Was die Sache zusätzlich verkompliziert, ist die Tatsache, dass der sogenannte abweichende Artikelgebrauch natürlich nicht einfach so vom Himmel gefallen ist. Denn zu Keltizismustheorie und Kontakttheorie kommt noch die Möglichkeit eines konservierten Überbleibsels aus Mittel- und/oder Frühneuenglisch.
Die Literaturmenge zu Frühneuenglisch (Mitte 15. Jhd bis Mitte 17. Jhd) ist (noch) erstaunlich dünn, besonders im Vergleich zur Literatur über Mittelenglisch. Auf den ersten Blick gibt die Sprachstruktur auch nicht so wahnsinnig viel her; viele der Grammatiken aus der Zeit beschränken sich auf die Sprache William Shakespeares oder John Miltons oder begnügen sich — für mich nicht unwichtig — im Bezug auf die Nominalphrase mit dem labidaren Satz: “The Early Modern English noun phrase was pretty much like what it is today”.*
Es gibt sie aber, die fraglichen Verwendungskontexte des Artikels aus historischer Sicht, die heute im Standardenglischen verschwunden sind. Man muss zur Not zwar mit Herrn Google durch Shakespeares Werke gehen oder Mittelenglisch (ab 11. Jhd) in Betracht ziehen. Diese sprachhistorischen Umstände sind nicht ganz unwichtig; immerhin wurde Irland im 16. und 17. Jahrhundert flächendeckend und konsequent von den Engländern besiedelt (frühere Besiedlungen waren aus sprachlicher Sicht von geringerer Bedeutung). Zwar ist Shakespeares Englisch nicht repräsentativ für die Sprache der Siedler, es zeigt aber — in Ermangelung vergleichbarer Daten gesprochener Sprache -, dass in jener Zeit gewisse Konstruktionen zumindest nicht unbekannt waren.
[Fortsetzung folgt.]
*Natürlich weiß ich, wer mir hier sehr vehement widersprechen würde. Es genügt aber die Feststellung, dass sich die Literatur über die Nominalphrase in dieser Zeit sehr stark auf Flexionsmorphologie, Pronomen, Adjektive, Modifikatoren und Determinative (u.a. Artikel — dabei nicht in deren Anwendungskontexten, sondern in Abgrenzung von und Entwicklung aus Demonstrativpronomen und Numeralia).