Vor einigen Wochen hat mir Kathrin Passig die folgende, mit der Betreffzeile „Ich hab nen Haus, nen Äffchen und nen Pferd“ versehene sprachwissenschaftliche Frage gestellt:
Etwa einmal imJahr versuche ich zu ergoogeln, ob inzwischen jemand eine Erklärungfür den Vormarsch des „nen“ gefunden hat, das an die Stelle von„n“ tritt. Ich weiß nicht einmal, ob es sich um ein regionalesPhänomen handelt; in Berlin ist es jedenfalls häufig zu hören.Leider bleiben meine Googleversuche ergebnislos bis auf das üblicheGenörgel, das den Sprechern unterstellt, sie seien schlicht zu blödzur korrekten Geschlechtsbestimmung.
Das ist es abersicher nicht, erstens, weil das sowieso nie die Erklärung ist,zweitens, weil ausschließlich das Neutrum zum Maskulinum wird undandere Vertauschungen nie vorkommen und drittens, weil es nur indiesem einen Zusammenhang passiert. Ich hege die vage Vermutung, dasses sich eher um einen Versuch handelt, für mehr Ordnung undDeutlichkeit zu sorgen, und dass man sich als deutscher Sprecher (undSchreiber, denn das Netz ist voller schriftlicher Belege) mit einemso unklaren Einbuchstabenwort wie „n“ und dem damiteinhergehenden Apostrophenverdacht leicht unwohl fühlt. Vielleichthaben Sie ja Lust, eines Tages Licht in die Angelegenheit zu bringen?
Als Beispiel des üblichen Genörgels nennt sie unter anderem eine von Bastian Sicks Zwiebelfisch-Kolumnen, auf die ich gleich zurückkomme.
Wie der Zufall es wollte, hatte ich das Thema schon seit Längerem im Hinterkopf und so nahm ich die Anfrage zum Anlass, einige Kolleg/innen zu kontaktieren, die sich mit der Syntax des gesprochenen Deutsch beschäftigen. Das Phänomen war natürlich allen bekannt, aber eine Forschungsarbeit zu dem Themakonnte mir niemand nennen.
Einmal hervorgeholt konnte ich das Thema aber nicht wieder in meinen Hinterkopf verbannen. Hier deshalb mein Versuch, selbst Licht in die Angelegenheit zu bringen. Eine Warnung vorweg: Der Beitrag ist lang, und ich tue letzten Endes nicht viel mehr, als Kathrin Passigs vage Vermutung zu bestätigen (dafür schreibe ich aber bald wieder etwas über Eskimos und Schnee!).
Sehen wir uns zunächst an, was Bastian Sick (unter der Überschrift „Kein Bock auf nen Date“) zu dem Thema zu sagen hat:
Viele scheiternbereits an der Unterscheidung zwischen „ein“, „eine“ und„einen“. Der männliche und sächliche Artikel „ein“ wird inder verkürzten Form der Umgangssprache zu „n“, die weiblicheForm „eine“ wird zu „ne“. Die Form „nen“ hingegen stehtfür „einen“.
Wenn jemandschreibt: „Muss Post, nen Paket holen“, dann vervollständigt dasdenkende Hirn: „Ich muss noch zur Post, um einen Paket abzuholen“- und versieht das Ganze mit einem dicken Fragezeichen. Auch Messageswie „Hast nen Auto?“ oder „Hast du nen Pic?“ sind grammatischunausgereift. Übrigens wäre gerade hier ein Apostroph ausnahmsweiseeinmal richtig: ’n oder ’nen. Aber beim Chatten geht es ja vor allemum Schnelligkeit, so wie es beim Simsen um das Einsparen von Zeichengeht.
Doch nicht alleslässt sich mit Sprachökonomie entschuldigen. Wenn er sich fragt,warum sie „kein Bock auf nen Date mit nen coolen Typ“ hat, könntees schlicht und einfach daran liegen, dass sie keinen Bock auf ’nDate mit ’nem Schwachmaten hat. [Sick 2006]
Lassen wir mal das Sick-typische bildungsbürgerliche Überlegenheitsgefühl gegenüber Menschen („Schwachmaten“) außer Acht, die nicht denselben Dialektsprechen wie er (das „denkende Hirn“). Dann bleiben zwei Kernaussagen: erstens, dass nen eine verkürzte Form von einen ist, und zweitens, dass das Auftreten dieser verkürzten Form an Stellen, an denen die unverkürzte Form einen nicht stehen könnte, auf die Unfähigkeit sprachlicher Schwachmaten zurückzuführen ist, zwischen Maskulina („männlichen“ Formen) und Neutra („sächlichen“ Formen) zu unterscheiden.
Beides kann aber unmöglich stimmen. Um zu verstehen, was es mit nen tatsächlich auf sich hat, müssen wir etwas weiter ausholen und zunächst klarstellen, dass Sicks Verkürzungsregeln unvollständig sind. Die indefiniten Artikel ein und einen können nämlich in der Umgangssprache beide zu ’n reduziertwerden, ohne dass die Sprecher dafür sozial stigmatisiert oder als Schwachmaten bezeichnet werden (die Beispiele stammen aus dem Deutschen Spracharchiv des Instituts für Deutsche Sprache):
(1) Kann so ’n schreiend dummer Schauspieler vielleicht auch noch ’n äußerst intelligenten Menschen darstellen? [FR023]
(2) Sie wollen jetzt ’n Kompliment.
Für unsere Fragestellung ist die Form ’n deshalb interessant, weil sie gleich zwei grammatische Unterscheidungen ignoriert, die für das Deutsche über viele Jahrhunderte zentral waren: Sie neutralisiert sowohl den Unterschied zwischen Maskulinum und Neutrum, als auch — innerhalb dieser beiden Genera („grammatischen Geschlechter“) — den Unterschied zwischen Nominativ („Wer-Fall“) und Akkusativ („Wen-Fall“).
Die Sätze in (1) und (2) zeigen das, wenn man das ’n jeweils durch die nicht-reduzierte Formersetzt:
(1’) Kann so ein (Maskulinum/Nominativ) schreiend dummer Schauspieler vielleicht auch noch einen (Maskulinum/Akkusativ) äußerst intelligenten Menschen darstellen?
(2’) Sie wollen jetzt ein (Neutrum/Akkusativ) Kompliment.
Die Tatsache, dass die Form ’n nicht zwischen ein und einen unterscheidet, zieht nun weder die Verachtung der Sprachnörgler auf sich, noch führt sie zu Kommunikationsproblemen. Sie zeigt aber deutlich, dass die Genus- und Kasusunterscheidungen, die für die deutsche Sprache lange wichtig waren, selbst in der hochdeutschen Umgangssprache keine tragende Rolle mehr spielen (in vielen regionalen Dialekten sind sie ohnehin bereits weitgehend verschwunden).
Damit können wir zu der Form nen zurückkehren. Um dessen grammatische Eigenschaften genauer zu untersuchen, habe ich alle Vorkommen dieser Form aus denSprachkorpora des Deutschen Spracharchivs herausgesucht undimmerhin 148 Belege zusammenbekommen. Die Daten stammen übrigens zum größten Teil aus den 1970er Jahren und aus Süddeutschland. Die Verwendung von nen auchan unerwarteten Stellen ist also kein brandneues Phänomen (Sick suggeriert ja, es habe etwas mit Schnelligkeit im Internet zu tun). Zur regionalen Verteilung kann man wenig sagen; nen könnte theoretisch durch die schwäbische Invasion der letzten Jahrzehnte nach Berlin gelangt sein. Es könnte aber auch schon länger dort existieren. Mir ist die Form auch vertraut, aber ich bin gebürtiger Berliner und auch heute noch oft in Berlin und kann nicht sicher sagen, ob ich sie auch in Hamburg oder Bremen schon gehörthabe.
Betrachtet man nen nun mit bloßem Auge, so scheint es sich, wie Sick in seiner Glosse annimmt, um eine leicht reduzierte Form des indefiniten maskulinen Artikels im Akkusativ (einen) zu handeln. Und das wird durch meine Stichprobe bestätigt, in der fast achtzig Prozent aller Vorkommen von ’nen an Stellen stehen, wo die nicht-reduzierte Form einen wäre. Hier einige Beispiele (ich habe die Interpunktion und die Großschreibung an schriftsprachliche Konventionen angeglichen, ansonsten aber nichts verändert):
(4a) Du hast nen Arbeitsvertrag, der gilt für zwei Jahre … [IS093]
(4b) … das hat mir natürlich nen kleinen Stich versetzt. [DS010]
(4c) Wenn sie heute nen Bebauungsplan aufstellen, dann brauchen sie etwa achtzehn bis zwanzig Prozent allein für Straßen … [FR103]
Die voll reduzierte Form n, die insgesamt über zwanzig Mal so häufig ist wie nen, ist viel gleichmäßiger über verschiedene grammatische Zusammenhänge verteilt, aber auch bei ihr machen die maskulinen Akkusative mit gut 22 Prozent die immerhin die zweitgrößte einzelne Gruppe aus.
Immerhin fast zwanzig Prozent stehen dagegen an Stellen, wo die nicht-reduzierte Form ein wäre. Mit knapp acht Prozent machen dabei die Mengenangaben nen paar und nen bisschen den größten Anteil aus:
(5a) Ja gut, und vielleicht kann ich nen paar Informationen bekommen. [DS056]
(5b) … dann muß er sich nen bißchen mehr mit ihr befassen … [DS003]
(5c) … das wär ihnen in nen paar Jahren einfach in die — in den Schoß gefallen. [FR071]
Die nicht-reduzierte Formen wären hier ein paar und ein bisschen, und zwar unabhängig davon, ob an der entsprechenden Stelle ein Akkusativ gefordert wäre (wie in 5a und 5b), oder ein Dativ (wie in 5c). Das liegt daran, dass ein paar und ein bisschen feststehende Ausdrücke sind, die keine Kasusunterscheidungen anzeigen (sich also aus dem Kasussystem des Deutschen ohnehin schon verabschiedet haben). Man sieht das daran, dass (5c) in der nichtreduzierten Form wie in (5c’) dargestellt lauten würde, und nicht wie eigentlich erwartet wie in (5c’’) (ein Sternchen vor einem Satz bedeutet in der Sprachwissenschaft, dass niemand so etwas sagen würde):
(5c’) Das wäre ihnen in ein paar Jahren einfach in den Schoß gefallen.
(5c’’) * Das wäre ihnen in einem paar Jahren einfach in den Schoßgefallen.
Knapp hinter dieser Gruppe liegen mit etwa sieben Prozent echte Fälle von Neutra im Akkusativ, wie z.B. die folgenden:
(6a) Und wenn de ihnen nen Radio und Kassettenrecorder bringst, da kriegste nen halbes Gramm Heroin dafür … [DS069]
(6b) Wenn sie von mir eine Aussage wollen, mach ich Ihnen nen ganz offenes Geständnis … [DS049]
(6c) Der Gossmann will irgendwann nen Luftbild machen … [DS056]
Auch hier wäre die nicht-reduzierte Form ein, ebenso wie in den etwa vier Prozent der Fälle, in denen nen mit Neutra oder Maskulina im Nominativ verwendet wird. Das geschieht in meiner Stichprobe ausschließlich bei sogenannten Prädikatsnomen, also in Sätzen von der Form [X ist Y]:
(7a) Als moderner Mensch geh ich davon aus, daß der moderne Staat nich nen Nachtwächterstaat sein kann … [DS049]
(7b) Ja, wenn sie nen reiches Mädchen ist, sehe ich das nicht ein … [DS010]
In all diesen Fällen kann es sich bei nen nicht um eine reduzierte Form des standardsprachlichen indefiniten Artikels handeln, denn deutsche Muttersprachler/innen produzieren niemals Sätze wie die folgenden:
(5a’) * Vielleicht kann ich einen paar Informationen bekommen.
(6a’) * Da kriegst du einen halbes Gramm Heroin dafür.
(7a’) * … dass der moderne Staat nicht einen Nachtwächterstaat sein kann.
Sie können nämlich, anders als Sick behauptet, unterschiedliche Kasus und Genera sehr gut auseinanderhalten. Allerdings nur dort, wo diese auch tatsächlich unterschieden werden.
Die Form nen kommt in Beispielen wie denen in (5a‑c) bis (7a,b) also nicht von einer zugrundeliegenden Form einen, sondern es handelt sich bei ihr um eine echte sprachliche Innovation. Und diese Innovation muss etwa wie folgt zustande gekommen sein.
In einem ersten Schritt haben die Sprecher/innen des Deutschen in der gesprochenen Sprache die indefiniten Artikel reduziert: Aus ein wurde n, aus eine wurde ne, aus einen wurde nen und aus einem wurde nem. Alle dieseFormen finden sich bis heute in der gesprochenen Sprache und sind dort zumindest in informellen Sprechsituationen deutlich häufiger als die nicht-reduzierten Formen.
In einem zweiten Schritt wurden dann die Artikel (ei)nen und (ei)nem zu n und m reduziert. Im Fall von (ei)nen führte das dazu, dass die reduzierte Form mit der reduzierten Form von ein zusammenfiel. Damit verschwand nicht nur der Unterschied zwischen Neutra und Maskulina im Akkusativ, sondern für die Maskulina auch der Unterschied zwischen Nominativ und Akkusativ (der bei Neutra und Feminina ja selbst in der nicht-reduzierten Form nicht mehr existiert). Da dieser Zusammenfall der Formen niemandem auffällt, dürfte es sich um ein sprachgeschichtlich schon etwas älteres Phänomen handelt (und mit „etwas älter“ meine ich ein paar Jahrhunderte).
Wenn Kinder nun die deutsche Sprache erwerben, erwerben sie ja nicht zuerst die nicht-reduzierten Formen ein und einen und lernen dann, diese zu n zu reduzieren. Stattdessen erwerben sie direkt die häufigere reduzierte Form n. Das bedeutet aber, und das ist entscheidend, dass Kasus- und Genusunterscheidungen bei dieser Form gar nicht mit erworben werden. Die Form n ist ein Allzweckartikel für Maskulina und Neutra sowohl im Nominativ alsauch im Akkusativ, fast schon wie der englische Artikel a(n). Nur feminine Formen werden durch ne noch extra gekennzeichnet.
Die Form n hat nun aber ein Problem, das sich sprachliche Formen im Laufe ihrer Entwicklung immer wieder einhandeln: Sie ist lautlich sehr stark reduziert und läuft damit Gefahr, überhört zu werden. Wenn das geschieht, reagieren Sprecher/innen unbewusst, indem sie das Sprachsystem auf eine vonzwei Arten umformen: Entweder, die zugrundeliegende grammatische Unterscheidung fällt ganz weg und wird durch ein anderes sprachliches Teilsystem übernommen, oder die grammatische Unterscheidung bleibt erhalten und die reduzierte Form wird durch eine weniger reduzierte ersetzt. Den ersten Prozess kann man beispielsweise im Französischen und Spanischen (und teilweise im Englischen) beobachten, in denen die im Lateinischen noch in Hülle und Fülle vorhandenen Kasusendungen lautlich so weit reduziert wurden, dass das Kasussystem seinen Zweck, unterschiedliche Satzglieder auseinanderzuhalten, nicht mehr erfüllen konnte. Das System fiel weg und wurde durch eine starre Wortstellung ersetzt, die es ermöglicht, Satzglieder anhand ihrer Stellung im Satz zu erkennen. Den zweiten Prozess kann man beispielsweise im Englischen beobachten, wo die Kasusendungen ebenfalls lautlich reduziert wurden. Akkusativ und Dativ fielen dann, wie in den romanischen Sprachen, ganz weg, aber der Genitiv wurde durch die Form ’s ersetzt, die ursprünglich nur einen kleinen Teil aller Substantive markierte.
Und der zweite Prozess lässt sich eben derzeit auch im Deutschen beobachten, wo die Form n durch die besser wahrnehmbare Form nen ersetzt wird. Diese Form stammt zwar sehr wahrscheinlich von der reduzierten Form des Artikels einen ab, aber sie wird nicht mehr als solche wahrgenommen und kann deshalb in allen Kasus und Genera stehen, in denen auch die Form n stehen kann.
Ob diese Entwicklung irgendwann voll abgeschlossen sein wird und nen irgendwann durchgängig als indefiniter Artikel dienen wird, lässt sich nicht vorhersagen und es wird noch einige hundert Jahre dauern, bis wir die Antwort wissen. Sprachwandelprozesse können zum Stillstand kommen und sie können sich umkehren, genau wie alle anderen historischen Prozesse.
Aber bewusst aufhalten lässt sich die Entwicklung keinesfalls, nicht einmal durch Glossen. Die Sprachnörgler kommen hier zu spät. Das n hat die entscheidenden Unterscheidungen längst aufgehoben, und die Fälle und die grammatischen Geschlechter, die das Deutsche vom Indoeuropäischen geerbt hat, sterben auch an anderen Stellen seit vielen tausend Jahren langsam aber unabwendbar aus.
Wer keinen Bock auf ne Sprache ohne nen Kasus- und Genussystem hat, sollte deshalb beizeiten in den Vatikan umsiedeln. Dort wird man wohl auch in fünfhundert Jahren noch Latein sprechen. Und um nen Date braucht man sich dort auch keine Gedanken mehr zu machen.
[Nachtrag (15. Dezember): Informationen zum traditionellen Verbreitungsgebiet dieses sprachlichen Merkmals gibt es in einem kurzen Nachfolgebeitrag.]
Institut für Deutsche Sprache (1999–2004). Deutsches Spracharchiv. [Link]
Sick, Bastian (2006) Kein Bock auf nen Date. Zwiebelfisch, 19. April 2006. [Link]
[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Version enthält möglicherweise Korrekturen und Aktualisierungen. Auch die Kommentare wurden möglicherweise nicht vollständig übernommen.]
Nur dass
im Vatikan auch nur die Freaks Latein sprechen (um anzugeben und nicht um zu kommunizieren) und alle anderen Italienisch oder Französisch.
ich muss allerdings ehrlich sagen, dass ich ’nen’ bislang für ein reines Internetphänomen gehalten habe und es noch nie in der gesprochenen Sprache (im Rheinland) gehört habe. Und ich würde auch fast drauf wetten, dass die die es im Internet benutzen, diese Gewohnheit nicht aus der gesprochenen Sprache haben. Deswegen hat es mich immer irritiert, weil es beim Tippen ja überhaupt keinen Vorteil bietet, nen ist ja genausolang wie ein.
nen
Das las ich auch schon in etlichen Kommentaren. Kopfschüttelnd.
Und ich kann mich nicht erinnern, dies in den 45 internetfreien Jahren meines Lebens je gehört oder gelesen zu haben.
Vielleicht liegt das auch daran, daß ich in einer n‑Region Deutschlands lebe, wo auch Infinitiv-Endungen gnadenlos zu einem etwas verlängertnn n verschliffnn werdnn. Wobei das n auch noch einn kleinn Polypenklang bekommt. Sprich, ich lebe in Hamburg.
Obige Untersuchung ist sehr interessant; das Vordringen der für mein Gefühl eindeutig falschen nen-Verwendung bei Akkusativ Neutrum oder Schlimmeres erklärt das nicht hinreichend; ich erkläre es mir — wie in so vielen anderen Fällen — schlicht durch unreflektiertes Abschreiben aus dem menschlichen Nachahmungsdrang heraus, der uns eben genetisch gegeben ist.
Hm.
Überzeugt mich jetzt nicht so wirklich. Ich kenne definitiv niemanden, der das tatsächlich so SAGT, dafür aber einige Leute, die so SCHREIBEN. ‘Größer wie’, ‘die wo’, ‘ihm sein’ — geschenkt. Aber ’nen paar’ kommt zumindest in meinem bairisch-fränkischen Dialektumfeld nicht vor und dürfte demzufolge nicht auftauchen, wenn man umgangssprachliche Texte verfasst. Hier schreibt ja schließlich auch niemand ‘ebend’ oder ‘ecklig’.
Bestünde nicht die Möglichkeit, dass es sich hier um eine Art Übergeneralisierung handelt? Zumindest für die Regionen, in denen der lokale Dialekt kein nen für n zulässt?
Wie hape
habe ich das Phänomen bisher nur im Internet bemerkt. Vielleicht liegt es wirklich an der Region, da ich ebenfalls im Rheinland lebe. Mein Eindruck ist, hier sagt sowas niemand.
Universalartikel
Liewer Herr Broffesser,
wannse sich die Müh mache dääde, e bisje in de “Dadderich” vom Niewergall ze gucke, dann dääde se mergge, dass mir Dammstädter schon vor mehr als 150 Johr mit dem ganze Gelumb von Kausus unn Genus von “ein/eine/ein” im Nomminadief und Aggusadief grindlich uffgeräumt hawwe:
http://tinyurl.com/2u36pbu
Die mendale Gabbazidäde, die mer so freigekrischt hawwe, hawwe mer dann eigesetzd, um de Genitiv dorsch’n Dativ zu ersetze, weil’s ja immer haasd, mer missd de Dativ redde..
(Beugung, hessisch)
e Mann / e Fraa / e Kinn
dem Mann sein / dere Fraa ihrs / dem Kinn sein (sogenannter “Wem-sein-Fall?”)
dem Mann / dere Fraa / dem Kinn
e Mann / e Fraa / e Kinn
Reduktion
Für die Ersetzung einer phonologisch reduzierten Form durch eine weniger reduzierte war « aujourd’hui » stets unser Standardbeispiel. n → nen wäre ein schöner Fall zur Illustration dieser Art des Sprachwandels im Deutschen (auch wenn er nicht ganz so schnell & einfach zu erklären ist).
Nachtrag
Mist — hessischen Genitiv/Dativ verwatzt:
So musses heissen:
“em Mann seins / ere Fraa ihrs / em Kinn seins”
“em Mann / ere Fraa / em Kinn”
Sorry
Helmut Wicht
Dem Vatikan sein Latein
De “Oberlateiner” vom Vatikan ist nen Amerikaner. De hat die Aufgabe, alle Meldungen, Berichte etc., die nen Vatikan herausgibt, in nen Amtssprache zu bringen. Und die ist Latein — als nen lingua franca für de Römisch-Katholische Amtskirche auf ner ganzen Welt.
Obwohl Latein als ne tote Sprache gilt, scheint dieselbe noch recht lebendig zu sein. De “Oberlateiner” gelingt es nämlich, auch für nen modernen Begriff ne lateinische Entsprechung zu finden, obwohl es in de Antike dieselben noch nicht gegeben haben kann. Selbst nen Geldautomat im Vatikan ist lateinisch beschriftet.
Generation Kanak
Ich vermute einmal, dass wir es hier mit einer Annäherung an die “Kanak Sprak” zu tun haben. Dieser Soziolekt wurde höchstwahrscheinlich in Großstädten, wie Berlin, kreiert. Für die dort lebenden Jugendlichen, zumeist türkischer Abstammung, diente die “Kanak Sprak” dazu sich als Angehörige einer bestimmten Gruppe zu definieren. Mit der Einbringung dieser Sprache in die Hip Hop und Rap Musik erreichte “Kanak” auch bei deutschen Jugendlichen einen gewissen Kultstatus.
Siehe auch: http://www.detlev-mahnert.de/kanak.html
Ich kann mich auch nicht erinnern, im Schwäbischen oder im Bayrischen jemals jemanden das falsche “nen” aussprechen gehört zu haben. Wobei dort ja (ähnlich wie im schon genannten Hessischen) eher die Endung als der “ei”-Anfang weggelassen wird und es dann “a”/“ə” heißt.
Kurioserweise wird im Schwäbischen mitunter aus “einer” (Genitiv/Dativ Fem.) “rə” oder “rer”…
Und “so ’ne”?
Ich als Rheinländerin kenne ’nen als Kurzform für ein auch nur aus Berlin, wo es mich auch nach Jahren immer noch irritiert.
Noch schlimmer ist nur “so ’ne” als Verkürzung von “solche”. Während “so ’ne” für “solch eine” ja deutschlandweit gängig ist, hört sich ersteres für Nichtberliner sehr befremdlich an. Woher diese Verkürzung wohl kommt?
Schwäbische Berlin Invasion
Bevor ich Kathrin Passig auf Twitter weiter zuspamme: das halte ich für eine sehr gewagte These. Das ’nen ist viel zu hart für den schwäbischen Singsang. Es gibt e/en oder a/an — Hasch amol an Apfel für mi? Hasch amol a Margg/an Euro?
Allerdings hat der Schwabe gemeinhin ein etwas verque(e)res Geschlechterverhältnis, er geht zum Beispiel auf “den” Klo (Wo ischn dr Klo?) oder schmiert sich “den” Butter auf’s Brot (Gibsch mr amol dr Budder?). Evtl käme aus dieser Gewohnheit beim ehrenhaften Versuch, sich Hochdeutsch zu artikulieren, im Honoratiorenschwäbisch ein ’nen zustande — den Schwaben traute ich’s zu, die könnet ja älles ausser Hochdeutsch.
Für den letzten Absatz könnte ich Sie drücken.
Ansonsten muss ich anderen Kommentatoren zustimmen: Ich habe “nen” in der Funktion noch nie gesprochen gehört, aber sehr oft im Internet gelesen.
Am Anfang des Artikels wunderte ich mich noch, denn ich war der Meinung, das Phänomen gar nicht zu kennen. Als dann die Beispiele genannt wurden, fiel mir erst auf, dass ich es nur nicht merke. Und das, obwohl eigentlich mein Sprach- und Grammatiksinn ganz gut ist…
Ich kenne diese Ausdrücke (vor allem “nen paar”, “nen bisschen” und so weiter) übrigens ausschließlich aus der gesprochenen Sprache und höre sie auch von Sprechern, die mit dem Internet überhaupt nichts am Hut haben.
Reduktion
Finde das Phänomen ganz interessant, wobei es mir noch nicht so sehr aufgefallen ist.
Wobei ich noch eine andere Beobachtung habe, die mit der Reduktion zusammenhängt: Das n is ja für den Sprcher durch Dehnung relativ leicht so zu artikulieren, dass es auch verständlich ist.
Allerdings könnte hier das Problem sein, dass der länger anhaltende Nasallaut eine ungewohnte “Belastung” der Artikulationsorgane bedeutet. Dies durch nen Vokal “aufzubrechen” scheint einfacher zu sein.
Ein anderes Beispiel, was ich bei uns (Hochdeutschen) schon häufiger gehört habe, ist die Verkürzung und vertauschte Verlängerung von n nach anderen Konsonanten:
sieben -> siebn -> siebne.
Ich bin schon mehrfach Carstne genannt worden, was mich jedes mal irritiert hat, aber dies scheint mir eine mögliche Erklärung.
Schön.
Erst mal muss ich sagen: Diese eingehende Sprachbetrachtung hat in sich die Schönheit und Eleganz eines komplizierten mathematischen Beweises.
Ich bin mir aber nicht sicher …
Vielleicht hat die Sache einen anderen Ursprung, der in dem sonderbaren Gestus liegt, der mit dem “nen” verknüpft ist.
Es fällt ja auf, dass dieser seltsame Gebrauch des “nen” zu einer Betonung eines Wortes führt, dass eigentlich in der normalen Umgangsphonetik längst abgeschliffen ist. Das merkt man am besten beim lauten Sprechen. Zum Beispiel diese 3 Varianten:
— “Hast du Lust auf ein Bier?” So redet man, wenn man gut erzogen ist (Du sollst deutlich reden, sonst kriegst du was hinter die Löffel!)
“Hast du Lust auf’n Bier?” So redet man normal. Entspannt und ohne jede Prätention.
“Hast du Lust auf nen Bier?” Aha, da passiert doch was?! Da kommt Jargon auf. Fast so als wollte jemand zusätzlich hervorheben, was er oder sie für ein umgangssprachlich lockerer Typ ist. Das abgeschliffene ’n wird besonders betont, als wollte man noch einmal besonders betonen, wie “unkorrekt” man ist.
… aber “Hast du Lust auf n Bier” geht ja nicht so richtig über die Lippen (außer in Berlin , oder?, dann aber eigentlich gedehnt und mehr als Zahlwort “een Bier”). Und weil das “n Bier” droht, zu einer völlig neanderthalhaften Lautlichkeit zu führen, macht die Sprache das, was sie in vielen Fällen tut: Sie fügt noch einen naheliegenden Konsonanten hinzu. Wenn man so will, ist das also eine (fast) ganz normale Konsonantenverschiebung oder ‑Vedoppelung (was weiß ich denn), hervorgerufen durch die Tatsache, dass das “n” eben nur ein Konsonant ist, der, wenn man ihn quasi zu einem eigenen Wort machen will, doch wieder irgendwie mehr Klang zur Unterstützung braucht, um eine komplette Phonetik bilden zu können. Da der Sprecher sich aber auf keinen Fall auf das steife, bürgerlich Korrekte einlassen will, muss er nen benutzen — es geht phonetisch ja gar nicht anders.
Kurzum: Mit GRammatik hat das nichts zun tun, nur mit Phonetik und dem Unglück eines Jargons, den die Sprecher fast wie ein Erkennungszeichen für ihre Coolheit vor sich hertragen.
Sozial würde ich vermuten, dass “nen” vor allem von denen benutzt wird, die mit Hochdeutsch aufgewachsen sind und die versuchen, sich das demonstrativ abzugewöhnen. Also eher ein Mittelschichtsphänomen. Eine Tarnung.
Nen Genus braucht man nicht 😉
Vorweg: ’nen’ beim Neutrum habe ich (in Hessen und NRW) auch noch nie bewusst gehört.
Aber der Gedanke, dass die Genusunterscheidungen mittel- bis langfristig wegfallen könnten, ist faszinierend. Weiteres Indiz: Seit ca. 1 Jahr fallen Sätze wie folgender auf:
“Die Bundesregierung begründete die Steuererhöhung damit, dass sie im Zuge … blabla … SEINE Sparmaßnahmen flankierend unterstützen müsse”.
Vor allem auf N24 und n‑tv geht anscheinend der Genusüberblick bei größerem Abstand zwischen Substantiv und Possessivpronomen verloren. Ich meine aber, sogar schon folgendes gehört zu haben:
“Die Bundesregierung begründete SEINE Steuererhöhung damit, dass …”.
Die ersten Male bin ich noch zusammengezuckt — mittlerweile frage ich mich: warum eigentlich nicht? Wenn zusätzlich auch die bestimmten Artikel vereinheitlicht oder ganz weggelassen würden, wäre Deutsch als Fremdsprache wohl einfacher zu erlernen.
Ich harre gespannt der Entwicklung. Und die Sprachnörgler werden auch dabei zu spät kommen.
Och…
… und ich habe die ganze Zeit gedacht, “’n” schreibt man und wenn man es spricht, dann macht man ein “nen” ‘draus. Denn “’n” kann man ja schlecht sprechen, hat ja keinen Vokal 😉
Ich bezweifle auch stark, dass das ganze irgendwas mit “dem Internet” zu tun hat wie manche Kommentatoren meinen.
Wenn einem das im Internet besonders auffällt kann dies auch daran liegen, dass einem geschriebene Umgangssprache leichter als anstössig auffällt, dass es ein regionaes Phänomen ist, mit dem man in seinem Alltagsradius sonst nicht konfrontiert ist oder das mann es im Alltag schlicht nicht bemerkt.
Letzteres scheint mir besonders bei “nen bisschen” und den verwandten Formen wahrscheinlich.
“n bisschen” lässt sich doch gar nicht sinnvoll aussprechen, ich zumindest lande beim Aussprechen sofort bei “en bisschen” oder eben “nen bisschen”. Solange man das nicht aufschreibt, bemerkt man selbst den unteschied zu “n bisschen” aber vermutlich gar nicht.
nen
Ein mir bekannter Schriftsteller ist in Bad Hersfeld zur Schule gegangen und hat in den Geschichten, die er als Jugendlicher Anfang der achtziger geschrieben hat lauter solcher Sätze wie:
“Die Sonne sieht aus wie nen Ei”,
“Ey, haste ma nen Paper?” usw.
Eine Frau, die ich Ende der neunziger traf benutzte dieses “nen” auch ständig beim Sprechen (“Ich nehm noch nen Bier”), und die ist in Marburg aufgewachsen.
Ich sags Euch: Das kommt irgendwo aus Hessen!
schwoaba ?
das b kenne ich aus meiner heimat hannover auch, das nen meine ich in schwaben häufiger zu hören. die sagen hier ja auch nicht krrekt “gehnn”, sondern irgendetwas anderes.
was mich aber wirklich interessiert ist die frage, wozu man den genus denn brauchte?
Wie sicher sind wir denn, dass die Leute auch “nen” sprechen und nicht nur schreiben? Mein unmittelbarer Gedanke war, dass es sich dabei nur um eine Unsicherheit handelt, wie man ein als einzelnen silbischen Nasal gesprochenes “n” denn schreibt.
Ich kenne das “nen” gar nicht aus dem Internet, sondern von einer Freundin, die wie ich in Ostniedersachsen aufgewachsen ist. Ich hatte bei ihr immer den Eindruck, das einfache “n” ist ihr zu vernuschelt. (Während ich als verkappter Grammar Nazi “nen” ausschließlich als Kurzform für “einen” benutze. “Ein” wird bei mir zu “n”. Finde ich persönlich logischer so, aber das ist ja mein Problem.) Kathrin Passigs These von einem Wunsch nach mehr Deutlichkeit fand ich also gleich überzeugend.
Also vielleicht wohne ich zu nah an Berlin dran, aber ich habe diese Form auf jeden Fall auch schon gehört, nicht nur hier (in Leipzig), sondern auch in meiner erzgebirgischen Heimat.
Außerdem würde mich mal interessieren, wer von den Kommentatoren hier linguistische Grundkenntnisse genossen hat/geniesst und ob es ’nen Zusammenhang zwischen „hat linguistische Grundkenntnisse“ und „hat ’nen’ schonmal gehört“ gibt…
Hessen!
Jetzt haben wir es so etwa dingfest gemacht. Vielleicht könnten Sie, Sonja, uns auch noch verraten, wo Sie das Phänomen beobachten?
Wahrscheinlich hat jede Mundart Details, die sich für die Einwohner anderer Landstriche falsch anhören.
Was ebenfalls in die Bloggerei Eingang findet, ist das (fränkische?) “net” anstelle von “nicht”. Schreibt sich auch rascher.
Vielleicht bringe ich ja ein paar Hamburgensien unter. Auf “Danke” antworten wir gern mit “da nicht für”. Wäre eine Option.
Lieber Fränkisch
Das abgekürzte “’n” finde ich sehr unpraktisch, es ist unangenehm auszusprechen. Daher erscheint es erklärlich, daß manche auf “’nen” ausweichen. Die Süddeutschen haben das nicht nötig, denn ihnen verhilft die Mundart zu einer leicht auszusprechenden Abkürzung. Vermutlich ist deswegen dieses “’nen” hier kaum anzutreffen. “A Haus, a Äffle und a Pferd” läßt sich viel angenehmer aussprechen. Aus “einen” wird nicht “’nen”, sondern “an”.
“nen” viel mir besonders in Sachsen auf
Ähnlich wie “hape” hielt ich die Verwendung von “nen” bisher für ein regionales Phänomen, allerdings nicht auf das Internet bezogen (falls man hier von “regional” überhaupt sprechen kann), sondern auf Regionen im Osten der Bundesrepublik.
Erstmals und besonders aufgefallen ist mir die häufige Verwendug von “nen” in Gesprächen mit Personen aus Sachsen. Dies kann natürlich ein Zufall gewesen sein, andernorts bin ich über “nen” aber wissentlich noch nicht gestolpert.
geographische Verbreitung
Nur ganz am Rande: Ich hab diese seltsamen nen-Formen zum ersten Mal 1996 von Kolleginnen aus Sachsen-Anhalt (Magdeburg und engere Umgebung) gehört. Im heimischen Rhein-Main-Neckar-Raum gibt es m.E. diese Formen nicht. Daher halte ich sowohl die Hypothese vom “schwäbischen” als auch vom (Verzeihung, ich zitiere nur) “kanakischen” Einfluss auf die Berliner Stadtsprache für zweifelhaft.
Nen Problem mit Kasusmarkierung?… greift die Frage nach Sprachwandel und Paradigmenwandel aus einer gebrauchsgestützten Perspektive anhand eines interessanten Phänomens aus dem gesprochenen Deutsch …
Statt Trackback (funktioniert leider nicht):
http://latrinum.wordpress.com/…-konkret-antwort/
Man muss nur warten können – und recherchieren. Irgendwann ist es soweit, irgendwann wird selbst die dümmste Frage beantwortet. Ich als Bayerin habe mich immer über ‘nen gewundert. Was heißt ‘nen? Die Kurzform von „einen“, so dachte ich. Das aber schien entweder falsch zu sein oder aber nicht die ganze Wahrheit. Offenbar stimmte auch mein Ansatz nicht, ‘nen-Sager für Migrationshintergründige oder Sprachverstümmler zu halten, denn ganz so einfach scheint es nicht zu sein. Und weil sich Wissenschaftler nun einmal per definitionem mit dem Schaffen von Wissen beschäftigen, gibt es auch in dieser Frage einen, der eine fundierte Antwort für mich und andere Ratlose hat. Dankeschön! Aber…
…weil mich erst gestern wieder ein ähnliches Phänomen wie das ‘nen angesprungen hat, werfe ich gleich eine neue Frage in den Ring:
Warum sprechen in Deutschland geborene Kinder türkischer Eltern – de facto also Deutsche mit türkischen Wurzeln (Mist, ich weiß nicht wirklich, wie ich das nun ausdrücken soll!) – so merkwürdig? Warum werten sie sich durch diesen türkisch-deutschen Straßenslang selbst ab? Zumindest in den Ohren gebildeter Menschen hört sich das schlicht prollig an. Nicht zuletzt verstärkt es Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund, von denen es hierzulande nun wirklich genug gibt (Vorurteile meine ich! Himmel, mein eigenes Deutsch ist heute aber auch…). Und warum das? Um die türkische Kultur noch in der dritten Generation zu leben, zu verdeutlichen? Mittels schlechtem Deutsch? Hm…
Geographische VerteilungEs handelt sich bei dieser Form des indefiniten Artikels keinesfalls um ein Internetphänomen: Die oben zitierten Daten stammen aus gesprochener Sprache aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, das Internet ist für Privatanwender frühestens seit Ende der 1980er Jahre zugänglich.
Dass es sich um eine „Annäherung“ an die „Kanak Sprak“ handelt, können wir ausschließen. Ich gehe davon aus, die Kommentatorin meint damit die teilweise von Migrantensprachen beeinflussten urbanen Dialekte, die als Kiezdeutsch bezeichnet werden (bzw. deren mediale Darstellung, die an Wirklichkeitstreue zu wünschen übrig lässt). Für diese Dialekte ist, wenn überhaupt, der Wegfall von Artikeln typisch, nicht aber die hier diskutierte Verwendung von nen.
Wenn ich die Hinweise aus den Kommentaren zusammennehme, die auf ein Vorhandensein in einer bestimmten Region hindeuten, und dies mit dem kombiniere, was ich auf die Schnelle an Informationen zu den Sprecher/innen in meiner Stichprobe finden konnte, ergibt sich derzeit folgende geographische Verteilung:
Diese Grafik werde ich aktualisieren, falls weitere Berichte über das Vorkommen dieser Form in der gesprochenen Sprache einer bestimmten Region folgen.
(Die Vorlage der Deutschlandkarte stammt aus Wikimedia Commons, © 2007, Korny78, CC-BY-CA 2.5. Damit steht auch die von mir auf dieser Grundlage gezeichnete Karte unter dieser Lizenz. Lernen Sie hier mehr über Creative Commons.)
Ruhrpott
Interessant finde ich, dass hier einige Kommentatoren schreiben, dass sie das “nen” aus ihrer Heimat Rheinland nicht kennen. Denn soweit ist es ja nun mal nicht vom Ruhrgebiet entfernt, und hier habe ich es schon öfter gehört, bzw. spreche es auch selbst (ohne mich als Sprachverstümmler zu fühlen, und in dem Bewusstsein, dass ich mich auch in “Schriftsprache” ausdrücken kann).
[Berichte darüber, dass das nen in einer bestimmten Region nicht auftritt, sind erstens fragwürdig und zweitens bedeutungslos. Fragwürdig, weil Sprecher/innen das Vorhandensein von nicht-standardsprachlichen Strukturen in ihrer eigenen Sprache und der Sprache ihres Umfeldes grundsätzlich unterschätzen. Bedeutungslos, weil man negative Aussagen nicht beweisen kann: nur, weil man etwas noch nie gehört hat, bedeutet das nicht, dass es niemand sagt. Interessant wird die Sache deshalb erst, wenn die positiven Berichte ein Muster ergeben, das möglicherweise darauf hindeutet, dass die Form in den übrigen Regionen nicht auftritt. Dafür ist es aber zu früh. — A.S.]
Nachtrag n
Hat jetzt nicht direkt etwas mit dem Thema zu tun (allerdings mit dem n): Bei Abkürzungen wird ja auch gerne mal eine andere Pluralform als in der ausgeschriebenen Form genutzt, also z.B. im Fall der Industrie-und Handelskammern heißt es nicht IHKn sondern IHKs, was dann wohl auch etwas mit einfacherer Aussprache zu tun hat (ich hoffe, hierüber und durch das n einigermaßen einen Bogen zum Thema bekommen zu haben).
Weißte mal konkret Antwort?Man muss nur warten können — und recherchieren. Irgendwann ist es soweit, irgendwann wird selbst die dümmste Frage beantwortet. Ich als Bayerin habe mich immer über ‘nen gewundert. Was heißt ‘nen? Die Kurzform von “einen”, so dachte ich. Das aber schien entweder falsch zu sein oder aber nicht die ganze Wahrheit. Offenbar stimmte auch mein Ansatz nicht, ‘nen-Sager für Migrationshintergründige oder Sprachverstümmler zu halten, denn ganz so einfach scheint
Zu IHKs
@Dirk:
Auch wenn es nicht hierher gehört, sondern ein eigenes Thema ist:
Der Plural IHKs zeigt nur, dass die Abkürzung IHK als eigenständiges Wort in den Sprachgebrauch übergegangen ist und dazu passende Grundformen angenommen hat.
Genauso wie LKWs (was angeblich falsch sein soll), AGBs oder Radare.
IHKs
Soweit ich das verstanden habe, ist /-s/ im Deutschen der default-Marker* für den Plural von Wörtern, deren Stamm auf einen betonten Vokal endet. Und das ist bei den meisten Abkürzungen der Fall.
Es wäre aber mal interessant rauszukriegen, wann und warum das ‑s zum Standard-Plural-Morphem wurde. Oder ob es das schon immer war.
*Ein default-Marker ist der Marker (etwa Endungen, Affixe,…), den ich intuitiv benutzen würde, wenn ich ein mir unbekanntes und keinem mir bekanntem Wort phonologisch ähnliches Wort flektieren müsste. Wenn ich also fragen würde: “Das hier ist ein ‘Troh’. Wie heissen viele davon?” würden mir die meissten wohl spontan “Trohs” sagen, und nur wenige “Trohe”, “Trohen” oder “Tröhe”.
Ruhrgebiet
Ich bin da aufgewachsen und habe es auch noch nie im Gesprochenen gehört, das schließt zwar, wie A.S. gesagt hat, nicht aus, dass es doch Sprecher gibt, die es benutzen, aber ich halte es zumindest für unwahrscheinlich, dass eine verlängerte Form des n auftritt, weil es der ruhrdeutschen Tendenz zu starken Kontraktionen widerspräche. Selbst wenn “nen” den Akk. Sg. m. kodiert, kann es in gesprochener Sprache abschleifen, z.B. [hasn̩ ʃtɪft mɪt].
Analog sind Sätze wie “willst du nen Bier mittrinken” unwahrscheinlich. Viel eher würde man “willsn Bier…” sagen, da gerade am Anfang von Fragesätzen oft mehr als zwei Elemente kontrahiert werden (“habt ihr ihn…” = [habtɐn] etc.).
Parallelentwicklung?
einen => ’nen
ein => ‘en => nen
Und eine Vermutung über Hessen/Frankfurt/… — sowas wie Honoratiorenhessisch?
’n wird nen
Ich glaube nicht, dass den Leuten das ’n zu nuschelig wird und sie deswegen “nen” sagen, zumindest im Norden geht das nicht.
Wir schreiben “Wir kochen, wie besprochen einen Rochen, ach, willst du noch ein Bier?”
Wenn die Leute sprechen hört sich alles gleich an: “Wir koch’n, wie besproch’n einen (’n) Roch’n, ach, willst du noch’n Bier?”
Das wäre dann ja: “Wir kochenen, wie besprochenen…”
Ich habe den oben erwähnten Schriftsteller angemailt. Der hat das Anfang der achtziger GESCHRIEBEN, und als ich ihn fragte, was der Blödsinn soll hat er mich damals gefragt: “Wieso? Das sagt man doch so!”
Mal sehen, was er antwortet, ich gebe Euch Bescheid.
Bremer sagen das auch
Mir ist diese Form das erste Mal 1997 bei meinem Freund aus Bremen aufgefallen. Im Nordschwarzwald, wo ich aufgewachsen bin, habe ich diese Form noch nie gehört.
Hier in Bremen kommt das öfter mal vor.
@gareth
ich kenne in erster linie statt “willsn bier” ein “willze nen bier”.
@gareth:
Das Problem der “Undeutlichkeit” von n sehe ich vor allem bei der Aussprache.
Ein Satz wie “Wilst du auch’n Bier” wird doch gesprochen immer zu “..auchen Bier” oder “auch en Bier”.
Da “en” aber nichtmal umgangssprachlich so richtig als Wort existent scheint nimmt man vllt zunehmend nen, was “richtiger” erscheint.
Könnte aber natürlich auch einfach ein Transkriptionsproblem sein, denn viele der im Artikel genannten Beispiele würde man mit n, en oder nen doch identisch aussprechen, nur dass die Schreibweise mit nen irgendwie am richtigsten aussieht:
(5c) … das wär ihnen in nen paar Jahren einfach in die
(6c) Der Gossmann will irgendwann nen Luftbild machen
(6b) Wenn sie von mir eine Aussage wollen, mach ich Ihnen nen ganz offenes Geständnis
[Die Form en ist ebenfalls interessant, aber es handelt sich klar um eine andere Form als nen. Im deutschen Spracharchiv ist en auch als „en“ transkribiert, und eine oberflächliche Suche zeigt, dass sie geographisch anders verteilt ist als nen. — A.S.]
zonenhypothese…
also mir als gebuertigem stuttgarter und hobby-sprachnazi ist das ’nen’ erst aufgefallen, nachdem ich in den osten der republik gezogen bin…
der tatsache, dass mir die verwendung von ’nen’ erst auffiel, entnehme ich, dass ich das vorher auch noch nie gehoert habe, und das, obwohl ich in verschiedenen ecken (west)deutschlands laengere zeit ansaessig war…
die leute reden hier sowieso komisch: die haben beispielsweise auch sachen ‘zu stehen’…
Österreich meinem Gefühl nach nen-frei
Als ich zuerst auf diese nen-Formen stieß (bislang ausnahmslos in geschriebener Form im Internet — gehört habe ich sie noch nie), hielt ich sie für Tippfehler, bzw. Fehler aufgrund einer Änderung des ursprünglich intendierten Satzgefüges, da sie für mein Gefühl (außer als Verkürzung von “einen”) in keinem Kontext grammatisch sind und ich mir nicht vorstellen konnte, daß irgendjemand sie bewußt so verwendet.
Die Statistik hat mich natürlich längst eines Besseren belehrt, zu häufig und zu systematisch stoße ich auf sie — wobei sie mich zugegebenermaßen immer noch irritieren.
Auch wenn A.S. natürlich richtig schreibt, daß die Abwesenheit eines Phänomens nicht zu beweisen ist, halte ich es doch für ziemlich sicher (ohne jetzt eine Korpusanalyse gemacht zu haben oder Fakten bieten zu können), daß dieses “ungrammatische” “nen” in Österreich NICHT verwendet wird. Schon allein die Verkürzung des unbestimmten Artikels unter Weglassung der ersten Silbe klingt für meine österreichischen Ohren bundesdeutsch, genauer sogar wohl eher norddeutsch — es wurde ja schon erwähnt, daß die hiesige Umgangssprache zu (Nominativ, alle Genera; Akkusativ f und n) a bzw. (Akkusativ m) an verkürzt. Während ich also die Formen ’n, ’ne, ’nen als regional markiert empfinde, empfinde ich ’nen für nicht Akkusativ m als inakzeptabel. Mir wäre auch nicht bewußt, daß in Österreich die Unterscheidung zwischen a und an je aufgehoben würde.
Ist übrigens die Aussage “Die Daten stammen übrigens zum größten Teil aus den 1970er Jahren und aus Süddeutschland.” korrekt? Das kommt mir seltsam vor, und ich vermute einen Druckfehler für “Norddeutschland” — kann das sein?
Insofern überzeugt mich auch die Erklärung von A.S. in diesem Falle nicht. Mir scheint die in manchen Kommentaren angedachte Überlegung des Eindringens aus gewissen Soziolekten plausibler, z. B. als bewußte “Coolnessmarkierung”. Ich habe mich allerdings nicht eingehender mit deutscher Dialektologie befaßt und kann daher nicht ausschließen, daß es doch in irgendeiner potentiellen Ausgangsregion phonetische Gründe geben mag. Aber auch dann dürfte der weitere Verbreitungserfolg soziolektale Ursachen haben.
Eine kleine, klugscheißerische Korrektur noch zu einem der letzten Absätze: innerhalb der romanischen Sprachen gibt es natürlich mit dem Rumänischen doch eine, die eine Kasusflexion inkl. Dativ aufweist.
Eine schöne Adventszeit wünscht
K.
Im Ruhrgebiet kann “nen” im Akk. sg. m. als Verstärkung auftauchen. “Ich hab kein Bock auf so’n Mist.” kann zu “Ich hab kein Bock auf so nen Mist.” werden mit einer zusätzlichen Betonung auf “so”. Wie eine Freundin mir mitgeteilt hat, kann bei ihr “nen” auch am Satzanfang als Verstärkung vorkommen. Wenn ihr Sohn ankündigt, dies oder jenes zu tun, kann sie ihm je nach Ernsthaftigkeit und Stimmungslage schon mal sagen “N Teufel wirst du tun” oder “Nen Teufel wirst du tun”. Aber nach unserer übereinstimmenden Beobachtung gibt es das nur im Maskulinum. Deswegen wäre “nen Bier” auch eher unwahrscheinlich.
Den Satz “Willste auch’n Bier?” würde ich nur so schreiben ( evtl. noch “Willze”). Auf die Idee mit “en” wäre ich gar nicht gekommen, weil mir das “e” viel zu deutlich wäre. Als Verkürzung von “ein” wird das “e” eher angedeutet als so deutlich ausgesprochen wie beim “N”, wenn man das Alphabet aufsagt. Deswegen scheint mir das Apostroph da sinnvoller zu sein.
Ruhrgebiet, die Zweite
Stimmt, da haben Sie recht. Aber das ist dann wirklich nur, um es zu betonen. Wenn unbetont, wird der Artikel (nach Möglichkeit) immer kontrahiert.
Sind Sie sich da sicher? Ist mir in den 19 Jahren, die ich dort gewohnt habe, nicht ein einziges Mal vorgekommen und das klingt auch jetzt für mich sehr dubios, eben gerade weil nen nur in betonten Positionen vorkommt, wie LMK schon ausgeführt hat. [ʋiltsə nɛn biːɐ] klingt für mich wie eine misslungene Ruhrgebietsparodie aus dem Fernsehen.
Man würde doch immer “Wat isn dat fürn Auto?” und nicht “Wat isn dat für nen Auto” etc. sagen.
Der von mir weiter oben erwähnte Schriftsteller hat auf meine Mail leider nur sehr knapp geantwortet.
“Ja, die sprechen da so, in Nordhessen.”
Das interessante an ihm ist, dass er da nur ein paar Jahre als junger Mann gewohnt hat, dieses “nen” später wieder komplett vergessen hat und auch nicht mehr benutzt.
Anders bei der Frau, die in Marburg aufgewachsen ist. Die ist das nie losgeworden.
Ich denke weiterhin, das kommt irgendwo aus Hessen. Und wenn man das in Bremen, Hamburg oer sonstwo auch mal hört, dann sollte man sich vor Augen halten, dass die Leute ja auch mal umziehen.
Ein Forschungsprojekt sollte sich meiner Meinung nach um Schulaufsätze (oder ähnlichem) aus der Zeit vor 30 — 40 Jahren (oder älter) aus der Gegend von Bad Hersfeld bemühen. Das ist da alles schriftlich dokumentiert.
Hätte ich Zeit und Kapazitäten…
[Vielen Dank für die Mühe und die damit verbundene Bestätigung, dass diese Form auch in (Teilen von) Hessen existiert. Allerdings ist es voreilig, daraus zu schließen, dass die Form „aus Hessen kommt“. Erstens handelt es sich, wie ich dargestellt habe, um einen systemisch begründeten Sprachwandelprozess, der sich an verschiedenen Orten unabhängig vollziehen kann. Zweitens scheint mir aus den bisherigen Beobachtungen das Zentrum dieses Wandelprozesses eher in Sachsen(-Anhalt) zu liegen. Da sich herauszukristallisieren scheint, dass nen als Nominativ bzw. Akkusativ/Neutrum in den oberdeutschen Dialekten (z.B. Bayern, Österreich) nicht vorzukommen scheint und da es bislang keine zuverlässigen Berichte aus den niederdeutschen Dialektgebieten (Norddeutschland) gibt, drängt sich die Vermutung auf, dass es auf das traditionell mitteldeutsche Dialektgebiet beschränkt ist, was erklären würde, dass es in Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, (Nord-)Hessen und (Ost-)Niedersachsen auftritt. Für das Ruhrgebiet und das Rheinland bräuchten wir aber noch zuverlässigere und stimmigere Berichte. Das mit den Schulaufsätzen ist auf jeden Fall eine schöne Idee. — A.S.]
also in diesem Zusammenhang kenn ich “nen” schon, aber das ist für mich auch gefühlt “normaler” Sprachgebraucht, weil “nen” dann die Abkürzung von “einen” ist. Als “Abkürzung” für “ein” hab ich es halt nur noch nie gehört.
Auch wenn es in anderen Gegenden in dieser Weise gebraucht wird, glaube ich trotzdem, dass es auch teilweise ein Internetphänomen ist. Mir ist nämlich bei Leuten, die ich kene, aufgefallen, dass sie das “nen” nur geschrieben benutzen, nicht aber gesprochen.
Da es noch keine Forschungsarbeiten gibt, bleibt alles Vermutung und Spekulation. Und selbst wenn es solche gäbe, wären angesichts des Standes der Sprachwissenschaft vielleicht immer noch Zweifel angebracht.
Die erste Frage, die man sich bei solch einer (sonner) Studie stellen muß, ist die nach der Zuverlässigkeit der empirischen Daten. Gesprochene Sprache wird ja wohl in irgendeiner Form als Transkription erfaßt. Wie zuverlässig ist die Transkription? In bestimmten Situationen ist die Unterscheidung zwischen nen und ’n sicherlich sehr schwierig.
Nehmen wir die Beispiele (6a‑c):
Ist es wirklich glaubhaft, daß man zuverlässig zwischen Ihnen nen und Ihnen’en oder zwischen irgendwann nen und irgendwan’en unterscheiden könnte?
Berücksichtigt man die zu erwartende Fehlerquote und die Befunde, daß nen in “fast achtzig Prozent” der Fälle gewissermaßen korrekt für einen steht und daß die vollreduzierte Form n “insgesamt über zwanzig Mal so häufig ist wie nen”, so könnte man zum Ergebnis kommen, daß es sich bei der “falschen” Verwendung von nen um ein (vielleicht mundartlich bedingtes) Randphänomen handelt. Daß sich die deutschen Mundarten gelegentlich in Kasus und Genus unterscheiden, ist ja nicht gerade neu.
Ferner ist die Schreibung ’n ein orthographisches Konstrukt. In den allermeisten Fällen — außer allenfalls nach Vokal oder n — wird tatsächlich en gesprochen. Nicht das n
ist “lautlich sehr stark reduziert”, sondern das e (Schwa). Es heißt phonetisch eben nicht hassn Bier, sondern hassen Bier.
Wie sind nun die Aussagen
und
miteinander zu vereinbaren?
Der Genus hat sich im Deutschen bemerkenswert hartnäckig gehalten, obwohl er seit Jahrhunderten, wenn nicht seit jeher, keine Funktion hat außer der, durch Redundanz die Verständlichkeit zu erhöhen. Solange die Wortstellung im Deutschen einigermaßen frei ist, wird auch der Kasus nicht verschwinden.
Wenn diese Unterscheidungen “seit vielen tausend Jahren langsam aber unabwendbar” aussterben, dann können wir uns beruhigt in unserem Schaukelstuhl zurücklehnen und die nächsten “vielen tausend Jahre” in Ruhe abwarten.
Das sagt doch überhaupt nichts aus. Die Wortstellung wird starrer, wenn Kasusunterschiede verschwinden. Und Kasusunterschiede verschwinden im Deutschen schon seit langem. In den letzten Jahrzehnten sind das Dativ-e bei Substantiven starker Flexion und die Endungen im Akkusativ und Dativ Singular bei Substantiven schwacher Flexion (Mensch statt Menschen) einfach nachzuvollziehende Beispiele. Das Deutsche mag konservativer sein als die meisten germanischen Sprachen, aber es fährt trotzdem in dieselbe Richtung.
@Nörgler
Keineswegs, Nörgler. Es ist Ihnen vielleicht entgangen, aber dieser Blogbeitrag ist eine Forschungsarbeit, wenn auch keine sehr umfangreiche. Spekulativ sind nur die Überlegungen zur regionalen Verbreitung der Form, der Beitrag selbst beruht auf Daten, Methoden und Argumenten, die sie in genau dieser Form auch in Forschungsarbeiten finden.
Ihre Besorgnis um die Qualität der empirischen Daten rührt mich, aber ich kann Sie beruhigen: Die Forscher, die die von mir verwendeten Korpora gesammelt und transkribiert haben, sind Fachleute, die genau wissen, was sie tun. Da ich Sie ja nun schon etwas länger kenne, weiß ich, dass Sie zwar sprachnörglerische Positionen sehr viel überlegter und mit mehr praktischer Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Sprachen vertreten können als viele professionelle Sprachnörgler, dass Sie aber nicht die geringste Ahnung vom „Stand der Sprachwissenschaft“ haben, den Sie hier in Frage stellen. Sie müssen mir deshalb entweder glauben, dass Sprachwissenschaftler/innen, die sich mit gesprochener Sprache befassen, über die Transkription von Daten sehr ausführlich nachdenken und dabei sehr sorgfältig vorgehen, oder Sie müssen sich tatsächlich in die Forschung einlesen.
Natürlich passieren auch bei Transkriptionen Fehler, das wird hier auch nicht anders sein, aber n, en und nen lassen sich von einzelnen Zweifelsällen mal abgesehen gut unterscheiden und werden in den von mir verwendeten Korpora auch unterschieden. Die Zahlenverhältnisse ergeben sich nicht aus irgendeiner „Fehlerquote“, sondern daraus, dass die Form nen ursprünglich tatsächlich Maskulin/Akkusativ ist und die Ausweitung auf andere Kontexte von dort aus geschieht.
Das ist schlicht falsch. Die voll reduzierte Variante des Artikels wird nicht „tatsächlich en“ gesprochen, sondern in als silbisches [n]. ’en ist eine teilweise reduzierte Variante, die z.B. in meinem Dialekt überhaupt nicht vorkommt; hassen Bier würde niemand hier sagen, sondern hastn Bier oder bestenfalls hastən Bier, wobei das Schwa dann aber die reduzierte Variante des Pronomens du wäre (in meinem Dialekt könnte man hastə mal n Bier sagen, aber keinesfalls hast mal ən Bier — was nicht heißen soll, dass das in anderen Dialekten nicht möglich wäre).
Meine Aussagen
und
sind problemlos miteinander zu vereinbaren, was Ihnen auch aufgefallen wäre, wenn Sie den Beitrag aufmerksam gelesen hätten. Sprecher/innen umgangssprachlicher Varietäten des Hochdeutschen können im Kontext indefiniter Artikel Kasus und Genus problemlos auseinanderhalten, wie man daran sieht, dass sie die nicht-reduzierte Variante des Artikels einen nie als Nominativ oder Neutrum/Akkusativ verwenden und dass sie auch die Feminina nicht mit Neutra oder Maskulina „verwechseln“. Das System der reduzierten indefiniten Artikel hat die Unterscheidungen zwischen Nominativ und Akkusativ und die zwischen Neutrum und Maskulinum bereits aufgehoben, und Kasus/Genus-Unterscheidungen sind auch an anderen Stellen bereits verschwunden oder in Auflösung begriffen.
Sie verwechseln Ursache und Wirkung. Tatsächlich ist es umgekehrt: Solange der Kasus nicht verschwindet, wird die Wortstellung im Deutschen einigermaßen frei bleiben.
[Nachtrag: Im folgenden Kommentar wird die Frage der Transkription, inklusive der Fehler, noch einmal diskutiert; Kristian Berg (wiss. Mitarbeiter im Bereich Niederdeutsch an der Universität Oldenburg) hört einige der zugänglichen Tonaufnahmen offenbar anders als ich, was auf einen nur schwer vermeidbaren subjektiven Faktor bei der Transkription hindeutet. Ein durchhören der verfügbaren Beispiele (die leider nicht aus den hier kritischen Kontexten stammen, da nur ein Teil der Aufnahmen überhaupt verfügbar und ein Teil leider auch falsch verlinkt ist) zeigt auf jeden Fall, dass darunter klare Fälle von nen oder n‑n sind, aber auch ein paar Fälle, über die man streiten kann. Weiteres in meine Antwort auf den Kommentar]
Aufnahme vs. Transkript
Erst mal danke für den anregenden Artikel & Diskussionsanstoß, ich lese Ihr Blog regelmäßig und gerne. Aber:
Ganz so einfach ist es nicht — oder eigentlich viel einfacher.
Wenn man sich die von Ihnen zitierten Belege in der Datenbank gesprochenes Deutsch mal tatsächlich _anhört_ (es sind zugegebenermaßen nur zwei davon zugänglich), findet man in beiden Fällen nur /n/, nicht /nən/. Das gilt auch für alle anderen Aufnahmen, die ich mir stichprobenartig angehört habe. /nən/ habe ich in keiner Aufnahme gehört. Ob sich je nach Kasus Längenunterschiede feststellen lassen, müsste man messen — dafür sind die Aufnahmen aber u.U. nicht geeignet. Für das Niederdeutsche habe ich das mal gemacht und keine signifikanten Unterschiede feststellen können.
Statt ein Phänomen der gesprochenen Sprache zu behandeln, haben Sie (wenn man über die paar Belege generalisieren kann) ein Phänomen behandelt, das erst bei der Transkription entsteht; Sie haben statt der Grammatik der Sprecher die der Transkriptoren beschrieben. Was ja durchaus auch interessant sein kann. Ich habe immer als graphematisches Phänomen aufgefasst, eine Art, bestimmte Formen des indefiniten Artikels zu schreiben. Hier wäre zu fragen, wann das wo geschieht.
Schöne Grüße aus Oldenburg,
Kristian Berg
[Danke für den Hinweis auf die Tondateien. Leider sind die nur für einige der Transkriptionen zugänglich, und hier speziell für keins der Beispiele, in denen nen als Akkusativ/Neutrum verwendet wird. Die Belege, die man sich anhören kann, sind alle aus Akkusativ/Maskulinum-Kontexten (die ja die große Mehrheit darstellen). Ich höre in diesen Kontexten überwiegend [nː]/[nn], [nᵊn], und [nən], für mich im Prinzip nachvollziehbar als nen transkribiert. Ein einfaches [n] kommt auch mal vor, was entweder auf Transkriptionsfehler oder auf ein unterschiedlich ausgeprägtes Gehör hinweist (für Messungen ist auf den digitalisierten Aufnahmen möglicherweise tatsächlich etwas zu viel Rauschen, aber versuchen könnte man es mal). Allerdings sind dies eben Kontexte, in denen die nicht-reduzierte Form einen zu erwarten wäre, sodass es nachvollziehbarer ist, dass jemand beim Transkribieren im Zweifelsfall lieber nen einsetzt — dieses Korrigieren zum Standard hin lässt sich in Transkriptionen ja öfter finden. Es sieht so aus, als ob man die fehlenden Tondateien möglicherweise nach einer schriftlichen Anmeldung bekommen kann (sie sind im Verzeichnis als „freigegeben“ markiert und viele von ihnen stammen aus dem Hörfunk). Ich versuche das mal und berichte dann, was ich gehört habe. Ich bemühe mich außerdem gerade um Zugang zu einem neueren gesprochenen Korpus, sodass ich auf das Thema wohl ohnehin nochmal zurückkommen werde.
(Nachtrag: Die Zahlenverhältnisse aus dem Spracharchiv passen übrigens auch recht gut zu denen einer Suche, die ich auf Google-Groups durchgeführt habe — auch dort sind die Kontexte nen bisschen und nen paar deutlich häufiger als andere Neutrum-Verwendungen und natürlich ist auch dort die Mehrzahl der Verwendungen Akkusativ/Maskulinum. Das spricht für mich zunächst dafür, dass etwaige Fehler in den Transkriptionen das Gesamtbild nicht verzerren dürften. Interessanterweise ist der Anteil von nen-Formen auf Google Groups insgesamt höher; im Internet ist die Form vielleicht tatsächlich stärker verbreitet als in der gesprochenen Sprache. Das könnte erklären, warum es vielen Sprecher/innen wie ein „Internetphänomen“ vorkommt und es wäre Stoff für eine interessante soziolinguistische Untersuchung. — A.S.]
Internetphänomen?
Erstmal: Die Kommentarfunktion hier ist sch***e! Warum kann das Feld zum Kommentieren nicht UNTER den Kommentaren sein? Außerdem nervt die Betreffzeile und das viele “kein Betreff”.
Zum Thema: Ich kennen “nen bisschen”, “nen Problem” usw. auf jeden Fall aus dem Alltag und nicht aus dem Internet und habe auch den Eindruck, dass ich es hauptsächlich von anderen Ossis gehört habe (komme selbst aus Sachsen aber lebe schon länger in der Nähe von Hamburg). Dass jetzt Leute versuchen, die Daten wegzudiskutieren, verstehe ich nicht, es gibt auf jeden Fall Leute, die so sprechen!
Ich finde es aber interessant, dass es im Internet vielleicht häufiger ist. Könnte das daran Liegen, dass Leute, die eigentlich “n” sagen, “nen” für die korrekte schriftliche Form halten und “ein” gar nicht kennen?
[Ja, ich bin auch kein Freund von dem Kommentarfeld, oder überhaupt von der Software, auf der diese Blogplattform läuft. Was Ihren letzten Satz betrifft, dass die betreffenden Sprecher/innen ein nicht kennen, können wir ausschließen, da sie häufig die Formen nen und ein im selben Text verwenden. Die Idee, dass es sich bei dem (schriftlichen) nen in manchen Fällen um den Versuch einer standardsprachlichen Darstellung von n handeln könnte, finde ich interessant. Leider fällt mir spontan nicht ein, wie man sie testen könnte. — A.S.]
Wohne ja nun in Berlin-Randlage,
…habe aber “nen” noch nie in Verbindung mit sächlichen Substantiven gehört.
Ob hier wohl ein Verhören vorliegt (von einem Verhör übrigens zu unterscheiden)? Dass die Leute nur “’n” sagen, was ja schon in TV/Radiomoderationen unbeanstandet bleibt, und reden wie “Obse nu’n Auto nehm odern Fluchzeuch” usw. deutet m.E. eher darauf hin, dass alle scheinbar überflüssigen Silben sprachökonomisch eingedampft werden:
“eben etwas nehmen” zu “ehm was nehm”,
oder “Ein Darlehen haben wollen” zu “ ‘N Darlehn ham wolln”. Spannend wird es, wenn sich die Leute gänzlich weigern, das im Schriftdeutsch noch auszuschreiben.
Dann steht das irgendwann im “Dudn”
[Hier liegt kein Verhören vor. Die Existenz der Form nicht nur im geschriebenen sondern auch im gesprochenen Deutsch steht außer Frage. Ich habe sie selbst oft genug gehört, um absolut sicher zu sein, und eine Reihe anderer Leser/innen auch (darunter eine Reihe von Sprachwissenschaftler/innen). Wir können also wirklich aufhören, das infrage zu stellen. Wie es an Ihrem Wohnort damit bestellt ist, weiß ich natürlich nicht, da uns über Brandenburg bisher keine Rückmeldungen vorliegen. Dass reduzierte Formen ganz allgemein etwas mit Sprachökonomie zu tun haben, ist natürlich richtig. Es existiert aber immer ein Spannungsfeld zwischen Sprachökonomie und Verständlichkeit — sonst wären alle sprachlichen Formen längst auf Null reduziert. — A.S.]
Ich hatte einen Mitschüler, der in geschriebener Sprache statt standardsprachlichem “einen” stets “ein” verwendete, auch in der gymnasialen Oberstufe noch. Er war deutscher Muttersprachler wie ich. Damals habe ich mich immer gefragt, wie es möglich war, dass der Unterschied in der Verwendung von “ein” und “einen” offensichtlich beim Spracherwerb an ihm vorbeigegangen war.
Der Artikel hat mir nun einen Ansatz zur Beantwortung dieser Frage geliefert. Mir war vorher nämlich nicht bewusst, dass in gesprochener Sprache “einen” wie “ein” zu “n” reduziert werden kann. Ich war immer von “nen” als einziger zulässiger Kurzform von “einen” ausgegangen. Jetzt habe ich allerdings festgestellt, dass ich selbst je nach Kontext “einen” auch zu “n” reduziere.
Troh
…ist zwar hier jetzt auch off-topic, aber zu “Troh” hätte ich als Plural spontan “Trohe” gebildet. Vielleicht ist so eine Präferenz auch regional unterschiedlich (hier: Grenzgebiet Rheinland/Westfalen). Kann man sicherlich lustige Feldforschungen zu machen. 😉
Songtext
Das ist ja wirklich spannend wie ein Krimi, habe sowohl den Artikel als auch die Kommentare gerne gelesen!
Das wirklich erste Mal bewusst gehört habe ich die falsche Verwendung des “nen” im Song “Gute Musik” von Clueso, auf gleichnamigem Album. Dort heißt es “manchmal braucht es nen Weilchen, bis zu verstehst…” und “sobald die Tür aufgeht, mir wer nen Lächeln schenkt, weiß ich…”
http://www.youtube.com/watch?v=nsyxTPMs_1M
Tja, fragt sich woher das kommt. Weil Clueso aus Thüringen kommt? Weil das “nen” rythmisch besser passt, damit die Stilbenzahl stimmt? Weil ein “n” leichter überhört werden kann? Weil es so n cooler lässiger Tick im deutschen Hiphop ist?
Keine Ahnung. Ich glaube jedoch, dass ich dieser Eigenart in den späteren Liedern Cluesos nicht mehr wiederbegegnet bin.
@FranziskaEin schöner Hinweis, der sowohl die Existenz der Form dokumentiert (falls das noch nötig wäre), als auch die Idee des mitteldeutschen Dialektgebiets bestätigt. Clueso verwendet nen noch in anderen Texten als Akkusativ/Neutrum und sogar als Nominativ, hier die Beispiele, die mir auf die Schnelle eingefallen sind:
Nen Stück von dir, ist wie nen Stück vom Glück (Fanpost)
So nen kleiner Joint is schnell gebaut (Vergessen ist so leicht)
Und wenn du nen bisschen was dabei hast, nimmt sie dich mit für eine Nacht (Chicago)
Ich lieb dich nicht, nen grund, warum du mich nicht brauchst (Uh Girl)
Willste nen Tritt?… Wenn jetzt aber der unbestimmte Artikel zu einem “nen” verkürzt werden soll, dann muss man langsam Einspruch erheben …
Re:
Ahh, also doch auch in späteren Liedern. Müsste man sich alles mal wieder anhören. Grüße!
’nen Auto — so’ne Autos
Wesentlich weiter verbreitet scheint mir der Ausdruck “so’ne” zu sein, den ich ursprünglich nur als Kurzform von “so eine” kannte, der aber anscheinend in einigen Gegenden dasselbe bedeutet wie “solche”. Ich frage mich, ob sich diese beiden Formen (Du hast aber nen großes Auto / So’ne großen Autos fahr ich nicht gern) evtl. gegenseitig beeinflussen.
[Zu so’n(e) schreibe ich gerade an einem längeren Blogbeitrag, der irgendwann dieser Tage kommen wird. Gründe für gegenseitige Beeinflussung sehe ich aber nicht, da weder die Bedeutung noch die regionale Verteilung übereinstimmen. — A.S.]
so’ne
War nur so nen Idee.
Jetzt hab ich zu früh abgeschickt. Ich hab mal auf http://www.diwa.info in die Karte “ein” (Karte #432 Wenkersatz #31 “ich verstehe euch nicht, ihr müsst ein bisschen lauter sprechen) geschaut. Da werden in der Legende Formen wie “nen” oder “n’n” als Streubelege aufgeführt, und einige Vorkommen von “nen” hab ich in der Gegend von Eschwege gefunden. Was ja zu den Angaben eines Lesers weiter oben passt.
Herkunft
Als 1969 in Leipzig geborener ebenda aufgewachsener Obersachse habe das hier besprochene Phänomen zum ersten mal Ende der Neunziger im Ruhrgebiet gehört und es ist mir aufgefallen, weshalb ich nicht glaube, dass ich es bis dahin einfach nicht bemerkt habe.
Meine Familie lebt seit mehreren Generationen in der Region (Leipzig/Borna/Koren Salis) und vor allem meine Großeltern (aus Leipzig und Borna) haben den jeweils lokalen Dialekt sehr ausgeprägt gesprochen, und dieses “nen” kam in keiner der beiden vor, da würde an den entsprechenden Stellen ein beherztes “ä” gesetzt: “ä Bier, ä Medschn, ä Audo, ä Gewese”.
Als ich das Phänomen zum ersten mal gehört habe, hat es sich für mich ganz nahtlos in meine NRW-Hörerlebnisse eingepasst, so dass für mich immer klar war, dass man dort so spricht. Um so überraschter bin ich nun, da ich erfahre, dass es nicht so ist.
Wo sind die Leerzeichen?
So sehr mich als Gelegenheitskorinthenkacker Ihr Artikel gefreut hat, so anstrengend ist er aufgrund der vielen fehlenden Leerzeichen zu lesen:
Als Beispiel des üblichen Genörgelsnennt sie unter anderem eine von Bastian Sicks Zwiebelfisch-Kolumnen,auf die ich gleich zurückkomme.
Sicher ein technischer und kein sprachlicher Fehler, aber Sie sollten das beheben.
Das ist aber interessant: Ich bin in NRW aufgewachsen und lebe seit einigen Jahren in Berlin. Aus meinem Umfeld kenne ich nur “nen”, “n” würde ich nie benutzen, da es mir schlicht zu kurz vorkommt.
“Nen” habe ich tatsächlich im “echten Leben” erlernt, also durch Familie und Freunde. Für Chats und SMS spielt es keine besondere Rolle, da man im Vergleich zu “ein” ja keine Zeichen spart und man es im Gegensatz zu “ein” bei t9 oft komplett eintippen muss.
Allerdings bin ich auch erst Anfang 20, vielleicht hat mich der Sprachwandel also schon voll erwischt? 🙂
Nörgel
Moin,
ich bin bisher bekennender Sprachnörgler — allerdings stelle ich zur Zeit mit großem Erschrecken fest, dass bei mir ein “Bekehrungsprozess” hin zum Sprachwandelaktzeptanten durchmache — nicht zuletzt durch Beiträge wie Ihre zehn.de ‑Kritik.
Was ich aber nurmit großer Überwindung aktzeptierenkönnte wäredas dauerhafte Weglassen von Leerzeichen?!?
Kleine Anregung noch: Ich fände mal einen Beitrag über die eigene Grammatikform der Wetterberichterstattung interessant — die ist ja fast verbfrei… viele Grüße aus Lüneburg ein bald ex-Sprachnörgler, Joei
Mir scheint das fehlende Leerzeichen im Betreff der E‑Mail (Des Steins des Anstoßes) sind nicht die einzigen ihrer Art. Im Interesse der Lesbarkeit des Textes möchte ich hiermit deren Ergänzung anregen.
Leertaste kapput?
Hallo Herr Stefanowitsch,
Mir ist eben leider die Lust am lesen ihres Arktiels vergangen, da an viele Stellen Leerzeichen fehlen. Hier ein paar Beispiele: “Zwiebelfisch-Kolumnen,auf die”, “dieser beidenGenera”, “und einenkönnen nämlich in” oder noch mehr störend: “Verkürzungsregelnunvollständig sind.”
Würden sie bitte den Artikel noch einmal überarbeiten?