Sherlock Holmes und die Mormonen von Virginia

Von Anatol Stefanowitsch

Seit eini­gen Tagen braut in den englis­chsprachi­gen Medi­en ein Sturm der Entrüs­tung über den jüng­sten Fall von amerikanis­ch­er Zen­sur­wut. Erwis­cht hat es dies­mal Arthur Conan Doyles A Study in Scar­let („Eine Studie in Schar­lachrot“), das in einem kleinen Schuld­is­trikt in Vir­ginia für Unruhe sorgt. Grund dafür ist die unvorteil­hafte Darstel­lung der mor­monis­chen Kul­tur und Reli­gion darin. Deshalb, so ent­nimmt man den Mel­dun­gen, sei das Buch jet­zt „ver­boten“ wor­den — ein paar Über­schriften zur Illus­tra­tion: Sher­lock Holmes book banned in Albe­mar­le Coun­ty, Vir­ginia (Los Ange­les Times), School board yanks Sher­lock Holmes book because it trash­es Mor­mons (Stan­dard Exam­in­er), und sog­ar Book Ban­ning is Alive and Well in Vir­ginia (Forbes).

Heute erre­ichen die ersten Vor­läufer dieses Sturms auch die deutschen Medi­en. Das Deutsch­landra­dio Kul­tur titelte heute früh noch neu­tral „Erster Sher­lock Holmes-Band in Vir­ginia von Lit­er­aturliste genom­men — ange­blich mor­mo­nen-feindlich“, spricht dann aber davon, dass das Buch „an Schulen im US-Bun­desstaat Vir­ginia nicht mehr erwün­scht“ sei. Eine Pressemel­dung der DPA, die in diesen Stun­den ihren Siegeszug durch die Online-Medi­en antritt, trägt die etwas aufgeregtere Schlagzeile „Schul­be­hörde ver­ban­nt Sher­lock Holmes vom Lehrplan“ und por­traitiert das Ganze als qua­si-bilder­stürmerischen Akt:

Weltweit mögen die Krim­i­nalgeschicht­en von Arthur Conan Doyle zu den Schätzen der Lit­er­aturgeschichte gehören, nicht aber in einem Land­kreis im US-Bun­desstaat Virginia.

Die Schul­be­hörde dort hat den Roman „Eine Studie in Schar­lachrot“, der erste Auftritt von Meis­ter­de­tek­tiv Sher­lock Holmes, aus dem Lehrplan genom­men — weil sich Eltern wegen ein­er ange­blichen Belei­di­gung des mor­monis­chen Glaubens beschw­ert hatten […]

In der Geschichte von 1887, die der spätere Sir Arthur im Alter von 28 Jahren veröf­fentlichte, geht es in ein­er Pas­sage um eine erzwun­gene Heirat im Mormonen-Milieu.

Das emp­fan­den die Eltern eines Kindes als her­ab­würdi­gend und ein Auss­chuss der Schul­be­hörde gab ihnen recht.

Wer auch immer die Presseerk­lärung ver­fasst hat, dürfte den Roman, der doch zu den „Schätzen der Lit­er­aturgeschichte“ gehört, selb­st nicht ken­nen, aber dazu gle­ich mehr.

Zunächst weit­er im Text:

Die Entschei­dung erg­ing in Char­lottesville, der Geburtsstadt des Ver­fassers der Unab­hängigkeit­serk­lärung und späteren Präsi­den­ten Thomas Jefferson.

Vor einein­halb Jahren hat­ten nach einem Bericht des örtlichen «Star Expo­nent» Schulen im nahen Culpeper ein anderes Buch wegen «Schilderung sex­ueller Inhalte» vom Lehrplan ver­ban­nt. Es war die ungekürzte Ver­sion des „Tage­buchs der Anne Frank“, in dem das jüdis­che Mäd­chen in ihrem Ver­steck vor den Nazis auch Pubertäts­gedanken niedergeschrieben hatte. 

Die Unab­hängigkeit­serk­lärung und das „Tage­buch der Anne Frank“ tun ja eigentlich nichts zur Sache, sie kön­nen im Rah­men der Presseerk­lärung also nur dazu dienen, den kul­turkämpferischen Aspekt des Vor­falls noch stärk­er in den Vorder­grund zu stellen — diese prü­den amerikanis­chen Banau­sen, nehmen erst Anne Frank wegen ein paar Pubertäts­gedanken vom Lehrplan, und jet­zt auch noch Sher­lock Holmes wegen ein­er mor­monis­chen Zwang­sheirat. Wenn dass Thomas Jef­fer­son wüsste, soll seine Erwäh­nung sig­nal­isieren, er würde sich im Grabe umdrehen.

Es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis aufgeregte Zeitungs- und Blog­beiträge mit Schlag­worten wie „Polit­i­cal Cor­rect­ness“, „Denkver­bot“, „Bücherver­bren­nung“ und ähn­lichem um sich wer­fen. Als Gegengewicht hier deshalb frühzeit­ig eine Antwort auf die Frage, die sich der Ver­fass­er der DPA-Mel­dung und die meis­ten der englis­chsprachi­gen Journalist/innen nicht gestellt haben: Was ist eigentlich wirk­lich passiert?

Die Geschichte begin­nt mit der Ini­tia­tive der Schul­mut­ter Brette Stephen­son. An der Schule, auf die ihr Kind geht, stand das Buch auf ein­er Liste mit Pflichtlek­türe für die sech­ste Klasse. Als ihr eigenes Kind das Buch pflicht­gemäß las, nahm sie das offen­bar zum Anlass, auch selb­st noch ein­mal hineinzuschauen. Daraufhin stellte sie im Mai 2011 beim zuständi­gen School Board einen „Antrag auf Neube­w­er­tung von Lehr­ma­te­ri­alien“ (Citizen’s Request for Recon­sid­er­a­tion of Learn­ing Resources) stellte. Dass ein solch­er Antrag nichts außergewöhn­lich­es ist, zeigt übri­gens die Tat­sache, dass sie dazu ein vom School Board speziell zu diesem Zweck her­aus­gegebenes For­mu­lar verwendete.

In ihrem Antrag stellte Stephen­son fest, dass A Study in Scar­lett „his­torische Per­sön­lichkeit­en mor­monis­chen Glaubens“ als Men­schen por­traitiere, die „zu Zwangskon­ver­sio­nen, Ent­führun­gen, Ver­fol­gun­gen, krim­inellen und mörderischen Hand­lun­gen ermuti­gen oder diese selb­st durch­führen“ und dies als für die mor­monis­che Kul­tur und Reli­gion typ­isch darstelle. Sie befürchte, dass dies zu „neg­a­tiv­en und falschen Beurteilun­gen von und Vorurteilen gegen Mit­glieder des mor­monis­chen Glaubens unter den Mitschülern und anderen Grup­pen“ führen kön­nte und schlägt vor, stattdessen den Roman The Hound of the Baskervilles auf die Lek­türeliste zu setzen.

Wer das Buch ken­nt, wird Stephen­son zus­tim­men: Die darin enthal­tene Darstel­lung von Mor­mo­nen, darunter tat­säch­liche his­torische Per­sön­lichkeit­en wie Brigham Young, ist extrem neg­a­tiv. Anders als die DPA-Pressemel­dung in klar­er Unken­nt­nis des Romans behauptet, beschränkt sich diese Darstel­lung auch nicht auf eine „Pas­sage um eine erzwun­gene Heirat im Mor­mo­nen-Milieu“, son­dern sie bildet das zen­trale Motiv der gesamten zweit­en Hälfte des Romans — die erzwun­gene Heirat ist dort nur eine von vie­len mor­monis­chen Schand­tat­en. Ohne Frage ist der Roman dazu geeignet, neg­a­tive Vorurteile über Mor­mo­nen her­vorzu­rufen oder zu verstärken.

Nun ist Conan Doyles neg­a­tive Darstel­lung aus mein­er Sicht zwar weit­ge­hend gerecht­fer­tigt — zumin­d­est (aber nicht auss­chließlich) in Bezug auf die Zeit­pe­ri­ode, zu der A Study in Scar­let spielt. Der eben erwäh­nte Brigham Young war zum Beispiel für die Insti­tu­tion­al­isierung der Polyg­a­mie in der mor­monis­chen Kirche eben­so ver­ant­wortlich, wie für den Auss­chluss von Schwarzen vom Priester­amt und vie­len Rit­ualen. Erstere wurde zwar schon 1890 offiziell wieder abgeschafft, wird aber in fun­da­men­tal­is­tis­chen Strö­mungen bis heute prak­tiziert, let­zter­er wurde erst 1978 aufgehoben.

Aber die Frage ist natür­lich, ob eine Diskus­sion des Mor­mo­nen­tums im All­ge­meinen und sein­er unschö­nen Geschichte im Beson­deren in den Lehrplan ein­er staatlichen Schule gehört, und wenn ja, wann und wo diese Diskus­sion angemessen wäre. In Deutsch­land wäre möglicher­weise der Reli­gions- und/oder Ethinkun­ter­richt ein angemessen­er Ort, vor allem, wenn die Diskus­sion sich nicht auf das Mor­mo­nen­tum beschränken son­dern die mehr und weniger schö­nen Aspek­te der Geschichte aller Reli­gio­nen ver­gle­ichend disku­tieren würde (as if…). In den USA gibt es aber, anders als in Deutsch­land, eine ver­fas­sungsmäßig garantierte Tren­nung von Staat und Kirche, und demzu­folge gibt es an staatlichen Schulen auch keinen Religionsunterricht.

Das School Board set­zte sich dann im Juni 2011 mit Stephen­sons Antrag auseinan­der und kam zu dem Schluss, dass der Roman A Study in Scar­lett in der Tat neg­a­tive Darstel­lun­gen his­torisch­er Per­sön­lichkeit­en des Mor­mo­nen­tums enthält, die zur Bil­dung von Vorurteilen beitra­gen kön­nen. Das School Board kam außer­dem zu der Ein­schätzung, dass ein angemessenes Ver­ständ­nis dieser Darstel­lung von Sech­stk­lässlern nicht erwartet wer­den könne und dass das Buch deshalb erst ab der zehn­ten Klasse zur Lek­türe emp­fohlen wer­den solle.

Das School Board entsch­ied deshalb, das Buch von der Lek­türeliste der sech­sten Klasse zu stre­ichen und durch The Hound of the Baskervilles („Der Hund der Baskervilles“) zu erset­zen, es aber in den Schul­bib­lio­theken der Albe­mar­le Coun­ty Pub­lic Schools zu belassen, da es trotz allem „seine Zeit und seinen Ort im Lit­er­atu­run­ter­richt“ habe.

Die Anti-PC-Hys­terie ist weit fort­geschrit­ten, wenn man das ern­sthaft als „Ver­bot“ des Buch­es, oder auch nur als „Ver­ban­nung vom Lehrplan“ bezeichnet.

 

[Nach­trag. Und die aufgeregten Schlagzeilen haben nicht lange auf sich warten lassen:

Dabei gin­ge es doch ganz ruhig und faktisch:

(wobei es noch schön­er gewe­sen wäre, das irreführende Wort Schul­be­hörde zu ver­mei­den — School Boards sind eher so etwas wie Schul­vorstände, sie tre­f­fen zwar Entschei­dun­gen über Lehrpläne, aber nur für einzelne Schulen oder Schuld­is­trik­te — und klarzu­machen, dass es um eine Lek­türeliste — nicht den Lehrplan — für eine sech­ste Klasse geht).]

Fol­gen Sie dem Sprachlog:

ALBEMARLE COUNTY SCHOOL BOARD (2011) Rec­om­men­da­tion of Recon­sid­er­a­tion for the book “A Study in Scar­let” by Sir Arthur Conan Doyle. [Link]

CONAN DOYLE, ARTHUR (1887) A Study in Scar­lett. [Project Guten­berg]

DEUTSCHLANDRADIO KULTUR (2011) Erster Sher­lock Holmes-Band in Vir­ginia von Lit­er­aturliste genom­men. Kul­tur­nachricht­en vom 17. August 2011 [Link]

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

35 Gedanken zu „Sherlock Holmes und die Mormonen von Virginia

  1. Gwaelan

    Inves­tiga­tiv?
    Eieiei,
    Wo haben Sie denn Ihre Infor­ma­tio­nen her? Mussten Sie Ihre Kol­le­gen in Ameri­ka inständig bit­ten, doch mal bitte nach Vir­ginia zu fahren, um dort unter großen Anstren­gun­gen die Ver­ant­wortlichen zu einem kurzen State­ment zu bewe­gen? Akten zu wälzen und mit beträchtlichen Schmiergeldzahlun­gen an die zen­tralen Doku­mente zu gelan­gen? Dann kann ich es ver­ste­hen, weshalb solche Agen­turmel­dun­gen aus Hören­sagen zusam­mengestück­elt wer­den und außer­dem auch ungeprüft über­nom­men werden.
    In jedem anderen Fall (z.B. wenn man viele Fra­gen durch Lesen der von Ihnen ver­link­ten Seite des School Boards beant­worten kon­nte) ver­ste­he ich die Genese dieser Nachricht­en nicht.
    Grüße an den neuen Sher­lock Holmes von Hamburg.

  2. Mueller

    Wenn ich mich nicht täusche, beze­ich­net die For­mulierung “Büch­er von …” im heuti­gen Deutsch den Autor / die Autorin. Dem­nach wusste der Abend­blatt-Redak­teur auch nicht so recht, wer diese Detek­tivgeschicht­en geschrieben hat­te — und hielt es auch nicht für nötig, ein biss­chen zu recher­chieren, wozu auch, ist doch Mate­r­i­al von dpa (die kan­nten wenig­stens den Unter­schied zwis­chen Fig­ur und Autor.
    Kommt vor, so was. Franken­stein ist ja auch mit seinem Mon­ster im kollek­tiv­en Gedächt­nis irgend­wie verschmolzen.

  3. Anatol Stefanowitsch

    @Thomas
    In dem von Ihnen ver­link­ten Video geht es nicht um Büch­er, die aus Bib­lio­theken ver­schwinden sollen, son­dern um einen Autor, der sich darüber beschw­ert, dass Eltern an ein­er einzi­gen High School sein Buch nicht für geeignetes Unter­richts­ma­te­r­i­al hal­ten, weil es eine Sex-Szene enthält. Nie­mand hat dort gefordert, dass es aus irgen­dein­er Bib­lio­thek ent­fer­nt wer­den soll).
    Ich kenne das Buch nicht aber ich nehme an, dass diese Eltern über­reagieren und dass die Schule gute Gründe hat­te, das Buch für den Unter­richt zu verwenden.
    Ander­er­seits hat der betr­e­f­fende Autor kein Recht darauf, dass aus­gerech­net sein Buch (und nicht eins der fast 300 000 anderen Büch­er, die jedes Jahr in den USA pub­liziert wer­den), für den Unter­richt ver­wen­det wird. Und es hätte keine Zen­sur dargestellt, wenn es nicht ver­wen­det wor­den wäre, genau­sowenig, wie es eine Zen­sur der übri­gen 299 999 Büch­er darstellt, dass diese nicht ver­wen­det werden.

  4. kreetrapper

    Banned and Chal­lenged Books
    Das Ent­fer­nen von uner­wün­scht­en Büch­ern ist allerd­ings in amerikanis­chen Schulen und Lei­h­büchereien dur­chaus üblich. Siehe z.B. http://www.ala.org/…uesadvocacy/banned/index.cfm
    Insofern kann ich zumin­d­est ver­ste­hen, daß man beim ersten Hin­schauen auf die Mel­dung denkt “Ja, klingt plau­si­bel”. Den­noch sollte der viel­gelobte Qual­ität­sjour­nal­is­mus natür­lich in der Lage sein, die paar Minuten in die Über­prü­fung ein­er solchen Mel­dung zu steck­en, bevor das Geschrei los geht.

  5. S. Kühling

    In Deutsch­land ist das doch auch nicht entschei­dend anders, nur dass die Buchempfehlun­gen für die Jahrgangsstufen hin­ter geschlosseneren Kulis­sen getrof­fen wer­den als in den USA.
    Auch in Deutsch­land darf nicht jedes Buch in eine Bib­lio­thek. Indizierte Büch­er gehören da nicht rein.
    Und der Besitzer manch­er Büch­er ist sog­ar straf­bar und kann mit einem Gefäng­nisaufen­thalt bestraft werden.

  6. Dierk

    Ver­botene Bücher
    Herr Küh­ling, der [pri­vate] Besitz welch­er Büch­er führt in Deutsch­land zu Haftstrafen?
    Wo wir dabei sind, es ist ein Irrtum, dass indizierte Medi­en nicht in eine Bib­lio­thek dür­fen, sie dür­fen dort nur nicht Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht oder bewor­ben werden.
    Anson­sten hat­te ich den — offen­bar irri­gen — Ein­druck, dass es in Her­rn Ste­fanow­itschs Artikel eben nicht um Ver­bote, bans oder so ging, son­dern um die mis­er­able Recher­chier­ar­beit von Jour­nal­is­ten, die lieber die bösen, bösen USA — bzw. deren ach so big­ot­ten Schulkindel­tern — anprangern woll­ten, als eine ziem­lich öde Geschichte zweier kleiner­er Lehrplanän­derun­gen zu erzählen.

  7. S. Kühling

    Der Besitz kinder­pornographis­ch­er Büch­er wird mit bis zu zwei Jahre Haft bestraft. Dazu reichen bere­its Illus­tra­tio­nen, Comics (Man­gas) oder eine wirk­lichkeit­sna­he schriftliche Beschrei­bung aus. Wenn Staat­san­wälte die Vorschriften dazu richtig ernst nehmen wür­den, wären da einige Büch­er betrof­fen, die antikes/mittelalterliches Ver­hal­ten real­is­tisch schildern.

  8. Sonja

    Abschwei­fung vom The­ma — sorry!
    Ihrem Artikel stimme ich grund­sät­zlich zu, aber eine Kleinigkeit stört mich ein biss­chen: auch an ein­er staatlichen Schule sollte über Reli­gion gesprochen wer­den; es wird nicht “Reli­gion unter­richtet” wie in unserem Reli­gion­sun­ter­richt, der von ein­er Kon­fes­sion aus­ge­ht, aber eine kri­tis­che Auseinan­der­set­zung grade im his­torischen Zusam­men­hang sollte drin sein.
    Soweit ich weiß passiert das im Geschicht­sun­ter­richt, aber auch im Englis­chunter­richt. (Ich erin­nere mich im Deutschunter­richt “Das Amulett” von Con­rad Fer­di­nand Mey­er gele­sen zu haben, und natür­lich ging es da auch um Reli­gion, und die Katho­liken kom­men nicht gut weg.)
    Es stört mich, wenn auf­grund ein­er Beschw­erde aus Glaubens­grün­den Büch­er vom Lehrplan genom­men wer­den, auch wenn es m.E. in Doyles Fall kein allzu­großer Ver­lust ist.

  9. Ron Ronsen

    SPON
    …ist nicht mehr les­bar. Trau­rig, aber wahr. Bogen drum.
    @Anatol: Schön­er Artikel!

  10. Karen

    Danke für die unaufgeregte Klarstellung
    P.S. Ler­nen die Schüler im “Ethinkun­ter­richt”, elek­tro­n­isch ver­bre­it­ete Mel­dun­gen (E-) kog­ni­tiv vernün­ftig zu ver­ar­beit­en, statt sie ein­fach ohne “think” weit­er zu ver­bre­it­en? Und wenn ja, gibt es da auch Kurse für Jour­nal­is­ten? Schön wär’s 😉

  11. Dierk

    @S. Küh­ling
    Stimmt, an KiPo hat­te ich jet­zt nicht gedacht, da ist der Hin­ter­grund ursprünglich aber auch ein ander­er. Die aktuelle Ausle­gung des Ver­bots, die sich auch auf Geze­ich­netes und reine Wörter erstreckt, ist sehr jung und problematisch.

  12. David

    Nach­trag
    “sehr jung” ist allerd­ings richtig, das Gesetz wurde im Novem­ber 2008 geän­dert. U.a. wurde damals auch der Jugen­pornogra­phiepara­graph eingeführt.

  13. Thore Rehbach

    Recherchedauer
    Sehr schöne Zusam­men­fas­sung, klingt doch gle­ich viel unaufgeregter als das, was der sog. “Qual­ität­sjour­nal­is­mus” uns erzählen möchte.
    Mich würde nun noch inter­essieren, wie lange die Recherche dazu gedauert hat.
    Viele Grüße
    Thore

  14. Albert P.

    Geschichts‑, nicht Religionsunterrich
    @Sonja:
    Ich würde zus­tim­men und eben­falls einen Unter­schied zwis­chen Geschicht­sun­ter­richt und Reli­gion­sun­ter­richt machen.
    Der Reli­gion­sun­ter­richt ver­mit­telt zwar zum Teil auch reli­gion­s­geschichtlich­es Wis­sen, dient aber, da kon­fes­sion­s­ge­bun­den, eben zur Unter­weisung und Einübung ein­er (konkreten) Religion.
    Bei Reli­gion­s­geschichte dage­gen als Bestandteil von Geschichts- oder Reli­gion­sun­ter­richt hinge­gen zielt nicht auf die sozusagen affir­ma­tive Auseinan­der­set­zung damit, son­dern eben (im Ide­al­fall) auf einen “kri­tis­chen” Umgang. (“Kri­tik” im ganz all­ge­meinen Sinne von „Kun­st der Beurteilung, des Auseinan­der­hal­tens von Fak­ten, der Infragestellung“.)
    Anders: Reli­gion­sun­ter­richt zielt auf die Ver­mit­tlung und Bestärkung des Glaubens, Reli­gion­s­geschichte auf die Ver­mit­tlung von Fak­ten und Wissen.
    Insofern taugt meines Eracht­ens der Hin­weis auf die Tren­nung von Staat und Reli­gion nicht als Argu­ment für den Auss­chluss von (religions-)geschichtlichen Inhalten.
    Den Mor­mo­men gefällt die (wie Ana­tol Ste­fanow­itsch dargestellt hat) auf his­torischen Tat­sachen beruhende neg­a­tive Darstel­lung ihrer Vorväter nicht? Nehmen wir das Buch ein­fach aus dem Unterricht?
    Der katholis­chen Kirche gefällt die Darstel­lung ihrer his­torischen Rolle bei der Beteili­gung an den Kreuz­zü­gen nicht? Raus damit aus dem Unterricht!
    Wir glauben nicht an die Evo­lu­tion­s­the­o­rie? Weg damit, schließlich kön­nten die Beschäf­ti­gung im Unter­richt damit geeignet sein, die Anhänger des Cre­ativ Designs verächtlich zu machen.
    Was das alles mit Reli­gion­sun­ter­richt bzw. dem Ver­bot von Reli­gion­sun­ter­richt an staatlichen Schulen (bezo­gen auf die USA) zu tun haben soll, bleibt mir schleierhaft.
    Sor­ry, auf mich wirkt das nur wie ein Hebel, den man in den USA geschickt zu nutzen weiß, um aus Glaubens­grün­den missliebige Inhalte “wegzuzen­sieren”!

  15. Claus

    Welche Hys­terie?
    Sie haben mit Ihrer Mei­n­ung im vor­liegen­den Fall vol­lkom­men recht.
    Angesichts zahlre­ich­er Fälle, in denen in den USA tat­säch­lich Büch­er vom Lehrplan ver­ban­nt wur­den — inklu­sive Twains Huck­el­ber­ry Finn wegen der Benutzung des Worts “Nig­ger” — wäre der Sachver­halt nicht völ­lig abwegig.
    Und noch viel grundsätzlicher:
    Amerikanis­che Organ­i­sa­tio­nen fordern in Zusam­me­nar­beit mit Behör­den sog­ar Ver­bote von rauchen­den Men­schen in Fil­men(http://www.welt.de/…ert-Rauchverbot-im-Film.html)
    Ähn­lich­es schon aus der Türkei herüber.
    Fernsehsender in Deutsch­land disku­tieren darüber, ob man noch im Fernse­hen Scheiße sagen darf — oder blenden sog­ar jet­zt schon Pieps ein (und blenden aus, dass die Inhalte ihrer Cast­ing- und Talk­shows men­schen­ver­ach­t­end sind)
    Sprach­be­flis­sene PC-Fanatik­er erfind­en Spra­chungetüme wie “Migra­tionsh­in­ter­grund” und ver­hin­derten lange so kon­se­quent offene Diskus­sio­nen über Inte­gra­tionsprob­leme in Deutsch­land, dass sich nur noch Hal­b­ver­rück­te wie Sar­razin öffentlich Gegen­po­si­tion beziehen.
    Hier das Wort Hys­terie zu benutzen, ver­dreht die Tat­sachen ins Gegen­teil. Viele­mehr gibt es langsam öffentlich erste ern­stzunehmende Mei­n­ungsäußerun­gen gegen PC-Gläu­bige, die nahezu hys­ter­isch seit Jahren ver­suchen, frei­heitliche Gesellschaften mit Denk- und Hand­lungsver­boten zu gängeln.

  16. Anatol Stefanowitsch

    Recherchedauer
    @Thore Rehbach: „A Study in Scar­let“ auf Project Guten­berg find­en: 30 Sekun­den. Quer­lesen, um das Aus­maß des Anti­mor­monis­chen festzustellen: 5 Minuten (allerd­ings habe ich das Buch in mein­er Jugend schon ein­mal gele­sen und musste nur mein Gedächt­nis auf­frischen — jemand, der es nicht ken­nt, hätte möglicher­weise 15 Minuten gebraucht). Die Akten des School Board zu dem Fall ergoogeln: 30 Sekun­den. Sie aus­führlichst studieren: 15 Minuten (kön­nte mit etwas schlechteren Englis­chken­nt­nis­sen auch 30 Minuten dauern). Ein paar der englis­chsprachi­gen Medi­en­berichte quer­lesen und mit dem Kopf schüt­teln: vielle­icht 10 Minuten. Gesamt­dauer der Recherche: 30 Minuten im besten, 55 Minuten im schlimm­sten Fall. Ganz neben­bei und ohne Extraaufwand habe ich fol­gende Dinge her­aus­ge­fun­den, die ich noch hätte nutzen kön­nen, wenn ich als Qual­ität­sjour­nal­ist an die Sache herange­gan­gen wäre: 1. Die Tele­fon­num­mern und E‑Mail-Adressen der Entschei­dungsträger in der Schule und dem School Board, 2. Die Tele­fon­num­mer der Mut­ter, die die Beschw­erde ein­gere­icht hat; 3. Berichte über den Fall in Medi­en der Mor­mo­nen, inklu­sive Namen und Kon­tak­t­dat­en der Autoren.

  17. Martin Holzherr

    @A.S. 30 Minuten für Null-Nachricht
    Der Aufwand, den Hin­ter­grund der “Medien­zen­sur” in den USA aufzuk­lären beträgt also 30 Min­un­ten. Damit hat sich Ana­tol Ste­fanow­itsch vielle­icht in den Olymp der Qual­ität­stjour­nal­is­ten hochgear­beit­et, jedoch zugle­ich eine nicht ver­w­ert­bare Nachricht her­aus­gear­beit­et. Es gibt also keinen Lohn für die gute Arbeit.

  18. thore Rehbach

    Qual­ität­sjour­nal­is­mus
    @Martin Holzherr: Im Gegen­zug hätte es für unsere Medi­en­vertreter qua­si 15 Minuten gedauert (studieren der Akten) um her­auszufind­en, das die Nachricht so gese­hen keine ist, bzw. keine, die über die Gren­zen des Hand­lung­sortes Rel­e­vanz haben würde.
    Im vor­liegen­den Kon­text finde ich wiederum den Aufwand von AS gerecht­fer­tig, ging es doch in dem Beitrag weniger um die Nachricht an sich, son­dern vielmehr um die “Medi­en­schelte”, etwas aufzubauschen, Stim­mung zu machen und das vor dem Hin­ter­grund dieser Lokalnachricht.

  19. Paul

    Ich atme auf
    Nach diesem flam­menden Plä­doy­er, unlieb­same Büch­er nicht ver­schwinden zu lassen, ver­ste­he ich endlich, dass ihr Beitrag neulich, in dem sie emp­fohlen haben, Pip­pi Langstrumpf wegen erwiesen­er poli­tis­ch­er Inko­r­rek­theit am besten dem Vergessen anheim fall­en zu lassen, glück­licher­weise nur ein Scherz war.

  20. Anatol Stefanowitsch

    Äh?
    @Claus: Ich nehme nicht an, dass ich hier zufäl­lig auf den einzi­gen Fall gestoßen bin, in dem ein Bericht von Zen­sur und Bücherver­boten sich als völ­lig über­trieben dargestellt hat. Vielmehr nehme ich an, dass viele dieser Berichte auf ein­er ähn­lich dün­nen Grund­lage beruhen. Auch wenn es um die USA geht, soll­ten wir nicht alles glauben, was uns Anti-PC-hys­ter­ische Medi­en von dort bericht­en (und mit „hys­ter­isch“ meine ich nicht die dpa-Mel­dung — die war nur falsch und etwas alarmistisch — son­dern die am Ende des Beitrags zitierten Schlagzeilen, die ich beim Schreiben schon vorherge­se­hen hatte).
    @Martin Holzherr: Wie Thore Rehbach schon sagt. Außer­dem muss es doch zu den Auf­gaben von Journalist/innen auch gehören, Null­nachricht­en als solche zu iden­ti­fizieren. Der Zeitaufwand hat sich doch schon dann gelohnt, wenn er dazu führt, dass eine irreführende Pressemel­dung nicht an die Leser/innen weit­ergegeben wird. Davon abge­se­hen kann man sich ja auch als Qual­itätsmedi­um darauf ver­lassen, dass andere Qual­itätsme­di­en die Mel­dun­gen ungeprüft übernehmen. Wenn man selb­st aber immer die tat­säch­liche Geschichte dahin­ter mitliefert, gewin­nt man an Autorität und ver­größert sein Pub­likum und seine Werbeeinnahmen.
    @Paul:

    Nach diesem flam­menden Plä­doy­er, unlieb­same Büch­er nicht ver­schwinden zu lassen…

    Äh, flam­mendes Plä­doy­er? In diesem Beitrag geht es darum, dass eine Änderung der Lek­türeliste ein­er sech­sten Klasse kein „Bücherver­bot“ darstellt. Es ist besten­falls ein Plä­doy­er für mehr Qual­ität­sjour­nal­is­mus und weniger Anti-PC-Hysterie.

  21. P

    @S. Küh­ling @David @Dierk
    Ich glaube, Sie miss­in­ter­pretieren das Gesetz. Das Wort “wirk­lichkeit­snah”, was im Geset­zes­text benutzt wird, beze­ich­net nicht etwa alle fik­tiv­en Darstel­lun­gen, son­dern bezieht sich auf Darstel­lun­gen, die von einem Laien für echte Miss­brauchsszenen gehal­ten wer­den kön­nten, z.B. Fotomon­ta­gen. (Das Wort “Schriften” wird im Sinne von “Medi­en” gebraucht.) Es wurde im Geset­zge­bung­sprozess zwar disku­tiert, auch Fik­tiv­pornografie zu ver­bi­eten, man hat sich aber dage­gen entschieden.

  22. David

    @P
    Ah, danke, das ist interessant.
    Aber haben Sie irgend­wo Belege dafür? Die Inter­pre­ta­tio­nen, die ich bish­er gele­sen habe, unter­stell­ten — meine ich — durch­weg, daß auch klar als Fik­tion Erkennbares betrof­fen sein könne. Möglicher­weise ist das dann auch tat­säch­lich wieder Auslegungssache?

  23. Claus

    Aus­nahme — Regel
    @AS
    ein wider­legtes Beispiel als Argu­men­ta­tion­s­grund­lage für ver­meintlich viele viele andere falsche Beispiele finde ich ehrlich gesagt nicht ganz überzeugend.
    Wenn es mich nur 1,5 Minuten hat es mich gekostet, dieses Beispiel zu ergoogeln, haben wir dann Gle­ich­stand an Beweisen?
    http://diepresse.com/…inder­buch­Er­scheinen-in-USA
    Und, nein, ich hat­te nicht ver­standen (und das auch nir­gend­wo geschrieben), dass die Hys­terie sich auf die konkrete Mel­dung bezog, son­dern auf PC allgemein.
    Aber da sehe ich die Hys­terie (näm­lich das maßlose Umgreifen) von PC-ges­teuertem Ver­hal­ten nach wie vor als die eigentliche Gefahr, noch lange nicht aber die vere­inzelte Kri­tik daran
    (wartend auf den Gegen­be­weise zu “vere­inzel­nd”)

  24. Dierk

    @Claus
    Was?
    Geben Sie uns eine prinzip­iell über­prüf­bare These in möglichst klar­er Sprache, damit wir nicht rät­seln und inter­pretieren müssen.

  25. Anatol Stefanowitsch

    2:0
    @ Claus: Ihr Beispiel ist keines, denn die Entschei­dung eines Ver­lages, ein Buch nicht zu veröf­fentlichen, stellt beim besten Willen kein Ver­bot dar — Ver­lage entschei­den immer noch selb­st, was sie veröf­fentlichen wollen und was nicht.
    Zweit­ens hat sich längst ein ander­er Ver­lag gefun­den, der das betr­e­f­fende Buch veröf­fentlicht hat:
    http://www.spiegel.de/…tur/0,1518,529086,00.html
    (Die Tat­sache, dass dieser Vor­gang von Spiegel Online mit Wörtern wie „Zen­sur“ beschrieben wer­den, ist nur ein weit­eres Beispiel für die Hys­terie, von der ich spreche — und ein trau­riger Beleg für den unge­nauen Umgang mit Begrif­flichkeit­en, der aus dieser Hys­terie folgt).
    Damit ste­ht es 2:0 für mich.

  26. kreetrapper

    Ich ver­weise auch gern noch ein­mal auf die Lis­ten der “Banned and Chal­lenged Books” der Amer­i­can Library Association.
    http://www.ala.org/…/presskits/bbw2011/index.cfm
    Es han­delt sich dort nur um punk­tuelle Zen­sur an indi­vidu­ellen Schulen, aber genau darum ging es ja auch im ursprünglichen Artikel.
    Der Com­ic Book Legal Defense Fund hat auch ein paar schöne Geschicht­en über Büch­er, deren Besitz oder Verkauf einen direkt ins Gefäng­nis brin­gen kann.
    http://cbldf.org/about-us/case-files/
    Es ist nicht alles Hysterie.

  27. thorsten

    Etwas dünn
    Ein paar rel­e­vante Infor­ma­tio­nen wären nett gewe­sen. Wenn man schon her­vorhebt, das es nur(?) um eine Liste mit Schullek­türe geht, nicht um einen Lehrplan und ein School Board etwas anderes als eine deutsche(?, ggf. welch­es Bun­des­land?) Schul­be­hörde, ist son­st völ­lig unklar, wie das Ereig­nis denn nun kor­rekt einzuord­nen ist. Kann ein Lehrer die Liste jed­erzeit ignori­eren, oder ist er daran gebun­den? Ist die Liste nur ver­gle­ich­bar dem deutschen Lesepeter? Welchen Stel­len­wert hat der Verbleib in der Schul­bib­lio­thek? Kann ein Schüler darauf jed­erzeit direkt zugreifen, oder braucht er dazu die Erlaub­nis des Lehrers oder ein gewiss­es Alter?

  28. Anatol Stefanowitsch

    .
    @thorsten: Wenn Sie auf den ersten Link in den Quel­lenangaben klick­en, find­en Sie alle Infor­ma­tio­nen zu dem Fall. Wenn Ihnen das zuviel Aufwand ist (was ich abso­lut ver­ste­hen würde, denn der Fall an sich ist tat­säch­lich äußerst unin­ter­es­sant und die Akten sind nicht direkt das, was man als anre­gende Lek­türe beze­ich­nen kann), bleibt Ihnen nur, mein­er Darstel­lung zu ver­trauen. Es han­delt sich, wie ich schreibe, um eine verbindliche Leseliste (die die Lehrer/innen deshalb natür­lich auch nicht ignori­eren kön­nen) und „Verbleib in der Schul­bib­lio­thek“ bedeutet Verbleib in der Schul­bib­lio­thek. Das Buch ist wed­er auf einem Index, noch ver­boten, noch irgend­wie eingeschränkt, son­st hätte ich das in meinem Beitrag geschrieben. Es gibt hier tat­säch­lich nichts zu sehen. Was ein School Board ist und wie es zu Schul­be­hör­den (Depart­ment of Edu­ca­tion) in Beziehung ste­ht, lässt sich nur ver­ste­hen, wenn man tiefer in das US-amerikanis­che Bil­dungssys­tem ein­steigt. Das muss bei Inter­esse aber jed­er für sich machen, es ist nicht The­ma dieses Beitrags oder meines Blogs.
    Eine inter­es­sante Tat­sache habe ich nicht erwäh­nt, weil sie mit dem The­ma meines Beitrags (in dem es um Anti-PC-Hys­terie und lasche Recherchep­rak­tiken geht) nichts zu tun hat­te: die Eltern der Schüler dür­fen ihren Kindern unter­sagen, Büch­er von der Leseliste zu lesen, die Kinder bekom­men dann eine Alter­na­tive ange­boten. Solche indi­vidu­ellen elter­lichen Ein­griffe in die Lehrpläne öffentlich­er Schulen halte ich für sehr prob­lema­tisch — ich würde mich aber wun­dern, wenn hier auch eine so große Bere­itschaft bestünde, von „Zen­sur“ und „Lese­ver­boten“ zu sprechen.
    @ Kree­trap­per: Die Amer­i­can Library Asso­ci­a­tion ist eine ehrwürdi­ge Organ­i­sa­tion mit ehrwürdi­gen und unter­stützenswerten Zie­len, aber die ver­link­te Web­seite und die Lis­ten und anderen Aktiv­itäten dort sind prob­lema­tisch: Erstens wird durchgängig (und offen­bar absichtlich) nicht zwis­chen „chal­lenged“ (hinterfragten/herausgeforderten) und „banned“ (ver­bote­nen) Büch­ern unter­schieden. Nun ist es ein leicht­es, ein Buch zu hin­ter­fra­gen: Da Schulen und School Boards entsprechende For­mu­la­re bere­i­thal­ten, wer­den Eltern (und andere Bürg­er) dazu sog­ar ermutigt. Wirk­lich wichtig wäre aber die Infor­ma­tion, wieviele dieser Büch­er tat­säch­lich auch ver­boten wer­den. Die ALA stellt nur all­ge­mein fest, dass die meis­ten Her­aus­forderun­gen ohne Erfolg bleiben. Zweit­ens ist der Begriff „banned“ (ver­boten) nicht angemessen. Die Tat­sache, dass eine Bib­lio­thek (zumal eine Schul­bib­lio­thek) ein Buch aus dem Bestand ent­fer­nt ist kein Ver­bot dieses Buch­es. Die unge­naue Ver­wen­dung von Begrif­f­en wie „Ver­bot“ und „Zen­sur“ ist bedauer­lich. Die ALA bleibt also absichtlich unge­nau und übertreibt in ihrer Ter­mi­nolo­gie, um ihre (wie gesagt ehren­vollen) Ziele zu erre­ichen. Aber als Grund­lage für eine real­is­tis­che Ein­schätzung der Sit­u­a­tion oder eine dif­feren­zierte Diskus­sion tau­gen die Lis­ten lei­der nicht.
    Die Fälle des Com­ic Book Legal Defense Fund (CBLDF) klin­gen schon in der Darstel­lung des CBLFDF sehr het­ero­gen, und müssten auch dementsprechend unter­schiedlich bew­ertet wer­den. Außer­dem würde ich nicht ein­fach das Wort des CBLDF für bare Münze nehmen — es han­delt sich (wie bei der ALA) um eine Organ­i­sa­tion zur Durch­set­zung bes­timmter Inter­essen, die die Darstel­lung der Fälle beein­trächti­gen dürfte.
    Zen­sur ist ein wichtiges The­ma, aber der Diskus­sion dieses The­mas ist nicht damit gedi­ent, dass Dinge als „Zen­sur“ beze­ich­net wer­den, die nicht ein­mal am Rande in diese Kat­e­gorie fallen.

  29. Claus

    @AS
    Ja. 2:0
    Respekt.
    Ich glaube den­noch, dass es keine Anti-PC-Hys­terie gibt, will aber nicht bis in alle Ewigkeit mit Ihnen darüber weit­er streiten.
    @Dierks
    (schreiben Sie eigentlich für mehrere Disku­tan­ten mit, oder warum reden sie von “wir”?)
    Meine These
    Es gibt immer mehr Regeln/Verbote/Einschränkungen für die Polit­i­cal Cor­rect­ness als Begrün­dung her­hal­ten muss.
    Das ist nach mein­er Mei­n­ung nicht gut.
    Es gibt ein paar Men­schen, die sich öffentlich dage­gen wehren.
    Nach Mei­n­ung von AS sind dies viele Men­schen und sie übertreiben oft bei ihrer Kri­tik. Manch­mal stellen sie sog­ar Sachver­halte falsch dar (so wie im Ausgangsbeispiel)
    Nach mein­er Mei­n­ung sind diese Fälle aber Einzelfälle.
    Das Wort Hys­terie ist daher maß­los übertrieben.
    Klar genug für Sie?

  30. Dierk

    @Claus
    Gut, jet­zt haben Sie bewiesen, dass sie ein oder zwei Mei­n­un­gen haben, aber eine über­prüf­bare These haben Sie nicht for­muliert. Da ist nichts Konkretes drin, kein Wer, kein Wie viel/oft, kein Was genau.
    Wie kom­men Sie auf Aus­sagen wie

    Es gibt immer mehr Regeln/Verbote/Einschränkungen für die Polit­i­cal Cor­rect­ness als Begrün­dung her­hal­ten muss.

    ?
    Steckt hin­ter diesen ange­blich ‘immer mehr’ Regeln echte pc, wird diese nur — wie z.B. bei PI-News — als Popanz kün­stlich aufge­baut? Ist pc oft nicht nur ein schön­er Anti-Begriff, wenn es um grund­sät­zliche Höflichkeit geht?
    Mir ist das alles zu wach­swe­ich und unbes­timmt und bauch­her­ausig, was Sie da schreiben.

  31. Claus

    @dierks
    Und Sie sind mir zu sehr nurdagegenseinig
    Erst wollen Sie meine Mei­n­ung anders for­muliert haben
    Ich tues. Aber dann wollen Sie die Mei­n­un­gen (!) bewiesen haben (Schön, dass Sie nicht sagen, wom­it, dann bleibt Ihnen ja ein “Das reicht nicht” für ihre näch­ste Antwort)
    Eine eigene Mei­n­ung — zu irgend­was — brin­gen Sie erst gar nicht ein.
    Außer vielle­icht, dass PI (nie von mir genan­nt) kein Beispiel für zu viel PC ist, oder PC oft mit Höflichkeit ver­wech­selt wird (in welchen Fällen?)
    Ach ne, das Strick­muster ist mir zu bekan­nt und zu nervig.

  32. Dierk

    Claus, ich wollte THESEN. Ihre ursprünglichen Kom­mentare ver­stand ich dahinge­hend, dass sie etwas empirisch zu über­prüfend­es beizu­tra­gen hät­ten. Offen­sichtlich irrte ich mich. Dafür entschuldige ich mich bei Ihnen.
    Wie ich ohne eigene Mei­n­ung ’nurdage­gen­seinig’ bin, wird mir auch ein Rät­sel bleiben. Anson­sten weise ich nun doch daraufhin, dass Sie nicht ein­mal meinen Namen richtig schreiben wollen, Sie Stiesel.

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