Ja, ne, Kristin versucht krampfhaft, der WM linguistische Aspekte abzugewinnen. Weniger von der Fußballseite (zu der es natürlich auch – teilweise weniger globale – Untersuchungen gibt) als vom Austragungsort her: Welche Sprachen werden in Südafrika eigentlich gesprochen?
Oh Gott, viel zu viele für einen Schplockbeitrag! (Ethnologue zählt 31.) Ich beschränke mich mal auf die elf offiziellen:
Afrikaans, Ndebele (auf der Karte isiNdebele), Nord-Sotho (Sesotho sa Leboa), Süd-Sotho (Sesotho), Swati (siSwati), Tsonga (Xitsonga), Tswana (Setswana), Venda (Tshivenda), Xhosa (isiXhosa), Zulu (isiZulu) und Englisch.
Alle außer Afrikaans & Englisch gehören zu den sogenannten Bantusprachen (von denen ich Xhosa schon einmal wegen seiner Klicklaute erwähnt habe!).
Wahrscheinlich ist den meisten von euch gleich aufgefallen, dass die Bantusprachen zwei sehr ähnliche Bezeichnungen haben – je eine davon besitzt einen Zusatz am Anfang: isiNdebele, Sesotho sa Leboa, Sesotho, siSwati, Xitsonga, Setswana, Tshivenda, isiXhosa, isiZulu.
Das ist kein Zufall, sondern liegt in einer gemeinsamen grammatischen Besonderheit begründet. Substantive in den Bantusprachen gehören verschiedenen Nominalklassen an. Das ist ganz ähnlich wie Genus (also Maskulinum, Femininum, Neutrum) bei uns, allerdings viel umfangreicher. Für die Ursprache Proto-Bantu setzt man über 20 verschiedene Klassen an (wobei es auch Extraklassen für Singular und Plural gibt, die da mitgezählt werden und die Zahl etwas aufblähen).
Die Einteilung der Substantive folgt verschiedenen Kriterien. Viele der Substantive einer Klasse stehen in einem gewissen Bedeutungszusammenhang miteinander. Für Proto-Bantu setzt man eine Klasse mit Menschen an, eine mit Pflanzen, mit Tieren, mit Flüssigkeiten, mit besonders kleinen Dingen (damit kann man also Diminutive bilden), mit besonders großen Dingen (Augmentative), … (vgl. Demuth, S. 36)
Die Klassenzugehörigkeit wird mit einem Präfix markiert, das heißt alle Wörter einer Klasse fangen mit demselben Präfix an. Ein und dasselbe Wort kann mehreren Klassen angehören – dann wirkt(e) die Klassenbedeutung auf die Wortbedeutung ein. So gibt es im Setswana mit dem Stamm Tswana noch Botswana, Motswana und Batswana:
- Setswana: die Tswana-Sprache – Klasse 7 (Quelle für die Setswana-Klassen)
- Botswana: das Tswana-Land – Klasse 14
- Motswana: ein Tswana-Mensch – Klasse 1
- Batswana: das Tswana-Volk, mehrere Tswana-Menschen – Klasse 2 ( hier sieht man, dass das Wort zur Pluralbildung die Klasse wechselt, von Mo- zu Batswana)
Klasse 7 scheint in allen Bantusprachen eine Klasse für Sprachen zu sein (unter anderem). Die oben zu sehenden Sprachpräfixe (isi-, se-, si-, xi- und tshi-) sind, soweit ich das überprüfen kann, immer die Marker der Klasse 7 und damit historisch verwandt. Für Proto-Bantu geht man nach der oben verlinkten Tabelle davon aus, dass sich in dieser Klasse Wörter sammelten, die so etwas wie Art und Weise bezeichnen. Setswana wäre damit vielleicht die Art und Weise, wie Tswana sprechen? (Aber das ist reine Spekulation!)
Wenn man nur von Tswana oder Xhosa etc. spricht, lässt man also das Klassenpräfix weg.
So, weiter lehne ich mich heute nicht mehr aus dem Fenster, denn viel mehr weiß ich leider auch nicht über die Bantusprachen. Aber ihr könnt ja mal Google auf Xhosa benutzen. Und für die praktisch Veranlagten gibt’s noch ein paar thematisch passende Xhosa-Wörter:
- ibhola – Ball (Mehrzahl: iibhola)
- ibhola ekhatywayo – Fußball (ibhola ‘Ball’ + ukukhaba ‘kicken’)
- umgcini-goli – Tormann (ukugcina ‘behalten, bewachen’; Mehrzahl: abagcini-goli)
- usompempe – Schiedsrichter (Mehrzahl: oosompempe; impempe heißt ‘Pfeife’)
- ibala lemidlalo – Stadion (ibala ‘offener Platz’ + umdlalo ‘Sport/Spiel’)
- emva komdlalo – nach dem Spiel (emva ‘nach, hinter’, umdlalo ‘Sport/Spiel’)
- impumelelo – Erfolg, Sieg (Mehrzahl: iimpumelelo)
Aussprachehinweise müsst ihr euch aber anderswo suchen 😉
[ɡǀʱ] |
“Die Sprachen mit den Klicks” sind doch nicht die Bantu-Sprachen, sondern die Khoisan-Sprachen. Es gibt nur ein paar Bantu-Sprachen, die Klicks aus dem Khoisan entlehnt haben. :S
http://en.wikipedia.org/wiki/Click_consonant#Languages_with_clicks
und
http://tinyurl.com/24yyvsy
Ja, zugegeben, es sind nicht DIE (einzigen) Sprachen mit den Klicks und erfunden ham sie’s auch nicht, aber bekannt dafür sind sie schon. (Bei mir zumindest 😉 )
Unter den von mir genannten Sprachen gibt’s Klicks auf jeden Fall im Xhosa, Zulu, Swati, Ndebele, Sesotho und Tsonga.
Ich glaube nur Venda und Setswana haben keine (?).
—–
Ich habe übrigens hier noch einen netten Text zur Sprachsituation in Südafrika gefunden, mit einer interessanten Behauptung:
Sowas geht? Ernsthaft? Ich bin skeptisch.
Suaheli (Kiswahili), das ich für die bekannteste Bantu-Sprache halte, hat aber z. B. keine Klicks … bei mir sind Bantu-Sprachen vor allem für Nominalklassen bekannt. Und vielleicht auch noch dafür, daß die südlichsten Klicks aus Khoisan-Sprachen entlehnt haben 😀
Eine vollautomatische (und dann auch noch korrekte) Übersetzung, insbesondere zwischen Sprachen, die nicht sehr nah verwandt sind, dürfte (noch?) nicht möglich sein.
Daß die Texte in alle offiziellen Sprachen übersetzt werden, hab ich aber auch schon gehört. Das wird sicher auch maschinengestützt passieren, aber eben nur ‑gestützt, nicht vollautomatisch.
Naguuuut, ich geb mich geschlagen :p
wird zu:
@Jens: Ja, die Nominalklassen sind für mich auch das absolut prominenteste Merkmal, weshalb ich hier ja drauf eingegangen bin 😉
Saaagmal, Du hast nicht zufällig Lust, einen Gastschplockpost zu Afrikaans zu schreiben?
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