Im Englischen gibt es Konstruktion — mit und alternativ ohne Artikel — die nichts damit zu tun haben, ob’s ein Ire oder ein Mensch aus Oxford von sich gibt. Dazu zählen beispielsweise at night vs. in the night und in spring vs. in the spring. Die jeweils letzteren Konstruktionen sind speziell den Iren nachgesagt worden. Und niemand ist bisher (bis auf, ironischerweise, einige wenige Grammatiken für Standardenglisch) auf die semantische Komponente eingegangen, schon gar nicht für irisches Englisch.
Ich dachte ja auch erst, besonders Konstruktionen wie in spring und in the spring sind weitgehend synonym und lediglich stylistisch motiviert. Nahezu jede Grammatik sagt uns, dass Jahrezeiten in linguistisch nicht-referentieller Umgebung, d.h. wenn sie nicht durch eine of-Phrase postmodifiziert sind (the spring of 2009), ohne Artikel verwendet werden. Dies betrifft auch die Konstruktion at night, wie etwa in I don’t sleep much at night. Es gibt allerdings Situationen, in denen man den Zeitpunkt herausheben will und kann, dann ist auch eine Konstruktion mit Artikel möglich: I woke up at two o’clock in the night.
So sind in unserem Korpus generelle Referenz für die Nacht als Ganzes nur in 10% der Fälle mit Artikel realisiert, während in Fällen, in denen ein bestimmter Zeitpunkt eine Rolle spielt, der Artikel in 57% verwendet wird. Auch wenn der referentielle Bezugspunkt hier nicht kategorisch den Artikelgebrauch motiviert, ist diese Entdeckung, nunja, erwartungsgemäß, aber irgendwie auch ein wenig sensationell (das mag natürlich, je nach Keltizismushang, jeder sehen wie er will).
Diese Muster haben mich veranlasst, das gleiche Spielchen bei Jahreszeiten durchzuführen. Hier kann man nicht nur nach Zeitpunkten (Snow fell early in (the) spring) und Perioden (I was sick all (the) summer), sondern auch nach spezifischen und nicht-spezifischen Jahreszeiten unterscheiden. Ein Fall einer spezifischen Jahreszeit wäre beispielsweise I will come to America in (the) spring, wenn also kontextuell eine bestimmte Jahreszeit gemeint ist, wie hier der nächste Frühling. Ein nicht-spezifischer Winter wäre beispielsweise There is not much work here in (the) winter, Arbeitslosigkeit gilt also für alle Winter, nicht nur für den kommenden oder den vergangenen.
Und was soll ich sagen — die kontextabhängige (wir sagen pragmatische) Umgebung ist ein entscheidender Faktor: ist eine bestimmte Jahreszeit gemeint, erscheint der Artikel in 75% der Fälle, bei nicht näher bestimmten nur in 42%. Ist ein bestimmter Zeitpunkt Gegenstand der Äußerung, wird der Artikel in 76% verwendet, ist ein Zeitraum relevant, in 60%. Andersherum ist eine Äußerung für einen bestimmten Punkt in einer unbestimmten Jahreszeit theoretisch und logisch möglich (Snow always falls early in (the) spring), ist im Korpus als Repräsentant der Sprache im Gebrauch aber nicht attestiert. Mit anderen Worten: wird hier über Zeitpunkte in Jahreszeiten gesprochen, ist immer eine bestimmte Jahreszeit gemeint.
Dies lässt zwei Interpretationen zu. Nummer Eins: der Artikelgebrauch in diesen Temporalkonstruktionen unterliegt pragmatischen und referentiellen Beschränkungen oder ist durch sie begünstigt, und ist nicht mit Parallelkonstruktionen im Irischen, sondern nur mit semantischen/pragmatischen Strategien erklärbar. Nummer Zwei: Ich hab irgendwo einen derben Denkfehler.
Daten lügen nicht. Gib ihnen genug Futter, dann liefern sie dir Muster.