Der stellvertretende Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, Matthias Iken, hat auf meine Kritik an seiner Glosse sportlich reagiert und mich eingeladen, meine Meinung zu Lehnwörtern direkt im Hamburger Abendblatt zu sagen.
Das Ergebnis findet sich auf Seite 4 der Druckausgabe von heute (18.9.2009) und online hier.
Nachtrag zum Nachtrag: Ein paar Leserbriefe gibt es hier.
Endlich mal jemand der Kritik sportlich nimmt. Ein großes Lob an den Herren Iken.
Das ist wirklich eine beeindruckende Reaktion. Hut ab.
Respekt an das Hamburger Abendblatt. Aber die Metapher vom Kartenspiel am Ende des Artikels finde ich etwas unpassend. Bei Kartenspielen hat man ja gewöhnlich nur eine begrenzte Anzahl von Karten auf der Hand die ausgespielt werden können.
Dies spräche doch eher für die Anglizismennörgler. Wenn ich eine Anglizismenkarte aufnehme, muss ich eine Muttersprachenkarte abgeben.
Mir fällt zwar derzeit keine Kartenspiel ein, bei dem man das gesamte Kartenspiel auf der Hand hat, aber vielleicht würde sich Schach als Alternative anbieten…
Carsten aus Hannover (#3), Schach ist unter Sprachwissenschaftlern ein gern gewählter Vergleich, er hätte sich aus der Tradition heraus angeboten. Aber Schach spielt man immer nur zu zweit, ich habe nach etwas gesucht, dass auch in größeren Runden gespielt wird. Außerdem kam mir dann natürlich das Phänomen des Kiebitzens gelegen. Der Schachvergleich hätte das von Ihnen angesprochene Problem aber auch nicht gelöst: man hat ja auch nur eine begrenzte Anzahl von Figuren.
Täusch ich mich, oder war das Bild gestern noch nicht da? Das Foto erinnert mich irgendwie an ein Standbild aus einem drittklassigen Actionfilm… (nichts für ungut, A.S.)
Ich bediene mich in Lehnwortdebatten gerne bei den Rückentlehnungen, um die Nörgler im Zaum zu halten. Mein Favorit ist das Fauteuil (die Schweden schreiben es ganz unbildungsbürgerlich fåtölj), das auf den fränkischen faldestoel zurückgeht. Es gibt noch eine Reihe französischer Wörter, die im Mittelalter aus dem germanischen Sprachraum entlehnt wurden und später als Reimport wieder hier ankamen. Finde nur gerade meine Liste nicht…
Berühmtes Beispiel: schikanieren.
@David Marjanović:
Was hat es denn mit schikanieren auf sich?
Althochdeutsch-oder-so-ähnlich schikken, Altfranzösisch chicaner… Hab ich zumindest einmal gelesen.
@David Marjanović (#9):
Laut Grimm ist schicken im Ahd. nicht belegt.
Die Etymologie von chicane scheint unklar zu sein. Mal wird es aus dem Persischen hergeleitet, mal wird ein Zusammenhang mit span. chico vermutet usw.
Überhaupt erinnert mich Etymologie häufig eher an ein Ratespiel als an eine Wissenschaft.
Na dann. Eine jahrhundertealte Forschungstradition, ungezählte Regalmeter an Literatur, etymologische Wörterbücher zum Mond und zurück — alles mit einem Handstreich weggefegt von unserem Nörgler. Eine Meisterleistung.
*kopfschüttelnd ab*
Zur neueren Etymologie gehören die Prinzipien der Lautgeschichte, die sind ca. zwei Jahrhunderte alt, und die Prinzipien der semantischen Entwicklung, die sind in ihrer mehr systematisierten Form gut ein Jahrhundert alt.
Davor gab es ja in der Tat viele lustige Sachen: _lucus a non lucendo_ und so …
Zur Forschungstradition der Etymologie vor und nach den Prinzipien (oder _Principien_, wenn Sie so wollen), gehört schon auch ein gerüttelt Maß an Vermutung, an Widerspruch, Kontroverse, …
Die Sache mit dem Ratespiel-Vorwurf ist brisant. Es könnte ja sein, dass kühne Vermutungen die Wissenschaft weiterbringen, auch wenn sie im Kreuzfeuer der Kritik dann langfristig nicht bestehen. Sie wären dann trotzdem produktiv.
E.