Zum Unwort des Jahres habe ich ja bislang wenig Nettes gesagt, aber vielleicht war ich damit voreilig: Sie scheint Wirkung zu zeigen — wenigstens bei Bundestagspräsident Norbert Lammert…
27. Februar 2010
Bundestagspräsident Norbert Lammert begründet seinen Saalverweis protestierender Abgeordneter der Linken:
Der Präsident nannte den Ausschluss „alternativlos“, betonte aber, dass dieser nicht die komplette Fraktion, sondern nur die Protestteilnehmer betreffe. Dennoch zog die komplette Fraktion aus. [Tagesspiegel.de]
18. Januar 2011
„Alternativlos“ wird zum Unwort des Jahres gewählt. [Tagesspiegel.de]
19. Januar 2011
Bundestagspräsident Norbert Lammert findet, dass es immer Alternativen gibt:
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat die Entscheidung, das Wort „alternativlos“ zum Unwort des Jahres zu bestimmen, als „einleuchtend“ bezeichnet. Rein logisch sei es „unsinnig, von Alternativlosigkeit zu reden“, sagte Lammert am Mittwoch im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd. Moniert werde ein Sprachgebrauch, „der schlicht eine Fahrlässigkeit in der Terminologie erkennen lässt, die den meist sehr viel komplexeren Sachverhalten nicht gerecht wird“, fügte der Bundestagspräsident hinzu. Alternativen gebe es immer. Die eigentlich wichtige Frage sei, welche denkbare Lösung die bestmögliche sei. [dapd]
Wörter und Unwörter — es ist immer schon eine rein einseitige, weil von Gruppen, die wir gut kennen, dominierte Auswahl gewesen. Eine Stellungnahme dazu bedeutet auch, sich diesem tendenziösen Treiben anzuschließen und selbst durch Kritik nicht über es hinausweisen zu können. Unwort an sich ist ein Unwort — vielleicht ist das des Jahres deshalb so genannt worden; ich fürchte nicht. Doch es gibt ganz sicher einige Dutzend solcher Wörter und sogar Sätze. Die Entscheidung für nur eines davon hängt die vielen anderen Pseudologismen ab und suggeriert, an sich werde ja sonst recht sinnvoll gesprochen.Man sollte neben der Gesellschaft für die deutsche Sprache gleich ein weiteres Organ aufbieten, die Auswahl anhand eines elektronischen Fragebogens treffen lassen und die getroffene Entscheidung für eines oder eine Gruppe von Wörtern breit publizieren. Der Wettbewerb dürfte dann etwa „Worthülse“ – und für Sätze „Platitüde“ des Jahres heißen.
Und wieder irrt Herr Lammert, logisch ist es durchaus nicht, eine Alternative zu haben. Allerdings ist mir neu, dass menschliches Zusammenleben nach den Gesetzen der Aussagenlogik funktioniert.