Vor einiger Zeit habe ich mir hier im Sprachblog über den Werbeslogan ferry-very-good der niederländischen Firma Dalessi gewundert. Zum einen fand ich ihn semantisch schwer durchschaubar, zum anderen war ich der Meinung, dass die formale Analogie zwischen ferry und very nur dann wirklich gut funktioniert, wenn man den Unterschied in der Stimmhaftigkeit des ersten Lauts ignoriert — so, wie es die nördlichen Dialekte des Niederländischen tun.
Nun hat ein Kommentator, der nach eigener Aussage Gerrit Potsma, Chef der Firma Dalessi ist, auf diesen Beitrag geantwortet und hat versucht, zumindest in das Bedeutungsdunkel etwas Licht zu bringen (ob der Kommentar wirklich von Potsma stammt, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber es scheint zumindest plausibel, da der Kommentar insgesamt nicht nach einem Täuschungsmanöver klingt; seine IP-Adresse gehört immerhin einem niederländischen Internetanbieter):
De slogan Ferry — very — good betekent: good is cargo goederen en wij zijn erg goed op de ferry boot en met uw goederen, de verbinding tussen deutschland en engeland. ik ben de bedenker van de slogan en ben me bewust van het feit dat mensen erg moeten nadenken voordat ze begrijpen wat wij er mee bedoelen.
Wenn mich meine rostigen Kenntnisse der niederländischen Sprache nicht völlig im Stich gelassen haben, lässt sich der Kommentar etwa wie folgt übersetzen (mit meinen erklärenden Kommentaren in eckigen Klammern):
Der Slogan „ferry very good“ bedeutet: good bezieht sich auf Güter [dt. Güter = engl. goods] und wir sind sehr gut auf der Fährverbindung zwischen Deutschland und England und [gehen gut um mit] Ihren Gütern. Ich bin der Schöpfer dieses Slogans und bin mir der Tatsache bewusst, dass die Menschen intensiv nachdenken müssen, bevor sie begreifen, was wir meinen.
Ich habe den Slogan also im Großen und Ganzen richtig entschlüsselt als ich seinerzeit folgende Überlegung angestellt habe:
Oder soll ferry ein Verb sein, im Sinne von We ferry (your cargo) very good („Wir verschiffen (Ihre Güter) sehr gut“)? Das wäre zwar inhaltlich nachvollziehbar, aber das ganze wäre ungrammatisch. Statt good müsste hier die adverbiale Form stehen (We ferry (your cargo) very well) — und auch das wäre ein sehr holpriger Slogan.
…
Die sinnvollste Interpretation des Slogans scheint mir stattdessen folgende zu sein: We are (oder: Dalessi is) very, very good („Wir sind (oder: Dalessi ist) sehr, sehr gut“). Dass das erste very durch ferry ersetzt wird, ist dann ein Wortspiel (etwa: „Wir sind fähr’, sehr gut“).
Was mir entgangen ist, ist die beabsichtigte Doppelbedeutung von good, das sowohol „gut“ als auch „Güter“ bedeuten soll. Ich verzeihe mir dass, weil das Wort mit dieser Bedeutung meistens in der Mehrzahl steht: goods. Die Einzahl good ist nicht völlig ausgeschlossen, aber so selten, dass ihre Verwendung hier den Slogan noch kryptischer macht. Wenn Dalessi sich von den Leser/innen des Slogans intensives Nachdenken wünscht, ist der Slogan also genau das richtige.
Allerdings ändert das nichts daran, dass die Struktur des Slogans nur dann einen Sinn ergibt, wenn die parallele Verwendung von ferry und very ein Wortspiel sein soll, und dass dieses Wortspiel im Englischen nur mit einem niederländischen Akzent wirklich gut funktioniert.
So oder so (ob ‘Güter’ und/oder Wortspiel): Sein Ziel hat der Slogan offensichtlich erreicht.
Das Tolle an Werbeslogans ist ja, dass sie gar nicht unbedingt eine Sinn ergeben müssen, solange sie irgendwie beim potentiellen Kunden hängen bleiben. Und, das ist m.W. eine verbreitete Erkenntnis in Marketing und Werbung, je eigenartiger und manchmal auch unverständlicher ein Spruch ist, desto eher bleibt er einem im Gedächtnis. Wenn dann noch die Konnotationen stimmen — sehr gut, Güter, Fähre, kann das eigentlich nicht verkehrt sein. Insofern: Super Slogan!
Hab den Laster auf jeden Fall sofort erkannt, als ich ihn durch London rollen sah. 🙂
Seltsame Wortspiele dieser Art scheinen übrigens eine niederländische Spezialität zu sein. Ein niederländischer Kollege hat mich z.B. neulich auf diesen Spot (Youtube-Link) von Tele 2 aufmerksam gemacht, der ebenfalls mit dem ähnlichen Klang zweier (englischer) Wörter arbeitet.
Irgendwie erinnert mich der Spot aber an Ayn Rand und ihre “Sheeple” … und das ist nicht unbedingt etwas positives 🙂
#2 (Armin)“Das Tolle an Werbeslogans ist ja, dass sie gar nicht unbedingt eine Sinn ergeben müssen, solange sie irgendwie beim potentiellen Kunden hängen bleiben”
Stimme voll zu, Ziel erreicht; man denke z. B. nur an “DAS König der Biere” (da dreht sich bei mir zwar jedesmal der Magen bzw. mein Sprachgefühl um, ab der Spruch prägt sich ein).
Armin (#2), Yvonne (#6), das mag im Prinzip stimmen, aber ich bezweifle, dass „ferry very good“ auf einer Ebene mit „Das König der Biere“ anzusiedeln ist. Ich habe eher das Gefühl, dass der Slogan so unverständlich ist, dass er keine klare Botschaft vermittelt, aber nicht unverständlich genug, um die Leser/innen zum Nachdenken anzuregen und ihnen im Gedächtnis zu bleiben. Wenn die Absicht des Erfinders allerdings war, in Sprachblogs diskutiert zu werden, dann hat er sein Ziel erreicht…
erinnert mich an einen slogan, den ich gelegentlich an speditions-lkws sehe: “wir fahren (ihr) gut”. wollte man das ins englische übersetzen, wäre auch ein wortspiel drin, wie z.b. “we’re driving (your) good”.
Hi, I’m going to write this commentary in English to spare you my tediously unnachvollziehbares (is that even a standard word?) Deutsch. I’m American, with I’d say a standard educated Northeastern (arrogantly I would almost say American) accent, and I just wanted to add that I make no difference between ‘ferry’ and ‘very’ in terms of the pronunciation of the vowel ‘e’ — so I think that works.
Just my two cents. Also, I love your blog.
N