Kürzlich kam hier jemand her auf der Suche nach einer
deutschlandkarte auf japanisch
Ja, wie kann man so etwas finden? Wahrscheinlich wird ja nicht “Deutschlandkarte” dabeistehen, wenn’s auf Japanisch ist. Ich hatte mehrere semibrillante Ideen, die schiefgegangen sind: In der japanischen Wikipedia hat der Eintrag für Deutschland nur eine deutsche Karte, bei GoogleMaps-Japan sind die Orte in Originalsprache bezeichnet. Dann also doch das Offensichtlichste: Bildersuche bei Google mit dem Suchwort ドイツ (doitsu ‘Deutsch(land)’). Gleich auf der ersten Seite gibt es drei Karten: eine zweisprachige, und zwei rein japanische. Verfeinert man die Suche noch mit den Schriftzeichen für Landkarte, 地図, findet man u.a. noch eine etwas detailliertere zweisprachige Karte.
All diese Karten sind in Katakana beschriftet, also der Schrift für Fremdwörter. Dabei versucht man, den deutschen Klang so gut wie möglich mit den japanischen Lauten und vor allem der japanischen Phonotaktik wiederzugeben.
Phonotaktik bezeichnet die in einer Sprache möglichen Lautkombinationen. Besonders was die Konsonanten anbetrifft, gibt es da zwischen verschiedenen Sprachen große Unterschiede. Im Deutschen können Silben mit mehreren aufeinanderfolgenden Konsonanten beginnen oder enden, wie ʃt-, ʃpr-, ʃl-, kr-, … (stehen, sprechen, schlafen, kriechen) oder -nf, -rm, -ln, -rbst … (Hanf, Arm, streicheln, Herbst). Solche Kombinationen heißen auch “Konsonantencluster”. Im Japanischen gibt es das quasi nicht. Am Anfang einer Silbe können maximal zwei Konsonanten stehen, aber auch nur ganz bestimmte, und am Ende nur einer.
- Silbenanfang: maximal ein Konsonant+j (geschrieben als <y>) wie in hap-pya‑ku ‘800’, gya‑ku ‘Gegenteil’
- Silbenende: nur ein Konsonant wie in jin ‘Mensch’, hap-pya-ku ‘800’ – und wenn der Konsonant nicht n ist, dann geht es auch nur als Teil eines Doppelkonsonanten, d.h. die nächste Silbe muss mit demselben Konsonanten anfangen.
Wenn man mit solchen Silben nun deutsche Wörter erfassen will, wird’s schwierig. Was ist mit einer Stadt wie Stuttgart? Die Lösung ist einfach: Man schiebt ein paar Vokale zwischen die störrischen Kononantencluster: shu-tut-to-ga-ru-to (シュトゥットガルト). Schwupps, entspricht das Wort den phonotaktischen Regeln des Japanischen. Die Vokale zwischen stimmlosen Konsonanten werden übrigens fast gar nicht ausgesprochen (bzw. sie werden stimmlos, aber dazu ein andermal), so dass der Wortanfang für deutsche Ohren wie scht- klingt. Den Effekt kann man bei diesem Wort, shukudai ‘Hausaufgaben’, hören – es klingt wie shkudai.
Und für alle, die gerne rätseln …
- ライプツィヒ raiputsihi
- ガルミッシュ=パルテンキルヒェン garumisshu-parutenkiruhen
- ボットロプ bottoropu
- ハノーファー hanoofaa
- フリードリヒスハーフェン furiidorihisuhaafen
- ベルリン berurin
- シュヴェリーン shuveriin
Die Lösungen:
- ライプツィヒ raiputsihi = Leipzig
- ガルミッシュ=パルテンキルヒェン garumisshu-parutenkiruhen = Garmisch-Partenkirchen
- ボットロプ bottoropu = Bottrop
- ハノーファー hanoofaa = Hannover
- フリードリヒスハーフェン furiidorihisuhaafen = Friedrichshafen
- ベルリン berurin = Berlin
- シュヴェリーン shuveriin = Schwerin
Für ein paar Wörter springt das Japanische übrigens auch über seine Regeln – bestimmte Verbindungen von Konsonant und Vokal gibt es eigentlich nicht, für Fremdwörter werden sie aber gebildet. f+e wie in furiidorihisuhaafen ist z.B. so ein Fall.