver­ständlich sein. Übri­gens, “Behin­derte” ist bere­its ana­log zu “Studierende”. Also Bald “Men­sch mit Immatrikulationsbescheinigung”?
    Die Pirat­en kön­nten ein­fach auch immer die weib­liche Form benutzen. Mit entsprechen­der Fußnote. Wenn man schon der Auf­fas­sung ist, dass die männliche Form eben nicht gener­isch ist, dann ist es ja egal, welche nicht-gener­ische Form man verwendet.

  41. hackdraft

    Cthul­hux +1 ack
    Wenn schon irgendwelche Besser­wiss­er geschlechts­diskri­m­inierende Begriffe vorschla­gen, warum dann nicht gle­ich Pirat­muschi und Piratpimmel?
    Atom­gen­dern, Nein danke!

  42. impala

    das Pirat — Deklination?
    Die doch sehr kün­stlich klin­gende Form “das Pirat” ver­liert aber in manch­er regiert­er Posi­tion ihren Effekt, wegen der Synkretis­men bei masku­li­nen und neu­tralen Artikelfor­men und der sich aus­bre­i­t­en­den Endungslosigkeit schwach­er masku­lin­er Sub­stan­tive im Dativ, vgl. dem Pirat und dem Pirat­en — bei­des fre­quente For­men des masku­li­nen Pirat.
    Im Plur­al löst sich das ganze dann natür­lich sowieso auf, weil hier alle Gen­era zusam­men­fall­en. Da würde das Pirat schnell wieder zu gener­isch-masku­li­nen Pirat­en. Man müsste also gle­ich noch eine neue Dek­li­na­tion­sklasse mitbedenken.

  43. Martin Holzherr

    Piratin­nen und Pirat­en als Multiplikator
    Warum soll eine Wieder­hol­ung in der Art “Piratin­nen und Pirat­en” unökonomisch sein? Es ist doch implizite Eigen­wer­bung, wenn der Wort­stamm Pirat möglichst häu­fig vorkommt.
    Zugegeben, mit der Zeit nervt es dann vielle­icht auch. Aber in der Anfangszeit gibt es doch nichts besseres als den Wort­stamm möglichst oft zu wiederholen.

  44. JensE

    @impala, 06.06.2012, 19:06
    Du magst mehr vom For­mal­is­mus der Sparche an sich was ver­ste­hen, aber für mich hört sich
    das Pirat
    der Pirat
    die Pirat (in)
    die Piraten
    ganz OK und sin­nvoll an.
    Des Weit­eren möchte ich anmerken, dass Sprache für die meis­ten Men­schen auf der Welt eine Sache der Gewöh­nung ist. Und, übri­gens … ‘die Pirat­en’ “fühlen” sich für mich nicht sehr maskulin an. ^o^

  45. impala

    Jens,
    es geht nicht darum, ob ich die Form jet­zt okay finde oder nicht. Man benutzt Sub­stan­tive nun mal nicht nur im Nom­i­na­tiv. In ein­er Phrase wie dem Pirat ist es erlaubt muss der Dativ benutzt wer­den und dann ver­schwindet das umständlich kon­stru­ierte Neu­trum, weil es for­men­gle­ich mit dem Maskulinum ist (unter der Voraus­set­zung, dass man schwache Sub­stan­tive endungs­los dek­lin­iert). Und im Plur­al ist der Unter­schied auch nicht gegeben, der bei der fem­i­ni­nen Form Piratin sehr wohl gegeben ist. Das Plu­ral­suf­fix ‑en an sich ist zwar geschlecht­sneu­tral, wird aber bei Piratin an ein durch ein Deriva­tion­ssuf­fix ein­deutig als fem­i­nin markiertes Wort ange­hängt. Kreiert man eine Form das Pirat, indem man das gener­ische Maskulinum ein­fach in ein Neu­trum kon­vertiert, greift man ein biss­chen zu kurz, da sich der kün­stlich kreierte Unter­schied nur in ein­er Min­der­heit der For­men wirk­lich äußert.

  46. JensE

    @impala, 06.06.2012, 21:40
    Meine Auf­fas­sung von Sprache ist, dass es gefällt. Also, das sich die Wen­dung im “Dschun­gel der Sprache” ein­fach durchsetzt.
    Und ich denke, da die sich die ver­schiede­nen For­men in län­geren Gebrauch­s­tex­ten sowieso abwech­seln, ist die Gefahr, bei den dek­lin­ierten Vari­anten nicht zu wis­sen was gemeint sein sollte, ziem­lich gering.

  47. NörglerIn

    Gener­isches Maskulinum
    Die Bedeu­tung eines Wortes ergibt sich aus sein­er Ver­wen­dung. Wie kann man daher einen Unter­schied zwis­chen der “Bedeu­tung” und der “Ver­wen­dung” behaupten? Das ist doch sprach­lich­er Platonismus.
    Mir leuchtet nicht ein, wieso man sich der­art über das Wort “Pirat” in der Satzung der Partei ereifern kann, wenn doch schon der Name der Partei nicht geschlecht­sneu­tral ist: “Piraten­partei Deutsch­land”, parteiof­fizielle Kurz­form PIRATEN.

  48. Proton

    Ob man nun “Pirat/innen”, “das Pirat” oder “Pirat­en und Piratin­nen” sagt ist eigendlich ziem­lich wurst. Immer wird min­destens eine der vier biol­o­gis­chen Geschlechter­grup­pen (Män­ner, Frauen, Her­maph­ro­diten, Geschlecht­slose) sprach­lich ignori­ert. “Pirat/innen” und “Pirat­en und Piratin­nen” ignori­ert zwei, “das Pirat” immer­hin schon drei Geschlechtergruppen.
    Ver­meintlich neu­trale Beze­ich­nun­gen wie “Men­sch”, “Mit­glied” und “Per­son”, wer­den von vie­len den­noch als als geschlechtsspez­i­fisch emp­fun­den und haben dadurch zumin­d­est in der Wahrnehmung die sel­ben Prob­leme wie die anderen Vorschläge.
    Aber es gibt einen Ausweg für das Gen­der-Dilem­ma. Das englis­che “Pirate” ist geschlecht­sneu­tral. Man kann ein­fach statt dem deutschen Wort das englis­che nutzen und entwed­er auf den Artikel verzicht­en oder das englis­che “the” ver­wen­den. Damit umge­ht man das Genderminenfeld.
    For­mulierun­gen mit Wörtern wie “jede(r/s)” vor dem Begriff sind natür­lich trotz­dem zu vermeiden…

  49. Studierendenfutter

    Aber es gibt einen Ausweg für das Gender-Dilemma.”
    es gibt einen viel ein­facheren ausweg: ein­fach akzep­tieren, dass es ein gener­isches maskulinum gibt.
    das gelingt am besten, indem man sich vor augen führt, dass das biol­o­gis­che geschlecht nur eine facette der mench­lichen iden­tität ist. und zwar eine facette, die nicht an jed­er möglichen und unmöglichen stelle zur sprache kom­men muss. andere aspek­te der iden­tität wer­den auch nicht benan­nt und wer­den nicht ver­misst. es ist eine frage des eige­nen selb­stver­ständ­niss­es und des ver­ständ­niss­es von geschecht, ob man sich in ein­er all­ge­meinen beze­ich­nung wiederfind­en und sich gemeint fühlen will, oder sein geschlecht als so bedeu­tend, iden­titätss­tif­tend und drin­gend nen­nenswert empfind­et, dass es als dichotomie und sprach­liche geschlechtertren­nung benan­nt wer­den muss.

  50. Gabor

    Die Lösung: das Ein­führen ein­er eige­nen Mehrzahlform für geschlechter-gemis­chte Grup­pen. Zum Beispiel auf ‑u. Ich mache es vor:
    Liebe Genossu!
    Liebe Höru!
    Liebe Lehru!
    Die Wählu
    Die Autofahru
    Die Piratu
    Mir gefällt es auch auf ‑is gut:
    Liebe Genossis!
    Sprache muss sich weit­er­en­twick­eln wenn sich die Gesellschaft entwickelt.

  51. achim

    @ Studieren­den­fut­ter
    ich benutze es sel­ten aber dies­mal gerne:
    word!

  52. Mario H.

    Danke 🙂
    Danke für den Artikel, es ist wirk­lich nicht leicht, da eine gute Lösung zu find­en. Per­sön­lich habe ich mich schon vor einiger Zeit zum “_” als Tren­ner entschieden.
    Für die Pirat­en würde Eich­hörnchen bei deren Flauschbedürf­nis gut passen 🙂
    Das Pirat finde ich auch gut, oder man kön­nte freilich auch ein säch­lich­es neues piratiges Wort entwer­fen. Pirabing oder sowas…

  53. Studierendenfutter

    Sprache muss sich weit­er­en­twick­eln wenn sich die Gesellschaft entwickelt.”
    das tut sie. nur eben nicht durch poli­tisch, moralisch oder päd­a­gogisch motivierte regelun­gen. wenn z.b. die taz titelt “Ram­sauer ent­deckt Herz für Rad­fahrer” glaubt nie­mand, dass nur die männlichen rad­fahrer gemeint sind. vielle­icht waren im 19. jh. nur die radel­nden män­ner gemeint, mag sein, aber heute hat der begriff auch eine gener­ische bedeu­tung angenom­men und wird je nach kon­text verstanden.

  54. Phaeake

    Die Lösung — Tusch! — pars piratarum
    Wie schon Nör­g­lerIn sagte, hat das disku­tierte Satzung­sprob­lem Auswirkung auf den Parteina­men. “Piratin­nen- und Piraten­partei” (PPP) wäre da noch die pass­abel­ste Lösung. Parteina­men mit Drop-down-Menü auf dem Wahlzettel oder “Eich­hörnchen­partei” wäre ver­mut­lich selb­st den Parteim­it­gliedern und sicher­lich dem Bun­deswahlleit­er zu schräg.
    Zwei Alternativen:
    Die Seer­auben­den­partei (dass darauf noch nie­mand gekom­men ist)
    und — in meinen Augen der Vorschlag der Wahl:
    pars piratarum
    “pira­ta” ist natür­lich lateinisch und zeich­net sich durch das dort sehr sel­tene Auseinan­der­fall­en von gram­matikalis­chem Geschlecht (Fem­i­ninum) und sog. natür­lichem Geschlecht (Maskuli­um) aus, hält somit wun­der­bar die Waage.
    Der Name würde den Anspruch der piratarum unter­stre­ichen, “post-gen­der” zu sein, weil sie sich dem Schräg-Binde-Unter­strich-Ter­ror ele­gant wider­set­zen, aber auch nicht das Überkommene fortsetzen.
    Er wäre zudem ein Fanal für die inter­na­tionale Zusam­me­nar­beit mit anderes Parteien, weil dieser Name europaweit ver­wend­bar ist.
    Schließlich wür­den mit den Alt­philolo­gen und Bil­dungs­bürg­ern völ­lig neue Wäh­ler­schicht­en eröffnet.
    Liebe piratae, auf zum Ändern!

  55. prgntc

    Unfug
    Wie ist eigentlich die weib­liche Form von der Men­sch? Die Menschin?
    Und wieso sind in der Mehrzahl alle weib­lich? “Die” Bärte, “die” Jun­gen, “die” Männer.
    Dieser ganze “Innen”-Quatsch ist so über­flüs­sig wie ein Kropf und bläht nur unnütz Texte und Reden auf.

  56. Bogenlampe

    Der Nutzen geschlecht­sneu­traler Sprache
    Ich denke nicht, dass die durch­schnit­tliche Frau durch geseschlecht­sneu­trale Sprache eine höhere Leben­szufrieden­heit oder einen son­sti­gen Nutzen ziehen wird.
    Es ist vor allem eine Gedanken­welt, die sich durch Sen­si­bil­isierung ihre eigene Rel­e­vanz geschaf­fen hat und anfäl­lig dafür sind jene Fem­i­nistin­nen (nicht alle), die aus dem Kampf gegen solche Nichtigkeit­en Kon­sum­nutzen ziehen.
    Ja, der einzige Nutzen dieser neuen Sprachregelun­gen ist der Kampf gegen die Unter­drück­ung selb­st, der erfreut.

  57. Kris

    Pirat­en- und Piratinnenpartei…
    wäre selb­st nach der UNESCO-Richtlin­ie (http://www.unesco.de/…ibliothek/eine_sprache.pdf)
    nicht notwendig. Ich zitiere:
    Im Deutschen gibt es zahlre­iche zusam­menge­set­zte oder abgeleit­ete Worter, die zwar eine masku­line Per­so­n­en­beze­ich­nung enthal­ten (Arbeit­er, Burger), aber selb­st keine Per­so­n­en- beze­ich­nung sind. Meist han­delt es sich bei diesen Wortern um abstrak­te Nom­i­na (Bewe- gung), kollek­tive Nom­i­na (Gemein­schaft) oder Adjek­tive. Hier beste­ht im all­ge­meinen keine Notwendigkeit zur Veranderung.
    Als Beispiele genan­nt wer­den Arbeit­er­be­we­gung, Stu­den­ten­werk, aus­län­der­feindliche Parolen.
    Piraten­partei würde für mich in dieselbe Kat­e­gorie fallen.

  58. Bert

    ich habe eine anmerkung und eine frage.
    1. die anmerkung: sobald es um geschlechterg­erechte sprache geht, tauchen men­schen auf, die von ter­ror oder atom­gen­dern (hier), bevor­mundung und faschis­mus usw. (woan­ders gele­sen) reden. da ver­suchen men­schen, sich lösun­gen ein­fall­en zu lassen, um alle grup­pen gle­icher­maßen anzus­prechen, und das soll ter­ror sein? ich denke, das ist eine unangemessene wortwahl.
    2. die frage (mit län­ger­er ein­leitung): es gibt hin­weise darauf, dass das gener­ische maskulinum nicht wie behauptet funk­tion­iert (unter anderem in diesem blog). neben irgendwelchen stu­di­en beste­ht wohl ein hin­weis darauf auch schlicht in der exis­tenz ein­er min­der­heit von men­schen, die SAGEN, dass es für sie ein prob­lem darstellt und sie sich nicht gle­icher­maßen ange­sprochen fühlen.
    wo ist denn nun eigentlich umgekehrt das prob­lem, auf diese men­schen rück­sicht zu nehmen und sprachge­wohn­heit­en zu verändern?
    kann mir das mal eine/einer erk­lären? also nochmal etwas präzis­er, was ist das argu­ment: warum sollte auf diese men­schen NICHT rück­sicht genom­men wer­den und stattdessen weit­er­hin daran fest­ge­hal­ten wer­den, das gener­ische maskulinum zu verwenden?

  59. NörglerIn

    @Bert
    Zu Ihrer Frage:
    Rück­sicht auf andere ist eine gute und schöne Sache. Rede ich mit einem Dunkel­häuti­gen, so nenne ich ihn sicher­heit­shal­ber nicht Neger, da er sich daran vielle­icht stoßen kön­nte. Hier geht es ja nur darum, ein Wort durch ein anderes zu ersetzen.
    Prob­lema­tisch wird es dann, wenn auch die üblichen Ersatzwörter als diskri­m­inierend emp­fun­den und abgelehnt wer­den. Dann ver­liere ich allmäh­lich die Geduld und rede nur noch über das Wetter.
    Die Forderung nach geschlechterg­erechter Rede ist aber sehr viel weit­erge­hend, als ein Wort durch ein anderes zu ersetzen.
    Rück­sicht sollte gegen­seit­ig sein. Von mir zu ver­lan­gen, nun ständig “Arbeit­er und Arbei­t­erin­nen”, “der oder die Angestellte” “er oder sie” zu sagen und zu schreiben, empfinde ich als eine Zumu­tung und eine Rück­sicht­losigkeit. Schlimm genug, daß ich das in amtlichen Tex­ten ständig über mich erge­hen lassen muß.
    Rück­sicht nehme ich gerne, wenn ich gewisse Empfind­lichkeit­en für ver­ständlich halte. Man kann aber nur schw­er auf jede spin­nerte Überempfind­lichkeit Rück­sicht nehmen. Wenn einige Frauen irrtüm­lich meinen, sie seien nicht mit­ge­meint oder ein gener­isches Maskulinum gebe es nicht (was ihnen ja von eini­gen immer wieder ein­gere­det wird), dann erre­icht meine Rück­sichts­bere­itschaft ihre Grenzen.

  60. Bert

    Danke für die Antwort.
    Sub­jek­tiv stellt es sich für mich kom­plett anders dar:
    Ich per­sön­lich finde es ein­fach nicht schlimm, geschlechterg­erechte Sprache zu ver­wen­den, und die Frauen, die das in mein­er Gegen­wart bis­lang angeregt haben, erschienen mir auch nicht als spin­nert oder überempfind­lich oder haben da irgend­was von mir “ver­langt” oder mir das “befohlen”, das waren meist ganz nette, hochge­bildete und sym­pa­this­che Frauen, die das eben als Anre­gung einge­bracht haben.
    Zum Beispiel kür­zlich von ein­er Kol­le­gin, die einen mein­er Texte Kor­rek­tur las und nach­fragte, ob ich wirk­lich in einem Text nur über “Arbeit­nehmer” schreiben möchte (obwohl ich weiß, dass Erwerb­stätigkeit eng mit gesellschaftlich­er Teil­habe und Anerken­nung ver­flocht­en ist, Frauen da aber nicht gle­icher­maßen einge­bun­den sind, die Erwerb­sar­beitssphäre generell eher männlich kon­notiert ist, ich damit die Assozi­a­tion von “Erwerb­sar­beit — männlich” stützen kön­nte und diese Assozi­a­tion vielle­icht auch dafür sorgt, dass Frauen sich dort nicht so behei­matet fühlen (wie am Herd :)).
    Klang für mich nachvol­lziehbar, ich habe entsch­ieden, dass ich das nicht möchte, ein­mal kurz “suchen und erset­zen” und fer­tig ist die Laube, ich habe mich da nicht “rück­sicht­s­los” behan­delt gefühlt oder so.
    Beim Sprechen geht zwar nicht automa­tisiert “suchen und erset­zen”. Aber ich spreche manch­mal (nicht beson­ders oft) geschlechterg­erecht, und ich gewöhne mich zunehmend daran. Ich finde es eben nachvol­lziehbar und plau­si­bel, dass das gener­ische Maskulinum nicht alle gle­icher­maßen anspricht (vgl. auch hier http://www.sprachlog.de/2011/12/14/frauen-natuerlich-ausgenommen/) — egal, was irgendwelche Regel­w­erke sagen. Also ver­suche ich ab und an bewusst, bei­de For­men zu sprechen. Tut mir gar nicht weh und ich habe nicht das Gefühl, dass mir dabei ein Zack­en aus der Kro­ne bricht oder ich irgend­wie unter­drückt werde.
    Ich akzep­ti­er aber natür­lich die Erläuterung (nochmal danke dafür), dass der Vorschlag, von den eige­nen “altherge­bracht­en” Sprech- und Sprachge­wohn­heit­en abzuwe­ichen bei eini­gen anscheinend Unwohl­sein hervorruft.
    Ich empfinde es sel­ber nur erst­mal über­haupt nicht so (und bin dann irritiert).
    Aber wenn das für einige ein großes Prob­lem darstellt, ist das wohl ern­stzunehmen (wobei ich nicht weiß, ob dieses Unwohl­sein dann schw­er­er wiegen sollte als dass der­jeni­gen, die sich nicht aus­re­ichend “mit­ge­meint” fühlen, und diese “Fron­ten” wer­den damit ja in Stel­lung gebracht).
    Den ein­lei­t­en­den Ver­gle­ich finde ich allerd­ings etwas unglück­lich: Ich glaube nicht, dass sich ein Schwarz­er für die nette Rück­sicht­nahme bedanken muss, nicht “Neger” genan­nt zu wer­den, das ist doch irgend­wie selbstverständlich?
    Ich bedanke mich ja auch nicht den ganzen Tag bei allen Men­schen dafür, dass sie darauf verzicht­en, mich zu beleidigen.

  61. NörglerIn

    @Bert
    Ich bedanke mich mein­er­seits dafür, daß wir über dieses manch­mal doch recht emo­tion­al aufge­ladene The­ma zivil­isiert disku­tieren können.
    Ich kann Ihnen allerd­ings nicht in allem fol­gen. Ins­beson­dere nicht, was meinen ein­lei­t­en­den Ver­gle­ich anbe­t­rifft. Zunächst sehe ich in dem Wort “Neger” an sich nichts Belei­di­gen­des. Es bedeutet ja eigentlich nichts anderes als “Schwarz­er”. Allerd­ings war “Neger” der gängige Begriff zu ein­er Zeit, als viele “Weiße” die Dunkel­häuti­gen für in irgen­dein­er Weise min­der­w­er­tig hiel­ten. Damals haben aber auch diejeni­gen, die nicht dieser Mei­n­ung waren, unbe­fan­gen von “Negern” gesprochen.
    Den­noch kann ich angesichts dieser Vorgeschichte gut ver­ste­hen, daß die Betrof­fe­nen dieses Wort als unpassend empfind­en. Darauf nehme ich gerne Rück­sicht und erwarte dafür auch kein­er­lei Dankbarkeit.
    Fern­er scheinen Sie mir die Schwierigkeit­en der geschlechterg­erecht­en Sprache zu unter­schätzen. So ein­fach “suchen und erset­zen” reicht meist eben nicht aus. Wenn ich Ihr Beispiel nehme, so stellt sich doch zunächst die Frage, ob “Arbeit­nehmer” in der Ein- oder Mehrzahl ver­wandt wird. “Der Arbeit­nehmer” wäre ja zu erset­zen durch “der Arbeit­nehmer oder die Arbeit­nehmerin” oder “der/die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin” oder “der oder die Arbeit­nehmerIn” oder … oder … In der Mehrzahl ist es natür­lich ein­fach­er. Da reicht die Erset­zung von “Arbeit­nehmer” durch “Arbeit­nehmer und Arbeit­nehmerin­nen” wohl aus. Dann muß ich aber noch die Pronom­i­na über­prüfen. Eventuell muß ich “er” durch “er oder sie” erset­zen, aber nur in den Fällen, wo sich “er” tat­säch­lich auf “Arbeit­nehmer” bezieht. Ich kenne kein Textver­ar­beitung­spro­gramm, das all das automa­tisch erledi­gen könnte.

  62. Studierendenfutter

    da ver­suchen men­schen, sich lösun­gen ein­fall­en zu lassen, um alle grup­pen gle­icher­maßen anzusprechen

    dieser ver­such muss scheit­ern, denn es gibt unzäh­lige grup­pen, die unmöglich alle in den genuss ein­er eige­nen ansprache kom­men kön­nen. stellt sich also die frage, mit welch­er legit­i­ma­tion eine gruppe vor allen anderen eine sep­a­rate nen­nung beanspruchen kann.
    wenn wir die werte gle­ich­berech­ti­gung und gle­ich­be­hand­lung befür­worten, kön­nen wir unmöglich ein­er gruppe eine extra ansprache gewähren und vie­len anderen grup­pen dieses gle­iche recht verweigern.

    es gibt hin­weise darauf, dass das gener­ische maskulinum nicht wie behauptet funktioniert

    es gibt auch hin­weise, dass es funktioniert.

    dass es für sie ein prob­lem darstellt und sie sich nicht gle­icher­maßen ange­sprochen fühlen.

    genau richtig for­muliert: das prob­lem ist eines des gefühls. es ist nicht objek­tivier­bar, son­dern eine per­sön­liche befind­lichkeit. dass man heute mit diesen befind­lichkeit­en aufmerk­samkeit und ver­meintliche rück­sicht ein­fordern kann, bestärkt in der befind­lichkeit, statt ihre über­win­dung zu befördern.

    wo ist denn nun eigentlich umgekehrt das prob­lem, auf diese men­schen rück­sicht zu nehmen und sprachge­wohn­heit­en zu verändern?

    rück­sicht nehme ich auf men­schen, die rück­sicht benöti­gen, weil sie in irgen­dein­er form schwach sind. frauen sind nicht schwach. ob sich sich ange­sprochen fühlen wollen oder nicht, ist ihre sache. nicht meine.

  63. Bert

    Bert
    @NörglerIn: Ja, mit “suchen und erset­zen” habe ich ein wenig unter­trieben, es war nichts­destotrotz in besagtem Text recht ein­fach, das trifft sich­er nicht immer zu. Ich würde jet­zt auch nicht tage­lang darüber sin­nieren, ob ich wie was geschlechterg­erecht for­mulieren kann, aber das erwartet doch auch nie­mand (noch nicht­mal Fem­i­nistin­nen :)), in vie­len Fällen ist es eben doch recht leicht und dann sehe ich nichts, was dage­gen spricht.
    Was die Bedeu­tung von Beze­ich­nun­gen für Schwarze ange­ht, bin ich mir unsich­er inwiefern unsere Ansicht­en auseinan­derge­hen. All­ge­mein: Was vor­mals als nichtwer­tende Beze­ich­nung galt — Mack­er, Wichser, etc. (da gibt es bes­timmt bessere Beispiele), kann trotz­dem zu einem anderen Zeit­punkt klar als Belei­dung fungieren, das hängt ja nicht nur von “der ursprünglichen Bedeu­tung” ab. Und dann würde ich diese Beze­ich­nung eben nicht ver­wen­den, sofern ich nie­man­den belei­di­gen will. Aber anscheinend machen wir das auch bei­de nicht.
    @Studierendenfutter: “dieser ver­such muss scheit­ern, denn es gibt unzäh­lige grup­pen, die unmöglich alle in den genuss ein­er eige­nen ansprache kom­men kön­nen.” hakt ja wohl ein bißchen, da beim gener­ischen Maskulinum nicht “alle Grup­pen” son­dern nur die “Nicht­män­ner” evtl. aus­geschlossen wer­den, es geht also nur um die Besei­t­i­gung geschlechtlich­er Ungle­ich­heit­en. Die von Ihnen so angeprangerte ver­meintliche Extraansprache beste­ht ja bere­its: Es wer­den vornehm­lich Män­ner adressiert, oder zumin­d­est ein­deutiger, als “Nicht­män­ner” adressiert werden.
    Und genau, es gibt Hin­weise für und gegen prob­lema­tis­che Auswirkun­gen des gener­ischen Maskulinums, in so ein­er Sit­u­a­tion ist es ver­mut­lich am Besten, sich für die Posi­tion zu entschei­den, bei der evtl. munter diskri­m­iniert wird? Ganz komis­che Entschei­dung. Weil das ja “nur vielle­icht” passiert? Wenn ich durch mein Ver­hal­ten evtl. andere Men­schen in irgen­dein­er Form schädi­gen kön­nte, sollte ich doch lieber möglichst darauf verzicht­en, so lange der mögliche Schaden nicht aus­geschlossen ist, dachte ich bis­lang. Aber dann kann ich mor­gen beruhigt mit 130 durch die Innen­stadt brausen, da passiert es auch nur vielle­icht, dass jemand zu Schaden kommt und ich möchte ungern auf den Spaß verzichten.
    Den let­zten Absatz finde ich ins­ge­samt unl­o­gisch. Was meinen Sie mit “objek­tivier­bar”? Vielle­icht hil­ft da eine Analo­gie weit­er: Wenn ich jet­zt z.B. einen Ord­nung­shüter als “Bul­len­schwein” beze­ichne und der fühlt sich belei­digt, ist dass dann ein Gefühl und nicht objek­tivier­bar und ich werde nicht bestraft (oder ist das dann doch “objek­tivier­bar” und wovon soll das dann abhän­gen, wann etwas “objek­tivier­bar” ist und wann nicht)?
    Und wenn ich doch angezeigt werde, kann ich dann sagen, das sei doch dessen Sache, ob der sich davon ange­sprochen füh­le oder nicht (und ganz schön schwach, dass der sich über sowas beschw­ert, der soll das lieber über­winden statt sich in einem Prozess noch in sein­er belei­digten Befind­lichkeit Bestärkung zu suchen)?
    Und da der, z.B. im Rah­men ein­er Demon­stra­tion, auch nicht auf der “schwachen” Seite stand, ist das eh in Ord­nung? Wäre das in ein­er nach Ihren Vorstel­lun­gen gestrick­ten Gesellschaft so? Und find­en Sie das dann auch in der vorhan­de­nen Gesellschaft richtig?
    Zum Begriff Rück­sicht­nahme, den inter­pretieren wir vielle­icht anders: Ich passe zum Beispiel in vollen Zügen darauf auf, dass ich nie­man­dem auf die Füße trete, egal, ob der schwach oder stark ist, das ver­ste­he ich als “Rück­sicht nehmen”. Sie treten anscheinend nur Kindern, Kranken oder sonst­wie von Ihnen als “schwach” definierten Men­schen nicht auf die Füße, oder wie darf ich Ihre Ein­las­sung da verstehen?
    Ich weiß, dass die Analo­gien mehr oder weniger hinken, finde aber auch die Argu­men­ta­tion genau­so selt­sam und hoffe, dass meine Kri­tik daran dadurch ver­ständlich wird.

  64. Studierendenfutter

    dieser ver­such muss scheit­ern, denn es gibt unzäh­lige grup­pen, die unmöglich alle in den genuss ein­er eige­nen ansprache kom­men kön­nen.” hakt ja wohl ein bißchen, da beim gener­ischen Maskulinum nicht “alle Grup­pen” son­dern nur die “Nicht­män­ner” evtl. aus­geschlossen wer­den, es geht also nur um die Besei­t­i­gung geschlechtlich­er Ungleichheiten. 

    das hakt gar nicht. es gibt zahllose ungle­ich­heit­en. wer will mit welchem recht der geschlechtlichen ungle­ich­heit vor anderen ungle­ich­heit­en einen vorzug ein­räu­men? wenn gle­ich­heit gle­ich­heit ist, dann muss gle­ich­heit bei allen ungle­ich­heit­en angestrebt werden.
    im übri­gen ist die behaup­tung, es wür­den alle “nicht­män­ner” aus­geschlossen, falsch. wenn alle men­schen mit ein­er gram­matikalisch masku­li­nen for­mulierung gemeint SIND, dann ist diese for­mulierung keine exk­lu­siv männliche beze­ich­nung mehr.
    wenn man argu­men­ta­tion der (ver­meitlichen) diskri­m­inierung durch sprache kon­se­quent fol­gt, müssten nun män­ner sich durch eine gener­ische ver­wen­dung des maskulinums diskri­m­iniert fühlen, weil ihre ure­igen­ste beze­ich­nung ihnen nun nicht mehr exk­lu­siv zusteht.

    Und genau, es gibt Hin­weise für und gegen prob­lema­tis­che Auswirkun­gen des gener­ischen Maskulinums, in so ein­er Sit­u­a­tion ist es ver­mut­lich am Besten, sich für die Posi­tion zu entschei­den, bei der evtl. munter diskri­m­iniert wird? 

    wenn man etwas weniger an frauen “denkt” bei der ver­wen­dung ein­er masku­li­nen form, ist das keine diskri­m­inierung. diskri­m­inierung find­et woan­ders statt, nicht in der sprache. und diese diskri­m­inierun­gen wer­den durch sprache nicht beseitigt.

    Wenn ich durch mein Ver­hal­ten evtl. andere Men­schen in irgen­dein­er Form schädi­gen kön­nte, sollte ich doch lieber möglichst darauf verzicht­en, so lange der mögliche Schaden nicht aus­geschlossen ist, 

    welch­er konkrete schaden soll das denn sein?
    keine frau erlei­det einen schaden duch ein maskulinum.

    Wenn ich jet­zt z.B. einen Ord­nung­shüter als “Bul­len­schwein” beze­ichne und der fühlt sich belei­digt, ist dass dann ein Gefühl und nicht objektivierbar

    das ist sehr wohl objek­tivier­bar: ein ord­nunghüter ist kein tier, schon gar kein schwein und auch kein bulle, son­dern ein men­sch, der seinem beruf nachge­ht. somit ist diese belei­di­gung objek­tiver­bar, denn mit der beze­ichung von men­schen als tier, schwein oder bulle gehen bekan­nte und objek­tivier­bare assozi­a­tio­nen ein­her. deshalb liegt eine belei­di­gung vor. wenn frauen in gener­ische beze­ichun­gen ein­be­zo­gen wer­den, liegen keine neg­a­tiv­en assozi­a­tio­nen vor. es entste­ht der frau kein schaden, wenn ihr geschlecht nicht zur sprache kommt. sog­ar das gegen­teil ist der fall, da die neg­a­tiv­en assozi­a­tio­nen weib­liche stereo­type betr­e­f­fend entfallen.

    Sie treten anscheinend nur Kindern, Kranken oder sonst­wie von Ihnen als “schwach” definierten Men­schen nicht auf die Füße, oder wie darf ich Ihre Ein­las­sung da verstehen? 

    wenn sie so rück­sich­stvoll wären, wie sie vorgeben, wür­den sie auf der­atige unter­stel­lun­gen und inter­pre­ta­tio­nen verzicht­en. aber ihr ver­hal­ten ist typ­isch für apolo­geten der poli­tisch kor­rek­ter sprache: die sprechen nur kor­rekt, wo es ihnen eine moralis­che gewin­n­mit­nahme ermöglicht und sie sich als “bess­er” gerieren kön­nen. in ihrem denken sind sie nicht moralis­ch­er als andere.

  65. Brett

    Schon der Name der Partei ist Problem
    Schon der Name der Partei “Die Pirat­en” trägt offenkundig eine schmerzhafte Ten­denz, eine männliche und bär­tige Bild­welt her­vorzu­rufen. Die ganze Über­liefer­ung des Pira­ten­tums ist ja männlich. Wie wird man diese Last los?!
    Eine Möglichkeit wäre, auf Anne Bon­ny zu rekur­ri­eren und daraus eine Art “Eichhörnchen”-Lösung zu machen — die Mitl­gieder heißen dann Bon­ny im Sin­gu­lar und die Bon­nys im Plur­al. “Ich bin ein Pirat” kann dann wahlweise so laut­en: “Ich bin eine Bon­ny” bzw. “Ich bin ein Bon­ny” oder “Ich bin bei den Bonnys.”

  66. E. Gulk

    Vorsät­zlich benachteiligt
    Wer nach Diskrim­ierung sucht, wird sie find­en. Vor allem, wenn er sich jet­zt aber mal wirk­lich so richtig diskrim­iert fühlen will. Dazu bedarf es natür­lich eines gewis­sen Vor­satzes. Steckt nicht in dem “er” des Wortes “wer” schon eine Diskrim­ierung? Wenn die Pirat­en dem­nächst als Bon­nies für eine Reform des Urhe­berin­nen- und Urhe­ber­rechts strit­ten, wie jemand von Ihnen,liebe Disku­tan­ten und ‑onkel vorgeschla­gen hat, kön­nten sie gle­ich mit Die Partei fusion­ieren. Dann bleibt’s im Bun­destag übersichtlicher.

  67. Simon

    Gener­isches Fem­i­ninum in der Praxis
    Mir ist bei den (sehr empfehlenswerten) Gesellschaftss­chie­len “Anno Domi­ni” (http://www.fatamorgana.ch/annodomini/default.asp) zum allerersten Mal das gener­ische Fem­i­ninum im All­t­ags­ge­brauch aufge­fall­en, also außer­halb eines gen­derthe­o­retis­chen Textes: Die Spielan­leitun­gen ver­wen­den durchgängig die weib­liche Form, wenn von den Spielerin­nen die Rede ist. Nach mein­er Erin­nerung gibt es einen Hin­weis zum Beginn des Textes, danach wird dann auss­chließlich von “Spielerin­nen” gesprochen.
    Inter­es­sant: Es wirkt unge­wohnt, ist aber keines­falls beson­ders gewöhnungsbedürftig.
    Ich fand es höchst erfreulich, diese Möglichkeit ein­mal ganz unver­hofft in der Prax­is zu sehen — noch dazu bei einem sehr unter­halt­samen, pop­ulären Spiel…

  68. NörglerIn

    @Brett
    Geniale Lösung!
    Ich fürchte nur, daß einige Bedenken­träger unter den Piratin­nen sich durch die Ähn­lichkeit zu “Bun­ny” irri­tiert fühlen könnten.

  69. Piratensubjekt (das)

    das Pirätchen
    Fast so schön wie das im Artikel genan­nte Eichhörnchen.

  70. Phaeake

    @Kris UNESCO-Empfehlung und Realität
    Kris schrieb: “Piratinnnen und Piraten­partei wäre selb­st nach der UNESCO-Richtlin­ie (…) nicht notwendig. Ich zitiere: ‘Im Deutschen gibt es zahlre­iche zusam­menge­set­zte oder abgeleit­ete Worter, die zwar eine masku­line Per­so­n­en­beze­ich­nung enthal­ten (Arbeit­er, Burger), aber selb­st keine Per­so­n­en- beze­ich­nung sind. (…) Hier beste­ht im all­ge­meinen keine Notwendigkeit zur Veranderung.
    Als Beispiele genan­nt wer­den Arbeit­er­be­we­gung, Stu­den­ten­werk, aus­län­der­feindliche Parolen.’ ”
    Ganz offen­sichtlich geht diese — in meinen Augen dur­chaus plau­si­ble — UNESCO-Empfehlung vie­len in Sachen Gen­derg­erechtigkeit nicht weit genug. Son­st wäre es wohl nicht zu erk­lären, dass “Studieren­den­vertre­tung” bei Google 1,2 Mil­lio­nen Tre­f­fer liefert.

  71. seth

    Danke und Nachhaken
    Gudn Tach!
    Wow! Vie­len Dank für diese gebün­delte Samm­lung von Herange­hensweisen des all­seits beliebten Prob­lems. Etwas Ver­gle­ich­bares habe ich so kom­pakt, dass es einem fast schwindelig wird, noch nir­gends gesehen. 🙂
    Per­sön­lich finde ich ja sowohl die Eich­hörnchen-Idee ganz nett als auch die etwas englisch anmu­tende “das Pirat” (wobei sich dann ver­mut­lich wieder Leute darüber beschw­eren, dass der Plur­al zumin­d­est vom Genus her “zu” fem­i­nin sei oder dass es ein ach so hässlich­er Anglizis­mus sei).
    Ich möchte diese Gele­gen­heit auch gle­ich nutzen, mich für die grandiosen Artikel im Bre­mer Sprach­blog von anno dazu­mal zu bedanken… und habe dazu eine leicht pro­vokante, aber ernst gemeinte Anschlussfrage:
    Wür­den Sie heute die Artikel, die Sie damals geschrieben haben, z.B. 2007 die berühmten Sinnesfreuden
    [http://www.iaas.uni-bremen.de/…innesfreuden‑i/], nun, seit­dem Sie offen­bar gener­ische Gen­era nicht mehr mögen, ja ihnen sog­ar die Exis­tenz absprechen, anders schreiben? Wür­den Sie For­mulierun­gen wie “Waren es wirk­lich Poli­tik­er oder Jour­nal­is­ten?” nun als “Waren es wirk­lich Politiker/innen oder Journalist/innen?” (oder ähn­lich) schreiben, obwohl/weil das Sexus der Leute eigentlich sowohl Ihnen als auch den Lesern völ­lig egal war?
    Gruss
    seth

  72. JensE

    So
    Ich halte diese Herange­hensweise für aus­ge­sprochen interessant:
    Die Pirat­en (w/m)
    ;o)

  73. hmm

    ..und wiedere­in­mal
    wie­der­mal sieht man, was Gen­deropfer alles bereden.
    Das Pirat.…das klingt wirk­lich gut.
    Mein Gott, ist das ein Opferverein.

  74. Hartmut Tuber

    Deutsch ist fae­hig, ein Sprachre­form in Bedeu­tungsver­schienun­gen in betr­e­f­fen­d­em Vok­ab­u­lar zu haben. Es gibt viele Beispiele im Laufe der Sprachgeschichte.
    Man muss halt den kor­rek­ten Sprachge­brauch bestaendig benutzen. Wie beim Englis­chen, das Wort ‘mute’, wo ‘deaf-mute’ und ‘deaf and dumb’ nicht mehr oder sel­tener gebraucht wer­den, weil taube Per­so­n­en staendig ‘deaf’ gebrauchen.
    In der Gebaer­den­sprache (GS) gibt es wed­er geschlechtsspez­i­fis­che Pronomen noch geschlechtsspez­i­fis­che Uebere­in­stim­mungsmor­pheme. Sie sind alle raeum­lich reg­uliert (rechts, links, ent­fer­nt, nahe, oben, unten, der erste, zweite, usw. an den Fin­gern, und andere Moeglichkeit­en). Taube Per­so­n­en schreiben manch­mal auf Deutsch Berufs­beze­ich­nun­gen, ‘er’ und pos­ses­siv ’sein’ fuer irgen­deine Per­son, dis­re­spek­tiv von Geschlecht. Gram­ma­tisch falsch, aber gesellschaft­spoli­tisch richtig!
    Also gener­ische Maskulinum scheint die bessere erfol­gsver­sprechen­dere Loe­sung zu sein, wenn notwendig mit Zusatz “(m/w)” oder aehnliches.
    Hartmut

  75. Hartmut Tuber

    Hier nin ich es wieder:
    “Pirat­en” bedeutet “Seer­auber”, also krim­inelle meannliche Gestalten.
    Die Piraten­partei ver­sucht deut­lich eine seman­tis­che Sprachre­form des Wortes her­beizu­fuehren. Sie umformt die Bedeu­tung zu “Rebell/Revolutionaer/Gesellschaftsreformer”. Warum koen­nen sich die Mit­glieder nicht auch eine Reform in gram­ma­tis­ch­er Geschlecht­szuweisung des Wortes in Sin­gu­lar und Plur­al fes­tle­gen und das iner­halb der Partei staendig benutzen? Die Mit­glieder koen­nen den gle­ichen Sprachge­brauch nach aussen benutzen und somit den Sprach­wan­del im geschlecht­sneu­tralen Gebrauch des Wortes “Pirat” und anderen wirk­lich sex­is­tis­chen Woert­er (“man” ist gar nicht sex­is­tisch) beschle­u­ni­gen. Das Wort an sich ist zumeis­tens unschuldig. Nur der Gebrauch und die Sprech­er sind schuldig des Sex­is­mus, Aud­is­mus ud anderen diskri­m­inieren­den Ismen.

  76. Karl Bednarik

    Lösung
    Die Lösung des Prob­lems ist:
    Das genaue Gegen­stück zum Begriff
    “Piratin­nen” ist natür­lich der Begriff
    “Pirataussen”.

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