Kürzlich kam jemand mit der Suchanfrage es läppert sich ethymologisch hierher. Zu ethymologisch hab ich schon mal was geschrieben, zum Läppern aber nicht. Wie zur Herkunft vieler anderer Wörter oder Phrasen auch nicht. Daher gibt’s heute ein bißchen Hilfe zur Selbsthilfe.
Will man die Bedeutungs- und Lautgeschichte eines Wortes erkunden, dann hilft ein Blick in ein sogenanntes “Etymologisches Wörterbuch”. Für das Deutsche gibt es da mehrere, zum Beispiel den Kluge, den Pfeifer und das Duden-Herkunftswörterbuch (genaue Angaben s.u.). Ich habe früher meist den Kluge benutzt, finde aber Pfeifer mittlerweile besser, weil er mehr Wortbildungen verzeichnet. Und die gute Nachricht: Die Einträge aus dem Pfeifer gibt es auch online, und zwar auf der DWDS-Seite.
Einfach in das Suchfeld das fragliche Wort (hier: läppern) eingeben. Die Suche erfolgt in allen Komponenten des DWDS (das sind u.a. Korpora und ein “normales” Wörterbuch) und die Ergebnisse werden in kleinen Kästen präsentiert. Der Etymologie-Kasten befindet sich oben rechts, hier orange hinterlegt:
Da zeigt sich dann, dass es läppert sich (bzw. es läppert sich zusammen) die Bedeutung ‘in kleinen Mengen zusammenkommen’ hat. Sie lässt sich mit der Geschichte des Verbs läppern recht gut nachvollziehen:
Zunächst gab es das mittelniederdeutsche Wört lāpen ‘lecken, schlürfen’, das übrigens verwandt mit Löffel ist und irgendwann ins Hochdeutsche entlehnt wurde. Davon leitete man mit dem Suffix -ern eine sogenannte “Iterativbildung” ab. Das ist eine Form, die anzeigt, dass die Handlung immer wieder vollzogen wird (lat. iterāre ‘wiederholen’). Die neue Bedeutung dieser Ableitung, ‘in kleinen Zügen trinken, schlürfen’ (ab dem 16. Jahrhundert), passt da ganz gut, braucht man zu so einem Trinkvorgang doch sicher mehrere kleine Züge. Schließlich entstand dazu die reflexive Form sich läppern ‘sich aus kleinen Mengen anhäufen’.
Der Kluge, den’s nicht online gibt, setzt als frühste Bedeutung von läppern ‘schlürfen, verschütten’ an. Knappere Etymologiehinweise liefert übrigens gelegentlich auch die Onlineversion des Dudens unter der Überschrift “Herkunft”, für (zusammen)läppern gibt es da allerdings nichts. Schließlich ist das Deutsche Wörterbuch der Grimms erwähnenswert, das allerdings schon älteren Datums und deshalb nicht immer ganz zuverlässig ist. Man findet aber tolle Belege darin, wenn man sich einmal mit der chaotischen Eintragssstruktur vertraut gemacht hat (kursiv sind die Bedeutungsangaben, recte die Beispiele, in Kapitälchen die Quellen) – hier geht’s direkt zu läppern, mit Verweis auf existierende Ableitungen wie verläppern, abläppern, zuläppern, und zusammenläppern.
Für englische Etymologien kann ich Etymonline empfehlen. Wer Zugriff auf das OED hat, findet da natürlich noch mehr.
Druckausgaben etymologischer Wörterbücher haben sich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis übrigens als hervorragende Partyunterhaltung bewährt – aber das ist wie mit YouTube-Videos: Man sollte es nicht übertreiben …
Quellen:
- Grimm, Jacob und Wilhelm (1854–1960): Deutsches Wörterbuch. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig.
- Harper, Douglas (2001–2010): Online Etymology Dictionary.
- Oxford University Press: OED Online.
- Pfeifer, Wolfgang (1993): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Aufl. 2 Bde. Berlin.
- Seebold, Elmar (2002): Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Aufl. Berlin.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich den Pfeifer gar nicht kannte. Jetzt steht er auf’m Wunschzettel. 🙂
…, wobei ‘läppern’ mit ‘läppisch’ wahrscheinlich nicht verwandt ist. ‘läppisch’ soll mit Narr = lap (z. B. ‘Jammerlappen’) zusammenhängen, meint jedenfalls der vorstehend zitierte online-Pfeifer. Gerade das Aufdecken von falschen Wortverwandtschaften macht für mich die Geschichte der Wörter so interessant.
Herr Pfeifer, mittlerweile über 80, arbeitet immer noch an diesem Wörterbuch. Er schickt uns seine “Updates” immer auf Papier und per Post, hat sich aber auch mit der online-Ausgabe angefreundet. Diese unterscheidet sich also jetzt leicht von der 2. Auflage (Akademie-Verlag), auf der sie basiert. Wir sind auch froh, dieses Werk anbieten zu können, weil es m.E. für ein etymologisches Wörterbuch gut lesbar ist.
Übrigens gibt es das Wort im Niederdeutschen immer noch, zum Beispiel in der Kombination “rein utläbbern” (bei Tisch den Inhalt einer Schüssel oder eines Tellers komplett aufessen, “sauber ausschlürfen” bzw. “ausschlabbern”).