Ich habe das Verhältnis der Deutschen Bahn zur englischen Sprache schon kritisiert und gelobt, aber eigentlich lässt es mich völlig kalt.
Mich regt etwas anderes auf: dass die Deutsche Bahn komplett den Anspruch aufgegeben hat, auch nur Anstalten zu machen, so zu tun als ob sie den Anschein erwecken wolle, zumindest ein Lippenbekenntnis bezüglich einer prinzipiellen Bereitschaft abzugeben, wenigstens vorzutäuschen, uns ein leeres Versprechen machen zu wollen, dass sie theoretisch vorhabe, ihr Monopol auf den Schienenverkehr in Deutschland zum Anlass zu nehmen, diesen auf eine Art zu betreiben, die wenigstens für das zwanzigste Jahrhundert nicht völlig unangemessen gewesen wäre.
Wenn es einen Satz gibt, der bei mir Hassgefühle auslöst, dann ist es nicht „Thank you for travelling with Deutsche Bahn“, sondern „Wir bitten um ihr Verständnis“.
Die Züge, in denen ich dieser Tage die Freude hatte, quer durch Deutschland zu fahren (und ich meine Deutschland, das Wintermärchen, und nicht das Land, das ich eigentlich kenne und liebe) waren ohne Ausnahme verspätet. Viele führten abgeschlossene Wagen mit, oder solche, in denen kein Licht brannte, oder sie hatten kaputte Heizungen. Das Reservierungssystem funktionierte so gut wie nie. Auf das umfangreiche gastronomische Angebot wurde zwar hingewiesen, allerdings meistens nur, um uns mitzuteilen, dass dieses wegen einer technischen Störung nicht zur Verfügung stünde. Für jede dieser kleinen Unannehmlichkeiten hat man bahntypisch auf eine Art um unser Verständnis gebeten, die dieses bereits selbstverständlich vorausgesetzt hat.
Wer ist Schuld an alldem? Am ehesten doch wohl Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer.
Aber der weiß, wo die eigentlichen Probleme der Deutschen liegen:
Seine seit einem Jahr laufende Initiative zur Rückübersetzung von Anglizismen in die deutsche Sprache bezeichnete er als Erfolg, den er seinen Kabinettskollegen zur Nachahmung empfehle. Auf Ramsauers Initiative hin werden seit einem Jahr englische Begriffe wie „Laptop“, „Ticket“ oder „Flipchart“ im Verkehrsministerium nicht mehr verwendet. Stattdessen wird von „Klapprechnern“, „Fahrscheinen“ und „Tafelschreibblock“ gesprochen. Die Kampagne habe ihm „Tausende Zuschriften und Anrufe“ auch aus der Bevölkerung eingebracht, sagte Ramsauer, und zwar mit „100 Prozent Zustimmung“. Die Einsicht daraus sei für ihn als Politiker: „Dem Volk aufs Maul geschaut! Und schon weiß ich, was die Nöte, Sorgen und Probleme der Menschen sind. Und vor allen Dingen, was ich zu tun habe, um Abhilfe zu schaffen.“ Ramsauer zeigte sich überzeugt davon, dass es auch bei der Bahn AG zu einer Rückübersetzung von englischen Begriffen kommen werde. Bahnchef Rüdiger Grube sei ein „pragmatischer und handfester Mann“, der in seinem Unternehmen in jeder Hinsicht aufräumen werde. [Focus, 28.12.2010]
Dann schauen Sie mir mal aufs Maul, Herr Minister: Es interessiert mich nicht, in welcher Sprache die Bahn mit mir spricht. Ich will nur, dass sie das tut, wofür ich ihr jeden Monat zehn Prozent meines Einkommens überweise: Mich zur angegebenen Zeit und inder angegebenen Zeit auf dem angegebenen Sitzplatz und bei einer Temperatur, die menschliches Leben ermöglicht, an den angegebenen Ort bringen.
http://www.youtube.com/watch?v=l4X_JsEwjHA