Über ubër

Von Kristin Kopf

Kür­zlich bin ich auf ein­er englis­chen Inter­net­seite auf das Wort ubër gestoßen und habe danach fest­gestellt, dass die Schrei­bung im Inter­net nicht ger­ade sel­ten ist.1 Da gibt es das Ubër high mileage MPV, den ubër ubër cheap stuff, die Ubër Bin­go Oscars, die ubër-cor­po­ra­tion Google und sog­ar Ubër uns in der deutschen Ver­sion ein­er tschechis­chen Seite. (Weit­ere ubërs in deutschen Texten …)

Unser deutsches über- hat (aus­ge­hend vom Über­men­schen) vor allem im Englis­chen Kar­riere gemacht. Da kann es mit ein­er inten­sivieren­den Funk­tion zur Wort­bil­dung benutzt wer­den, schreibt sich dann i.d.R. <uber> und spricht sich auch mit u. Dass das ein vor­wiegend umgangssprach­lich­es Phänomen ist, zeigt das Urban Dic­tio­nary, ich nenne hier mal uber­fast ‘super­schnell’ und ubergeek ‘Super­f­reak, extremer Freak’.

Dass das Ele­ment nor­maler­weise mit <u> geschrieben wird, liegt natür­lich daran, dass es im Englis­chen (und in haufen­weise anderen Sprachen) kein <ü> gibt – wed­er als Laut, noch als Buch­stabe. Will man doch ety­mol­o­gisch kor­rekt schreiben und die Punk­te set­zen, muss man erst­mal in den Son­derze­ichen herumwühlen. Dass diese Schrei­bung aber gar keine Auswirkung auf die Aussprache hat, zeigt <ubër>: Jemand will es ganz richtig machen, spricht aber bei­de Vokale so aus, als hät­ten sie gar keine Punk­te und weiß entsprechend nicht mehr, auf welchen der bei­den Vokale die Punk­te in der Ursprungssprache geset­zt wer­den. Sie sind bedeu­tungslose Verzierung.

Da das uber-Ele­ment schon zu großen Teilen in die englis­che Wort­bil­dung inte­gri­ert ist, ist eine angepasste Aussprache und Schrei­bung wie <uber> auch abso­lut zu erwarten.

Was mir aber immer wieder auf­fällt, ist, dass Buch­staben mit Diakri­ti­ka (also irgendwelchen Häkchen, Pünk­tchen, Akzen­ten, …) auch beim Erler­nen ein­er Fremd­sprache oder beim Lesen von Namen meist völ­lig unge­hemmt so aus­ge­sprochen wer­den, wie der zu erken­nende Grundbuchstabe.

Das erscheint mir kurios, denn eigentlich sollte uns das Zeichen ja sagen, dass dieser Buch­stabe eben anders aus­ge­sprochen wird als ohne das Zeichen. Die Lau­tung des “Grund­buch­staben” ist ja defin­i­tiv nicht gemeint, soviel ste­ht fest. Trotz­dem scheint es da einen enorm aktiv­en kog­ni­tiv­en Prozess zu geben, der die nervi­gen kleinen Striche und Punk­te ein­fach ausradiert.

Klar ist das erst­mal eine Strate­gie, das Wort doch noch auszus­prechen, aber was ich daran eben so krass finde, ist die Tat­sache, dass die wenig­sten Men­schen an solchen Stellen auch nur zögern. Es ist, als seien die Diakri­ti­ka gar nicht da. Bei mir übri­gens auch oft.

Fußnote:
1 Natür­lich habe ich prompt den Link ver­loren … was tun? Die Google-Hil­fe lesen half tat­säch­lich: Man kann auch suchen, ohne das die Pünk­tchen von der Such­mas­chine hin­gerichtet wer­den – wenn man ein + vor das Such­wort set­zt, wird es wirk­lich genau so gesucht wie geschrieben.

5 Gedanken zu „Über ubër

  1. Jens

    In vie­len Sprachen sind Dop­pelpunk­te auf dem Buch­staben doch ein­fach nur Trema und kennze­ich­nen, daß der Buch­stabe in ein­er nor­maler­weise „stum­men“ Posi­tion gesprochen wird – ohne Unter­schied zur nor­malen Aussprache.

    Und daher kön­nte diese Ten­denz im Englis­chen auch stam­men: Spanisch als Sprache, die Trema nutzt, ist ja immer­hin die häu­fig­ste erste Fremd­sprache in Amerika.

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    1. Kristin Beitragsautor

      Hmja, stimmt, das Trema ist ja sehr wohl ein Fall, in dem der Buch­stabe nor­mal gesprochen wird, obwohl man ihn anders schreibt. Aber natür­lich wäre seine Ver­wen­dung hier “sinn­los”, weil ja kein Hia­tus zu ver­mei­den ist.

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  2. suz

    Oder die Erk­lärung ist eine ganz und gar triv­iale: Umlaute wirken offen­bar beson­ders für Sprech­er von Sprachen, die keine üäös haben, total sexy. Der Schreiber ist sich zwar des “frem­den” Charak­ter des Prä­fix­es bewusst, und dass da, äh, irgend­wo mal Pünk­tchen waren. Aber wohin die nun gehören?

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