Japanische Schrift 2: Malen die Japaner gerne?

Von Kristin Kopf

(Teil 1 | Teil 2)

Heute geht es nach Alphabet‑, Sil­ben- und Moren­schriften um einen weit­eren Typ Schrift­sys­tem: den logografischen.

Bei logografis­chen Schrift­sys­te­men beste­ht ein Bezug zwis­chen dem Beze­ich­neten und dem Schriftze­ichen, aber kein­er (bzw. kaum ein­er) zur Laut­gestalt des Wortes. Die japanis­chen Kan­ji stellen ein solch­es Sys­tem dar. Hier seht ihr das Kan­ji für Geld:

2009-07-07-kanji

Logografis­che Zeichen kön­nen unter­schiedlichen Bil­dung­sprinzip­i­en fol­gen. Was man direkt erwartet sind Pik­togramme, also Bildze­ichen: Das Beze­ich­nete wird direkt abge­bildet. Das ist zum Beispiel der Fall beim Zeichen für ‘Pferd’, 馬. Sieht nicht aus wie ein Pferd? Die Zeichen sind natür­lich zwis­chen­zeitlich vere­in­facht wor­den. Die Entwick­lung kann man sich so vorstellen (nach Fol­jan­ty 1984:32):

2009-07-07-Kanjipferd

Dann gibt es Ideogramme, also Sinnze­ichen. Sie beste­hen aus mehreren Pik­togram­men und erhal­ten durch die Kom­bi­na­tion eine neue Bedeu­tung. So ergibt zum Beispiel ‘Men­sch’ 人 und ‘Lanze’ 戈 zusam­men die neue Bedeu­tung ‘angreifen’ 伐. Damit lassen sich auch abstrak­tere Inhalte darstellen.

Auch Sym­bol­ze­ichen wie 一 ‘1’, 二 ‘2’, 三 ‘3’ zählen dazu.

Und schließlich sind da noch die Phono­gramme, also Lautze­ichen. Sie sind eben­falls aus (min­destens) zwei Kan­ji zusam­menge­set­zt – dabei liefert eines von ihnen ein wenig Infor­ma­tion zur Bedeu­tung und das andere zur Aussprache. Hier ein Beispiel (nach Fol­jan­ty 1985:47):

Das Zeichen für ‘Berg’ ist 山. Das Zeichen für ‘Kap’ ist 崎. Es besteht

  1. aus dem Berg-Kan­ji (links), das für den Bedeu­tung­steil zuständig ist, also zeigt, dass das neue Wort auch etwas mit Bergen zu tun hat (Wikipedia: “Kap beze­ich­net eine auf­fäl­lige oder scharfe Land­spitze, die beson­ders an Gebirgsküsten gut aus­geprägt sein kann”), und
  2. aus dem Kan­ji 奇 ‘selt­sam, Neugierde’, dessen Bedeu­tung für das neue Wort völ­lig irrel­e­vant ist. Wichtig ist aber, wie 奇 aus­ge­sprochen wird, und zwar ki. Das Wort 崎 bein­hal­tet diese Silbe näm­lich, es wird misaki gesprochen. Diesen Kan­jibe­standteil nen­nt man Phonetikum, weil er einen Hin­weis zur Aussprache gibt.

Die Phono­gramme erscheinen oft wie Hexerei 😉

Da die Aussprache nicht an das Schriftze­ichen gebun­den ist, ist im Japanis­chen etwas sehr Ver­rück­tes möglich: Ein und das­selbe Schriftze­ichen kann auf ver­schiedene Arten aus­ge­sprochen wer­den. Das nen­nt man Lesun­gen. Die meis­ten Zeichen haben min­destens zwei Lesun­gen, und je nach Wort wählt man die eine oder die andere. Da gibt’s grobe Regeln, aber die ers­pare ich Euch heute lieber.

Es gibt also im Japanis­chen drei Schrift­sys­teme: Zwei Moren­schriften und eine logografis­che Schrift. Die Auf­gaben sind klar getren­nt, sodass die Wahl des Schrift­sys­tems schon Infor­ma­tio­nen über den Inhalt ver­mit­telt: Bei Kan­ji rech­net man mit Wort­stäm­men, bei Hira­gana mit gram­ma­tis­chen Infor­ma­tio­nen und bei Katakana mit Fremd­wörtern oder Werbung.

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