Alle hassen englische Lehnwörter. Wir nicht. Wir geben jedem neuen Wort, egal, woher es stammt, zunächst einmal die Gelegenheit, seinen kommunikativen Nutzen unter Beweis zu stellen und vertrauen darauf, dass die Sprachgemeinschaft überflüssige Wörter schnell wieder aussortiert.
Um den mehr oder weniger aufschlussreichen Wahlen zum Wort und/oder Unwort des Jahres, mit denen uns verschiedene Sprachgesellschaften und ‑vereine uns zum Jahreswechsel beglückt haben oder dies noch tun werden, eine weitere hinzuzufügen, möchten wir den Beitrag, den die englische Sprache zur Entwicklung des Deutschen macht, angemessen würdigen.
Wir bitten deshalb um Nominierungen für den „Anglizismus des Jahres 2010“.
Nominierte Wörter sollten (ganz oder in Teilen) aus dem Englischen stammen, sie sollten neu sein, d.h. im Jahr 2010 zum ersten Mal verwendet worden oder wenigstens zum ersten Mal in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gelangt sein. Sie sollten eine interessante Lücke im deutschen Wortschatz füllen, entweder, indem sie eine vorhandene Wortbedeutung weiter ausdifferenzieren oder, indem sie ein Wort für etwas bereitstellen, was es vorher nicht gab oder was vorher nur mühsam umschrieben werden konnte.
Falls jemand Hilfe bei der Ideensuche braucht, empfehle ich die Seiten von zwei exzellenten Wörtersuchern: die Wortwarte, in der Lothar Lemnitzer fast täglich neue Wörter aus der Tagespresse veröffentlicht, und das Wortistik-Blog, in dem Detlef Guertler Wörter sammelt (und manchmal auch erfindet), „die uns noch fehlen“. Unter den dort gesammelten Neuwörtern finden sich natürlich viele rein deutsche Sprachschöpfungen, die die kreative Eigenenergie der deutschen Sprache bezeugen aber hier leider nicht nominiert werden dürfen, es finden sich aber natürlich auch englische Lehnwörter oder deutsch-englische Mischwörter.
Nominierungen können bis zum 7. Januar im Kommentarbereich dieses Beitrags hinterlassen werden. Sie sollten Folgendes beinhalten:
- das nominierte Wort;
- eine authentische Quellenangabe (also ein tatsächliches Beispiel für die Verwendung des Wortes), möglichst mit URL;
- eine Begründung, warum das Wort „Anglizismus des Jahres“ werden sollte.
Damit alles mit rechten Dingen zugeht, wird das Siegerwort von einer fachkundigen Jury ausgewählt und Mitte Januar präsentiert. Jurymitglieder sind neben mir die Germanistinnen Kristin Kopf, Expertin für die historische Sprachwissenschaft des Deutschen und Autorin des immer lesenswerten Schplock, Juliana Goschler, Expertin für die deutsche Gegenwartssprache und Mitautorin des Konstruktionsgrammatik-Blogs und Michael Mann, Experte für deutsche Lexikografie und Autor des Lexikografieblogs, sowie Susanne Flach, Expertin für Varietäten und Geschichte des Englischen und Autorin des Blogs ‘di:kæf. Genauere Informationen über die Jury und die Wahlmodalitäten gibt es hier.
Der/die Einsender/in des Siegerwortes erhält als kleine Anerkennung ein Exemplar des Spektrum-der-Wissenschaft-Dossiers Evolution der Sprachen aus dem Jahr 2000, für mich trotz (oder wegen) seines hohen Alters ein Klassiker unter den Spektrum-Dossiers. Damit wir dem/der Sieger/in das Dossier zuschicken können, benötigen wir eine funktionierende E‑Mail-Adresse (die natürlich nicht veröffentlicht wird). Wenn keine funktionierende E‑Mail-Adresse vorliegt, geht der Preis an den/die Zweitplatzierte/n, und so weiter. Und damit das klar ist: Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Bleibt eine Frage: Wie kann man erst auf Wörterwahlen schimpfen und dann selbst eine veranstalten? Nun, ich will versuchen, ob man nicht doch eine Wörterwahl hinbekommt, bei der es tatsächlich um Sprache geht, und nicht um Gesellschaftskritik. Es wird viel und unqualifiziert auf die englische Sprache und ihren Einfluss auf das Deutsche geschimpft, und dabei wird übersehen, dass die Entlehnung von Wörtern aus anderen Sprachen erstens völlig normal und zweitens ein Prozess der sprachlichen Bereicherung ist.
Alphabetische Liste der bisherigen Nominierungen (täglich aktualisiert)*
- adden
- App
- ausrollen (Updates, etc.)
- Balconing
- Cablegate
- Chermany
- Cloud
- clouden
- durchfaven
- eiPott
- entfolgen/entfollowen
- entfreunden/entfrienden
- flattrn
- followen
- Handy-Ticket
- Home Office
- Kiss & Ride
- leaken
- leiken/liken
- Literacy-Monat
- Multi-Touch-Screen
- Nacktscanner
- nineties (als Adjektiv, wie in ziemlich nineties)
- Open Access
- Patchwork-Kinder
- Sale
- Scripted Reality
- Shitstorm
- Social Media
- Social Web
- teilen/sharen
- triggern
- twicken
- verpixeln
- Westerwave
- Whistleblower
- Writer-in-Residence
* Einige dieser Vorschläge erfüllen möglicherweise die Kriterien nicht, vor allem, was die Aktualität betrifft. Diese Wörter werden nach Ende der Nominierungsfrist in einer ersten Runde unter Angabe nachvollziehbarer Belege ausgeschlossen.
[Nachtrag: Dieser Beitrag wurde am 28.12.2010 überarbeitet. Die neuen Jurymitglieder und ein Link auf die Wahlmodalitäten wurden hinzugefügt und die Begründung für die Wörterwahl wurde deutlicher formuliert.]
Dieser Beitrag steht unter einer Creative-Commons BY-NC-SA‑3.0-(Deutschland)-Lizenz.
[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Version enthält möglicherweise Korrekturen und Aktualisierungen. Auch die Kommentare wurden möglicherweise nicht vollständig übernommen.]
Anglizismus des Jahres
Eine gute Idee und ein interessanter Wettbewerb, ich werde in den nächsten Tagen mit Sicherheit daran teilnehmen. Sicher, zuweilen wird im deutschen Sprachraum “denglish” etwas übertrieben, aber im Computer-Zeitalter gehören mittlerweile sehr viele englische Wörter zum deutschen Standard, was wohl auch dahin gehend Sinn macht, dass man eine Reihe von englischen “Coumputer-Begriffen” oft gar nicht 1 : 1 ins deutsche übersetzen kann.
writer-in-residence
Heute morgen ist mir im Züricher Tagesanzeiger ( http://www.tagesanzeiger.ch/…ber-/story/11832449 ) der folgende Titel aufgefallen:
«Da kommt unser Stadtschreiber!»,
darin unter anderem folgender Text:
“Und wem dieser Titel [Stadtschreiber] ein bisschen altbacken vorkommt – er geht tatsächlich ins Mittelalter zurück, als Stadtschreiber die Protokollanten der Ratssitzungen waren und auch allerlei andere Amts- und Sekretariatstätigkeiten zu absolvieren hatten –, der nennt das Ganze gut amerikanisch «writer-in-residence»”.
“Stadtschreiber” ist offensichlich nicht brauchbar hier, weil zu vieldeutig, die britische Version “poet laureate” ist zu lateinisch, also wählt man einen schönen Amerikanismus.
Google findet den Ausdruck auch auf deutschen (Uni)-Seiten, es ist also keine Schweizer Eigenheit.
Mein Vorschlag
Whistleblower
Zugegeben: Das Wort wurde bereits früher vereinzelt in den Medien verwendet, aber ich denke, ein Großteil der Bevölkerung kennt es erst seit den diesjährigen Wikileaksenthüllungen.
———————–
z.B.
http://www.spiegel.de/…and/0,1518,699321,00.html
“Er illustriert ein Phänomen, das Bürgerrechtler in den USA schon länger misstrauisch beobachten — das immer schärfere Vorgehen Washingtons gegen “Whistleblower”, also Regierungs-Insider, die Missstände und Staatsskandale ausplaudern.”
Kiss & Ride
Gibt es schon länger — wurde oder wird(?) von der Deutschen Bahn AG aber abgeschafft — und war daher 2010 mehrfach in der deutschen Presse thematisiert worden. Es sollte als wahrscheinlich erster Anglizismus, der abgeschafft werden soll, ein Denkmal erhalten! Und es ist so schön zweideutig.. 😉
http://www.tagesspiegel.de/…default,1684310.html
http://www.zeit.de/…02/deutsche-bahn-anglizismen
http://derstandard.at/…ungen-Kiss-and-Ride-Zonen
Vorschlag: leaken bzw. geleakt
Mein Vorschlag wäre das Verb “leaken” bzw. sein häufiger Verwendetes Partizip “geleakt”, als Ausdruck für das anonyme Veröffentlichen von klassifizierten Dokumenten im Internet (bzw. als Eigenschaft der Dokumente, die derart veröffentlicht wurden).
Drei Punkte als Begründung:
1. Zwar ist das Wort schon älter, aber durch die erst vor einigen Wochen/Monaten ins Rollen gekommene Diskussion um die Internet-Plattform Wikileaks ist es erst in diesem Jahr in ein breiteres öffentliches Bewusstsein gelangt.
2. Ist das Wort perfekt in die deutsche Grammatik eingebunden: Aus dem Nomen (Wiki)Leaks wurde der Verbstamm /li:k/ übernommen, welcher entsprechend den Regeln der deutschen Grammatik flektiert wird: Ich leak(e) /li:k(ə)/, wir leaken /li:kŋ/ (sehr schön mit progressiver nasaler Ortsassimilation), er leakte usw. Nicht zuetzt da sich ein Partizip ableiten lässt, welches sich von seinem englischen Pedant unterscheidet (*das leaked Dokument vs. das geleakte Dokument)
3. Es gibt (noch) kein entsprechendes deutsches Wort, welches neben der Kernbedeutung — veröffentlichen — die gesamte Veröffentlichungsgeschichte (Internet, Grauzone, Geheim, anonym) in sich trägt.
Nachtrag: Quelle
Auf der deutschsprachigen Wikipediaseite zum Nomen “leak” wird das vorgeschlagene Partizip “geleakte” unter dem Absatz “Dokumente” benutzt. Aber ich bin sicher, man findet das Wort ann vielen Stellem im Netz und in Zeitungen etc.
Link (de.wikipedia.org)
leaken ist kalter Kaffee
Meinen eigenen Vorschlag muss ich mir noch überlegen, aber zum Thema leaken möchte ich darauf hinweisen, dass das Wort schon seit Jahren benutzt wird. Es hat vielleicht einen Popularitätsschub durch Wikileaks erfahren, ist aber z.B. in Bezug auf Unterhaltungsindustrie seit es die Downloadportale gibt in Gebrauch. Über Google findet man erste Beispiele im Deutschen bereits vor fast 10 Jahren.
Wir, das Entwicklungsteam Burut, wollen Euch mitteilen, dass es sich hier um eine geleakte Version handelt, […]
http://www.warp2search.net/news/story/kreed_tech_demo.html, 18.02.2002
so dass auch die Möglichkeit besteht dass die im Moment gesichteten CD´s geleakte alte Versionen sind
http://winfuture.de/news,554.html, 04.09.2001
PC Online aus China hatte einige Tabellen geleakt, die von nVidia stammen sollen […]
http://www.3dnowgalaxy.de/newsold.htm, 31.01.2001
Noch ein Vorschlag:
“Scripted reality”. Zwar nicht exakt neu, ist zumindest mir dieser Ausdruck in diesem Jahr aber zum ersten mal vermehrt über den Weg spaziert.
Die ersten Googletreffer scheinen dies zu bestätigen, z.B.
http://www.sueddeutsche.de/…ches-drama‑1.1012620 ,
http://www.zeit.de/2010/32/Dokusoaps oder
http://www.abendblatt.de/…-Scripted-Reality.html u.v.a.
stammen entweder aus 2010 oder der zweiten Jahreshälfte 2009. Allein Stefan Niggemeier schafft es mit einem Beitrag aus 2005 auf die erste Trefferseite, aber als “Medienprofi” darf er das wohl.
Eine stimmige Entsprechung im Deutschen für den Begriff scheint es nicht zu geben, zumindest das von Wikipedia vorgeschlagene “Pseudo-Doku” benennt das gewissermassen hochstaplerisch-hinterhältig die Realität verzerrende der mit Scripted Reality bezeichneten Formate nur sehr ungenügend.
Und spätestens seit den neue Massstäbe setzenden Auftritten des Ehepaars Guttenberg sollte ein Bewusstsein für und die Auseinandersetzung mit dieser Form der inszenierten “Realität” und deren Auswirkungen auf die demokratische Öffentlichkeit auf der Agenda stehen.
Viel Spass noch mit diesem wirklich sehr schönen, erfreulich gegen den deutschtümelnden Mainstream schwimmenden Contest — Anglizismenbashing sucks!
Anglizismus des Jahres
Ich möchte IPad mit Multi touch Screen vorschlagen ohne Schleichwerbung machen zu wollen und in vollem Bewusstsein, dass Produktnamen wahrscheinlich gleich und nicht ganz zu Unrecht disqualifiziert werden (auch wenn das iPad vielleicht eine kleine Chance hat zum Tesa oder Tempo oder zur gepimpten Pampers unter den Produktanglizismen im Touch-Screen… ja Touch Screen..äh.. Touch Screen Pad Sektor und zum Kategoriebegriff zu werden). Die verstecktesten Anglizismen sind oft Akronyme, die man liest als wären es deutsche Buchstabenkürzel, sinds aber dann nicht. iPad selbst ist kein solches, aber dennoch deshalb Anglizismus, weil zumindest das Wort Pad drinsteckt. Konkurrenz zu einer bereits bestehenden bedeutung von Päd im Deutschen wäre mir nicht bekannt, somit wäre die Lücke geschlossen, ob sich dann bei manchem auch ein PÄDagogischer Effekt einschleicht wage ich noch zu bezweifeln. Genug der Schwafelei, ich besitze die Ausgabe des Spektrumheftes schon und kann sie nur jedem empfehlen!
[Über die Zulässigkeit von iPad muss die Jury noch ein bisschen nachdenken, aber Multi-Touch-Screen ist auf jeden Fall erlaubt. — A.S.]
Westerwave
Zählt das überhaupt? Jedenfalls fiel mir diese seltsame Wortschöpfung sofort ein und ich stieß auch am selben Tag nochmal drauf.
Hier eine von vielen Quellen…
http://www.welt.de/…ten-des-Aussenministers.html
Deutschtümelnder Mainstream? Haha!
Anglizismen sind Mainstream und die Kritik an ihnen durch bestimmte Personen und Vereine findet nur deshalb ein solches Medienecho, weil diese sich aktiv um Öffentlichkeitsarbeit bemühen.
Die Sprachschützer geben sich als verfolgte Minderheit aus, genau wie Sie hier. Das gehört zum Geschäft. Alle sind doofer Mainstream, nur wir nicht, wir sind schlau und haben das Richtige Bewußtsein. So kommt man in die Presse.
In Wahrheit nehmen die Medien fast jede Meldung, in der jemand mit einer halbwegs nachweisbaren Autorität etwas zum “xyz des Jahres” wählt.
Ich mache Ihnen, lieber Herr Stefanowitsch, folgenden Vorschlag: Wenn Sie Ihren “Anglizismus des Jahres” gewählt haben, machen Sie eine Pressemitteilung und ich stelle Ihnen eine kleine PR-Agentur zur Verfügung, die diesen Text kostenlos and die deutschen Medien verteilt (ca. 1600 Adressen). Dann sehen wir ja, ob die Retter des Denglischen, wirklich eine verfemte Minderheit sind, die keinen Zugang zu den Mainstream Medien hat.
Bedingung: das Ergebiss der Aussendung wird an dieser Stelle veröffentlicht.
Touchscreen
… ist in der Tat ein guter Vorschlag, wobei ich mir hier auch nicht sicher bin, ob das nicht auch letztes Jahr schon ganz normal benutzt wurde. Ich habe erst seit diesem Jahr ein Touchscreenhandy, habe aber das Gefühl, damit spät dran zu sein.
Noch ein Vorschlag
Mein Vorschlag:
Shitstorm
Ich dachte eigentlich das Wort ist schon fast zu alt, aber alle Verwendungen die ich beim schnellen Suchen gefunden habe, sind tatsächlich aus 2010
Im Urban-Dictionary steht es auch.
http://www.urbandictionary.com/…erm=shit%20storm
Belege:
http://re-publica.de/…w‑to-survive-a-shit-storm/
http://www.spiegel.de/…web/0,1518,721321,00.html
http://www.netzpolitik.org/…itstorm-auf-easydns/
Begründung:
Meiner Meinung nach gibt es keinen entsprechenden Ausdruck im Deutschen und schon gar keinen, der das so knapp und klar beschreibt.
siehe zb auch die Spiegel-Erklärung:
So nennt man es heute, wenn jemand in der Netzöffentlichkeit plötzlich und heftig mit Dreck beworfen wird, ob berechtigt oder unberechtigt.
Anglizismus des Jahres
Ich schlage hiermit “watchers” vor.
“Watchers” ist (schon fast unheimlich) gut geeignet, Anglizismus des Jahres zu werden.
Nicht nur, dass wir den Anglizismus schon sehr lange als quasi einheimisches Allerweltswort kennen und eifrig verwenden, sondern auch deshalb, weil tagtäglich zu den alten “watchers” neue hinzukommen. Neben wal‑, fat,- net‑, world‑, bay‑, food‑, weight- und Abgeordnetenwatchers, habe ich eigens für die gute Sache hier den “word watcher” erfunden.
Dachte ich — jedenfalls so lange, bis ich meine Erfindung bei Google eingab: 15.500 Treffer, den Begriff gibt es schon!
Gut, dann eben “VDS watcher” eingeben, dachte ich mir. Treffer, den gibt es im ganzen Netz noch nicht!
So, die Bedingungen müssten allesamt erfüllt sein:
— ein Wort
— eine Begründung
— Quellenangabe (hier)
— aus dem Jahre 2010 (von heute und frisch geschöpft)
Ich gehe davon aus, dass ich so gut wie gewonnen habe und bitte um persönliche Zustellung des ausgelobten Preises.
Hallo,
auch ich muss zugeben zunächst in der Wikileaksschiene gedacht zu haben. Neben “Whistleblower” und “Leak” fällt es mir im Moment schwer ein anderes, gleichwertigeres zu finden. Wäre vor ca. einem Monat vielleicht noch anders gewesen. 😉
Touchscreen?
@Gareth — Touchscreens an sich gibt es aber wirklich schon ziemlich lange, auch der Begriff an sich kommt mir schon ziemlich “nineties” vor.
Also wenn, dann würde ich doch zumindest für den Multi-Touchscreen plädieren, allerdings war mir bis gerade eben gar nicht bewusst, dass es sich dabei nicht nur um eine Werbefloskel sondern um eine tatsächliche technische Innovation handelt. Liegt wohl daran, dass ich mir bisher die Anschaffung der entsprechenden Gerätschaften gespart habe.
Aber “Anglizismus des Jahres” scheint mir für so ein Gadget doch etwas viel des Guten.
Ich selbst würde eigentlich auch zu “geleakt” tendieren, das war tatsächlich auch meine erste Idee, Patrick Schulz war aber schneller 🙂 Ehrlich gesagt, mir geht es wie Andrej, mir fällt überhaupt kein ernsthafter Gegner für “geleakt” ein, deshalb schon mal “Herzlichen Glückwunsch” bzw. “Congrats!” an Patrick Schulz.
Ich hatte ja schon gesagt, dass es wahrscheinlich an mir liegt, dass ich Touchscreen noch nicht allzu lange wirklich aktiv verwende. Was ein Multitouchscreen ist weiß ich gar nicht und ich bin gerade auch zu faul, um nachzuschlagen. Im Endeffekt ist Touchscreen vermutlich kein guter Vorschlag. Ich überlege auch immer noch, was ich selbst vorschlagen könnte. Das twittern vom letzten Jahr lässt sich dieses Jahr wohl nicht überbieten.
leaken zum Anglizismus des Jahres 2010 zu küren, wäre dann aber noch alberner als Touchscreen, denn wie gesagt, das Wort ist seit knapp 10 Jahren im Deutschen im Gebrauch.
Followen
Ist wahrscheinlich eigentlich eher 2008/2009, aber ähnlich wie andere beim Touchscreen wäre ich bei “followen” davon überzeugt, dass es erst in jüngster Zeit massiv in die Massenmedien und den allgemeinen Sprachgebrauch eingedrungen ist. Schön ist die lässige Integration in die deutsche Grammatik (“followst du mir schon” und ähnliches). Und die Tatsache, dass es — zur Abgrenzung anderer Bedeutungen von “folgen”? — eben als englischer Fachbegriff im deutschen Text steht.
Verwandte Begriffe: der Follower, die Follower, twittern, der Tweet.
Beispiele:
http://www.taz.de/…/1/twitter-hack-nervt-promis/
http://www.spiegel.de/…web/0,1518,694141,00.html
@Gregor
Gregor, wo gibt sich hier jemand als „verfolgte Minderheit“ aus? Selbst die Sprachnörgler tun das nicht — sie sehen sich als von einer „Elite“ sprachlich unterdrückte Mehrheit. Dabei ist die Medienmacht tatsächlich fast immer auf Seiten der Sprachapokalyptiker und Fremdworthasser. Das mag zum Teil an einer entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit liegen, aber zum Teil liegt es schlicht daran, dass Kulturpessimismus „Mainstream“ ist, und jede Art von Sprachnörgelei (ob deutschtümelnd oder nicht) gut in diesen Mainstream passt.
Was Ihren Vorschlag betrifft, den finde ich im Prinzip nicht uninteressant. Wissenschaftlichen Kriterien genügt das Experiment sicher nicht, aber es könnte trotzdem aufschlussreich sein, zu sehen, wie oft der „Anglizismus des Jahres“ aufgegriffen würde und vor allem, wie er inhaltlich ankäme.
Allerdings habe ich ein bisschen den Eindruck, dass ich bei der Aktion kaum gewinnen kann. Wenn das Medienecho deutlich geringer wäre als beim „Wort des Jahres“ — wovon ich allein schon wegen der größeren Bekanntheit des Letzteren ausgehe — und ich das zum Anlass nehme, die These vom kulturpessimistischen, lehnwortfeindlichen Mainstream aufzugreifen, stehe ich da, wie der öffentlichkeitsheischende Fuchs, dem die Trauben des ausbleibenden Medienechos sowieso zu sauer gewesen wären. Wenn es dagegen der Zufall will, dass die Geschichte in einer nachwehnachtlichen Themenflaute zum Topthema wird, stehe ich da, wie jemand, der sich, wie Sie es ausdrücken, als Mitglied einer verfolgten Minderheit ausgibt, obwohl er zum meinungsmachenden Establishment gehört.
Aber wenn ich auf den Vorschlag gar nicht eingehe, stehe ich da, wie eine feige Sau. Und niemand, niemand nennt mich eine feige Sau. Also machen wir es so, wie Sie es vorschlagen.
verpixelt
pixel als Abkürzung für picture element ist schon an sich toll.
Das nun deutsche “verpixelt” ist ein schönes d e u t s c h e s Wort.
[Verpixelt darf teilnehmen, da auch Wörter kandidieren können, die nur teilweise aus englischem Lehngut bestehen. — A.S.]
Anglizismus des Jahres
“Allerdings habe ich ein bisschen den Eindruck, dass ich bei der Aktion kaum gewinnen kann”
Das wird in der Tat so sein. Die Aktion kann nur schiefgehen, es fehlt dem noch zu wählenden Anglizismus von vorn herein und auf jedem Fall der Charme, den etwa die geschöpften deutschen Begriffe wie “Wutbürger” oder “schottern” haben. Den Sinn kann man ableiten aus bekannten Wörtern, sie sind selbsterklärend, oft ironisch und mit Hintersinn gedacht, auf den Punkt gebracht oder einfach nur spaßig gemeint. Das versteht jeder. Da tut man sich mit einem Anglizismus einfach schwerer, zumal der Anglizismus auch noch neuesten Datums sein soll und irgend etwas bezeichnen soll, für das die deutsche Sprache vorgeblich oder noch keine Entsprechung hat. Wie immer das Wort dann auch lautet, ohne umständliche Erklärung, was der Begriff im Deutschen nun bedeutet, kann man gar nicht auskommen. Ungünstiger kann die Ausgangslage demnach gar nicht sein: Kaum jemand kennt den Anglizismus, er ist ja relativ neu. Von vorn herein verstehen tut ihn auch kaum einer, er wird wohl eher nicht selbsterklärend sein. Wie also soll es gelingen, dieses angeblich bedeutsame Wort, das jedoch bisher niemand vermisst hat, dem jetzt schon ermüdeten Publikum als wichtigen Lückenfüller zu präsentieren?
Abgemacht…
…ich kontaktiere Sie dann per E‑Mail. Dass sie bei der Aktion nur verlieren können, sehe ich nicht. Sie sollten ja in der Pressemitteilung nicht nur verkünden, dass der „Anglizismus des Jahres“ gewählt worden ist, sondern auch erklären, warum Sie diese Aktion überhaupt initiiert haben. Und auf diese Weise können Sie den deutschtümelnden Mainstream mit ihren revolutionären Thesen über Sprachwandel konfrontieren.
Aber ernsthaft: In dieser Frage ist für die Medien „Mainstream“ oder „Außenseiter“ ohne Belang. Räsonnieren über Sprache ist ein nettes Beiwerk und ob man dabei in eine bekannte Kerbe schlägt oder mal was Neues bringt, spielt keine Rolle. Ich würde sogar sagen, dass Ihre Position gute Chancen hat, gerade weil sie medial weniger gut vertreten ist. Abwechslung ist wichtig für die Journalisten. Die wollen in erster Linie ihr Produkt verkaufen und da kommt alles gelegen, was bestimmten Kriterien genügt, wie Abwechslung, Konflikt etc. Strömungen wie Kulturpessimismus oder werden allenfalls als Dekorationen genutzt, die jederzeit durch andere ersetzt werden können. Und da Sie ja in der Lage sind, unterhaltsam zu formulieren und ihre Texte zugleich auch wissenschaftlichen Kriterien genügen, dürfte ihnen eine Karriere als Medienlieblig offen stehen. Natürlich sind Aktionen wie „Unwort des Jahres“ inzwischen Selbstläufer und werden sogar in den Nachrichten erwähnt. So weit wird es der „Anglizismus des Jahrs“ sicher nicht bringen. Aber auch Ihre „Credentials“ als Professor und Wissenschaftsblogger sind ja nicht ohne. (Ja, auch ich wechsle bisweilen gerne in das Lager der verfemten, ständig in Lebensgefahr schwebenden Minderheit…)
A propos Minderheit: Sich als „abseits vom Mainstream“ zu positionieren, ist eine gängige Strategie der Selbstdarstellung, und ob das nun konservativ-elitär oder progressiv-antielitär daher kommt, spielt keine Rolle. Es ist für manche Menschen einfach schöner, sich einer klugen Minderheit zugehörig zu fühlen und es verleiht dem eigenen Anliegen zusätzliche Legitimität. Natürlich sind die Gegner immer ignorant, aber unheimlich mächtig und halten alle wichtigen Positionen besetzt.
Bei aller Verschiedenheit der Anschauungen, eines jedoch würde mir nie einfallen: Sie als feige Sau zu bezeichnen.
Open Access
Ist auch nicht neu, allerdings hat die entsprechende Diskussion hierzulande erst kürzlich fahrt aufgenommen. Plus, es gibt keine brauchbare Entsprechung im Deutschen.
Social Media
Dieser Begriff scheint mir erst in 2010 in großem Stil in die Öffentlichkeit eingedrungen zu sein, obwohl es ihn in interessierten Kreisen natürlich schon länger gibt. Vielleicht ist 2010 mit dem rasanten Aufstieg von Facebook überhaupt DAS Social-Media-Jahr. Zumindest, was die Werbewirtschaft betrifft…
“Social Media” ist ein perfekter Anglizismus, weil von “Sozialen Medien” niemand spricht. “Social” lässt sich hier nicht ohne weiteres mit “sozial” übersetzen, es hat eine andere Bedeutung.
“Durchfaven” in allen seinen Ableitungen:
http://tinyurl.com/durchgefaved
Und zwar weil: Es die Eindeutscher vom VDS zur Kapitulation treiben dürfte, zu versuchen für das massenhafte Favorisieren von Tweets eines einzelnen Users einen deutschen Begriff zu finden. Und weil es eine traumhafte Ableitung von “durchf***en” ist, die ziemlich deutlich — aber durchaus auch ironisch — klarmacht, was das “faven” einem Twitterer bedeutet.
“Faven” selber gibt es natürlich schon länger, “durchfaven” ist mir dieses Jahr zum ersten Mal begegnet.
Darum “verpixelt”
Da verpixelt nun also teilnimmt — und ich habe gar nicht gezweifelt, dass es regelgerecht für diesen Wettbewerb ist — muss ich nun ja noch eine URL nachliefern. Muss ich? Mein Verweis auf “Pro Google Street View” und “Was hast du getan, Google?” wird mir doch bitte nicht als Bestechung ausgelegt, oder?
Auch eine Begründung will ich liefern:
Gerade weil verpixelt nur teilweise aus englischem Lehngut besteht, bezeichnet es treffsicher die deutsche Google Street View-Besonderheit. Im englischen Sprachraum ist eine Verpixlung von Google Street View-Daten gar nicht möglich (oder irre ich da?).
Es würde mich nicht wundern, wenn verpixelt so sogar ins Englische wandert, um den deutschen Sonderweg zu bezeichnen.
Ah! Ich hab es (ja was wohl) gegoogelt: “Germany is verpixelt”
http://www.streetviewfun.com/…many-is-verpixelt/
Na also. Zum einen ist Google Street View eine sehr US-amerikanische Erfindung und das Unkenntlich machen eine deutsche Sonderheit. Da muss doch ein Mischwort her!
Verpixelt wird — man mag es bedauern wie man will — überleben.
Wort des Jahres ohne Erklärung?
@Klausi:
Dass ein Anglizismus des Jahres nicht ohne Erklärung uaskommen wird, mag sein. Darin unterscheidet er sich aber nicht vom Wort des Jahres. Das sieht man schon am “Wutbürger”, dessen Bedeutung die Jury selbst nicht verstanden hat. Einerseits ist die Wortschöpfung nicht neu, sondern betrifft die Schill-Sympathisanten, wie hier bereits bemerkt wurde, andererseits ist es keine Unterstützung der S21-Protestierer, sondern allenfalls eine Pejoration dafür, um sie als alte Meckerfritzen abzustempeln.
Dass die Jury dafür anscheinend deutlich zu doof ist und das entweder aus reiner Blödheit, oder aber aus politischen Kalkül, völlig falsch verstanden hat, zeigt bestenfalls nur eins: Dass das Wort des Jahres irgendwelche Assoziationen weckt, die vielleicht rein zufällig den Kern treffen können, die aber auch meilenweit davon entfernt liegen können.
Das gleiche gilt für das Unwort des Jahres. Ich erinnere nur an das unselige “Humankapital”, dessen Bedeutung von der Jury nicht im geringsten verstanden wurde.
Es zeigt sich, dass solche “urdeutschen” Wörter wie die (Und-)Wörter des Jahres keinesegs ohne zusätzliche Erklärung auskommen. Und diese Erklöärung sollte besser nicht von der strunzdummen Jury kommen, die sich anmaßt, solche Wörter zu wählen.
@A.S.:
Ich habe keinen eigenen Vorschlag, favorisiere aber deutlich “verpixeln”. Erstens ist es im Gegensatz zu leaken und erst recht Touchscreen neu (Touchscreens standen schon Anfang der 90er an jedem Bahnhof rum), und zweitens kommt es “mitten aus dem Jahr”, im Gegensatz zu den Wikileaks-Vorschlägen.
verpixeln = neu?
Ich weiß ja nicht, wo ihr die letzten Jahre wart, aber verpixelt wurden Gesichter in Zeitungen und anderen Bildbeiträgen schon vor 2002. Der Begriff ist also keineswegs neuer als “leaken”.
Deutschland wurde verpixelt
Verpixelt kenne ich seit Anfang der 1990er Jahre, wenn z.B. die Auflösung der CCD-Kamera nicht gut war und wir Details in Daten nicht gut sehen konnten. Ich denke geringe Auflösung bei der Digitalisierung ist die ursprüngliche Bedeutung. Aber darum, um die klassische Verpixelung geht es heute gar nicht. Auch das absichtliche unkenntlich machen durch künstliche Vergröberung der Auflösung oder, einfacher, schwarze Balken ist nicht neu. Das hat zunächst auch gar nichts mehr mit den Pixeln zu tun. Schwarze Balken kann ich auch in analogen Fotos einzeichnen Ob deswegen immer von Verpixlung gesprochen wurde, weiß ich gar nicht. Der schöne Begriff Pornobalken kommt mir da in den Sinn.
2010 aber bekam der Begriff verpixelt durch die Google Street View-Angelegenheit eine neue Dimension. Deutschland wurde verpixelt. Diesen Satz hätte man vor 2010 nicht verstanden. Das ist was diesen Anglizismus auszeichnet.
verpixelt im Englischen?
@Markus,
leider kann ich’s nicht mit Sicherheit sagen, aber die Site sieht mir irgendwie nicht aus wie von einem Muttersprachler gemacht. Der Sprachstil, einige der Fehler, irgendwas stimmt da nicht. Einfach nur ein Gefuehl.
Auch aus der einen Fundstelle abzuleiten dass “verpixelt” es ins Englische geschafft haette halte ich fuer mehr als gewagt. Ich kann naemlich sonst praktisch nichts vergleichbares finden wo “verpixelt” in einer echten weit verbreiteten Englischsprachigen Site verwendet wurde. Warum auch? “Blur” bedeutet nun einmal genau das gleiche. Es gibt genug Deutsche (und andere) Woerter die ins Englische aufgenommen wurden, aber das scheinen mir eigentlich eher Worte zu sein wo es eben kein gutes Gegenstueck zu gibt.
Wort-Wahl: Anglizismus des Jahres… veranstaltet auch eine Wortwahl – und diesmal vielleicht eine, in der es wirklich um das Wort geht, und nicht um den gesellschaftspolitischen Zusammenhang, in dem es entstanden ist … Gesucht ist der Anglizismus des Jahres 2010 …
Unkenntlichmachung von Häusern
@Armin: Stimmt. Ich hatte zunächst nur den Verdacht, daraufhin mal gegoggelt und fand diesen Link.
Ich dachte dieser Begriff würde zB für den deutschen Sonderweg auch im Englischen auftauchen.
Aber in der New York Times (April 29, 2010) steht zB:
“German data protection officials had initially questioned the legality of Street View but dropped their objections last July after Google agreed to hide details of faces, license plates and house numbers through pixilation, and to give citizens the option of removing their property entirely from the 360-degree photo archive. Since then, hundreds have made such requests.” [Hervorhebung durch mich]
Da ja weltweit Nummernschilder und ähnliches verpixelt werden, ist zumindest die Technik bei Street View nich neu sondern nur der Einsatz bei Häusern.
Verpixelt könnte für die spezifische Unkenntlichmachung von Häusern als neues Wort auftauchen. Aber das ist immer noch sehr gewagt als These.
Denn weder in der NYT noch Washington Post ist bis heute “verpixelt” genutzt worden. Also lag ich wahrscheinlich falsch.
Aber in Deutschland ist dieses Wort sicher 2010 aufgestiegen in unseren Wortschatz.
Ramblings of an expat in Germany
Eine nach Deutschland ausgewanderte englische Muttersprachlerin schreibt über “verpixelt” im Zusammenhang mit Wortwahlen: Ramblings of an expat in Germany.
Aber ansonsten konnte ich wirklich bisher nichts weiter finden, was aus einer original englischsprachigen Website stammt. Das ist aber für diese Wahl auch nicht entscheidend.
Jetzt muss ich aber noch Geschenke kaufen gehen.
Frohe Weihnachten in diese Runde!
verpixelt
Also mir ist das Wort “verpixelt” bewusst zum ersten Mal bereits ca. 1998 begegnet, als in Sat1 (glaube ich) ein Film von BruceLaBruce gezeigt wurde; um den Film (mutmasslich) ungeschnitten zeigen zu können, wurde er von erläuternden Kommentaren unterbrochen, in denen auch erklärt wurde, warum die expliziten Stellen “verpixelt” wurden. Das ist also auch schon ziemlich “nineties”.
So, jetzt aber noch ein herzliches “Merry Christmas” an alle, und tschüss!
verpixelt / pixellated / pixilated
verpixelt ist wohl auch zu alt für den Anglizismus des Jahres.
In dem einen englischen Beitrag wurde es ja auch offensichtlich nur scherzhaft benutzt, weil es auf Englisch einfach pixellated heißt. Das in der New York Times muss ein Rechtschreibfehler sein, denn pixilated bezieht sich auf eine Stop-Motion-Technik.
triggern, getriggert
Der Begriff ist zwar seit mehreren Jahren zu finden (z.B. erster Wiktionary-Eintrag im Jahre 2005), er hat jedoch neulich an Bedeutung gewonnen. So werden triggern und getriggert jetzt ausserhalb von Themen wie Medizin oder Spielen und auch ausserhalb von spezifischen Foren benutzt.
Ab jetzt werden bei uns Forellen getriggert (Sept 2010)
http://www.fangplatz.de/…ns-forellen-getriggert/
Der Sinn des Begriffs ist nicht mehr eindeutig. Dass er auch in Verbindung mit einem anderen Sprachniveau gebracht wird, finde ich neu :
Unsere Eitelkeit muss ständig getriggert werden, die Vernunft wird im großen Stil sediert. (Die Zeit, Januar 2010)
http://www.zeit.de/…01/Requisiten-des-Jahrzehnts
Obwohl es sich hier meistens um eine qualitative Änderung handelt, weist Google Trends darauf hin, dass sie auch quantitativ als Anstieg zu beobachten ist.
https://www.google.com/trends?q=triggern&ctab=0&geo=all&date=all&sort=0
–
Die Begründung für diese Nominierung liegt also darin, dass dieses Wort 2010 “zum ersten Mal in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gelangt” ist.
die Cloud
Der Ausdruck «die Cloud» tritt seit 2008 ganz spezifisch in der IT-Branche auf. Allgemein wurde er in den letzten Monaten massenhaft benutzt und gesucht, wie diese Grafik zeigt :
http://www.google.de/…de&date=all&sort=0
Wo «Cloud computing» schon seit einiger Zeit bekannt ist, tritt jetzt «die Cloud» hervor. Sie ist häufig zu finden, wie zum Beispiel in der allgemeinen Presse :
Genau hier liegt das eigentliche Potenzial der Cloud (Zeit Karriere, Dez 2010)
http://www.zeit.de/…-risiko-mitarbeiter?page=all
Wikileaks hatte mit einem Umzug in die «Cloud», also in ein Netz von verteilten Rechenzentren (NZZ Nachrichten, Dez 2010)
http://www.nzz.ch/…digt_wikileaks_1.8533534.html
Die Cloud entdeckt die Datev (FAZ-Wirtschaft Titel, Juli 2010)
http://www.faz.net/…0~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Interessanterweise wird hier kein Computernetz gemeint, sondern eine ganze Wirtschaftsbranche. Die Sinnübertragung zeugt von der Verbreitung des Begriffs. Während er in der NZZ noch erklärt wird, wird hier von der (wirtschaftlich geprägten) Leserschaft erwartet, dass sie ihn kennt.
–
Vor allem die Gesamtmenge der Erwähnungen ist beachtenswert, vorher war das Wort noch relativ selten. Es wurde 2010 einer breiten Öffentlichkeit bekannt, daher die Nominierung.
Word des Jahres… Und siehe da, auch das ist jetzt möglich: In seinem Sprachlog veranstaltet Anatol Stefanowitsch seit einigen Tagen die Wahl zum Anglizismus des Jahres 2010. Und dabei geht es nicht darum, böse englische Eindringlinge anzuprangern. Gesucht werden Wörter, die das Deutsche um Ausdrucksmöglichkeiten bereichert haben …
leiken
Facebook hat den „Like“-Button zwar schon am 10. Februar 2009 offiziell eingeführt, aber die Adaption im Deutschen zu „liken“, i.S.v. ‘in sozialen Netzen bekanntmachen, etwas zu mögen’, ist meiner (lange FB-abstinenten) Wahrnehmung nach so richtig erst 2010 geschehen, aber je nach Korpus mag man das widerlegen können.
App
Das Wort “App” taucht immer wieder in der Werbung auf, für mich der Anglizismus des Jahres. Dabei weiß ich nicht mal genau was das ist, ich benutze mein Handy ausschliesslich zum telefonieren…
Anglizismus des Jahres 2010… Was auf Anhieb wie Satire klingt und vielleicht auch so gedacht war, hat sich inzwischen zu einem, wenn auch ironischen, so doch durchaus ernstgemeinten (und wie ich finde sehr begrüßenswerten) Projekt entwickelt …
“nineties”
Kam hier zweimal in Kommentaren vor, der Ausdruck, dass etwas “ziemlich nineties” sei. Wie wär’s damit?
Wahlaufruf: Anglizismus des Jahres 2010… sucht nebenan im Sprachlog den Anglizismus des Jahres 2010. Unter Anatols Vorsitz wird eine Jury aus bloggenden Germanisten und Anglisten im Januar aus Vorschlägen der Öffentlichkeit das Gewinnerwort (und den Gewinner) wählen. In der Jury sitzen …
Wieso eigentlich nur Anglizismen und nicht Lehnwörter/-strukturen generell?
[Um Lehnwörter aus anderen Sprachen müssten sich die Kolleg/innen aus den entsprechenden Fachphilologien schon selbst kümmern. — A.S.]
Anglizismus des Jahres
Sehr geehrter Herr Professor Stefanowitsch,
Sie schreiben “Alle hassen Lehnwörter …” Ich nicht! Ich hasse als friedlicher Mensch auch nur ganz selten etwas. Manchmal gefällt mir etwas nicht oder ich mag es nicht, so den undifferenzierten Gebrauch des Begriffs Lehnwort. Im engeren Sinne steht die Bezeichnung ja für ein Wort, das sich dem Deutschen in Flexion, Lautung, Schreibweise angepasst hat. Ein solches wünschte ich mir als Sieger bei Ihrer Ausschreibung. Leider entsprechen erste Einsendungen dem nicht; eine “Bereicherung der deutschen Sprache”, wie von Ihnen gewünscht, sind sie wohl auch nicht.
Es grüßt Sie freundlich
Dietrich Lade
Sale
Ich kam heute spontan auf die Idee, das Wort “Sale” vorzuschlagen, bin aber nach eingehendem Studium der Wettbewerbsregeln skeptisch, ob es die Regeln erfüllt. Den Anstoß für meinen Vorschlag gab der Umstand, dass ich das erwähnte Wort heute zum ersten Mal bewusst in der gesprochenen deutschen Sprache gehört habe. In einem Radiowerbespot hieß es: “Jetzt ist Sale bei Galeria Kaufhof.”
Ich hatte vorher immer die Vermutung, dass dieses Wort für Werbungsmacher einen ähnlichen Status hat wie für Juden das Wort “Jahwe”: Man schreibt es, aber es auszusprechen ist tabuisiert.
[Hm, schwierig. Wenn sich zeigen ließe, dass das Wort in der gesprochenen Sprache neu ist, müssten wir es wohl zulassen. — A.S.]
mal so aus spaß
Ist es eigentlich auch ein Anglizismus, wenn jemand ein Wort, das in beiden Sprachen mit unterschiedlicher Bedeutung vorkommt im Deutschen mit der englischen Bedeutung verwendet?
Wenn ich also (beispielsweise) zu jemandem über etwas, das ihn nichts angeht sagen würde, das sei nicht sein Konzern?
Dann suggeriere ich, den Bringer aus der Hamburger Morgenpost vom 27.12. in die Liste aufzunehmen (und wenn es nur außer Konkurrenz ist).
Unter der Überschrift „Facebook-Gemeinde jagt Katzen-Killer“ findet sich ein Bericht über einen Teenager, der Katzenbabys in einen luftdichten Plastikbeutel gesteckt und dann die Luft mit einem Staubsauger abgesaugt hat. Er hat das gefilmt und bei Youtube reingestellt.
Mopo: „Hunderte User versuchen seine Identität ausfindig zu machen…“
Auf der Facebookseite steht: „Find the Kitten Vacuumer“ und die Morgenpost übersetzt:
„Findet den Kätzchen-Vakuumierer“.
Ich glaube, die Hamburger Morgenpost hat hier etwas wirklich neues Geschaffen, bei dem sich jede Diskussion, ob es früher schon mal zu hören oder zu lesen war erübrigt.
Auch wenn ich nicht glaube, dass sich diese Neuschöpfung durchsetzen wird kann ich mir doch (zumindest bei Mopolesern) Dialoge wie den folgenden vorstellen:
„Mama, kann ich jetzt zu Kevin gehen?“
„Nicht bevor du dein Zimmer vakuumisiert hast!“
Allen einen guten Rutsch, und:
Genießt Euch!
[Die Hamburger Morgenpost (und andere Zeitungen) verwenden das Wort vakuumieren (bzw. das davon abgeleitete Vakuumierer) mit der Bedeutung „etwas durch Absaugen von Luft aus einer luftdichten Verpackung vakuumverpacken“; das scheint mir ein transparent vom längst etablierten lateinischen Lehnwort Vakuum abgeleitetes Verb zu sein; derselbe Vorgang wird im englischen normalerweise mit evacuate bezeichnet. Tatsächlich haben die Zeitungen hier das englische Wort vacuumer falsch übersetzt, aber dabei kein Lehnwort und auch keine Lehnbedeutung erschaffen. — A.S.]
flattrn
Whistleblower, leaken und verpixeln sind auch meine Favoriten, da sie einen grundlegenden Konflikt unserer Gesellschaft, den Widerspruch zwischen Transparenz und Datenschutz zum Ausdruck bringen.
Ins Rennen würde ich gerne “flattrn” schicken.
http://www.google.de/search?q=flattrn
Microfunding von Artikeln ist dank Flattr und Kachingle erst dieses Jahr in Deutschland richtig durchgestartet.
Was bedeutet flattrn?
Hier noch zwei erläuternde Posts:
http://netzwertig.com/…-erster-blick-auf-flattr/
http://www.robertbasic.de/2010/05/warum-flattrn/
ausrollen
Ausrollen (“ein Update ausrollen”) als 1:1‑Übersetzung von “to roll out”. Google Trends hilft nicht weiter, aber wenn man nach update ausrollen (ohne Anführungszeichen) sucht und den Suchzeitraum auf 2009 bzw. 2010 eingrenzt, dann sieht es nach einer deutlichen Vermehrung aus. Begründung: stopft eine Lücke.
Entfreunden (unfriend), eine Freundschaft in einem sozialen Netzwerk aufkündigen. Häufigkeitsnachweis ebenfalls über Google-Suchzeitraum-Eingrenzung. Eventuell im Kombipack mit Entfolgen / Entfollowen. Begründung: wichtiger Vorgang, ein Wort mit Zukunft. Neu daran scheint mir insbesondere, dass es sich technisch bedingt um einen stillschweigenden Vorgang handelt: während “eine Freundschaft aufkündigen” nach Vorwürfen und Türenknallen klingt, entspricht Entfreunden und insbesondere Entfolgen eher einem “red du nur, ich hör dir einfach nicht mehr zu”.
flattr
@Sean,
zur Ergaenzung waere da vielleicht noch interessant dass im Englischsprachigen Raum flattr mindestens im Vergleich zum Deutschsprachigen Raum praktisch unbekannt ist.
Irgendwo hat neulich mal jemand eine Statistik gepostet, nach der kommt (soweit ich mich entsinnen kann) 60% der Aktivitaet aus dem Deutschsprachigen Raum, 20% aus dem Englischsprachigen Raum und die restlichen 20% aus anderen Sprachraeumen. In Deutschland wird flattr von so der TAZ und den meisten bekannteren Blogs benutzt. Mir ist kein Gegenstueck aus dem Englischsprachigen Raum bekannt.
Leaken
http://vtaktuell.wordpress.com/…15/lokal-leaken/
Ohne den Namen WikiLeaks wäre das Wort, wenn es auch schon früher als 2010 existiert hat, nicht in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gedrungen. Eine wirkliche Übersetzung scheint es nicht zu geben, weil das “leckende” Gut ausschließlich aus Informationen besteht. Es ist daher eng auf einen Themenkreis gemünzt und nicht austauschbar. Es hat sich sogleich als Verb durchgesetzt, ein Zeichen großer Vitalität. Und es ist schon sehr bald stark emotional besetzt worden — von beiden Seiten.
Ich vote für App!
Ich schließe mich der Nominierung des Wortes App an. Ich habe daheim keinen Fernseher, hatte aber über die Weihnachtsfeiertage Gelegenheit, bei meinen Eltern fernzusehen und war erstaunt, wie viele Werbungen das Wort aufgegriffen haben, v.a. auf Musiksendern wie Viva und MTV. Dort gibt es sogar die Top 10 der Apps fürs Handy. Ich hatte zuerst vermutet, es sei ein Wort, das sich auf Apple-Nutzer beschränkt, aber der App-Markt scheint für Handys aller Hersteller zu florieren.
Davon abgesehen ist die App natürlich schon wegen ihrer Kürze praktisch, sie bereitet keine Ausspracheschwierigkeiten und gliedert sich gut in Rechtschreibung und Pluralbildung ein. Davon abgesehen beschreibt das Wort etwas, für das es kein deutsches Pendant gibt, füllt also eine Lücke im deutschen Wortschatz. Ich ärgere mich gerade, dass ich nicht selbst auf den Vorschlag gekommen bin.
Mir gefiel der Vorschlag liken auch ganz gut, weil ich das auch benutze, aber die Verwendung schien mir doch etwas zu sehr auf Facebook beschränkt und die Partizipialform gelikt sieht doch im Geschriebenen immer noch etwas bizarr aus, auch wenn ich es ohne Probleme im Gesprochenen benutzen würde.
Nachtrag: Fundstellen für “App”
Fundstellen finden sich eigentlich zuhauf, aber der Vollständigkeit halber wollte ich’s noch nachtragen.
Die Suchanfrage “kostenlose Apps” liefert 195.000 Ergebnisse, “Apps fürs Handy” 90.000 Ergebnisse, “neue Apps” 53.300 usw.
Dass es erst 2010 richtig Eingang in die Sprache gefunden hat, sieht man bei einem Ergebnisvergleich von “kostenlose Apps” im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 (34.800 Ergebnisse) mit derselben Anfrage im Zeitraum vom 01.01.2010 bis 29.12.2010 (294.000 Ergebnisse). Die Ergebnisse sind also von einem zum anderem Jahr mit dem Faktor 8,5 multipliziert.
Die Tendenz ist z.B. bei “geleakt” übrigens schwächer. “geleakt” hat sich von 2009 bis 2010 nur mit dem Faktor 2,5 multipliziert. Natürlich ist der Vergleich statistisch nicht sauber, weil ich nur eine Verwendungsart bzw. Kollokation pro Wort habe, aber für eine ausführlichere Recherche fehlt mir gerade die Zeit. Und immerhin scheint “geleakt” die häufigste Verwendung des Verbs “leaken” (“leakten” oder “leakte” hat so gut wie keine Ergebnisse).
Teilen
Ich schlage “Teilen” als Übersetzungsversuch von “to share” vor (“teile diesen Link”, “teile diesen Film”, usw.)
Ich finde das Wort spannend, weil es einen Notstand ausdrückt. Die Übersetzung klingt extrem unglücklich, weil das Teilen mit einem direkten Objekt im Deutschen eigentlich nur als Zerstückeln zu verstehen ist, und gerade das passiert in der digitalen Welt ja nicht: Was ich dort “teile”, ist nachher noch genauso vorhanden wie vorher.
Gleichzeitig ist dieser Vorgang des “Teilens” aber ein ganz wesentlicher im Internet, er ist die Basis von Open Source, von File Sharing, von Social Media, usw. Dass wir im Deutschen kein Wort haben, um dies befriedigend auszudrücken, ist wirklich ein Notstand, den die hanebüchene Verwendung von “Teilen” mehr illustriert als behebt.
Kann man das statistisch dem Jahr 2010 zuordnen? Der Übersetzungsversuch ist sicher schon älter, aber mir persönlich wurde er in diesem Jahr zum ersten Mal so richtig schmerzhaft bewußt, zum Beispiel in der deutschen Version von Facebook (man müßte nachprüfen können, seit wann das Wort dort so verwendet wird).
[Teilen enthält kein englisches Lehngut, nicht einmal die Bedeutung scheint mir aus dem Englischen entlehnt. Sharen ginge, ist aber wahrscheinlich zu alt. — A.S.]
Home office
Hi, ich schlage das Wort “Home office” oder “Homeoffice”, bzw. “home office” vor. Wie in dem Satz “[ich] mach heut home office!” ( http://tinyurl.com/338dy5e ).
Google News liefert für das Wort auf deutschsprachigen Seiten 425 Treffer (für das Jahr 2010, http://tinyurl.com/35fsto7), 222 Treffer (2009, http://tinyurl.com/2wrpj42) und 81 Treffer (2008, http://tinyurl.com/38y3qjj). Das Wort gewinnt also deutlich an Fahrt, ist aber natürlich ganz schön unspektakulär. Meine eben ausgedachte Begründung lautet daher wie folgt:
Das Wort “Home office” schlich sich weitgehend unbemerkt und ohne auf Kritik zu stoßen in den deutschen Sprachgebrauch. Das zeigt stellvertretend, dass fundamentale Änderungen in der Arbeitswelt völlig unbemerkt stattfinden können: Das schon seit Jahrzehnten als Zukunftsmodell gepriesene Arbeiten-von-zu-Hause-dank-moderner-Technik hatte längst keiner mehr auf dem Plan, bis es auf einmal halbwegs unbemerkt da war — genau wie der Ausdruck “Home office”. “Home office” demonstriert außerdem, wie ein schönes, intuitiv verständliches Wort aus dem Englischen den staubigen, an BTX, Akustikkoppler und die 80er Jahre erinnernden Begriff “Telearbeit” verdrängen kann.
teilen
Home Office ist dann aber noch ganz schön am Schleichen, wenn Sie 425 Treffer gefunden haben. Eine so geringe Trefferquote zeigt eigentlich, wie irrelevant der Vorschlag ist.
teilen ist hingegen ein guter Vorschlag. Da mein Browser auf Englisch eingestellt ist und demnach auch Facebook, YouTube, Vimeo und Konsorten auf Englisch erscheinen, ist mir das noch nie so aufgefallen, dass ein deutsches Äquivalent für share fehlt. Ich selbst würde ein Video teilen nicht sagen, weil ich offensichtlich nicht genug von den deutschsprachigen Varianten besagter Webseiten beeinflusst bin.
So weit weg von der Ursprungsbedeutung ist es aber glaube ich nicht, da es ja schon die Wendung etw. mit jdm. teilen gibt. Hier wird jetzt nur Präpositionalphrase ausgelassen (wobei die ja weiterhin impliziert ist). Der Unterschied ist wohl, dass die Wendung i.A. “etw. gemeinsam verbrauchen/benutzen” bedeutet, was hier natürlich nicht zutrifft. Es gab aber ja auch vorher schon Abweichungen von dieser allgemeineren Bedeutung, wie z.B. “ein Geheimnis mit jdm. teilen”. Am interessantesten dürfte also die Valenzänderung sein, wie in “XY hat dieses Video auf seinem Profil geteilt.”
Es ist ganz interessant, sich fremdsprachige Varianten von Facebook anzugucken. Da stellt man fest, dass es auch im Niederländischen delen heißt und im Französischen partager, jeweils mit derselben Valenz.
PS. Bei solchen Direktübersetzungen einer im Original englischsprachigen Webseite stellt sich natürlich immer die Frage, inwiefern die Nutzer dieses Wort auch selbst so benutzen. An der Formulierung der Optionen und der automatischen Statuskommentare können sie ja nichts ändern (außer sie joinen das jeweils zuständige Übersetzungsgruppe auf den Webseiten). Ob es dort wohl irgendwelche Diskussionen dazu gab? Ich kenne mich mit den Interna nicht so aus, aber die Übersetzungen werden ja sicher nicht von einer einzigen Person entwickelt und unkontrolliert online gestellt.
Facebook Uebersetzung
@Gareth,
soweit ich mich entsinnen kann wurden die Uebersetzungen von Facebook “crowdsourced”, da konnte man sich irgendwie anmelden und zu Uebersetzungen beitragen. Da gab’s glaube ich auch Foren oder aehnliches wo das alles diskutiert oder “gevotet” wurde. Demnach muesste auch “teilen” in irgendeiner Form von einer Deutschen “user community” abgesegnet worden sein.
Aber das ist jetzt nur so aus dem Gedaechtnis, das muesste bestimmt so 2 Jahre her sein und ich habe das nicht weiter recherchiert.
Handy-Ticket
Das Handy-Ticket ist 2010 nach einer vierjährigen Test- und Erweiterungsphase deutschlandweit zugänglich geworden.
Dieses Verfahren ist ungenau, aber nach meinen Google Suchen war das Antwort 2010 viel mehr verbreitet (2.580.000 Ergebnisse) als in den vorigen Jahren (2007, 2008 und 2009 insgesamt : 2.380.000 Ergebnisse).
Es könnte umso mehr gängig werden, als es der offizielle, z.B von der Bahn geprägte Begriff ist : “DB Handy-Ticket: Das Display wird zur Fahrkarte.” http://www.bahn.de/…ung/mobil/handy_ticket.shtml
Dabei wäre “das Display” fast einer Nominierung wert, das Wort existierte aber bereits in den 90er Jahren.
Dieses Kompositum besteht ja offensichtlich aus zwei Anglizismen, was von besonderem Interesse ist. Seine massive Verbreitung könnte die Sprachgewohnheiten im seinem Bereich (Verkehrsgesellschaften, “Online-Diensten”, usw.) maßgeblich beeinflussen.
Twicken
Mein Vorschlag: “Twicken” für das Verfassen einer 140-Zeichen-Kurzerklärung bei der Erklärmaschine Twick.it.
Das Wort leitet sich von Twick ab, was wiederum eine Kombination von Twitter (140 Zeichen) und Wikipedia (Erklärung) ist.
Wer mir nicht glaubt, dass es das tatsächlich gibt, darf gerne bei Wikipedia nachsehen: http://de.wikipedia.org/wiki/Twick.it
[Hm, da Twick kein englisches Wort ist, sondern ein (deutsches) Kunstwort, das als Markenname dient und aus zwei weiteren Markennamen zusammengesetzt ist, die bestenfalls am Rande als englische Wörter gelten dürften, werden wir twicken wahrscheinlich nicht zulassen (davon abgesehen, dass es kaum häufig genug sein dürfte, um überhaupt als etabliertes Wort zu gelten). — A.S.]
Wörter, die die Welt nicht braucht
Die bisherigen Vorschläge zeigen sehr schön das ganze Elend dieses Versuches.
Im Gegensatz zum Wort oder Unwort des Jahres kann man über die hier gemachten Eingaben noch nicht einmal schmunzeln, geschweige denn sich aufregen. Von den einzigen beiden Vorschläge, die immerhin allgemein von gewissem Interesse sein dürften, wird der eine wohl rausfliegen, weil er kein echter Anglizismus (“verpixeln”) und der andere (“Westerwave”), weil das Thema Westerwelle eigentlich schon gegessen ist.
Andere Begriffe (z.B. Multi-Touch-Screen, Writer-in-Residence) sind so sperrig, dass sie, wären sie feilgebotene Waren, gerade mal als Ladenhüter taugten.
Das einzige Wort, das mich regelrecht begeistern könnte, wäre “Entfreunden”, was jedoch, aber wem sage ich das, kein Anglizismus ist.
Weit und breit kein Wort, das den Ansprüchen genügen könnte. Zu alt(“sale”), zu banal (“Kiss & Ride”) oder selbst bei gutem Willen zu dämlich (“followen”)! Wäre ich der Initiator, würde ich mich so langsam aber sicher vor lauter Verzweiflung in den Popo beißen.
App vs. geleakt
“Davon abgesehen beschreibt das Wort etwas, für das es kein deutsches Pendant gibt, füllt also eine Lücke im deutschen Wortschatz.”
Naja, wenn man sich in englischsprachigen Computerforen herumtreibt, sieht man, dass “app” als Abkürzung für “application” schon lange für Computerprogramme aller Art verwendet wird, das deutsche Pendant wäre also einfach “Anwendung” oder “Programm”, wie bei Software für “grosse Computer” auch. Allerdings hat Gareth auch wieder recht, diese Begriffe verwendet im Handy-/Smartphonesektor wohl kaum jemand.
“Die Tendenz ist z.B. bei “geleakt” übrigens schwächer. “geleakt” hat sich von 2009 bis 2010 nur mit dem Faktor 2,5 multipliziert.”
Das ist allerdings nicht überraschend, weil ja die Causa Wikieaks erst seit ein paar Wochen virulent geworden ist. Man müsste wohl eher den Zeitraum Nov.-Dez. 2009 gegen Nov.-Dez. 2010 vergleichen, da bin ich jetzt aber zu faul 🙂 Ohne das jetzt weiter nachzuprüfen, scheint es mir, als ob diese Zahlen eher darauf hindeuten, dass “leaken” tatsächlich erst durch die aktuelle Wikileaksaffaire in den Wortschatz der “breiten Masse” vorgedrungen ist, also gerade nicht zu alt ist.
Generell muss ich aber zugeben, dass bei meiner Präferenz für “leaken” gegen z.B. “App” oder “Multi-Touchscreen” weniger linguistische Kriterien entscheidend sind (wie auch, als Laie?), als das Gefühl, dass man Begriffen, die mehr oder weniger den PR-Abteilungen irgendwelcher Konzerne entsprungen sind, nicht zuviel der Ehre erweisen sollte.
Überspitzt gesagt: Ist “Coke-Zero” ein Kandidat für den “Anglizismus des Jahres”, wenn plötzlich jeder anfängt, das Zeug zu saufen und sich auf Facebook und Twitter darüber auszutauschen?
Irgendwie sind mir da Begriffe, die wie auch immer, gesellschaftliche Fragen, bzw. Konflikte betreffen, sympathischer.
P.S. , @Till Westermayer :
“Kam hier zweimal in Kommentaren vor, der Ausdruck, dass etwas “ziemlich nineties” sei. Wie wär’s damit?”
Abstauber 😉
Michael Lange,
das Wort App mag vllt vor allem in der Werbung benutzt werden und ist somit aus wirtschaftlichen Interessen unters Volk gebracht worden, aber das unterscheidet es dennoch deutlich von Coke Zero, was schlichtweg einen Markennamen bezeichnet. Wenn Sie eine Coke Zero bestellen, werden Sie keine Pepsi bekommen. Von wem aber ihre App ist, ist nicht gesagt.
Dass das Wort vorher schon vorgekommen ist, habe ich ja nie bestritten. Mir ging es um die Entwicklung der Frequenz und da ist App deutlich stärker in den Vordergrund getreten. Ich habe 2010 als Vergleichszeitraum gewählt, weil wir ja den Anglizismus des Jahres 2010 suchen und nicht den Anglizismus der Monate November und Dezember.
@Garreth
Ganz so würde ich das nicht sehen: Wenn ich in einem Lokal, wo es nur Pepsis Produkte gibt, eine Sprite bestelle, bekomme ich ein 7up. (Bei Coke kann ich nicht aus eigener Erfahrung sprechen, da ich wenn dann immer Cola bestelle, niocht aber Coke) In diesem Falle würde ich schon behaupten, dass die Namen der Produkte der Coka Cola Company eine Art Prototyp-Charakter besitzen und nicht zwangsweise untrennbar mit den Produkten selbst verbunden sind. Wie bei (Haar-) Fön, was ja auch an sich ein Markenname ist, aber inzwischen sysonym für Haartrockner verwendet wird, auch wenn es sich bei dem entsprechenden Gerät nicht um einen Fön (i.e.S.) handelt.
Patrick Schulz,
das Beispiel war aber Coke Zero. Die Zero-Produktreihe gibt es nur von Coca Cola und da wird Ihnen niemand einfach eine Pepsi in die Hand drücken, sondern Ihnen sagen, dass Coke Zero nicht im Angebot ist.
Davon abgesehen gibt es natürlich Begriffsmonopole, wie auch bei Tempo oder Tesafilm, wo der Markenname synonym mit dem eigentlich Wort gebraucht wird. Das gibt es ja in allen möglichen Sprachen. Hat aber immer noch nichts mit dem Vorschlag App zu tun.
Home office — Nachtrag
Hi nochmal,
die angegeben Zahlen beziehen sich allein auf Google News und sind naturgemäß sehr gering, weil das Thema in Zeitungen selten erwähnt wird.
Normale Google-Treffer (Seiten auf Deutsch):
2010: 569000 (http://bit.ly/gn51dd )
2009: 254000 (http://bit.ly/e7oMSv )
(Was auch immer das aussagen mag)
Coke-Zero
Schon klar, Gareth hat natürlich recht, dass der Vergleich zwischen “App” und “Coke-Zero” reichlich schief ist, deshalb schrieb ich ja auch “überspitzt ausgedrückt”. Der Vergleich war eben nicht wörtlich zu verstehen, sondern sollte ein gewisses Unbehagen angesichts der Vielzahl der hier vorgeschlagenen Begriffe mit (mutmasslich) kommerziellem Ursprung verdeutlichen.
Es liegt aber keinesfalls in meiner Absicht, hier zu “flamen”, ich wollte nur mal einen Gedanken in die Diskussion werfen. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass ein guter Teil des Widerwillens gegen Anglizismen bei vielen Menschen in Wirklichkeit eine Abneigung gegen “Werbesprech” ist, die sich nur auch gegen alle anderen Anglizismen wendet. Belegen kann ich das selbstverständlich nicht 🙂 , ausserdem wäre das eh eine ganz andere Debatte.
Jan Dönges,
das hatten Sie dann entweder nicht dazugeschrieben oder ich hatte es überlesen. Wundert mich trotzdem, dass das Wort so populär zu sein scheint. Ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Vllt. weil ich kein Homeoffice habe.
PS. Der Werbesprech
Das glaube ich auch. In einer typischen familiären Weihnachtsdiskussion regte sich meine Mutter, die mit Sprache überhaupt nichts am Hut hat, darüber auf, dass man überall mit “Sale”-Schildern überfallen wird und keiner mehr Schlussverkauf sagt und am darauffolgenden Tag sagte sie zu mir: “Guck mal, meine neue Jeans, war bei H&M im Sale.” So viel dazu.
Mir gefällt “geleakt” ausgesprochen gut. Neuheitswert hat auch das “cloud computing” und in diesem Zusammenhang wird dann auch schon mal von “gecloudet” gesprochen.
(http://pc.de/personal/page/2/ Zitat: Vieles wird gecloudet, möglichst wenig wird noch gedruckt…)
Also werfe ich mal “gecloudet” ins Rennen um den Anglizismus des Jahres.
Wortspiel
Ein kleiner Nachtrag:
Dann werden geleakte Games gecloudet.
Was für ein schönes Wortspiel wenn man geleakt mit geklaut übersetzt.
Nochmal Werbesprech
@Gareth
“In einer typischen familiären Weihnachtsdiskussion regte sich meine Mutter, die mit Sprache überhaupt nichts am Hut hat, darüber auf, dass man überall mit “Sale”-Schildern überfallen wird und keiner mehr Schlussverkauf sagt und am darauffolgenden Tag sagte sie zu mir: “Guck mal, meine neue Jeans, war bei H&M im Sale.” ”
Hehehe… (^___^)
Ganz typisch scheint mir auch bei “Anglizismen-bashing-Gesprächen” zu sein (zumindest wie ich das im persönlichen Umfeld erlebe), dass sie sich an “Latte-to-go” und “Sale” etc. entzünden und dann erst auf alle möglichen *neuen* Anglizismen überschwappen, die althergebrachten “Oldtimer”, “Showmaster” oder “Computer” scheinen dagegen abgesehen von “professionellen” Sprachnörglern niemanden zu stören.
Chermany
Ich würde gerne Chermany ins Feld schicken, geprägt vom FTD-Journalisten Martin Wolf am 18. März:
“Ich stelle Ihnen nun “Chermany” vor, eine Wortneuschöpfung, die für die beiden weltgrößten Nettoexporteure steht.”
Original-Artikel (hinter Bezahlschranke): http://www.ftd.de/…n‑rest-der-welt/50090390.html
Mein Blogbeitrag dazu: http://blogs.taz.de/wortistik/2010/03/18/chermany/
Chermany ist eindeutig ein Anglizismus, ebenso eindeutig neu, beschreibt einen Sachverhalt, für den es im Deutschen zuvor kein eigenes Wort gab und für den es auch keine sinnvolle deutsch-deutsche Alternative gibt: Weder Cheutschland noch Deuna können mit Chermany mithalten.
Cablegate
Ich schlage als Anglizismus des Jahres “Cablegate” vor, also die Begriffsbildung aus “Cable” und “Watergate”
Begründung:
‑Subsumiert pointiert die Veröffentlichung der vertraulichen Botschafts-Depeschen
‑cable aus dem englischen wörtlich Tau, Kabel, Leitung, im übertragen Sinn dann Telegramm, in der heutigen Zeit von elektronischen Nachrichten geradezu ein altmodischer Gegenbegriff (wer verschickt heute noch Telegramme?) aus der Zeiten der Telegraphie.
‑Der Begriff nimmt vielleicht eine ‑noch nachzuweisende- historische Dimension dieser Veröffentlichung in Anspruch (Watergate -> Rücktritt eines US-Präsidenten); insofern ist er gewagt.
‑Der Begriff ist in seiner Watergate-Anspielung US-zentriert, was nur teilweise korrekt ist; bei Watergate ging es um innenpolitische Angelegenheiten; die bekanntgewordenen Depeschen hingegen beziehen sich auf das Verhältnis zu anderen Staaten und auch auf vertrauliche Informationen zwischen Nicht-US-Staaten.
leaken… kristallisieren sich nach dem derzeitigen Stand als Favoriten für die Wahl zum “Anglizismus des Jahres” heraus, die dieses Jahr erstmals von Sprachblogger Anatol Stefanowitsch veranstaltet wird, dem Schrecken aller Sprachnörgler. Die Nominierungsbedingungen …
Naja, dass alle da sofort und ausschließlich an den Rücktritt des US-Präsidenten denken müssen, wage ich bei der Zahl der Wörter, die mittlerweile mit -gate geformt wurden, zu bezweifeln.
http://en.wikipedia.org/…with_%22-gate%22_suffix
App
Wenn das Meeting gecancelt werden muss, weil die App den Fileshare mit den Appointments nicht mounten kann, dann macht es keinen Sinn die Agenda zu bloggen.
Warum erinnert mich diese Denglish blos an ein Tiramisu mit frischen Harzer Käse?
Social Web
Erstaunlich, dass in dem Jahr als Google von Facebook überholt wurde, nicht mehr von Social Web die Rede ist.
Social Media ist gemeinhin schon Old School. Darum schlage ich allen Ernstes “Social Web” vor, dass sich in einschlägigen Kreisen bereits als neues Totschlag-Buzzword etabliert hat. Vermutlich um die menschliche Komponente beim Facebooken, leaken und twittern zu betonen.
Alles Käse
Eigentlich sollte man auf Ihren Sermos ja nicht mehr eingehen, aber die Hoffnung, am anderen Ende auf Vernunft zu stoßen, stirbt zuletzt: Ihr Satz würde auch mit urdeutschen Wörtern keinen Sinn ergeben.
Ansonsten natürlich viel Spaß beim Verwenden von kleines Zusatzprogramm für den Computer oder das Handy statt App. Voll praktisch.
Schiere Notwehr
An Harald Kirsch:
Danke für das Denglischbeispiel.
Derartige Sätze waren es, die den VDS haben entstehen lassen.
[Ich darf also festhalten: Der VDS ist nach Aussage des aktiven VDS-Mitglieds „Klausi“ [weitere Decknamen sind der Redaktion bekannt] aufgrund von imaginären Sätzen entstanden, die niemand außer den Sprachnörglern selbst jemals sagen würde. — A.S.]
Es war im Jahre 1996…
…als Jil Sander wie folgt kundtat:
„Ich habe vielleicht etwas Weltverbesserndes. Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, dass man contemporary sein muss, das future-Denken haben muss. Meine Idee war, die hand-tailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, dass man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewusste Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muß Sinn haben für das effortless, das magic meines Stils.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Jil_Sander
@klausi (jil sander)
Mensch Klausi, da haben Sie ja wirklich ein brandaktuelles Beispiel für anglisierten Dummquatsch gefunden! Haben Sie auch noch Mottenkistigeres?
Klausi,
von Jil Sander ging so eine große Bedrohung aus, dass man einen zwielichtigen Verein gründen musste, um die deutsche Sprache vor einer Hamburger Modemacherin zu schützen? Ich will Sie nicht verunsichern, aber vielleicht wurde Frau Sander ja von der englischen Sprache erpresst und zu derartigen Statements gezwungen? Das Englische hat es ja schon lange auf die Vernichtung des Deutschen abgesehen. Ihre Vereinspostille kann doch sicher mal in die Richtung “recherchieren”. (Welches deutsche Wort ist dafür eigentlich ausgestorben?)
jemanden adden
Nachdem es zu diesem Verb im letzten Jahr mehr als 300000 Google-Treffer gibt, spare ich mir die Quellenangabe… jedenfalls hat der Gebrauch von “adden” laut Google im letzten Jahr stark zugenommen (auch wenn es natuerlich bereits sehr viel laenger verwendet wird).
Nominierung
Ist mein Kommentar im Spamfilter hängengeblieben? Also nochmal, ungefähr.
Wort: Balconing
Quellenangabe: http://www.welt.de/…ttbewerb-am-Hotelbalkon.html
Begründung: Das Wort sollte Anglizismus des Jahres werden, weil wir dringend eine Bezeichnung für diese Darwin-Awards-trächtige Sportart brauchen und die deutsche Alternative “balkonieren” zu edel klingt.
Das Wort ist meines Wissens brandneu und wurde im Sommer 2010 zum ersten Mal in den deutschen Medien verwendet
Vorschlag
Die Guttenberg-Bibel
— Ja ich weiß, es ist ein Bayerismus (bevor uns der Begriff wordlich als “The Guttenberg-Bible” anglisiert serviert word, äh: wird (im Sprachjahr 2011).
Management by Nonsense
An ohno: So geballt wie von Jil Sander kommt es selten, aber der Wahnsinn ist zum Alltag geworden.
Wenn Handwerker downsizen, Hausfrauen benchmarken und Vereinsfunktionäre outsourcen – die Managersprache erobert den Alltag.
http://brisanz.jimdo.com/…anagement-by-nonsense/
Es gibt aber auch Ausnahmen, da ist Denglisch schon fast schön. Stellen Sie sich den folgenden Satz von einem Wiener gesprochen vor:
“Mir san completely clean of toxic assets (gänzlich frei von faulen Papieren), des is unser Vorteil. Mir moch’n Privatkundeng’schäft. Mir worn dramatisch weniger deppert als die g’schätzten Kollegen in Deutschland. Und mir woll’n aa kaane Vergleiche mit der Asien-Krise: Mit windigen G’sellen, local tycoons und südchinesischen Drogendealern arbeiten mir net.”
http://www.spiegel.de/…gel/print/d‑64497223.html
Patchen
Patchwork/Patchwork-Kinder:
Es ist leider dem deutschen Sprachgebrauch nicht gelungen, hier einen familiär-freundlichen Ausdruck zu kreieren. Es bleibt bei dieser komischen Vorstellung, dass in neu zusammengesetzten Familien das Ordnungs- oder Zufallsmuster eines Patchworkflickens den Sprachton angibt. „Patchwork“ – klingt das real und engagiert so gut, dass es überall so selbstverständlich &flott verwendet wird? – Nun, ja „Mischfamilie“ oder „Stieffamilie“ sind komische Verdeutschungen, mit vielen unkontrollierbaren Konnotationen für den augapfelmäßig gehüteten Bereich des familiären Neuzentrums.
Und alle Patchworker sind irgendwie im öffentliche Bereich vertreten – so mein emotiona-suggestiv-individueller Eindruck von zehntausenden Interneteinträgen: Sie flink & flott beteiligt an Diskussionen und Meinungsmache.
Hier ein neutraler Beleg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stieffamilie
Da “Patchwork” schon lange ad usum populi geläufig ist, schlage ich “patchen” als Verb vor.
Es darf ad usum delphini patris et matris so lange “gepacht” werden, wie Genitalität & Geduld & Geld reichen.
Alles Käse
Ansonsten natürlich viel Spaß beim Verwenden von kleines Zusatzprogramm für den Computer oder das Handy statt App. Voll praktisch.
An Gareth:
Angenommen, es gäbe einen objektiven Zeitzeugen, der uns hier beobachtet. Der würde feststellen, dass sich Sprachnörgler und Sprachnörglernörgler kaum unterscheiden. Beide parteiisch und deshalb rechthaberisch, in der Sache oft voll daneben, dafür aber schwach in der Argumentation. Größte Gemeinsamkeit beider ist jedoch der heilige Ernst bzw. die völlige Humorlosigkeit.
@Klausi
Ich glaube vor allem, dass beide Seiten komplett aneinander vorbeireden.
Die Nörgler mögen keine Anglizismen, was ihr gutes Recht ist, und suchen für diese persönliche Präferenz objektive Begründungen, die aber nun mal sehr schwer zu finden sind. Daher vergaloppieren sie sich in manchmal sehr seltsame Behauptungen.
Die Nörgelnörgler scheinen sich darin zu gefallen, sich über die oft abwegigen Argumente der Nörgler lustig zu machen (so wie sich der Herr Sick über Leute lustig macht, denen Standarddeutsch in Wort und Schrift wenig geläufig ist) und wirken dadurch oft unangenehm besserwisserisch und oberlehrerhaft, zumal sie das Bemühen vermissen lassen, das eigentliche Anliegen der anderen Seite (das, zugegeben, oft schwer zu erkennen ist) überhaupt zu sehen. Und es scheint manchmal die Ansicht durch, jeder, der Anglizismen nicht mag, sei per se ein geistiger Kleingärtner. Was sicherlich weit von der Wahrheit entfernt ist.
Etwas weniger dummes Zeug auf der einen und weniger Häme auf der anderen Seite wäre nicht übel.
Sie irren sich. Ich liege in der Sache überhaupt nicht daneben.
Und nur um das noch anzufügen, weil ich sonst schon weiß was kommt: Ich schreibe nur deshalb nicht bei jedem Posting die Argumente auf, weil das auf diesem Blog schon so oft getan wurde, dass es jedem, der aufnahmefähig, sicher schon zum Halse raushängt.
teilen
Sicherlich kann man bei “teilen” darüber streiten, ob es sich um eine solche handelt, doch frage ich mich, ob Lehnübersetzungen nicht grundsätzlich auch zu den Anglizismen gezählt werden sollten und nicht allein Wörter, die “kein englisches Lehngut” enthalten. Auch Ausdrücke wie “am Ende des Tages”, “Ich erinnere das”, “realisieren” (im Sinne von “bemerken”) oder “vital” (im Sinne von “entscheidend”) würde ich durchaus als Anglizismen bezeichnen. Oder wie sieht das die Wissenschaft?
adden
(a) heute morgen Telefongespräch im Bus belauscht: “Sag mal, hast du mich gestern bei Skype geaddet?”
(b) http://www.zeit.de/2009/45/Woerterbericht-45
eigentlich überflüssig, weil man das ja auch mit “hinzufügen”, “in seine Kontaktliste aufnehmen”, oder “addieren” umschreiben kann, aber das hört sich im Ersetzungstest entweder umständlich oder nur blöd an. Daher schönes Beispiel für Ausdifferenzierung.
ad Google trends: hilft hier vielleicht nicht viel, wegen des Eigennamens “Adden”. Ansonsten halte ich das generell für ein bisschen fragwürdig weil es offensichtlich nur mit Trefferzahlen ab einer gewissen Größe arbeiten kann. (z.B. geaddet etc.)
Zum Vorschlag “App”
Nach den Spielregeln soll für jeden Vorschlag (für Gareth: jedes “voting”) eine Begründung mitgeliefert werden. Ich möchte hier begründen, weshalb man “App” nicht wählen sollte.
Ohne hier im einzelnen auf die Geschichte der Firma Apple einzugehen, scheint sich Apple immer mehr zu einem Unternehmen zu entwickeln, das, ähnlich Microsoft, rücksichtslos und oft am Rande der Legalität arbeitet und eine marktbeherrschende Stellung anstrebt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Apple
App zum Anglizismus des Jahres zu wählen hieße, für die Marke Apple Werbung zu betreiben und so (ungewollt) zu botschaften, dass man mit Apple (die Firma ist auch als Umweltsünderin, Geheimniskrämerin, Verschwörungstheoretikerin, Angsteinjagerin usw. wie eine Sekte verschrien) sympatisiert.
Das muss natürlich niemanden interessieren, es geht bei der Sache eigentlich ja nur um ein Wort bzw. um einen kleinen Spass unter Fachleuten.
Klausi, Sie haben ein Verständnisproblem
Ich habe niemals das Wort Voting für “Vorschläge” benutzt. Benutzt man übrigens im Englischen auch nicht. Ein Voting ist eine Abstimmung.
Und was genau hat das Wort App jetzt mit Apple zu tun? Sie müssen mir erklären, warum ich Apple einen Gefallen tue, wenn ich mir eine x‑beliebige App aufs Handy lade.
App
Ein Vorschlag, werter Klausi, ist natürlich in keinster Weise und niemals ein Voting – und schon gar nicht, wenn wie hier, eine Jury die Entscheidung über den Anglizismus des Jahres trifft, und nicht eine wie auch immer definierte Allgemeinheit.
Ihr Vorschlag, Sprache zum Werkzeug im Kampf gegen sinistre Konzerne zu machen, ist sehr interessant. Gibt es vielleicht irgendwo schon ein Register für ökonomisch korrekte Sprache? Wenn nicht: Es wäre bestimmt höchst attraktiv, daraus eine App zu machen.
An Gareth
Ihr Gedächnis ist noch schlechter als meins:
Gareth Ich vote für App! 29.12.2010 | 11:31
Auweia.
Es ist nicht nur Ihr Gedächtnis, um das ich mir jetzt Sorgen mache. Vielleicht sind Sie dem VDS ja wirklich beigetreten, weil Sie kein einziges Wort Englisch sprechen und sich real bedroht fühlen. Damit wäre Ihr Sprachnörglertum wohl pathologisch.
Jedenfalls heißt für etw. voten nicht etw. vorschlagen, sondern für etw. abstimmen. Das haben Sie sich nicht denken können? Wenn Sie nochmal genauer lesen, werden Sie sogar eventuell sehen, dass der Vorschlag gar nicht von mir stammte, voten also schon rein logisch nicht vorschlagen heißen könnte.
@Gareth
Sie schreiben: “Eigentlich sollte man auf Ihren Sermos ja nicht mehr eingehen, […] Ihr Satz würde auch mit urdeutschen Wörtern keinen Sinn ergeben”
Sicher ist der Satz ein wenig künstlich, aber nur weil ich gerade keinen aktuellen Mitschnitt einer Besprechung unter Computerern zur Verfügung habe. Tatsächlich würde ich meinen Satz zum Bespiel so “urdeutsch” formulieren:
Wenn wir die Besprechung absagen müssen, weil das Proggi nicht an die Datenhalde mit den Verabredungen drankommt, hilft es auch nicht, die Tagesordnung im Netzquassel abzulegen.
Sie sollten nicht nicht dem Fehler verfallen, aus Faulheit übernommene Faulkurzworte wie “App” — als Kurzfassung des für den typischen Faulsprecher viel zu langen “application” — mit einem umschreibenden deutschen Halbsatz zu ersetzen. Dafür gibt es auch im deutschen viel zu viele schöne Möglichkeiten, eigene Worte zu erfinden. Und “Proggi”, als Kurzfassung von “Programm” ist durchaus verbreitet. “Netzquassel” habe ich so noch nicht gehört.
Mit ein bisschen Kreativität kommt man auch im deutschen auf hübsche passende Worte für neue Dinge, die dann sogar oft noch schöner sind als eine langweilige Übernahme von Anglizismen, die uns sogenannte Kreative über die Werbung nahe bringen wollen.
An Gareth
Sie schrieben nicht im Betreff Ihrer Nachricht vom 29.12.2010, 11 Uhr 31, Ich vote für App?
Dann müsste ich mich in der Tat bei Ihnen entschuldigen.
An Harald Kirsch
Mit ein bisschen Kreativität kommt man auch im deutschen auf hübsche passende Worte für neue Dinge, die dann sogar oft noch schöner sind als eine langweilige Übernahme von Anglizismen, die uns sogenannte Kreative über die Werbung nahe bringen wollen.
Das haben Sie sehr schön auf den Punkt gebracht. Aber leider haben Sie den Sinn dieser Ausschreibung nicht erfasst. Es geht nicht um ein mehr oder weniger sinnvolles oder nützliches oder gar unverzichtbares Lehnwort aus dem Englischen an sich, sondern um die Veralberung derer, die sich es sich wagen, den Sprachgebrauch der Deutschen (Stichwort Anglizismengeilheit) zu hinterfragen, obwohl man, jedenfalls nach Meinung der Sprachnörglernörgler hier, am Sprachgebrauch der Sprecher einer Sprache nicht herumzukritisieren hat. So etwas tut man einfach nicht.
Verbesserungsvorschläge dürfen laut Lehrmeinung zwar eingereicht werden, bleiben aber in der Regel unbearbeitet liegen, weil wir alle, also in Wirklichkeit niemand, für unsere Sprache zuständig ist. Das ist die Realität.
Literacy-Monat, eiPott
* Langweilig, aber original 2010: Der “Literacy-Monat” in Bayern
(Flame hier;
http://www.mainpost.de/…glizismus;art767,5447827 )
* Interessanter war der Streit um den “eiPott” (http://tiny.cc/faz-eipott, http://tiny.cc/handelsblatt-eipott) — falls eine lautliche Entlehnung als “Lehngut” zählt.
* Ich meine, 2010 auch in deutschem Kontext “Facebook-Rape”, “facebook-rapen”, “frapen” (für ’sich in das Facebook-Profil von jmd. anderem einloggen und Beiträge veröffentlichen’) gelesen zu haben, aber die Google-Beleglage ist dünn. Ohnehin eher ein Unwort bzw. ‑anglizismus.
Schade, dass “Hopenhagen” (und “Flopenhagen” etc.) 2009 war.
Nacktscanner
Ich nominiere “Nacktscanner”, weil direkter zur Sache kommt als das englische “Full Body Scanner”, aber trotzdem den Teil von dem englischen Wort benutzt, für das es kein gutes deutsches Wort gibt (“Nacktabtaster” würde etwas ganz anderes bedeuten und vermutlich dazu fürhen, daß sich lauter Grabscher beim Flughafen bewerben).
Quelle: http://www.spiegel.de/thema/nacktscanner/
Klausi und Harald Kirsch,
WHATEVER.
Liegt wohl daran, dass Sie’s soeben selbst erfunden haben. Mir auch egal. Sie können von “Proggis” sprechen und “Netzquassel” und sich den ganzen Tag lang Wörter ausdenken wie Sie lustig sind. Sie mögen Ihre Wörter dann auch besser finden aĺs die stattdessen verwendeten Lehnwörter, aber die Sprachgemeinschaft interessiert’s wahrscheinlich nicht im Geringsten.
Ich jedenfalls rechne Ihnen schlechte Chancen aus. Aber vllt werden ja bald überall “kostenlose Proggis” angeboten. Da habe ich dann auch nichts gegen, weil ich mich nicht an neuen Wörtern deutschen Ursprungs störe. Ich möchte mir nur nicht von alten Männern den Mund verbieten lassen und alberne Kunstwörter aufoktroyiert kriegen.
Und dann
nominiere ich noch “Blurmany” und wundere mich, daß ich der erste bin. Die Begründungen siehe bei “verpixelt”, aber im Gegensatz ist “Blurmany” definitiv neu.
And the winner is?
Wann erfolgt die Auswertung? 😀
And the semifinalists are?
Und als Ergänzung zu dr3dos Kommentar, ich hoffe auch die “Zwischenresultate” werden dem gespannten Publikum mitgeteilt 🙂