Zuerst“ bedeutet nicht „wenige Tage danach“

Von Anatol Stefanowitsch

Nach­dem ich Vorgestern auf die im Net­za­uftritt des VDS nachzule­sende, frei erfun­dene Behaup­tung hingewiesen habe, die amerikanis­che Unab­hängigkeit­serk­lärung sei zuerst auf Deutsch veröf­fentlicht wor­den, ist diese Behaup­tung gestern still und leise kor­rigiert worden.

Gut zu wis­sen, dass man beim VDS das Sprachlog liest und manch­mal sogar
ver­ste­ht, was ich hier schreibe. Vielle­icht dringt auf diese Weise etwas Ver­nun­ft in die irra­tionale Phan­tasiewelt der Anglizis­men­jäger ein.

Etwas ver­störend, allerd­ings, dass man Fehler kor­rigiert ohne sie einzugestehen.

So sah die Seite Vorgestern aus, als ich meinen Beitrag schrieb:

Alte und neue Version der VDS-Webseite zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

Alte und neue Ver­sion der VDS-Web­seite zur amerikanis­chen Unabhängigkeitserklärung.

So fand sie Sprachlogleser Armin gestern Abend vor:

Alte und neue Version der VDS-Webseite zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

Alte und neue Ver­sion der VDS-Web­seite zur amerikanis­chen Unabhängigkeitserklärung.

Was auf­fält: Das let­zte Änderungs­da­tum ist ange­blich der 15. Juni 2006.

Man kön­nte meinen, das sei keine große Sache. Da hat jemand einen Fehler kor­rigiert und vergessen, das Änderungs­da­tum zu aktu­al­isieren. Na und?

Aber der VDS möchte als Gesprächspart­ner in Sprach­fra­gen auf Augen­höhe mit Leuten wahrgenom­men wer­den, die sich tat­säch­lich mit Sprache ausken­nen. Da würde ein sorgfältiger Umgang mit öffentlichen Aus­sagen helfen. Erstens sollte man seine Quellen nen­nen. Zweit­ens sollte man Fehler öffentlich eingeste­hen und nachvol­lziehbar korrigieren

So macht man es in der Wis­senschaft, und so machen es Wissenschaftsblogger/innen. Und so muss man es machen, wenn man von Wissenschaftler/innen und Blogger/innen ern­stgenom­men wer­den will.

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

9 Gedanken zu „Zuerst“ bedeutet nicht „wenige Tage danach“

  1. Christine A.

    Pein­lich…
    Irgend­wie wird der VDS auch immer pein­lich­er, oder? Erst diese kindis­chen Attack­en (und das ist noch eine Untertrei­bung) auf dich, Ana­tol mit puren ad-hominem Argu­menten und dann sowas. Nein, ern­stzunehmen sind die wirk­lich schon lange nicht mehr. Und offen­bar auch nicht son­der­lich diskussionsbereit.

  2. Kinch

    Kein kluger Betreff
    Hallo,
    ich lese den Blog wirk­lich gerne, finde es aber etwas unglück­lich, dass der Fokus derzeit auf den VDS liegt. Bitte nicht missver­ste­hen: wenn der VDS Falschbe­haup­tun­gen auf­stellt, die mit der deutschen Sprache zu tun habe, lese ich hier auch sehr gerne eine sach­liche Kri­tik dazu.
    Der Blog-Artikel hier ist natür­lich auch eine sach­liche Kri­tik – der ich mich anschließe – aber ich denke mit „Sprach”-Blog hat das weniger zu tun. Ich fände es angenehmer, wenn keine Zeit und Energie darauf vergeudet wird den VDS oder einige sein­er – etwas schrä­gen – Mit­glieder zu demon­tieren; das tun sie auch ohne fremde Hilfe.

  3. Alexander Wolf

    Bitte nicht zuviel Wer­bung für VDS
    Ich schließe mich meinem Vor-Kom­men­ta­tor an: So inter­es­sant die Geschichte mit der Unab­hängigkeit­serk­lärung war, so ste­ht doch dieser VDS (den ich vor diesem Blog gar nicht kan­nte — ich dachte zuerst an Vor­rats­daten­spe­icherung 😉 ) zu sehr im Mit­telpunkt, gewin­nt so jedoch Bekan­ntschaft bei Besuch­ern und mit jed­er Ver­linkung einen höheren Rang bei Google.
    Das Phänomen der Sprach­schutzvere­ine existiert in Deutsch­land übri­gens schon seit Jahrhun­derten. Einst zogen sie gegen das Franzö­sisch zu Felde. Es ist daher anzunehmen, dass die Art Vere­ine uns auch noch Jahrhun­derte erhal­ten bleibt — also am Besten nicht darüber aufregen.

  4. Frank Oswalt

    @ Kinch, Alexan­der Wolf
    Thank you for your con­cern. It is both not­ed and stupid.

  5. Dierk

    Na ja, die neuesten Beiträge über den VDS sind ja nur Auswirkun­gen vor­ange­gan­gener Ein­träge zu lin­guis­tis­chem Unsinn, der dort verzapft wird. Und ich finde es schon gut, dass Ana­tol Ste­fanow­itsch auch diese per­sön­liche Ebene, die ja doch ein Licht auf die Gestal­ten im VDS sowie dessen selt­samen Wis­senschafts­be­griff wirft, in seinem Blog doku­men­tiert. So habe ich mich über­haupt erst gestern mal ein wenig näher mit denen beschäftigt; bish­er waren das für mich ein paar Los­er, die ihre per­sön­lichen Vor­lieben bewer­ben [wie, sagen wir, Kan­inchen­züchter­vere­ine* oder sowas].
    Der VDS tritt aber sehr groß auf, tut so, als ob seine Ziele eine wis­senschaftliche Basis haben [impliz­it, die uni­ver­sitären Lebensläufe der Mit­glieder spie­len eine große Rolle]. Um näher ans “gemeine Volk” zu kom­men, wer­den Promi­nente zitiert, über­wiegend mit Wis­chi­waschi­aus­sagen, die kaum jemand ablehnen wird [Nina Ruges ist beson­ders lächer­lich]. Wir haben es da dur­chaus mit per­fider Polemik, ja, Pro­pa­gan­da zu tun.
    Die Vorkomm­nisse der let­zten Tage machen zwei Dinge klar:
    1. Mit der deutschen Sprache haben die Her­ren im VDS es nicht so. Oder sie lieben sie so sehr, dass sie Angst haben, sie zu benutzen, weil sie kaputt gehen könnte.
    2. Integrität hat der Vere­in keine. Wer eine große Behaup­tung in die Welt set­zt, sollte bei Gegen­be­weis nicht klammheim­lich ändern; schon gar, wenn er damit seinen Geg­n­er lächer­lich machen möchte [‘Seh’n Sie mal, wie der Ste­fanow­itsch lügt!’].
    Es ergibt sich dur­chaus die Frage, ob denn die promi­nen­ten Mit­glieder wirk­lich im Vere­in sind, Jür­gen von der Lippe beispiel­sweise. Oder ob auch hier fröh­lich gel­o­gen wird.
    Mit Skep­tizis­mus und Wis­senschaftlichkeit hat der VDS auf jeden Fall nichts zu tun, das dürfte jet­zt klar sein.
    *Nein, ich halte Kan­inchen­züchter nicht für Los­er, der Ver­gle­ich bezieht sich nur auf den zweit­en Teil.

  6. Alberto Green

    Schweiz­er Garde
    Ist die offizielle Sprache der Schweiz­er Garde nicht deshalb Deutsch, weil die Schweiz­er Garde aus Rekruten der Schweiz­er Armee beste­ht, die als Schweiz­er Staats­bürg­er ihrer­seits dementsprechend z. T. Deutsch als Mut­ter- und Amtssprache haben?
    Aber Hey! Deutsch! Sog­ar der Papst kann es! Whoo-hoo!

  7. metepsilonema

    Das ist selb­stver­ständlich keine Entschuldigung, aber der VDS befind­et sich da in bester Gesellschaft. Aktu­al­isierun­gen ohne Hin­weise scheinen selb­st in Online-Por­tal­en von Qual­ität­szeitun­gen Usus zu sein (ich bin so frei auf eine eigene Beobach­tung hinzuweisen).
    Quellen nen­nen, prinzip­iell ja. Nur wer­den Texte dadurch oft schw­er les­bar (deswe­gen in jour­nal­is­tis­chen Tex­ten oft nicht der Fall, zumin­d­est nicht in wis­senschaftlich-kor­rek­ter Hin­sicht). Inner­halb des Net­zes lässt sich das Prob­lem allerd­ings durch Ver­linkung schön lösen.

  8. A. Nonym

    Soso, in der Wis­senschaft geste­ht man Fehler also öffentlich ein? Dann geht man beim Goethe-Insti­tut offen­bar nicht beson­ders wis­senschaftlich vor. Dort wurde näm­lich dieser Textabschnitt:
    „Hinzu kommt, dass wir offen­bar Enter­tain­ment suchen. Und Leute wie Bas­t­ian Sick sind halt Enter­tain­er. Der Gegen­stand ihrer Shows spielt nicht die Haup­trol­le. Wichtiger ist, dass man sich gut fühlt – etwa mit dem Bewusst­sein, dass man mehr über den Gegen­stand weiß als die anderen.“
    … so ins Englis­che übersetzt:
    „Anoth­er fac­tor is that we obvi­ous­ly want to be enter­tained – and peo­ple like Bas­t­ian Sick are enter­tain­ers. The top­ic of their shows is imma­te­r­i­al. The feel-good fac­tor is more impor­tant – and feel­ing good is strength­ened by the feel­ing that THE PRESENTER knows more about the sub­ject than any­one else.“
    (Großschrei­bung von mir.)
    Ein ziem­lich stüm­per­hafter Über­set­zungs­fehler — so in etwa auf Ihrem Niveau. Das Goethe-Insti­tut möchte als Gesprächspart­ner in Sprach­fra­gen auf Augen­höhe mit Leuten wahrgenom­men wer­den, die sich tat­säch­lich mit Sprache ausken­nen. Da würde eine sorgfältige Über­set­zung der eige­nen Texte helfen.
    Ich habe das Goethe-Insti­tut in ein­er E‑Mail darauf aufmerk­sam gemacht, dass es natür­lich die ZUSCHAUER sind, die mehr über den Gegen­stand wis­sen wollen als die anderen, NICHT der PRÄSENTATOR. Als ich etwa ein halbes Jahr später — ich hat­te die ganze Sache bere­its wieder vergessen — zufäl­liger­weise noch ein­mal über den Artikel stolperte, stellte ich fest, dass man den Fehler klammheim­lich kor­rigiert hat­te — nicht ein­mal bedankt hat­te man sich bei mir.
    Link zum Artikel: http://www.goethe.de/lhr/prj/mac/spw/en2397004.htm

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