Die Sprachen der Bundesrepublik sind…

Von Anatol Stefanowitsch

„Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch” — diesen Satz wollen die Befür­worter ein­er ver­fas­sungsrechtlich geschützten Lan­dessprache ins Grundge­setz aufnehmen, und argu­men­tieren unter anderem damit, dass schließlich auch viele andere Län­der der Europäis­chen Union — siebzehn ist eine oft genan­nte Zahl — ihre jew­eilige Lan­dessprache in ihrer Ver­fas­sung festschreiben. Vor allem unsere deutschsprachi­gen Nach­bar­län­der, die Schweiz und Öster­re­ich, wer­den in diesem Zusam­men­hang immer wieder genan­nt, so, als dürfe Deutsch­land nicht hin­ten anste­hen, wenn es um patri­o­tis­che Beken­nt­nisse zur deutschen Sprache geht. Obwohl es für die Gestal­tung unseres Grundge­set­zes ja eigentlich neben­säch­lich sein sollte, was andere Län­der in ihre Ver­fas­sun­gen schreiben, ist es also höch­ste Zeit, sich diese ein­mal näher anzusehen.

Begin­nen wir mit der Schweiz. In der Bun­desver­fas­sung der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft wird die Sprach­frage wie fol­gt geregelt:

Die Lan­dessprachen sind Deutsch, Franzö­sisch, Ital­ienisch und Rätoro­man­isch. [Bun­desver­fas­sung der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft, Artikel 4]

Der Schweiz­er Ver­fas­sung geht es also eben nicht darum, dem Deutschen einen beson­deren Stel­len­wert zu geben (zahlen­mäßig ließe sich das dur­chaus begrün­den, da knapp 64 Prozent der Schweiz­er deutsche Mut­ter­sprach­ler sind). Nein, ganz im Gegen­teil geht es in der Schweiz­er Ver­fas­sung um eine Ver­ankerung von Vielsprachigkeit.

Die Schweiz­er Ver­fas­sung schützt hier näm­lich die Sprachen aller soge­nan­nten autochtho­nen Bevölkerung­steile, also der „ursprünglichen“ Bevölkerung des Gebi­ets der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft. Der Begriff des „autochtho­nen“ ist dabei rel­a­tiv, denn zu irgen­deinem Zeit­punkt ist natür­lich jede eth­nis­che und/oder sprach­liche Gruppe in ihr Sied­lungs­ge­bi­et einge­wan­dert. Grob gesagt kann man den Begriff hier aber so ver­ste­hen, dass er diejeni­gen Bevölkerung­steile beze­ich­net, die zum Zeit­punkt ein­er Staats­grün­dung bere­its im Staats­ge­bi­et leben.

Ein Grundge­set­zartikel nach Schweiz­er Vor­bild würde für die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land somit die schon jet­zt geset­zlich geschützten sprach­lichen Min­der­heit­en erwäh­nen, also etwa wie fol­gt lauten:

Die Sprachen der Bun­desre­pub­lik sind Deutsch, Sor­bisch, Dänisch und Friesisch.

Bun­destagsvizepräsi­dentin Petra Pau (Die Linke) hat das übri­gens schon im Juli des let­zten Jahres gefordert [Link] und der Leit­er des Min­der­heit­ensekre­tari­ats, Thede Boy­sen, hat im Novem­ber 2010 bekräftigt, dass die autochto­nen Min­der­heit­en eine solche Berück­sich­ti­gung der Min­der­heit­en­sprachen fordern [Link].

Eine weit­ere Min­der­heit­en­sprache ist dabei noch gar nicht genan­nt: Die Deutsche Gebär­den­sprache (DGS), die Schätzun­gen zufolge bis zu 50 000 Sprecher/innen hat — Sor­bisch hat im Ver­gle­ich dazu ca. 25 000 Sprecher/innen, Dänisch 21 000 und Friesisch nur 10,000.

Bess­er wäre also:

Die Sprachen der Bun­desre­pub­lik sind Deutsch, Deutsche Gebär­den­sprache, Sor­bisch, Friesisch und Dänisch.

Die Frage ist allerd­ings, ob der Begriff des Autochtho­nen in einem mod­er­nen Staat noch eine her­aus­ge­hobene Rolle spie­len kann. Will man grundge­set­zlich ver­ankerte Rechte tat­säch­lich an der Frage fest­machen, ob diejeni­gen, denen diese Rechte eingeräumt wer­den, von Men­schen abstam­men, die zu einem bes­timmten Zeit­punkt an einem bes­timmten Ort gelebt haben?

Alter­na­tiv kön­nte man sprach­liche Rechte ja an der Größe der betr­e­f­fend­en Sprachge­mein­schaft fest­machen. Aber wie groß müsste eine Sprachge­mein­schaft sein, um ver­fas­sungsrechtlichen Schutz zu beanspruchen? Reicht es, wenn sie von 0,5 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird, so wie es beim Rätoro­man­is­chen in der Schweiz der Fall ist?

Dann wären in Deutsch­land alle Sprachen mit dabei, die von mehr als 367 000 Men­schen gesprochen wer­den. Türkisch sprechen 2,1 Mil­lio­nen Men­schen in Deutsch­land, Kroat­isch über 650 000, Ital­ienisch und Kur­mand­schi (Kur­disch) über 500 000, und Rus­sisch etwa 360 000. Nehmen wir das Rus­sis­che sicher­heit­shal­ber mit dazu, dann sähe der Grundge­set­zartikel so aus:

Die Sprachen der Bun­desre­pub­lik sind Deutsch, Türkisch, Kroat­isch, Ital­ienisch, Kur­mand­schi und Russisch.

Damit blieben aber die derzeit geset­zlich geschützten autochtho­nen Min­der­heit­en­sprachen völ­lig außen vor. Soll­ten wir deshalb vielle­icht lieber alle Sprachen aufnehmen, die min­destens soviele Sprech­er haben wie die kle­in­ste dieser Sprachen, Friesisch?

Dann sähe der Grundge­set­zartikel so aus (wobei die Sprachen in der Rei­hen­folge der Zahl ihrer Sprecher/innen aufge­führt sind):

Die Sprachen der Bun­desre­pub­lik sind Deutsch, Türkisch, Kroat­isch, Ital­ienisch, Kur­mand­schi, Rus­sisch, Griechisch, Englisch, Pol­nisch, Spanisch, Nieder­ländisch, Far­si, Plaut­di­etsch, Sinte-Romani, Por­tugiesisch, Viet­name­sisch, Deutsche Gebär­den­sprache, Marokkanis­ches Ara­bisch, Chi­ne­sisch, Tamil, Afghanis­che Sprachen, Algerisches Ara­bisch, Tune­sis­ches Ara­bisch, Toskisch, Hin­di, Urdu, Dänisch, Japanisch, Tur­oyo (Surayt), Sor­bisch, Jenisch, Tigrinya, Kabar­dinisch, Kore­anisch und Friesisch.

Der vorgeschla­gene Artikel ist jet­zt allerd­ings so lang, dass wir die übri­gen in Deutsch­land gesproch­enen Sprachen großzügiger­weise auch gle­ich mit aufnehmen kön­nten — das wären Let­tisch, Vlax (Romani), Jid­disch, Sater­friesisch, Balkan-Romani, Chaldäisch-Neuaramäisch, Kapverdisch, Adygeisch, Lasisch, Assyrisch-Neuaramäisch, Hausa, Hebräisch, Jütisch, Kalmyk (Kalmück­isch), Kasachisch, Katalanisch/Valenzianisch/Balearisch, Kir­man­j­ki, Ossetisch, Schweiz­erdeutsch, Tar­i­fit, Tschetschenisch, Turk­menisch, Uig­urisch und Zazaki.

Das Schweiz­er Mod­ell führt damit wohl nicht zu dem Ergeb­nis, das die Befür­worter ein­er Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz sich wün­schen. Ist vielle­icht die öster­re­ichis­che Ver­fas­sung ein besseres Vorbild?

Zumin­d­est ist sie etwas ökonomis­ch­er formuliert:

Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprach­lichen Min­der­heit­en bun­des­ge­set­zlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Repub­lik. [Öster­re­ichis­che Bun­desver­fas­sung, Artikel 8]

Um keine Unklarheit aufkom­men zu lassen, „unbeschadet“ bedeutet „ohne Schaden für“ — auch in der öster­re­ichis­chen Ver­fas­sung geht es also nicht (oder nur zum Teil) um einen sprach­lichen Hege­mo­ni­alanspruch, son­dern um den Schutz von Min­der­heit­en­sprachen. Inter­es­san­ter­weise find­et sich bei den Befür­wortern ein­er Staatssprache Deutsch kein entsprechen­der Vorschlag, der etwa so laut­en könnte:

Die Sprache der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land ist, unbeschadet der den sprach­lichen Min­der­heit­en bun­des- oder lan­des­ge­set­zlich eingeräumten Rechte, Deutsch.

Man beachte, dass nach dem öster­re­ichis­chen Mod­ell, anders als in der Schweiz, die sprach­lichen Rechte der Min­der­heit­en nicht direkt im Grundge­setz, son­dern wie bish­er in Bun­des- und Lan­des­ge­set­zen geregelt wür­den. Das stellt natür­lich immer noch eine deut­liche Bevorzu­gung des Deutschen dar, da sich diese Geset­ze wesentlich ein­fach­er ändern (und natür­lich auch abschaf­fen) ließen als das Grundge­setz. Aber noch nicht ein­mal die Möglichkeit von sprach­lichen Recht­en unter­halb des Ver­fas­sungsrangs wollen die Befür­worter ein­er grundge­set­zlich ver­ankerten Staatssprache den Min­der­heit­en­sprachen zugestehen.

Mich würde ehrlich inter­essieren, warum sich Vorschläge wie die hier vorgestell­ten in der Diskus­sion nicht find­en, aber ich ahne, dass die Gründe dafür genau die sind, die ich in mein­er Peti­tion anführe: Den Befür­wortern ein­er Grundge­set­zän­derung geht es nicht um sprach­liche Rechte, geschweige denn um sprach­liche Vielfalt, son­dern es geht ihnen darum, über die Staatssprache Deutsch alles „Fremde“ auszu­gren­zen und sich so der sprach­lich und kul­turell vielfälti­gen und glob­al­isierten Real­ität des real existieren­den Deutsch­land zu verweigern.

Dieses vielfältige Deutsch­land ist kein Paradies. Es ist nur so gut, wie wir es jeden Tag von Neuem gestal­ten. Aber es ist meine Heimat, das einzige Deutsch­land, das ich je gekan­nt habe und je ken­nen will.

Wem es eben­so geht, den bitte ich, meine Peti­tion „Keine Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz“ mitzuze­ich­nen. Uns fehlen noch 3400 Stim­men für sprach­liche Frei­heit und Vielfalt. Seien Sie eine dieser Stimmen!

Reak­tio­nen auf die Peti­tion 

 

Ver­wen­dete Literatur

Lewis, M. Paul (Hg., 2009). Lan­guages of Ger­many. Eth­no­logue: Lan­guages of the World, Six­teenth edi­tion. Dal­las, Tex.: SIL Inter­na­tion­al. [Link]

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

29 Gedanken zu „Die Sprachen der Bundesrepublik sind…

  1. Martin Holzherr

    Lan­dessprachen und Amtssprachen
    Schein­bar geht es dem Autor Ana­tol Ste­fanow­itsch vor allem um den politischen/weltanschaulichen Aspekt, wenn hier über die Fes­tle­gung der Lan­dessprachen disku­tiert wird.
    Doch die Fes­tle­gung der Lan­dessprache sollte ja auch konkrete Kon­se­quen­zen haben. In der Schweiz wird von Migranten gefordert, eine der vier Lan­dessprachen zu ler­nen. Die vier Lan­dessprachen sind auch Amtssprachen und wichtige Doku­mente wer­den in alle vier Lan­dessprachen über­set­zt. Wäre Deutsch die alleinige Lan­dessprache Deutsch­lands, wür­den alle amtlichen Doku­mente in Deutsch abge­fasst — nur in Deutsch. Und das entspricht ja wahrschein­lich der gängi­gen Prax­is (oder gibt es inzwis­chen englis­che Ueber­se­tun­gen für alle wichti­gen Doku­mente?). Erweit­ert man die Liste der Lan­dessprachen so muss das zur sprachrechtlichen Gle­ich­stel­lung der Sprachen führen — mit all den Kon­se­quen­zen wie beispiel­sweise Akzep­tanz des dänis­chen (falls man dänisch dazu­nimmt) auch in einem deutschen Bundesamt.

  2. borgdrone

    Die Amtssprache ist deutsch, das sollte doch aus­re­ichend sein. Was alles andere für einen Hin­ter­grund haben soll, ist mir nicht verständlich.

  3. Anatol Stefanowitsch

    @Martin Holzherr
    Nein, mir geht es hier darum, dass es zutief­st unehrlich ist, die Ver­fas­sun­gen von Öster­re­ich und der Schweiz her­anzuziehen um zu begrün­den, warum der Satz „Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch“ ins Grundge­setz gehört. Unsere bei­den Nach­bar­län­der schützen mit ihren Artikeln Min­der­heit­en­sprachen, die vorgeschla­gene Grundge­set­zän­derung mar­gin­al­isiert Min­der­heit­en­sprachen bis zur Unsichtbarkeit.
    Ein­wan­der­er sind auch in Deutsch­land bere­its jet­zt ange­hal­ten, Deutsch zu ler­nen. Dazu braucht es keinen Blick in die Schweiz und keine Grundgesetzänderung.
    Um den weltan­schaulichen Aspekt geht es denen, die eine Grundge­set­zän­derung wollen. Mir geht es um das Anerken­nen von Real­itäten und um das Prinzip der sprach­lichen Frei­heit. Ein Amt kann von mir aus eine Amtssprache vorschreiben (und das tun die Ämter in Deutsch­land ja auch), aber ein Land sollte keine Lan­dessprache vorschreiben. Und inter­es­san­ter­weise hat das auch keine deutsche Ver­fas­sung jemals getan.
    If it ain’t broke, don’t fix it. Und noch wichtiger: If it ain’t broke, don’t break it.

  4. CM

    Sprachvielfalt…kulturelles Gut?
    Ich habe eben Ihren Artikel gele­sen und muss Ihn sehr loben. Deutsch­land ste­ht in meinen Augen fuer kul­turelle Vielfalt und Offen­heit. Mal von den paar idi­o­tis­chen Min­der­heit­en abge­se­hen, die Ras­sis­mus oder aehn­liche betreiben, gibt es hier mehr fremd­sprachen­sprechende Men­schen als ander­swo auf der Welt. (Ja, das ist mein per­soen­lich­es State­ment, ich war noch nicht in Indi­en oder Afrika).
    Mich wun­dert, dass es rel­a­tiv wenige Ein­fluesse aus­laendis­ch­er Sprachen auf die deutsche Sprache gibt. Klar, mal von Don­er (Doen­er), Kebap und Co abge­se­hen fall­en mir keine Beispiele ein.
    Dahinge­hend gibt es im angel­saech­sis­chen mehr Redewen­dun­gen oder sprach­liche Gemein­samkeit­en, die sich rasend schnell entwickelten.
    Mich wuerde inter­essieren, ob jemand (der diesen Beitrag eben­falls gele­sen hat =P) Beispiele dieser Art fuer den Ein­fluss auf den Sprach­wan­del ken­nt und diese teilen moechte?

  5. Helmut Wicht

    Kein Deutsch ins Grundgesetz”
    Bei der Lek­türe manch­er Artikel des Grundge­set­zes, zum Beispiel Artikel 93(2)
    (http://tinyurl.com/6e8hfsg)
    will mir aber scheinen, dass die Parole eher “Deutsch INS Grundge­setz!” laut­en sollte. Gilt wohl für viele Gesetze..

  6. Andreas S. aus F.

    Mit­geze­ich­net!
    Danke für den Blick über den Garten­za­un. Vielle­icht sollte man mal eine Peti­tion starten, die die öffentliche Ver­wal­tung zwingt, _verständliches_ Deutsch mit ihren Bürg­ern zu sprechen.

  7. mathias

    danke für den Artikel..AS.
    Klasse deine Aktion/Pettion..
    In Bran­den­burg ist zwar die Amtssprache Deutsch, aber auch Sorbisch.
    So ist es zum bsp möglich, dass Sor­ben (eigentlich Wen­den in Bran­den­burg) auch ihre Amts­gänge in Sor­bisch abhal­ten können.
    Als Fläminger, finde ich ja noch die Regelung in Bel­gien interessant.
    Dort ist es, ähn­lich der Schweiz, dass dort Nieder­ländisch, Franzö­sisch und Deutsch rechtlich ver­ankert sind, aber eben­so, wie bei der Schweiz, um Min­der­heit­en­sprachen zu schützen.
    Neuerd­ings wer­den dort sog­ar Geset­ze, ins Deutsche über­setz, und das für 70.000 deutsch Belgier.
    Mit der DG, Deutsche Gemeis­nchaft, haben sie sog­ar eine eigne Demokratis­che Instanz..
    Also ist Bel­gien, da auch nichts, vorauf sich die Anhänger des “Deutsch ins GG” berufen können..
    Nebenbei:
    http://ec.europa.eu/…ges-of-europe/doc141_de.htm

  8. Konni Scheller

    Und Gegisch?
    Nicht alle Albaner sprechen Toskisch. Im Nor­den eher Gegisch und im Über­gangs­ge­bi­et Elbasanisch.

  9. Faustus

    Peer Pres­sure
    Bevor ich von diesem Beschluss wusste, war ich mir fast sich­er, dass ein der­ar­tiger Satz schon im Grundge­setz steht.
    Das Argu­ment der “17 anderen Län­der in Europa” klingt aber stark nach Grup­pen­zwang inner­halb der EU: “Das machen alle so, deshalb müssen wir das auch machen.”
    Das macht nicht bess­er, wenn es wirk­lich nur dafür instru­men­tal­isiert wird, schein­bar Fremdes auszugrenzen.
    Außer­dem wird wieder n Haufen Geld dafür raus­ge­wor­fen, neue Grundge­set­zbüch­er zu druck­en, wenn daran rumw­erkelt wurde.
    Aber wenn es schon sein muss, dann wäre vllt ein Wort­laut wie “Die lin­gua fran­ca der BRD ist Deutsch.” zusam­men mit etwas Ähn­lichem wie in Öster­re­ich am Besten, ohne Min­der­heit­en auszuschließen.

  10. Michael Khan

    @Faustus

    Aber wenn es schon sein muss, dann wäre vllt ein Wort­laut wie “Die lin­gua fran­ca der BRD ist Deutsch.” zusam­men mit etwas Ähn­lichem wie in Öster­re­ich am Besten, ohne Min­der­heit­en auszuschließen.

    Aber wozu? Was bewirkt eine solche rein deskrip­tive For­mulierung? Was sagt so etwas aus? Warum dann nicht auch “Das Kli­ma der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land ist gemäßigt.”?
    Die lin­gua fran­ca in Deutsch­land, d.h., die Sprache, mit der man am Weitesten kommt, ist in der Tat die deutsche Sprache. Das wird sich auch auf abse­hbare Zeit nicht ändern, wed­er durch US-Schlager im Radio noch durch Kids, die mit ihrer Mum shop­pen gehen, noch durch irgen­deine Mobile Phone Cor­po­ra­tion und die Ger­man-Call-Tar­ife in ihrem Net­work. Sollte es sich aber doch ändern, weil die eth­nis­chen Gegeben­heit­en eine mas­sive Änderung durchgemacht haben, dann wird ein Para­graph im Grundge­setz, der das gegen­teil behauptet, sich­er das let­zte sein, was eine solche Entwick­lung aufhal­ten könnte.
    Schon allein deswe­gen, weil dann ger­ade die, auf die man diesen Pas­sus anwen­den will, eben nicht imstande wären, das Grundge­setz zu lesen. Man müsste dann also die Forderung, dass Deutsch die lin­gua fran­ca ist, in der dann neuen de-fac­to lin­gua fran­ca auf­stellen — warum das absurd ist, dürfte wohl dem let­zten einleuchten.
    Das heißt: Im wahrschein­lich­sten Fall, näm­lich dem, dass obiges an den Haaren her­beige­zo­gene Szenario nicht ein­tritt, ist ein so lau­t­en­der Pas­sus im Grundge­setz ohne Bedeu­tung, weil rein deskrip­tiv. Sollte aber der Fall ein­treten, dass die Sit­u­a­tion, die er beschreibt, nicht mehr gegeben ist, dann ist er wirkungslos.

  11. HS

    Deutsch als Amtssprache
    Also ich ver­ste­he Sie nicht ganz.
    Sie sind gegen die Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz, weil es ange­blich gegen die Vielfalt wäre.
    Ander­er­seits sind sie damit ein­ver­standen und zufrieden, dass Deutsch ‘Amtssprache’ ist.
    In manchen Gegen­den ist sog­ar Sor­bisch die Amtssprache und in anderen das Friesische.
    Was ist nun mit den Friesen die im “sor­bis­chen” Amt einen Antrag stellen
    oder mit Sor­ben die zum ‘friesis­chen’ Amt gehen müssen, oder ganz wo anders, z.B. zu einem Amt in Bayern?
    (mit dem ’sor­bis­chen’ bzw. ‘friesis­chen’ Amt soll gemeint sein, dass man dort auch auf ‘Sor­bisch’ bzw. ‘Friesisch’ Antraege stellen kann)
    Hat man als eine solche Per­son es nicht unver­hält­nis­mäßig schwer?
    Warum sind Sie zur Förderung der Vielfalt nicht auch ‘für’ eine Abschaf­fung des Deutschen als Amtssprache?
    Was ist mit den Deutschen hier, die kein Deutsch beherrschen, sie sind doch offen­sichtlich mit ‘Deutsch als Amtssprache’ in Deutsch­land benachteiligt? Warum ist der Unter­richt in den meis­ten Schulen über­haupt auf Deutsch?
    Warum sollte z.B. ein Turkmene oder auch ein Deutsch­er es beson­ders schw­er haben, ohne entsprechende Deutschken­nt­nisse an der Schule als Lehrer angestellt zu werden?
    Warum ist ARD und ZDF auf deutsch — und ist das in Bezug auf die GEZ-Gebühren nicht ungerecht für die die Deutschen, die kein Deutsch können?
    Wenn Deutsch im Grundge­setz nur ein rein sym­bol­is­ch­er Akt ist, dessen Sym­bol­ge­halt ’nur’ die Aus­gren­zung von sprach­lich­er und kul­tureller Vielfalt ist, dann gilt dies doch für Deutsch als Amtssprache erst recht! Oder nicht?

  12. F. Koglin

    Tre­f­fende Analyse
    */ˈdɪːkæf/ hat­te die Liste des VDS ja schon mal etwas auseinan­der genom­men (http://www.extraflach.de/…ns-grundge­setz-gehort/), aber die geson­derte Auseinan­der­set­zung mit den (ver­meintlich) näher liegen­den Beispie­len Öster­re­ichs und der Schweiz finde ich per­sön­lich auch als Argu­men­ta­tion­shil­fe sehr nüt­zlich. Danke dafür.
    Eine kleine Anmerkung hätte ich allerdings:
    Bei der Auflis­tung der in der Bun­desre­pub­lik gesproch­enen Sprachen scheint Franzö­sisch zu fehlen. Überse­he ich da eine offen­sichtliche Begrün­dung, oder hat der Eth­no­logue da ein­fach eine Lücke?

  13. Peer

    @HS
    Der Punkt ist: Es gibt bis­lang kein Agu­ment FÜR die Auf­nahme “Deutsch ist Lan­dessprache” ins Grundge­setz, aber eine entsprechende Petition.

  14. mathias

    HS:
    Amtssprache ist die Sprache der Behör­den, in dem Fall der Landesbehörden..
    Schriftverkehr mit Lan­desämtern, wird in Deutsch­land auf Deutsch gehalten.
    Da Amtssprache(n) auf Län­derebene schon fest­gelegt sind, ist auch die Sache mit Sor­ben und Friesen idiotisch.
    Friesen, Dänen kön­nen nur in Schleswig Hol­stein auf ihren Min­der­heit­en­sta­tus beruhen, so wie Sor­ben nur in Sach­sen und Bran­den­burg, entsprechend ihrer Region­al­ität, auf ihren Min­der­heit­en­sta­tus gehen können.
    Friesen die nach Bran­den­burg ziehen, sind damit für Bran­den­burg Deutsche, da Friesen in der Bran­den­burg­er Ver­fas­sung, als regionale Min­der­heit nicht existieren…
    Das ist der Föderalismus..
    genau­so kann man auch nicht zum Bun­de­sar­gen­tur für Arbeit gehen, und als Sorbe, Friese oder Däne hof­fen, dass man da auf sein­er Sprache ange­sprochen wird.
    Wie man schon hört, ist die BA, eine Kör­per­schaft des Bun­des. Was möglich sein kann, dass man in regionalen BA-Stellen, eine Betreuerin bekom­men kann, die Sor­bisch, Friesisch, Dänisch kann, aber das dürfte die Aus­nahme sein..

  15. HS

    Beispiel Schweiz
    @Stefanowitsch Ich ver­ste­he nicht, was Sie mit dem Beispiel der Schweiz nun sagen wollen.
    Sie schreiben, der Schweiz­er Ver­fas­sung gin­ge es nicht darum, dem Deutschen einen beson­deren Stel­len­wert zu geben.
    Wohl aber dem Deutschen, dem Franzö­sis­chen, Ital­ienis­chen und Rätoro­man­is­chen, oder nicht?
    Die Lan­dessprachen der Schweiz sind Deutsch, Franzö­sisch, Ital­ienisch und Rätoro­man­isch. [Bun­desver­fas­sung der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft, Artikel 4]
    Somit haben Deutsch, Franzö­sisch, Ital­ienisch und Rätoro­man­isch einen beson­deren Stel­len­wert, und nicht etwa die Sprache XY.
    Gin­ge es nach Ihnen, dann müsste auch Spanisch, Alban­isch, Kata­lanisch, und was auch immer auch in der Ver­fas­sung der Schweiz ste­hen. Denn in der Schweiz leben, wie in jedem größeren Land, auch viele Minderheiten.
    Ich ver­ste­he deshalb nicht, worüber Sie sich in Ihrem Beitrag so sehr amüsieren. Im Grunde genom­men war an der Auflis­tung von VDS und dem beson­deren Stel­len­wert nichts falsch.
    Nie­mand hat was gegen die sprach­lichen Min­der­heit­en. Die öster­re­ichis­che For­mulierung ist tat­säch­lich ein Vorbild..
    [Wed­er die öster­re­ichis­che noch die Schweiz­er For­mulierung sind ein Vor­bild für die Forderung des VDS. Der VDS hat nie eine andere For­mulierung vorgeschla­gen als „Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch“, und auch die VDS-Peti­tion nen­nt diesen Satz. Wenn man beim VDS nichts gegen sprach­liche Min­der­heit­en hat, dann ver­steckt man dies in diesem Fall sehr gut.
    Mein all­ge­meiner­er Punkt (ich „amüsiere“ mich über gar nichts) ist der, dass es unehrlich ist, die Ver­fas­sun­gen der Schweiz und Öster­re­ichs im Kon­text ein­er Grundge­set­zän­derung als Argu­ment anzuführen (siehe meine Antwort oben). Ein weit­er­er Punkt war, auch wenn ich die feinsin­nige Rhetorik verderbe, in dem ich es erk­lären muss, dass es keine sin­nvollen Kri­te­rien dafür gibt, welche sprach­lichen Min­der­heit­en spezielle Rechte erhal­ten sollen und welche nicht. Mein Vorschlag ist deshalb ein­fach: Belassen wir es doch beim Sta­tus Quo und räu­men gar kein­er Sprache Ver­fas­sungsrang ein. N’est pas dif­fi­cile à com­pren­dre, si vous lisez atten­tive­ment.– A.S.]

  16. RD

    Ihre Argu­men­ta­tion ist schlüs­sig. Ihrer Schlussfol­gerung, diese naive Peti­tion würde Deutsch­land weniger vielfältig machen, kann ich nicht fol­gen. Es gibt nun­mal bei vie­len Men­schen eine Angst vor Über­frem­dung. Denen die Angst zu nehmen wäre ein zielführen­deres Anliegen, als eine rel­a­tiv sin­n­freie Peti­tion mit ein­er weit­eren Peti­tion zu bekämpfen.

  17. Stefan

    Angst
    @RD
    Es waere mal inter­es­sant zu wis­sen, wie die Auf­nahme ins Grundge­sezt die Angst vor Ueber­frem­dung nehmen wuerde. So wie sich das anho­ert geht es gar nicht um den Schutz der deutschen Sprache, son­dern um symp­to­ma­tis­che Behand­lung von Aeng­sten bes­timmter Gruppen.

  18. M. Schmiechen

    @Stefanowitsch
    Also, Herr Ste­fanow­itsch, ich glaube ganz sich­er nicht, dass irgendw­er den Satz “Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deusch” (…) (… t … ) in das Grundge­setz aufnehmen will ;)). (Siehe erster Satz) ;))).
    Na gut, aber Spaß bei­seite, wenn Sie jet­zt doch für eine Peti­tion wären, wonach ein Satz der Form “Die Sprache der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land ist, unbeschadet der den sprach­lichen Min­der­heit­en bun­des- oder lan­des­ge­set­zlich eingeräumten Rechte, Deutsch.” ins Grundge­setz dürfte,
    -> dann wird unsere gesamte WG diese unter­schreiben ;). Promis!
    Ganz beson­ders liebe Grüße,
    Ihr Schmiechen (der mit dem Win­dows Vista!) 😉

  19. Zungenkoeder

    Vielfalt
    Wenn Ihnen die Vielfalt so am Herzen liegt, weshalb darf dann Deutsch­land nicht eine dieser “Vielfalt­srollen” spielen ?
    Ihr Ein­wand erin­nert mich eher an Gle­ich­macherei. Ganz davon abge­se­hen, dass die Schweiz gar keine Min­der­heit­en­sprache in ihrer Ver­fas­sung aufführt.
    Meines Eracht­ens kann man gegen einen Ein­trag der “Grund­sprache” Deutsch ins Grundge­setz sein, aber dafür eine Peti­tion zu bemühen, halte ich für übertrieben.
    “Noch” wäre es ein Zeichen, eine Sicher­heit für “Neudeutsche” in unserem Land welche Sprache hier vorherrschend die Ori­en­tierung bildet.
    Die Amtssprache ist bere­its Deutsch, deshalb wäre es “nur” eine logis­che Erweiterung sie auch ins GG aufzunehmen.
    Das Argu­ment, dass wenn ich für etwas bin ich dann gegen Min­der­heitssprachen oder ähn­lich­es wäre, ist für mich wed­er überzeu­gend noch haltbar.

  20. Juliana

    Ori­en­tierung für Neudeutsche
    @ Zungenkoeder
    Ein schla­gen­des Argu­ment, ich sehe es hier ja auch nicht zum ersten Mal: Ein Artikel im Grundge­setz, der Deutsch als Lan­dessprache fes­tlegt, bietet ver­wirrten Zuwan­der­ern, die nicht wis­sen, welche Sprache in Deutsch­land haupt­säch­lich gesprochen wird, einen fes­ten Halt. Sehr löblich, dage­gen kann man doch unmöglich etwas haben.
    Vor allem besticht das Argu­ment durch seine Praxistauglichkeit:
    — Für die Zuwan­der­ergrup­pen, die die Amtssprache des Zuwan­derungs­lan­des noch nicht sprechen, ist es ja zunächst dur­chaus üblich, dass diese zuerst das Grundge­setz bzw. die Ver­fas­sung des jew­eili­gen Zuwan­derungs­lan­des studieren, wie man ja auch einen Reise­führer liest, wenn man in den Urlaub fährt. Also, zumin­d­est sollte das so sein. (Allerd­ings wer­den Reise­führer meist in den Sprachen der Reisewil­li­gen ange­boten. Hier wäre dann Nach­holbe­darf für das Grundge­setz. Dieses sollte in jed­er gut sortierten Buch­hand­lung in den ländlichen Gebi­eten Ana­toliens und im tschetschenis­chen Kriegs­ge­bi­et (um nur metonymisch zwei Beispiele zu nen­nen) in türkisch­er, kur­dis­ch­er und tschetschenis­ch­er Sprache ange­boten wer­den — diese Aufzäh­lung ist eben­falls nur ein Beispiel.)
    — Zuwan­der­er, die bere­its gut genug Deutsch sprechen, um das Grundge­setz auch im Orig­i­nal lesen zu kön­nen, wer­den so im Nach­hinein ver­sichert, dass sie das Richtige getan haben, indem sie vor oder nach der Zuwan­derung Deutsch, und nicht aus Verse­hen eine andere Sprache gel­ernt haben.
    — Falls sich vere­inzelte Zuwan­der­er wed­er zu der ersten noch der zweit­en Gruppe rech­nen lassen, kann man sie als Ein­heimis­ch­er auf der Grund­lage des Grundge­set­zes darauf hin­weisen, dass es so nicht geht.
    Tat­säch­lich ist hier an alles gedacht.

  21. Philipp

    Deusch”
    Es ist ja nachvol­lziehbar, daß Sprache einem steti­gen Wan­del unter­liegt, aber …
    “Deusch”?
    🙂
    Erster Satz des Artikels. Oder ist das ein tat­säch­lich­es Zitat der Grundge­set­zbe­für­worter? Das wäre natür­lich umso pikanter.

  22. Stefanie

    Zahl der DGS-NutzerInnen
    Ein­spruch! Allein die Zahl der gehör­losen Men­schen in Deutsch­land beträgt ca. 80.000. Hinzu kom­men (laut Wikipedia) ca. 120.000 Men­schen, die entwed­er hochgr­a­dig schw­er­hörig oder hörend sind und eben­falls die DGS nutzen. Es muß also ins­ge­samt von ca. 200.000 NutzerIn­nen dieser Sprache aus­ge­gan­gen werden.

  23. NörglerIn

    zutief­st unehrlich”

    Mein all­ge­meiner­er Punkt (ich „amüsiere“ mich über gar nichts) ist der, dass es unehrlich ist, die Ver­fas­sun­gen der Schweiz und Öster­re­ichs im Kon­text ein­er Grundge­set­zän­derung als Argu­ment anzuführen (siehe meine Antwort oben).

    Der Vor­wurf, etwas sei “unehrlich”, ja “zutief­st unehrlich” ist sehr hart, ja ehren­rührig und sollte daher ganz beson­ders sorgfältig begrün­det wer­den. Ein solche Begrün­dung kann ich allerd­ings nicht entdecken.
    Der VDS hat eine Liste entsprechen­der Fes­tle­gun­gen der Lan­dessprachen in europäis­chen Staat­en veröf­fentlicht. Dort sind die Texte im Wort­laut wiedergegeben. Jed­er kann darin nach­le­sen, daß in der Schweiz vier Lan­dessprachen und daß in Öster­re­ich die Rechte der sprach­lichen Min­der­heit­en aus­drück­lich in der Ver­fas­sung ver­ankert sind. Was ist daran “unehrlich”?
    Gegen eine Fes­tle­gung ein­er “Sprache der Repub­lik” im Grundge­setz wird einge­wandt, daß dies zu ungeah­n­ten nachteili­gen Fol­gen führen würde, so zu ein­er “Aus­gren­zung” Ander­ssprachiger und ein­er Flut von “Ver­fas­sungskla­gen” gegen Anglizis­men usw.
    Es ist doch ein vol­lkom­men legit­imes Argu­ment, dage­gen anzuführen, daß solche äußerst nachteilige Fol­gen in anderen Län­dern, die der­ar­tige Regelun­gen in der Ver­fas­sung haben, bis­lang anscheinend nicht aufge­treten sind. Wenn doch, so wäre das zu begründen.

    Man beachte, dass nach dem öster­re­ichis­chen Mod­ell, anders als in der Schweiz, die sprach­lichen Rechte der Min­der­heit­en nicht direkt im Grundge­setz, son­dern wie bish­er in Bun­des- und Lan­des­ge­set­zen geregelt wür­den. Das stellt natür­lich immer noch eine deut­liche Bevorzu­gung des Deutschen dar, da sich diese Geset­ze wesentlich ein­fach­er ändern (und natür­lich auch abschaf­fen) ließen als das Grundgesetz.

    Wie ist das vere­in­bar mit dem Argu­ment, die Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz sei völ­lig über­flüs­sig, da Amtssprache und Gerichtssprache bere­its durch Bun­des­ge­setz fest­gelegt seien? Auch diese Geset­zes­bes­tim­mungen sind doch ein­fach­er zu ändern als das GG.
    Außer­dem ist es doch jedem Bun­des­land oder Kan­ton unbenom­men, anges­tammte Sprachen auch ver­fas­sungsrechtlich zu schützen, so wie etwa das Sor­bis­che in den Ver­fas­sun­gen Bran­den­burgs und Sach­sens geschützt ist.
    Demge­genüber kön­nte man argu­men­tieren, daß die Berück­sich­ti­gung von Region­al- oder Min­der­heit­en­sprachen im GG “über­flüs­sig” sei, da Deutsch­land Ver­tragspartei der Europäis­chen Kon­ven­tion für Region­al- und Min­der­heit­en­sprachen ist und der Schutz dieser Sprachen in Deutsch­land daher bere­its unmit­tel­bar binden­des Recht ist.
    Außer­dem ver­nach­läs­sigt dieser Beitrag von A.S. völ­lig den Unter­schied zwis­chen Region­al- und Min­der­heit­en­sprachen. Sor­bisch, Dänisch und Friesisch sind Region­al­sprachen, eben­so wie die Lan­dessprachen der Schweiz.
    Dage­gen sind Türkisch, Kur­disch, Rus­sisch usw. allen­falls Min­der­heitssprachen, selb­st wenn sie zahlen­mäßig bedeu­ten­der sein mögen als etwa Friesisch.

  24. gnaddrig

    @ Nör­g­lerIn („zutief­st unehrlich“)
    Die Ver­fas­sun­gen der Schweiz und Öster­re­ichs sind in ihrer Erwäh­nung der Lan­dessprachen nicht unehrlich. Unehrlich ist es, diese bei­den Ver­fas­sun­gen als Vor­bild für die Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz anzuführen und dabei die ganz andere Sit­u­a­tion der Schweiz zu ignori­eren und statt der min­der­heit­en­schützen­den For­mulierung in der öster­re­ichis­chen auf der eher aus­gren­zen­den, vor allem einen beson­deren Sta­tus der deutschen Sprache festschreiben­den For­mulierung „Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch“ zu beharren.
    Man begrün­det einen Pas­sus, der aus­gren­zen soll, damit, dass die Nach­barn einen Pas­sus in der Ver­fas­sung haben, der genau das Gegen­teil ist. Und das ist verlogen.

  25. NörglerIn

    zutief­sat unehrlich
    @gnaddrich
    1. Nie­mand hat behauptet, die Ver­fas­sun­gen der Schweiz oder Öster­re­ichs seien “unehrlich”.
    2 M.W. hat auch nie­mand die For­mulierun­gen in den Ver­fas­sun­gen der Schweiz oder Öster­re­ichs als “Vor­bild” für Deutsch­land bezeichnet.
    3. Wie selb­st A.S. fest­gestellt hat, schreibt auch die Ver­fas­sung Öster­re­ichs “einen beson­deren Sta­tus der deutschen Sprache” fest.
    4. Auch in der Schweiz sind die vier Lan­dessprachen nur auf Bun­de­sebene anerkan­nt (als Amtssprache gilt das für das Rätoro­man­is­che auch nur eingeschränkt). Auf kan­tonaler Ebene sind die meis­ten Kan­tone nur ein­sprachig, einige zweis­prachig und nur ein Kan­ton dreis­prachig. Auf Gemein­deebene kön­nen wiederum abwe­ichende Regelun­gen gelten.
    5. Die Schweiz kann schon deshalb in dieser Frage kein Vor­bild sein, weil (laut Wikipedia) immer­hin 0,5 % der Bevölkerung noch Rätoro­man­isch, 6,5 % Ital­ienisch und 20,4 % Franzö­sisch sprechen. Dage­gen gehören bei großzügiger Schätzung in Deutsch­land jew­eils weniger als ein Promille zu den dänis­chen, sor­bis­chen, friesis­chen und Romanes-Min­der­heit­en, wobei davon z.T. nur ein Teil die jew­eili­gen Sprachen aktiv beherrscht oder benutzt. So gut wie alle sind (anders als in der Schweiz) aber auch des Deutschen mächtig.
    6. Wären Sie bere­it, eine For­mulierung im GG zu akzep­tieren, die der öster­re­ichis­chen entspricht? Oder wür­den Sie selb­st dage­gen eine Peti­tion unter­schreiben? Ich kann mir schlecht vorstellen, daß der VDS oder die CDU eine der­ar­tige For­mulierung ablehnen würde. Selb­st der VDS wird wohl kaum an eine Bedro­hung des Deutschen durch Dänisch, Sor­bisch, Friesisch oder Romanes glauben.

  26. gnaddrig

    @ Nör­g­lerIn („zutief­sat unehrlich)
    zu 1. Umso besser.
    zu 2. Der VDS lis­tet sie immer­hin auf (zugegeben: neben vie­len anderen). Und in den Diskus­sio­nen kommt immer wieder der Hin­weis, die anderen hät­ten ja ihre Sprachen auch in den Ver­fas­sun­gen ste­hen, das kön­nten wir doch auch. Da wer­den dur­chaus die Ver­fas­sun­gen ander­er Län­der zum Vor­bild genom­men. Und das ist unehrlich. Erstens, weil die in den meis­ten Fällen ganz anderen Umstände (Sprach­land­schaft, autochthone Min­der­heit­en, his­torische Gegeben­heit­en) eine sim­ple Über­tra­gung auf Deutsch­land heute ver­bi­eten. Zweit­ens, weil der im Ver­gle­ich zur vom VDS vorgeschla­ge­nen For­mulierung deut­lich unprob­lema­tis­chere Pas­sus der öster­re­ichis­chen Ver­fas­sung eben nicht zum Vor­bild genom­men wird.
    zu 4. und 5. Eben.
    zu 6. Mit der öster­re­ichis­chen For­mulierung im Grundge­setz kön­nte ich eher leben, weil sie die Min­der­heit­en­sprachen nicht primär aus­gren­zt, son­dern zumin­d­est in Maßen schützt. Damit ver­mei­det sie weit­ge­hend die zu recht kri­tisierten Nachteile der vom VDS vorgeschla­ge­nen Formulierung.
    Wahrschein­lich hätte ich eine Peti­tion von A.S. gegen die Grundge­set­zän­derung allerd­ings auch dann mit­geze­ich­net, wenn Bild und der VDS für die öster­re­ichis­che For­mulierung getrom­melt hät­ten. Eine Grundge­set­zän­derung wäre dann näm­lich immer noch unnötig, weil die deutsche Sprache in Deutsch­land auch ohne Ver­fas­sungsrang als Amts- und Verkehrssprache etabliert ist und ihre Ablö­sung nicht in Sicht ist. Wed­er Englisch noch Türkisch (um mal die Hauptverdächti­gen zu nen­nen) stellen für die deutsche Sprache eine Gefahr dar. Keinem Nutzen stünde dann immer­hin der Aufwand ent­ge­gen, eine Grundge­set­zän­derung durchzuführen.

  27. Deutsch lernen und studieren

    Peti­tion “Keine Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz” – Sprachlog… Ins­beson­dere finde ich diese Beiträge sehr lesens- und bedenkenswert …

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