In seinem Blog „Deutsche Sprak schwere Sprak“ macht sich Ludwig Trepl, der oft auch in den Kommentaren im Sprachlog hintersinnige und manchmal etwas verschlungene Sprachnörgelei betreibt, Sorgen um die deutsche Sprache.
Er befürchtet, dass das „letzte Tabu“ fällt, weil er auf der deutschen Version der Webseite eines spanischen Hotels die Schreibweise Taboo gefunden hat:
Sicher werden täglich Dutzende von deutschen Wörtern frisch amerikanisiert und in der Regel ist das der Beginn eines Siegeszugs. Und dennoch, ich weiß nicht warum: „Taboo“ scheint mir etwas Besonderes zu sein. Ein Tabubruch ist geschehen, eine Art von Wörtern, bisher von einem Zauber behütet, ist nun schutzlos geworden.
Ja, es ist wirklich eine Schande, dass ausgerechnet dieses urdeutsche Wort mit einer neumodischen amerikanisierten Schreibweise versehen wird.
Das hätte der deutsche Kapitän James Cook Jakob Koch sich sicher nicht träumen lassen, als er das Wort in die englische deutsche Sprache einführte.
Noch schlimmer: Irgendein gemeiner Sprachzerstörer hat diese neumodische Schreibweise rückwärts durch die Zeit geschickt, sodass sie den Zauber des schutzlosen Wortes Tabu nun schon seit über zweihundert Jahren bedroht. Zum Beispiel in Othmar Rietmanns „Wanderungen in Australien und Polynesien“von 1868, in Christoph Friedrich Karl Kölles „Betrachtungen über das Gebet des Herrn“ von 1836 und sogar in den „Neuen Leipziger gelehrte Zeitungen“ von 1785.
Wie gut, dass es die Sprachnörgler gibt. Sonst wäre die deutsche Sprache wohl bald völlig unbenutzbar.
Treffer, versenkt.
@Julius: Das heisst jetzt PWND.
Hoffentlich hast du ihn jetzt nicht vom Sprachlog verschreckt…
@Rike: Ich denke, eher nicht. Ich halte den Kollegen Trepl für eine Seltenheit: einen Sprachnörgler mit Charakter. Er wird sich von etwas Kritik nicht abschrecken lassen und er ist mir im Sprachlog jederzeit willkommen (auch, wenn ich oft nicht weiß, worauf er eigentlich hinaus will).
Äh, ‘Tabu’ ist doch gar kein deutsches Wort — ich beziehe mich hier auf deren Definition von ‘deutsches Wort’ -, es kommt doch [über den Umweg niederländisches Friesisch?] aus einer indonesischen Sprache?! Und weshalb bricht die deutsche Sprache, wenn Spanier …?
Zu allen, die hier geschrieben haben:1) Satiren, die der Zensor versteht, werden mit Recht verboten. (Die Quelle kennen Sie sicher alle; es ist von dem, der auch den Nörgler erfunden hat.)2) Mit dem Taboo ist es wie mit dem “Sinn machen”. Da ist einer dahintergekommen, daß das bei Schiller oder Lichtenberg oder Lessing oder sonst einem aus jener Zeit auch schon steht und nun glaubt er, die Auffassung widerlegt zu haben, es sei ein Anglizismus, womit er sich aber sehr irrt. 3) Ich hab’ überhaupt nichts gegen Anglizismen und benutze sie fast so gern wie Fremdwörter lateinischer Herkunft, also ziemlich gern. Aber gegen die Anglifizierer, jedenfalls die heutigen — vor 50 Jahren war’s noch anders — habe ich etwas.4) Danke für den “Charakter”. Ich selber sehe mich eher nicht so. Unter meinen diversen Fehlern macht mir dessen Fehlen die meisten Probleme.
Und wie man hier sehen kann, haben die bösen Polynesier das Wort geklaut:http://bilder.janwo.de/reisen/2006_Polynesien/Polynesia_035.JPG (Pape’ete)http://bilder.janwo.de/reisen/2006_Polynesien/Polynesia_298.JPG (Huahine Iti)
Ist das nicht wunderbar? Nach Jahrzehnten des Niedergangs breitet sich die deutsche Sprache in der Welt wieder aus, wenn auch zunächst nur über die deutsche Schreibweise eines ursprünglich poly‑, indo‑, mikro- oder melanesischen Wortes. Sicher ist das ein Erfolg des stillen, aber zähen segensreichen Wirkens der Goethe-Institute. Ludwig Trepl ——– Original-Nachricht ——– > Datum: Wed, 15 Jun 2011 09:06:56 ‑0700 > Von:
Auf die Gefahr hin, die feine Ironie meines Originalbeitrags zu zerstören: Die Schreibweise _Taboo_ findet sich im 18./19. Jahrhundert deshalb, weil das Wort aus dem Englischen in die anderen europäischen Sprachen gelangte. Die Schreibweise _Tabu_ ist leider auch keine deutsche Erfindung (wie Jan Wohlgemuths Fotos zeigen); auch diese Schreibweise findet sich im 18./19. Jahrhundert punktuell im Englischen. Mit dem _Sinn machen_ hat das nur insofern zu tun, als die Sprachnörgler auf ihren ausgedachten Standpunkten beharren werden, ganz gleich, wie die Beweislage ist. Denn was sind schon Fakten, wo sie doch ihr Bauchgefühl haben.
[Wie mache ich es denn, daß meine Antwort an all die kommt, die den Kommentar lesen können? Ich kapiere die Technik nicht.] Die Herkunft des Wortes habe ich mir etwa auch so gedacht. Aber was tut das zur Sache? Das scheinen all die an den Nörglern Herumnörgelnden nicht zu begreifen. Ich würde es gerne woanders zu erklären versuchen, hier kommt’s mir nicht so richtig öffentlich vor. Ludwig Trepl ——– Original-Nachricht ——– > Datum: Wed, 15 Jun 2011 09:22:41 ‑0700 > Von:
Zur Not stammt die Schreibweise mit ‘u’ auch aus dem Austronesischen [ja ja], allerdings habe ich keine Ahnung von deren Alphabet. Alles in allem ist der Aufhänger, wie die Kommentare zeigen, auch völlig wurscht. Sprache geht nicht vor die Hunde, sondern vor die Nörgler, die Perlen nicht mal erkennen würden, wenn so groß wären wie in den Lustigen Taschenbüchern und dick und fett P.E.R.L.E. drauf stände.Wen interessieren auch historische Fakten, wenn es doch viel nöliger ist, über die Jugend von heute herzuziehen, die keine Ahnung hat, wie sie sich verständigen muss, um verstanden zu werden.
Ich hab’ überhaupt nichts gegen Anglizismen und benutze sie fast so gern wie Fremdwörter lateinischer Herkunft, also ziemlich gern. Aber gegen die Anglifizierer, jedenfalls die heutigen — vor 50 Jahren war’s noch anders — habe ich etwas.Ein Grundproblem der Sprachnörgler, von einem ~ mit Charakter (doch, Herr Trepl) auf den Punkt gebracht: Früher war alles besser, sogar die Anglizismen und ‑fizierer. Bloß hat noch niemand einleuchtend begründen können, warum das so sein sollte. Was ist am Anglizismus Hip Hop schlimmer als am Anglizismus Rock’n Roll???
Könnten Sie das als Kommentar in meinen Blog schreiben? Das ist zu schön. Ludwig Trepl ——– Original-Nachricht ——– > Datum: Wed, 15 Jun 2011 13:29:21 ‑0700 > Von:
Schreiben Sie das doch als Kommentar in meinen Blog oder in “Sprachlog”, ich weiß nicht (rein technisch), wie ich hier antworten soll, was ich aber gerne täte. Ludwig Trepl ——– Original-Nachricht ——– > Datum: Wed, 15 Jun 2011 15:01:52 ‑0700 > Von:
<meine>Wenn jemand auf meinen Nerven herumtrampelt, dann darf ich doch wohl im Gegenzug über ihn herziehen; oder sehen Sie das anders? Aber wie kommen Sie darauf, daß ich ausgerechnet über die Jugend herziehe? Sie scheinen sich meinen Blog noch nicht angesehen zu haben. Die Jugend ist da als Objekt der Kritik ausgesprochen unterrepräsentiert, und wenn sie überhaupt vorkommt, dann nur in Gestalt der Minderheit, den man, wenn man auf der Höhe der Zeit sein will, „moderne Performer“ oder „junge, unkonventionelle Leistungselite“ zu nennen hat (siehe http://deutsche-sprak.blogspot.com/2011/05/moderne-performer.html). Extra für Sie hab’ ich eben einen Kommentar ins Netz gestellt, in dem es um die geht, die man sich normalerweise unter „Jugend“ vorstellt, aber wenn Sie es genau lesen, werden Sie sehen: es geht gar nicht gegen die.Nein, ich befasse mich nicht mit der Jugend, sondern vorwiegend mit Politikern, Managern, Journalisten, Werbefuzzis usw.; die sind allenfalls zufällig manchmal jung.Ich mache mir, anders als Sie vermuten („Sprache geht nicht vor die Hunde, sondern vor die Nörgler, “) auch wenig Sorgen um die deutsche Sprache. Selbst wenn sie offiziell in naher Zukunft ganz abgeschafft werden sollte, wofür ja einiges spricht: Sie wird schon z. B. in einem Harvard-Institut für Germanistik weiterhin gepflegt werden, und sicher wird sie auch in Gestalt verschiedener Schweizer Dialekte überleben, und wie ich gelesen habe, wird Hochrechnungen zufolge in einigen Jahrzehnten, spätestens Jahrhunderten der leicht anglifizierte Pfälzer Dialekt, den die Amisch (Amischen?) sprechen, das Englische in den USA sowieso verdrängt haben.Also, um die Sprache mache ich keine Sorgen, wohl aber um die Sprecher.
Mein letzter Kommentar betrifft den Beitrag von Evo2Me; ich kapiere die Technik immer noch nicht so richtig.Dieser hier betrifft den Beitrag von Michael Allers.Lieber Herr Allers,Wenn Sie der Meinung sind, daß früher nicht alles besser war, dann könnten wir ja vielleicht mal einer Meinung sein. Ich jedenfalls bin der Meinung, daß früher das allermeiste viel, viel schlechter war. Was aber die Sprache (die real gesprochene) angeht, so geht’s auf und ab, und seit etwa zwei Jahrzehnten ist mein Eindruck, daß wir uns gerade auf einer Talfahrt befinden, die allerdings schon geraume Zeit vorher begonnen hat. Aber es gab auch Höhen, z. B. als man sich den grausigen Oberlehrer-Kasernenhof-Ton der Kaiserzeit abgewöhnte; d. h., man muß nicht unbedingt so pessimistisch sein wie ich.Mein Satz, daß die Anglifizierer früher besser waren (daß auch die Anglizismen besser gewesen sein sollen, habe ich ausdrücklich nicht geschrieben, da haben Sie sich verlesen), ist gewiß erläuterungsbedürftig. Ich meinte etwas sehr Spezielles. Die Hinwendung zum Englischen in den ersten zwei bis drei Nachkriegsjahrzehnten (sie war verglichen mit dem, was wir heute erleben, sehr bescheiden) hatte als eine wichtige Motivation, ja, wohl als Hauptmotivation, daß man sich von der spezifisch deutschen Kultur, die man als untrennbar mit dem Nationalsozialismus verwoben sah, distanzieren wollte. Ob man mit letzterem richtig lag, ist eine andere Frage, aber die Motivation war ehrenwert (wie es auch die ist, die hinter den „Studierenden“ steht). Diese Motivation spielt aber seit geraumer Zeit kaum mehr eine Rolle. Wenn heute jemand vorn marschiert in der Front der Amerikanisierer, dann in aller Regel aus niederen Beweggründen: weil er glaubt, daß man ihn für provinziell hält, er aber als weltgewandt gelten möchte (siehe http://blogs.taz.de/wortistik/2011/06/07/anriechen/). Ich weiß, Sie wollen das nicht hören, aber da haben Sie, außer vielleicht ein paar Linguisten, kaum jemanden auf Ihrer Seite; es ist allzu offensichtlich.
Was ich nach wie vor nicht verstehe: Warum sind alte Anglizismen wie “Sinn machen” schlecht, alte Gallizismen wie Rendezvouz nicht schlecht?Oder machen sie nur Spaß (ist das eigebtlich auch ein Anglizismus? Kommt ja von “making fun of me”?)
Lieber Herr Trepl,was haben Sie eigentlich für ein Problem mit der Technik und Öffentlichkeit? Das funktioniert doch fast genauso wie im SprachLog!Sie argumentieren mal wieder recht differenziert — das hebt Sie vom ‘gemeinen Sprachnörgler’ ab, ob sie nun wollen oder nicht. Insofern habe ich Sie bzgl. der “besseren Anglizismen” unzulässigerweise mit denen in einen Topf geworfen. Sorry oder auch Entschuldigung!Nach der Lektüre Dutzender Ihrer Kommentare festigt sich in mir der Eindruck, evtl. ergründet zu haben, worauf Sie überhaupt hinaus wollen:Nicht Denglisch an sich ist schlimm, sondern die Attitüde der Denglischsprecher. Richtig?Sie haben ja teilweise recht: Was von sog. Creative Directors oder Nachwuchsmanagern (jung, dynamisch,erfolglos) an Sprechblasen abgesondert wird, ist oft hochgradig lächerlich. Es gibt in diesen Berufsgruppen halt viele Wichtigtuer. Aber ich rieche nicht deren Angstschweiß und vernehme kein “Blähwinseln”. Denn diese Menschen finden es ja ganz normal und natürlich, sich derart zu produzieren.Was Sie aber immer noch nicht wahrhaben wollen:Das alles ist kein spezifisches Denglisch-Problem! Die ‘Sprachblubberer’ reden ‘auf Deutsch’ genauso aufgeblasen und geschwollen daher! Dabei ist das Dorffest in Kleinkleckersdorf genausowenig ein ‘Mega-Ereignis’ wie ein ‘Mega Event’. Ich habe seit 25 Jahren mit Leuten aus dem unteren / mittleren Management zu tun. Das ‘Heben von Synergieeffekten’ oder ähnlich Geschwollenes höre ich von diesen Yuppies (ein ausgestorbener Anglizismus!) täglich — aber eben nicht auf Denglisch; ich weiß gar nicht, wie das auf Denglisch heißen würde.Denglisch hin, Deutsch her: Warum sollte man sich über solche Dampfplauderer aufregen?Warum sollte man — wie die Hardcore-Sprachnörgler, also nicht Sie! — das Kind mit dem Bade ausschütten und deshalb fast alle Wörter englischer Herkunft verdammen sowie den Untergang der dt. Sprache menetekeln? Ich plädiere einfach für mehr Gelassenheit im Umgang mit dem ganz normalen und auch dem ausufernden Sprachwandel. Mir ist es völlig egal, ob jemand ‘Tabu’ oder ‘Taboo’ schreibt! So denke ich seit Jahren. Vor ein paar Monaten habe ich entdeckt, dass “ein paar Linguisten” — also professionelle Sprachexperten — das genauso oder ähnlich sehen. Da geht doch wohl Qualifikation über Quantität! Ergo kann meine Meinung so falsch nicht sein.Lieber Herr Trepl, es macht Spaß, mit Ihnen zu diskutieren, aber ich habe offensichtlich nicht so viel Zeit dazu wie Sie. Deshalb beende ich hiermit unsere Grundsatzdiskussionen in verschiedenen Blogs.
@ Peer said…“Was ich nach wie vor nicht verstehe: Warum sind alte Anglizismen wie “Sinn machen” schlecht, alte Gallizismen wie Rendezvouz nicht schlecht?Oder machen sie nur Spaß (ist das eigebtlich auch ein Anglizismus? Kommt ja von “making fun of me”?)“Ich mache nicht nur Spaß. Was ich meine, ist ganz einfach: Ein neuer Anglizismus eignet sich dazu, sich aufzublasen (wie viele deutsche Wörter auch). Ein alter Anglizismus eignet sich dafür nicht. Niemand wird meinen, seine Weltläufigkeit mit Wörtern wie Sport, Jeans oder Pullover unter Beweis stellen zu können. “Sinn machen” ist aber ein neuer Anglizismus, er wird immer noch zu dem genannten Zweck benutzt, allerdings ist’s damit bald vorbei, immer mehr verwenden es ganz selbstverständlich. Und dann können wir ganz entspannt damit umgehen, so wie mit Pullover. Vielleicht hängt ihm auf Dauer an, daß er sich einer falschen Übersetzung verdankt, mal sehen.
“Sinn machen” : Das ist jetzt schon ganz weit weg — sorry! Aber mir ist aufgefallen, dass es immer wieder heißt, er basiere auf einer falschen Übersetzung aus dem englsichen: Ist das eigentlich irgendwie gesichert oder basiert das nur darauf, dass es “making sense” auch im englsichen gibt? (Das ist mir bei “making fun” aufgefallen, das anscheinend OK ist) Ich frage deswegen, weil ich so viel davon gehört habe: Angeblich soll es verstärkt in den 80er Jahren aufgetreten sein oder in den 70ern. Einmal hab ich gehört es wäre Dallas-Deutsch das in den 60er Jahren den Weg nach Deutschland fand (was Unsinn ist, denn Dallas lief in den 70er Jahren) — Gibt es da irgendwelche Untersuchungen?Ich meine außer den “wann der Begriff zum ersten mal aufgetreten ist”, sondern ganz konkret seit wann er verstärkt verwendet wird? Oder basieren die Vorwürfe nur auf Bauchgefüjhl und Hörensagen? (Nicht polemisch, sondenr tatsächlich neugierig gemeint)?
@Peer:Die Frage hat der Meister hier beantwortet:http://www.iaas.uni-bremen.de/sprachblog/2009/01/12/seit-wann-machen-wir-im‑d…
Zur Frage von Peer, Ursprung und Ausbreitung von “Sinn machen” betreffend.A. Stefanowitsch schreibt dazu. “Kollegen aus der historischen Sprachwissenschaft, die ich gefragt habe, haben Antworten wie „Zwischen fünfzig und dreihundert Jahre“ gegeben und gebeten, nicht namentlich genannt zu werden.” Da tun sie Recht. Man sollte nicht Sprachwissenschaftler befragen, sondern Zeitzeugen, x‑beliebige ältere Leute, es reichen ganz wenige. Es war jedenfalls so, daß das Wort vor lJahrhunderten gelegentlich gebraucht wurde, das steht ja in dem Artikel. Aber das hat mit dem heutigen Gebrauch nichts zu tun, es gibt garantiert keine historische Kontinuität, weshalb man zu Recht von einem Anglizismus spricht. Ausgebreitet hat es sich erst in den 70er und 80er Jahren. Selbst wenn es in den 50er und 60er Jahren gelegentlich vorgekommen sein sollte, ist das ohne Bedeutung, jedem wäre es falsch vorgekommen. Zur Ursache der Ausbreitung hätte ich die die Vermutung, daß schlecht synchronisierte Filme eine Hauptrolle spielten, durch die wurden wir ja an eine Menge von Wendungen gewöhnt, die sich schlechten bis falschen Übersetzungen verdanken. Ob es Untersuchungen dazu gibt, weiß ich nicht. Ein Meilenstein in der ganzen Geschichte war aber, und daran erinnere ich mich noch genau, ein Pop-Musikstück, es hieß “Stop Making Sense”, ich glaube, es war von “The Who”, wann, weiß ich nicht mehr.
Naja, ganz ehrlich: Zeitzeugen befragen ist ja nun nicht sehr präzise — Leute sind ja auch davon überzeugt, dass Homeopathie funktioniert und das sie Geister gesehen haben. Gerade wenn es um so ein Bauchgefühl geht, kann das Gefühl schon trügen (Stop making sense waren übrigen Talking Heads und 1984 QED)Ich hab eher die Theorie, jemand hat mal die Behauptung aufgestellt, es käme aus schlecht synchronsierten Filmen und alle haben es geglaubt, weil es plausibel ist — so wie die Sache mit dem flüssigem Glas oder dass Entengequake kein Echo geben würden, wäre es dann mehr eine Großstadtlegende. Ich habe wie gesagt noch kein überzeugendes Argument dafür gehört. “Ein paar ältere Leute erzählen das so” ist kein Argument (Ältere Leute erzählen z.B. auch, sie könnten an ihren Gelenken oder was Wetterumschwünge feststellen und das wurde in einer großen Studie als Selbsttäuschung entlarvt). Ich stelle hier und jetzt mal die Theorie auf “Spaß machen” ist ein Anglizismus, der aus schlecht synchronisierten Filmen von “Making fun” kommt — etwas kann nur Spaß produzieren oder ergeben, aber nicht machen.Wenn in 20 Jahren das auch unter Sprachnörglern als Zeichen des Verfalls hergehalten wird, bekomme ich ne Kiste Wein, ok?
Je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr halte ich das für einen Fall subjektiver Wahrnehmung. Wenn Leute einen Zusammenhang zwischen X und Y sehen (ob berechtigt oder nicht) so tendieren sie dazu die Ereignisse zu vergessen die gegen den Zusammenhang sprechen.Wenn man also Leute fragt, ob es nach Dallas oder Talkijg Heads oder der 68er Revolution schlimmer war, so werden die Leute sich an die Fälle erinnern, die zur Hypothese passen und alles andere ausblenden. Das es keine präzisen Daten gibt spricht stark dafür.
Zu PeerSie haben ja recht, ich als einziger Zeitzeuge bin ein bißchen wenig. Aber auch wenn Sie die Untersuchung ausweiten: man kommt um die typischen Probleme von Untersuchungen, die auf Befragungen basieren, und um die besonderen Probleme historischer Untersuchungen halt nicht herum. Daten im strikten Sinn gibt es da kaum und wenn, dann betreffen Sie meist nur Marginalien. Man müßte in unserem Fall Zeitzeugen verschiedener (sozialer) Typen suchen, so daß man halbwegs verallgemeinern kann, und deren Aussagen müßte man im Hinblick auf Vermeidung von Selbsttäuschung usw. prüfen, wozu man außer ein paar ausgearbeiteten Methoden vor allem der qualitativen Sozialforschung doch wieder auf Lebenserfahrung und gesunden Menschenverstand angewiesen ist. Ich frag mich aber vor allem: gibt es eine einigermaßen plausible Hypothese, daß es wesentlich anders gewesen sein könnte ich vermute?
Eine alternative Hypothese? Wie wärs damit: Eine Zeitung wie die Bild-Zeitung bringt in den 70er Jahren einen Artikel zum Verfall des Deutschen, ähnlich dem, den es gerade gegeben hat. Dort wird behauptet der Sprachverfall käme von einer schlechten Synchronistaion in den 60er Jahren, ohne jedoch Belege anzugeben oder so, mehr als nicht nachprüfbare Behauptung im Sommerloch. Es werden eine Menge Punkte angegeben, u.a. “Das ist der Punkt”, “das macht sinn” und “Hobby statt Steckenpferd” und “Bureau wird langsam zu Büro” und “Der Busen ist der Platz zwischen zwei Brüsten”. Ein paar werden vergessen, andere werden memenhaft weitergegeben. Auch wer den Artikel nicht kennt, hört mal davon. Und dann setzt die subjektive Wahrnehmung ein, von der ich gesprochen habe.In Wirklichkeit hätte sich die Verwendung nicht so plötzlich durchgesetzt, wie behauptet wird, sondern hat es in Wirklichkeit immer schon gegeben oder war sehr viel langsamer und organischer, auf jeden Fall aber durch normale sprachtypische Mechanismen und nicht durch klare Ereinisse wie Dallas oder talking heads.
So könnte es auch gewesen sein. Es könnte aber auch ein Freund der Anglisierung zu einem einflußreichen Posten in einem Kultusministerium gelangt sein und die Lehrpläne für den Deutschunterricht geändert haben. — Das sind typische Ad-hoc-Hypothesen, von denen man in der Popper-Schule gesagt hat, daß sie immer, aber auch wirklich immer möglich sind, aber die Wissenschaft nicht weiterbringen (Imre Lakatos bringt ein sehr eingängiges Beispiel aus der Astronomie). Meine Hypothese hat einfach viel mehr für sich. Ich bemühe nicht einen einzelnen Zeitungsartikel und sage auch nicht, daß es ein bestimmtes Lied war (das war nur ein paar Wochen lang besonders auffällig), sondern verweise auf die Allgegenwart synchronisierter Filme; aber nicht nur dies: Damals fing es an, daß jeder, und nicht nur jeder zehnte Schüler, englisch lernen mußte, die Wendung “it doens’t make sense also in so gut wie jedem Kopf der jungen Generation war und das “Sinn machen” ja sprachstrukturell (nennt man das so?) nicht so ganz unverträglich mit dem Deutschen ist, so daß man leicht durcheinanderkommen kann.
Es erklärt aber die merkwürdige Faszination, die Sprachnörgler mit diesem Begriff haben 😉 Im gleichen Zeitraum wurde aus “Bureau” “Büro” und wenn man “diesen Zeitraum” etwas großzügiger auslegt aus “Tunnels” für die normale Mehrzahl von Tunnel “Tunnel”- und jeder nimmt das als normalen Sprachwandel hin. Bei “Sinn machen” wird dies aber anders gesehen. Warum? Sprachwissenschaftlich scheint es keinen belegbaren Grund zu geben. Das deutet für mich auf eine “Meme” hin.
Was ist “Es”? Und (ich bin halt kein Sprachwissenschaftler) was ist eine “Meme”?
Sollte natürlich nicht “Es” sondern “Sie heißen und war auf die Hypothese bezogen. Ich stelle gerade fest dass die deutsche Entsprechung von “Meme” im deutschen “Mem” ist. Das tut mir leid, dass hätte ich vorher nachsehen sollen (hab den Begriff bislang immer nur auf englisch gelesen).Hier ist er erklärt:http://de.wikipedia.org/wiki/Mem
@ Ludwig Trepl, der von Ihnen zitierte Satz — „Kollegen aus der historischen Sprachwissenschaft, die ich gefragt habe, haben Antworten wie ‚Zwischen fünfzig und dreihundert Jahre‘ gegeben und gebeten, nicht namentlich genannt zu werden“ — bezieht sich im verlinkten Text nicht auf die Frage, seit wann die Redewendung Sinn machen im Deutschen nachgewiesen ist (sie ist es seit dem 19. Jahrhundert), sondern auf die Frage, wie weit der schriftsprachliche Gebrauch dem mündlichen hinterherhinkt. Das muss man nämlich wissen, um abschätzen zu können, wie die empirische Evidenz zur Verwendung der Redewendung zu interpretieren ist, denn die liegt nur in schriftlicher Form vor (im verlinkten Beitrag nenne ich die relativen Häufigkeiten aus einem großen deutschen Zeitungskorpus und schätze, dass der Zeitpunkt, ab dem die Redewendung sich im Deutschen verstärkt durchsetzt, in den frühen siebziger Jahren liegt.
Zu PeerAlso “Sie (die Bildzeitungs-Hypothese?) erklärt aber die merkwürdige Faszination, die Sprachnörgler mit diesem Begriff (‘Sinn machen’) haben.” Ich verstehe nicht, warum diese Hypothese die Faszination erklären soll, ich versteh auch nicht, was der Begriff “Mem” hier erklärt (nebenbei: man sollte Biologen verbieten, sich zu kulturellen Dingen zu äußern). Ich vermute: über “Sinn machen” wird deshalb so gern hergezogen, weil es (a) selten so ganz unschuldig-unbefangen ausgesprochen wurde (inzwischen immer mehr, weil man sich daran gewöhnt und es nicht mehr als Blähwort taugt), weil es also einen Geruch hat, und (b) weil die Herkunft (Übersetzungsfehler) so überdeutlich ist und den Spott leicht macht. Wenn sich irgendwelche Neuerungen bzw. Importe ganz reibungslos einfügen, dann regen sich doch nur die darüber auf, die Neuerungen / Importe als solche nicht mögen, das ist aber unter uns Sprachnörglern eine Minderheit.
Herr Trepl, auch wenn ich Ihren Anspruch, Blender an ihrer Sprache und Schrift zu entlarven, gutheiße und teile, wäre es schön, wenn Sie so manch Behauptungen auch mal belegen würden. Wie kommen Sie zur Aussage, dass ‘Sinn machen’ offensichtlich ein Übersetzungsfehler sei? Und wo wäre überhaupt das Problem mit diesem Idiom [bevor Sie ‘Logik’ in die Runde schmeißen: wenn Sprache logisch wäre, hätten zig Tausende Philosophen nicht über Jahrtausende versucht, logische Sprachen zu entwickeln]?Oder sie halten sich an Ihre eigene Aufforderung und halten sich als Fachfremder einfach raus. Wieso dürfen Biologen nichts über Kultur sagen? Dürfen dann auch nur Literaturwissenschaftler über Bücher reden? Sind Nichtpolitikwissenschaftler von jeder politischen Diskussion auszuschließen? Ich sage manchmal im Scherz, dass Nichtphilosophen sich aus philosophischen Debatten heraushalten sollten [siehe das unsäglich dumme Peter-Singer-Bashing], aber das ist natürlich keine Grundlage für Diskussionen und soziale Interaktion.
“Wie kommen Sie zur Aussage, dass ‘Sinn machen’ offensichtlich ein Übersetzungsfehler sei?” Haben Sie eine auch nur annähernd ähnlich plausible Erklärung? Ich hab’s ja oben ausgeführt.“wo wäre überhaupt das Problem mit diesem Idiom”? Sie meinen mit dem Anglizismus “Sinn machen”? Es ist halt ein Blähwort wie fast alle neuen Anglizismen, und natürlich eine Unzahl deutscher Wörter auch. Allerdings beginnt diese Funktion allmählich zu verblassen, man kann sich mir “Sinn machen” nicht mehr aufblasen, weil es zu gewöhnlich geworden ist. “Wieso dürfen Biologen nichts über Kultur sagen?” Dürfen sie schon, aber nicht als Biologen. Ich kenn mich da aus, bin selber einer.“wenn Sprache logisch wäre, hätten zig Tausende Philosophen nicht über Jahrtausende versucht, logische Sprachen zu entwickeln]?” Da wird gerne etwas verwechselt. Natürlich ist Sprache nicht logisch im eigentlichen Sinn. Und doch hat sie ihre “Logik”. Nicht nur manchmal, sondern in der Regel ist es so, daß diese “Logik” eine ganz bestimmte Formulierung erfordert, natürlich kontextabhängig, und daß jede kleine Veränderung den Sinn so verändert, daß es nicht mehr der gleiche Gedanke ist. Versuchen Sie doch mal, in diesem Satz ein Wort durch ein anderes zu ersetzen, so daß es exakt der gleiche Gedanke bleibt. Das meine ich, wenn ich in diesem Zusammenhang von “Logik” spreche, aber das hat mit dem “Sinn machen” wenig zu tun; das ist ja eher ein psychologisches als ein logisches Problem.
a) Wenn etwas ‘Sinn ergeben’ kann, ist ‘Sinn machen’ nicht gebläht — auch nie gewesen -, sondern ein Synonym. Ich sehe auch keinerlei vernünftigen Grund, weshalb ‘Sinn machen’ “falsch” sein sollte. Was für eine ‘plausible Erklärung’ für was wollen Sie haben? Frage ich Sie nach einer plausiblen Erklärung für ‘Tisch’, für ‘Stuhl’, für ‘und’? [siehe auch Punkt f.]b) Sie kennen sich mit WAS genau aus, weil Sie Biologe sind? [Ich komme darauf gleich zurück.]c) Die meisten so genannten ‘Anglizismen’ sind das Gegenteil von Bläh, da sie erheblich kürzer und oft treffender sind, als irgendwelche deutschen Entsprechungen. Natürlich gibt es Ausnahmen, siehe Punkt d.d) Bläh hat nicht die Bohne mit Fremdwörtern, Lehnwörtern, empfundenen Auswärtsien zu tun, sondern ausschließlich etwas mit der geistigen Durchdringung eines Gegenstands durch den Sender. Karl Kraus kämpfte gegen unmenschliches Denken und Denkfaulheit, nicht gegen Wörter.e) Ihre ‘Ich bin Biologe, kenne mich damit aus’ ist in dem von Ihnen verwendeten Zusammenhang Bläh. Ob Sie Biologe, Philosoph, Informatiker, Kulturwissenschaftler, Maurer, Klempner oder Dachdecker sind, sagt nichts über Gründe aus, weswegen Biologen sich nicht über Kultur äußern dürfen. In diesem speziellen Fall ergibt sich aus der Konversation außerdem, dass Sie keine Ahnung haben, was es mit Mem[e] auf sich hat, in welchem Zusammenhang und als was dieses von dem Biologen Richard Dawkins eingeführt wurde. Da würde ich empfehlen, mal in eine Ausgabe The Selfish Gene hineinzuschauen und zu lesen, was Dawkins selbst zu Mem[e] zu sagen hatte und hat.f) Es gibt also eine innere Logik der Sprache. Aha. Regeln. Und wo kommen die her? Und weshalb schrieb Goethe doch recht anders als wir heute? Oder Luther? Sowohl syntaktische Regeln wie auch semantische [und da wird es schon sehr schwammig] ändern sich andauernd, Sprache unterliegt einer Evolution nach lamarckschen Ideen. Sprecher, Schreiber und Rezipienten bauen sich die Spielregeln mit jeder Äußerung neu. Da kann man sich jetzt auf den Standpunkt stellen, dass die anderen alle doof sind, weil sie nicht wisse, was ‘geil’ ursprünglich bedeutet hat*, oder man kann pragmatisch vorgehen.*Nope, nicht das, was so manch einer glaubt.
Zu Dierk Haasis a) Sie verwenden blähen/Blähwort anders als ich. Sie meinen es sprachwissenschaftlich; da ist „Sinn machen“ erst mal ein Fehler, und wenn der sich hinreichend eingebürgert hat, ist er, wie Sie richtig schreiben, ein Synonym von „Sinn ergeben“ geworden. Ich aber meine mit Blähwort – an vielen Stellen meines Blogs nachzulesen – ein Wort, mit dem man sich aufbläht, also, wenn man so will, ich meine es psychologisch, nicht linguistisch. Aufblähen kann man sich mit allerlei, aber halt auch und besonders gut mit Wörtern, die Weltläufigkeit oder Vornehmheit suggerieren oder Bildung: Anglizismen, Fremdwörter griechisch-lateinischer Herkunft. Das heißt nicht, daß man sie grundsätzlich meiden sollte, sie sind ja auch sehr oft nicht zu vermeiden, wenn man nuanciert sprechen will (da möchte ich wie Sie den Kampf von Karl Kraus gegen die Sprachreiniger zitieren), und dann muß man froh sein, daß es sie gibt. Aber man muß doch immer bedenken, daß sie den Beiklang des Sich-aufblähen-Wollens in der Regel halt auch haben und man daher aufpassen sollte, in welcher Situation man sie benutzt.b) Das „Ich bin Biologe, kenne mich damit aus“ soll nur heißen: ich habe jede Menge leidvolle Erfahrung mit dem, was herauskommt, wenn meine Mit-Biologen solche Versuche machen. Dawkins’ religionsphilosophische Ausflüge sind übrigens ein Beispiel dafür. Aber man muß gar nicht ihn bemühen, Biologismen kennen wir ja aus der Geschichte eine Menge. An der „Meme“ ist allerdings, so scheint mir, weniger Biologismus als Elementarismus zu kritisieren, wie an seinen Vorstellungen von Genetik auch (zumindest ist es das, was hauptsächlich kritisiert wird, ich will mich auf die Diskussion nicht einlassen).c) Das mit der „Logik“ (ich habe das Wort ja erkennbar absichtlich in Anführungszeichen gesetzt) konnte ich offenbar nicht klar machen. Sie sagen, daß das, was ich ja auch zurückgewiesen habe, zurückzuweisen ist. Ich habe etwas ganz anderes gemeint und geschrieben und bin mir nun unschlüssig, ob ich das hier ausführlicher wiederholen soll oder Sie bitten, die Stelle in meinem Kommentar noch einmal zu lesen. Ich werde erst mal letzteres tun. Wenn es nichts nützt, wäre ich für eine Rückmeldung dankbar, mir liegt einiges daran, in diesem Punkt nicht mißverstanden zu werden.d) „Sprecher, Schreiber und Rezipienten bauen sich die Spielregeln mit jeder Äußerung neu.“ Sie bauen sie sich nicht mit jeder Äußerung neu. Sondern sie haben in jedem neuen Kontext (und jeder ist neu) neu zu erkennen, was genau hier die Spielregeln sind. (Wäre es so wie Sie sagen, wäre das Bemühen um den richtigen Ausdruck, ohne das es keinen, und zwar gar keinen Ausdruck gibt, überflüssig.) Dabei tragen sie ab und zu dazu bei, daß neue Spielregeln entstehen. Es ist ähnlich wie im Rechtswesen, und zwar eher so wie im anglo-amerikanischen, weniger wie im deutschen.
“Sinn machen” ist also ein Blähwort? Weil es schlechtes Deutsch ist (wenn es das ist)? Ich kann verstehen, warum Anglizismen als Blähworte empfunde werden (und manchmal sind sie es ja auch), aber “Sinn machen” ist ja kein Anglizismus sondern entweder eine deutsche Konstruktion oder ein Übersetzungsfehler (darüber streiten wir ja 😉 ) Damit ist es keinesfalls “hochgestochen”, wenn überhaupt im Gegenteil! “Sinn machen” empfinde ich dagegen als ziemlich konstruiert und damit eher als arrogante Wortkombination, aber vielleicht bin ich da schon zu indoktriniert…Die Meme (oder Mem) wird im anlosparchigen Raum durchaus mittlerweile viel weiter gebraucht als von Dawkins iniitiert. So spicht man von “Internet-Memen” wie “long Cat”, also Dingen, die sich innerhalb einer Gruppe (der Internetuser) weit rumgesprochen haben, ohen dass jemand den Urspung kennt oder bewusst Informationen weitergegeben hat. So scheint es mir hier auch zu sein: Das “Wissen” um deren Übersetzuingsfehler ist nirgendwo belegt, sondern hat irgendjemand irgendwo irgendwie mal behauptet, es schien ganz plausibel gewesen zu sein, und jetzt zieht es als “Tatsache” seine Runde, ohne dass der Wahrheitsgehalt dieser These irgendwo überprüft wird. (Genauso wie es immer hieß Zucker mache Kinder hyperaktiv, was immer mit “Man brauch ja nur Eltern zu fragen” und “ich hab das beobachtet” begründet wurde — bis es gezielt untersucht wurde und als Fall subjektiver Wahrnehmung seitens der Eltern als Mythos entlarvt wurde. Selber Fall. Wobei ich hier nicht ausschließen möchte, dass es tatsächlich ein Übersetzungsfehler war — ich sage nur, dass ich nicht weiß ob es so gewesen sein könnte. Und natürlich kann es auch eine Erklärung geben, an die sie oder ich nicht denken — wäre ja nicht das erste Mal in der Menschheitsgeschichte 😉 )
@ Peer Wenn “Sinn machen” ein Übersetzungsfehler ist, dann ist es ein Anglizismus, denn dahinter steht eine wörtliche Übersetzung aus dem Englischen. Natürlich könnte es auch durch eine wörtliche Übersetzung aus dem Turkmenischen erstmals in der deutschen Sprache aufgetreten sein, und es könnte auch sein, daß es Außerirdische zu uns gebracht haben. Das ist es eben, was Ihnen offenbar Mühe macht: Ein Hypothese, die es verdient, geprüft zu werden, muß einigermaßen plausibel sein, sonst wüßte man nicht, bei welcher der unendlich vielen möglichen man anfangen soll. Außer den Außerirdischen käme ja z. B. auch eine Intrige des KGB, der CIA, der Bildzeitung, der Freimaurer und der Jesuiten in Frage oder die Mutation eines Sprachgens; das ließe sich beliebig verlängern. Natürlich kann es Überraschungen geben und man findet dafür auch Beispiele in der Geschichte, aber mit dem Unwahrscheinlichen anzufangen ist keine gute Strategie. Sicher, es könnte eine “Meme” im von ihnen genannten Sinn sein. Aber auch dann wäre die Frage, warum die so einleuchtet. Es ist eben einfach naheliegend, daß eine Generation, die anders als ihre Eltern in der Schule “to make sense” beigebracht bekommt und denen im Deutschen bisher unbekannte bis unmögliche Wendungen durch unzählige Filmübersetzungen, die sie oft täglich einige Stunden lang über sich ergehen lassen, normal vorkommen, diese urban legend gerne glaubt. Denn da sagt sich jeder: Ja, so ist es bei mir (wohl) auch gewesen. Die Elterngeneration hätte vielleicht die KGB-Version eher geglaubt, denn “to make sense” kannte sie nicht und (schlecht synchronisierte) amerikanische Filme waren in ihrem Leben ein seltenes Ereignis.
Faszinierend, was sich in eine harmlose Redewendung alles hineingeheimnissen lässt. ‘Harmlos’ deshalb, weil sie keine Aussage verfälscht und niemandem wehtut — es sei denn, man will unbedingt, dass sie einem wehtut.Um das ganze mal drei Nummer tiefer zu hängen, habe ich in meinem Langzeitgedächtnis gekramt (auch wenn persönliche Erfahrung keine wissenschaftlichen Studien ersetzt):Gehört habe ich ‘Das macht Sinn’ erstmalig irgendwann in den 80-er Jahren. Bis dahin habe vermutlich gesagt: ‘Das ist sinnvoll’. ‘Das ergibt (einen) Sinn’ wäre mir nicht über die Lippen gekommen, weil zu geschwollen oder auch zu gebläht klingend.Erstkontakt mit ‘Das macht Sinn’: Erster Gedanke: Ach guck, eine Parallele zu ‘this makes sense’! Lustig.Zweiter Gedanke: Mindestens eine Silbe kürzer als bisherige Formulierungen. Gekauft!M.a.W.: Simple Sprachökonomie gab den Ausschlag, und ich bin überzeugt, dies ist nicht nur bei mir und nicht nur bei diesem angebl. Anglizismus der Fall, sondern eher die Regel beim Denglisch-Spracherwerb: Mehr dazu: http://www.denglisch4ever.de/benefits.htmlUnd noch etwas Satire zum Thema ‘Unterwanderung durch Anglizismen’: http://www.denglisch4ever.de/vds.html
… ohnehin hat keine Sache einen Sinn in sich, er muss immer gemacht werden.
@Michael Allers “Harmlos’ deshalb, weil sie keine Aussage verfälscht und niemandem wehtut”.Verfälscht nicht, aber weh tut sie doch jemandem, nämlich mir. Sie haben ja gar keine Vorstellung davon, wie ich leide. Allerdings läßt’s nach. Diejenigen, die es als Blähwort benutzen, werden seltener, weil es allzu gewöhnlich geworden ist. Aber es eignete sich dazu durchaus; nicht so gut wie z.B. das Ersetzen von “Trainer” durch “Coach”, aber eben doch auch.Wenn Ihnen die Sprachökonomie so wichtig ist: Warum nicht auf Jamaika-Englisch umsteigen, oder auf Malaiisch (schreibt man das so?), das soll am allereinfachsten sein. Oder wenigstens statt der sperrigen englischen Wörter chinesische oder koreanische, die sind meistens einsilbig?
Ich hab das Problem übrogens nur, weil ich mein leben lang “Sin machen” verwendet habe und “Sinn ergeben” mit mir erst in Sprachdebatten aufgefallen ist.
Verfälscht nicht, aber weh tut sie doch jemandem, nämlich mir. Sie haben ja gar keine Vorstellung davon, wie ich leide.In der Tat habe ich keine Vorstellung davon, wie man unter ‘Sinn machen’ leiden kann. Aber auch ich habe eine sprachliche Schmerzgrenze. Gegen Schmerz hilft allerdings Abhärtung. Lesen Sie eine Woche nur Gamer-Foren oder treiben Sie sich in Chatrooms herum — danach werden Sie für alles, was das dortige Sprachniveau übersteigt, dankbar sein.Betr. Sprachökonomie:Natürlich findet diese im Rahmen des sprachlich Bekannten statt. Wenn ich erst Malaiisch; ‘Chinesisch’ (welches?) oder Koreanisch lernen muss, um ein paar Silben zu sparen, ist das überhaupt nicht ökonomisch. Im übrigen ist nicht mir Sprachökonomie wichtig, sondern m.E. jedem Menschen, auch wenn er sich das nicht bewusst macht.
Mir ist gerade eine Möglichkeit eingefallen, wie man ihre Hypothese zumindest ansatzweise bestätigen oder widerlegen kann:Wenn “Sinn machen” tatsächlich über schlecht übersetzte Filme zu uns kam, so müsste in der DDR “Sinn ergeben” dominierend gewesen sein. Das sollte doch mit der Auswertung von Interviews, Reden etc. ermittelbar sein! Würde mich interessieren.Alternative Hypothesen müssen auch nicht so lächerlich sein, wie Sie und glauben machen wollen: Das bis zu den 50er Jahren vorherrschende “Tunnels” hat auch den “Tunnel” platz gemacht, ohne das Filme verantwortlich sind (oder doch?). Auch wäre denkbar, dass ein ehemaliger Dialektbegriff den Weg ins Hochdeutsche gefunden hat (würde auch erklären, warum man in alten Schriftdeutschquellen “Sinn machen” findet). Wobei: Zwischen Bayern und Außerordischen ist der Unterschied ja auch nicht so riesig 😉 Aber für sie kann ja nicht sein, was nicht sein darf.
@Peer said..Das mit der DDR funktioniert nicht, die haben ja eher noch mehr Westfernsehen gesehen als die Westdeutschen. Mit Dresden könnte es eher funktionieren, da gab’s keinen Empfang. Wichtiger als die Filme ist aber wohl der allgemeine Englischunterricht gewesen, und damit sah es in der DDR schlechter aus.Aber muß man das wirklich so aufwendig bestätigen? Für Sie ist ja “Sinn machen” selbstverständlich. Aber versuchen Sie sich mal die Situation vorzustellen: Ihr Leben lang ist das nicht vorgekommen, war einfach kein Bestandteil der deutschen Sprache. Und plötzlich taucht es auf, meinetwegen sogar aus einem aussterbenden Dialekt erstmals ins Hochdeutsche gedrungen. Was denkt dann der, der’s erstmals hört? Er hat zu dieser Zeit ja Englisch in der Schule. Er denkt doch nicht: das stammt aus dem Südostbayerischen (selbst wenn das der Wahrheit entspräche), sondern ganz selbstverständlich: das ist aus dem Englischen; da würde ich wetten, daß fast keiner auf einen anderen Gedanken gekommen ist außer den damals schon alten Leuten, die in der Schule nicht Englisch hatten. Das könnte man durch eine Befragung sogar relativ leicht überprüfen.Wenn er’s übernahm, dann also als etwas aus dem Englischen kommendes (und darum ist es ein Anglizismus), so wie auch so gut wie jeder “Handy” als vermeintlich englisches Wort angenommen hat, obwohl es eher keines ist, jedenfalls nicht in dieser Bedeutung. Und selbstverständlich hätte man es nicht angenommen, wenn man geglaubt hätte, es stamme aus dem Tschechischen. Warum wehren Sie sich dagegen? Warum schalten Sie ihren normalen Menschenverstand ab und verlangen wissenschaftliche Beweise? Weil für Sie nicht sein kann, was nicht sein darf? Warum darf es kein Anglizismus sein? Warum ist es für Sie bedrohlich, wenn es einer ist? Sie müssen ja nicht Angst haben, des Blähwinselns (http://deutsche-sprak.blogspot.com/2011/02/amerikanisierung-und-blahwinseln.h… bezichtigt zu werden, wenn diese Wendung für Sie einfach selbstverständlich war, so wie für mich Jeans (und ich erinnere mich sogar noch an die Zeit, als es das noch nicht gab). Aber für mich war das erste “Sinn machen” ein eindrückliches Ereignis, so wie es für Sie wäre, wenn jemand “das tut nicht machen Sinn” sagte, und selbstverständlich würden Sie das sofort als falsche Übersetzung aus dem Englischen erkennen.
Warum wehr ich mich dagegen? Ich wunder mich eher, dass eine Hypothese die lediglich auf Hörensagen beruft und z.T. auch recht wiedersprüchlich wiedergegegen wird (Stop making sense kam 1984 aus und soll in den 70er Jahren den Boom mnit ausgelöst haben?) so unkritisch aufgenommen wird. Zudem ist es ebenso Tatsache, dass der Gebrauch von “Sinn machen” im deutschen schon vor den 70er Jahren belegt ist. Ergo erscheint mir die Hypothese eher ein Bauchgefühl zu sein und das ist OK, nur sollte man es dann auch so darstellen (sorry, dazu bin ich vielleicht zu sehr Naturwissenschaftler)Abgesehen davon interessiert es mich auch einfach 🙂 Darf ich fragen aus welcher Ecke von Deutschland Sie kommen? Vielleicht ist der Wandel ja tatsächlich geographisch bedingt (Sprich: in einigen Gegenden war “sinn machen” verbreiteter als “Sinn ergeben” und in anderen umgekehrt).
Den Beitrag von Dierk Haasis (20. Juni) “… ohnehin hat keine Sache einen Sinn in sich, er muss immer gemacht werden“habe ich unter http://deutsche-sprak.blogspot.com/2011/01/sinnmacher.htmletwas ausführlicher kommentiert.