Ich wollte heute für meine Töchter Legomännchen kaufen, und musste die erschreckende Feststellung machen, dass diese mit überwältigender Mehrheit genau das sind: Männchen. Es gab überhaupt nur drei weibliche Legofiguren: eine junge Dame in einem spießigen geblümten Oberteil, die auf einer Bank sitzt und Musik aus einem Ghettoblaster hört (Erde an Lego: Bitte einmal „iPod“ googeln), eine Tochter aus gutem Hause, die auf einem Pferd neben einem landroverartigen Auto mit Pferdeanhänger sitzt, und eine Milchmagd mit einer Kuh auf einem Bauernhof. Letztere ist im Lego-Universum — oder dem Teil, der gerade beim nächsten Karstadt herumsteht — die einzige Frau, die einer Beschäftigung nachgeht. Alle anderen Berufstätigen sind Männer: von Sachbearbeitern mit Aktenkoffer über Piloten, Ingenieure, Polizisten, Feuerwehrmänner, Bauarbeiter und Müllmänner bis zu Piraten und futuristischen „Power Miners.“
[Hinweis: Der folgende Text enthält Beschreibungen rassistischer Stereotype und (durch Sternchen entschärfte) Beispiele rassistischer Sprache. Einige Kommentare enthalten Beispiele rassistischer Sprache.]
Ich bin ein großer Lego-Fan, aber als Vater von zwei Mädchen, die im Leben alles erreichen können sollen, was sie sich vornehmen, hat mich das schockiert. Es hat mich an die unzähligen Kinderbücher erinnert, deren Sexismus ich beim Vorlesen stillschweigend herauseditiert habe: die Geschichte vom mutigen kleinen Fuchsjungen, der interessiert die Welt erkundet, während seine Schwestern lieber bei der Mutter bleiben (er wurde bei mir ein mutiges kleines Fuchsmädchen), die Geschichte von den Kindern aus der Krachmacherstraße, die mit der Bahn in den Urlaub fahren, weil „Mama natürlich nicht autofahren kann“ (sie wurde bei mir zur umweltbewussten BahnCard-Besitzerin), all die Geschichten von wilden, mit detektivischem Gespür und Abenteuerlust ausgestatteten Jungen, in deren Welt Mädchen höchstens als blöde ältere Schwestern vorkommen (diese Bücher sind bei mir gleich aus dem Bücherregal geflogen, oder ich habe beim Vorlesen wenigstens die blöden älteren Schwestern weggelassen).
Damit blieben im Prinzip nur Bücher von Mädchen übrig, die Pferde vor dem Abdecker retten, oder die von geheimnisvollen Fremden erfahren, dass sie in Wirklichkeit Hexen sind, oder die überhaupt von vorneherein als Meerjungfrauen durch Bücher mit glitzernen rosa Einbänden schwimmen. Auch Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf war keine echte Alternative zu diesen farblosen, stereotyoen Geschöpfen: erstens ist sie zu offensichtlich eine Fantasiegestalt und zweitens wird das weibliche Selbstbewusstsein, das sie vielleicht trotzdem vermittelt, durch die unsägliche, ständig um ihr sauberes Kleidchen besorgte Annika zunichte gemacht. Deren ständige Ängstlichkeit war außerdem, anders als die „N**erkinder“ auf der Südseeinsel Taka-Tuka-Land nicht so ohne weiteres sprachlich auszuradieren (die „N**erkinder“ wurden bei mir zu „Inselkindern“ und die Beschreibungen ihrer tiefschwarzen Gesichter, dicken Lippen und großen weißen Zähne habe ich sang- und klanglos übersprungen, was später, als meine große Tochter das Buch selbst gelesen hat, zu extremer Verwirrung und interessanten Gesprächen über sprachlichen und gesellschaftlichen Wandel und über ethnische Gruppen in der Südsee geführt hat).
Das Legoproblem lässt sich immerhin lösen: Legofrauchenköpfe kaufen und auf die Polizisten- und Power-Miners-Körper setzen — schon herrscht in der Legowelt Gleichberechtigung. Bei den Büchern ist das schwerer, aber es müsste doch möglich sein, Kinder- und Jugendbücher per Book-on-Demand so anzubieten, dass man vor dem Kauf auswählen kann, ob die Hauptfigur ein Junge oder ein Mädchen sein soll und ob ein blöder großer Bruder oder eine blöde große Schwester gewünscht wird.
Das sind wirklich gute Ideen! Der Rufname meiner Tochter ist in Bezug auf das Gender uneindeutig und unser Kleiderschrank tut sein uebriges. Es ist erstaunlich (und nervig!), dass die erste Frage sich immer auf das Gender bezieht und dass bei einem Kind von 15 Wochen! Es ist so erstaunlich was die Menschen sehen, wenn sie sie fuer einen Jungen halten (“so wach”, “motorisch fit”…) und wie sie schon fast zurueckrudern, wenn sie das Gender erfahren (“ach, wie suess”, “so viele Haare”…). Warums muessen so kleine Kinder entweder oder sein?
Personalisierbare Kinderbücher, bei denen im Laden erst der Text eingedruckt wurde, so dass man Geschlecht und Namen des/der Protagonisten wählen konnte, waren mal ein Modephänomen. Das war, als ich selber noch klein war, also schätzungsweise irgendwann zwischen 1987 und 1994. Heute sollte das noch viel problemloser gehen.
Ich habe vor einiger Zeit auf dem Dachboden meinen alten Kassettenspieler samt TKKG-Hörspielsammlung entdeckt. Die hatte ich auch irgendwie anders in Erinnerung 😉
Die Sportskanone Tarzan (in den späteren Folgen Tim) schlägt grundsätzlich mindestens einmal pro Folge irgendjemanden zusammen, auch in Situationen wo dies garnicht notwendig gewesen wäre. Gaby, das einzige weibliche Mitglied der Bande, hat außer Kuchen backen und kreischen nichts zu tun, denn sobald es ernst wird muss sie natürlich daheim bleiben (Tarzan: “Das ist nichts für Mädchen”). Alle paar Folgen wird sie mal Entführt, so dass Tarzan im Laufe der folgenden Befreiungsaktion eine seiner Zahlreichen Kampfsportarten einsetzen kann.
Die vier Freunde machen sich über Minderheiten und Randgruppen lustig (Obdachlose werden verspottet, Gangster drohen entführte Kinder an Zigeuner zu verkaufen), die Bösen sind sofort an ihrem Äusseren zu erkennen (Hakennase, Rote Haare, Pickel, komischer Akzent, Raucher) und es werden teilweise gewagte Thesen aufgestellt. An einer Stelle wird glatt behauptet, kriminelles Verhalten sei genetisch vererbbar. In der selben Folge verprügelt Tarzan übrigens einen Stadtarbeiter, der im Auftrag der Stadtleitung die Taubenpopulation verringern soll, da dieser mit seinem Verhalten die tierliebe Gaby zum weinen gebracht hat.
Alles in allem war das Erlebnis ganz amüsant, irgendwie fand ich es aber doch besorgniserregend, dass ich all dies als Kind scheinbar widerspruchslos akzeptiert habe. Falls ich mal Kinder habe, bekommen diese jedenfalls bevorzugt Hörspiele und Bücher von den Drei Fragezeichen. Die haben zwar kein weibliches Mitglied, aber wenn mal ein Mädchen auftaucht hat dieses eigentlich immer etwas konstruktives zur Lösung des Falls beizutragen 😉
Cornelia Funke hat ein paar gute Bücher für Mädchen geschrieben, z.B. “Igraine Ohnefurcht” oder die Tintenherzreihe (“Die Wilden Hühner” hab ich nicht gelesen und kann diese deswegen nicht beurteilen). Und besonders schön ist das Bilderbuch “Mutter Vater Kind” von Kirsten Boie & Peter Knorr, in dem der Junge sich um den Teddy kümmert und das Mädchen Cowboy wird.
Es kommt also langsam. Als regelmäßige Teilnehmerin von Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskursen für Mädchen und Schwester einer Trainerin für solche kann ich auch ehrlich sagen, dass auf diese Thematik z.T. sehr überzogen und mit starken Vorurteilen reagiert wird, gerade von Frauen, die glauben, dass Mädchen immer noch zur Rolle Hausfrau und Mutter sozialisiert werden.
Sogar Pixi hat inzwischen angefangen, Bücher mit Titeln wie “Meine Freundin, die ist Ingenieurin” herauszugeben, und auch Playmobil hat inzwischen zumindest in den modern männlich wahrgenommenen Jobs (wie z.B. Küstenwache) weibliche Figuren. Wenn der Trend so weiter geht, kann man erwarten, dass auch Lego bald nachzieht. Und wenn man schon dabei ist, in der Barbie-Reihe gibt es mit Ken auch nur einen einzigen erwachsenen Mann, und der fungiert auch eher als schmückendes Beiwerk, während die Frau alle erfolgreichen Rollen einnimmt.
Legosexismus ist peinlich, aber bei PLaymobil kann man die Frauen nicht mal mehr auf Pferde setzen, weil sie so lange Kleider tragen, um möglichst hilflos-dekorativ zu sein. Hält unseren kleinen Buben nicht davon ab, Piratenschiffe ausschließlich mit den Prinzessinnen der Schwester zu bemannen. Insofern stimme ich dir zu.
Aber ich bin gegen politisch korrektes Umdichten von Kinderliteratur. Wenn ein Buch älter ist und durch seinen beiläufigen Sexismus/Rassissmus aneckt, dann hat das Kind schon was gelernt, falls es jemanden findet, mit dem es darüber reden kann. Ich selbst habe es als Kind schon als ungerecht empfunden, wenn die Mädchen immer nur die faden Rollen hatten, und habe so angefangen, über Geschlechtergerechtigkeit nachzudenken, meiner 8jährigen Tochter geht es nicht anders. Wenn es einem nicht gefällt, kann man ja auch andere Bücher lesen. Erich Kästner beispielsweise hat haufenweise starke Mädchengestalten, und bei Cornelia Funke sind sie so stark, dass es schon fast wieder weh tut. Und in den ausgezeichneten “Unsere kleine Farm”-Büchern erleben kleine brave Mädchen haarsträubende, echte Abenteuer. Auch Entschärfungen von alten Büchern, wie zB den Doctor Doolittle-Romanen, aus denen der Rassissmus rausradiert wurde, finde ich blöd. Die Welt wird doch nicht dadurch besser, dass man sie umdichtet, und über Ungerechtigkeit können sich Kinder nur Gedanken machen, wenn sie sie mitbekommen. Siehe die Taka-Tuka-Land-Erfahrung — wäre es so schlimm gewesen, die Negerkinder unzensiert zu lassen und mit den Kindern drüber zu reden, dass ihre Beschreibung beleidigender Schmarrn ist und das auch große Autorinnen einmal irren können? (Pippi Langstrumpf finde ich im übrigen ein unerträgliches Geschöpf)
Im übrigen hat mich meine Tochter letztens darauf hingewiesen, dass in Filmen (sie meint damit neuere Filme, die im Kino laufen) Buben ganz schön schlecht wegkommen und immer dümmer als die Mädchen sind. Sie findet diese Position zwar nicht ganz unsympathisch, da sie acht Jahre alt ist und entsprechende Vorurteile hat, aber stellvertretend für ihren kleinen Bruder ärgert sie es doch, dass Buben keine Helden mehr sein können und immer die Mädchen die gewitzteren sind.
Nein, ich bin dagegen, Kinderbücher zu bereinigen.
@Daniel: Das ist ein hehres Ansinnen, verhindert aber unter Umständen nicht eine ausgeprägte Rosa-Glitzer-Lillifee-Phase in fortgeschrittenem Alter, bzw bei Buben die Verwandlung alles annäherungsweise rechteckigen in ein Schwert.
Und ich weiß eigentlich schon, dass es “Rassismus” mit einem “s” heisst. In der Schreibmaschinenschrift im Kommentarkästchen sah es nur so komisch aus.
Sonja (#4), Boie und Funke sind ein Segen für Eltern lesehungriger Kinder, wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie erfinden (obwohl Funke auch für ein paar „Du-bist-in-Wirklichkeit-eine-Hexe“-Bücher verantwortlich ist). Aber sie können natürlich nicht alleine die gesamte Nachfrage nach zeitgemäßer, spannender Kinder- und Jugendliteratur abdecken. Leider sind viele politisch korrekte Bücher so offensichtlich bemüht und gleichzeitig so langweilig, dass man Kinder nicht dazu bekommt, sie zu lesen (die erwähnten Pixi-Bücher sind da ein gutes Beispiel, ebenso wie gutgemeinte aber unerträgliche Werke wie „Mama hat einen neuen Freund“ oder Ich knall ihr eine! Emma wehrt sich). Bei Jugendbüchern sieht es ohnehin besser aus, am problematischsten ist aus meiner Erfahrung die Altersgruppe zwischen vier und zehn.
Sabine (#5), beim Umdichten und Entschärfen von Kinderliteratur würde ich zwei Fälle unterscheiden:
1. Den Fall, in dem Sexismus/Rassismus/etc. im historischen Kontext einen Teil des Plots oder des für die Entfaltung der Geschichte wichtigen Hintergrunds darstellt — etwa, wenn in „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ und „Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ Schwarze nur als Sklaven vorkommen und, auch von Tom und Huck, als Nigger bezeichnet werden. Der Plot selbst lädt ja dazu ein, genau diese Aspekte der amerikanischen Geschichte zu diskutieren.
2. Den Fall, wo der Sexismus/Rassismus/etc. aufgrund der Gedankenlosigkeit des Autors im Kontext seiner Zeit ganz nebenbei in den Text eingeflossen ist und nichts zur Geschichte beiträgt — eben, wenn Pippi, Thomas und Annika in die Südsee (!) fahren und dort eine Insel voller „Neger“ und „Negerkinder“ antreffen, die neidisch auf die weiße Haut der drei Schwed/innen sind, ohne, dass das in irgendeiner Weise zur Geschichte beiträgt. Hier lädt der Rassismus nicht zum Diskutieren mit Kindern ein, wenn man sich nicht auf eine Metaebene begeben und Astrid Lindren und das Schweden der vierziger Jahre erörtern möchte. In diesem Fall wäre ich sehr dafür, die Bücher entweder in Rente zu schicken oder, wenn es allzu schade darum wäre, sprachlich zu entschärfen.
Anatol, ich sehe den Unterschied nicht, denn historisch gesehen ist der eine ganze Handlung bestimmende Rassismus in “Tom Sawyer” nicht weniger bedeutsam als der beiläufige, selbstverständliche Rassismus fast hundert Jahre später in einem fernen nordeuropäischen Land, noch dazu aus der Feder einer allseits gerühmten Humanistin. Kinder können sehr wohl erkennen, dass der im ersten Fall beschriebene Umgang mit Schwarzen grausam und schlimm ist, aber dass die Selbstverständlichkeit, mit der eine Autorin schwarze Kinder weiße Kinder um ihre Hautfarbe beneiden lässt, auch etwas richtig Schlimmes ist — und im übrigen dem hierzulande lange üblichen Umgang mit Schwarzen viel näher steht. Die Ausgabe meiner Tochter hat das geschickt gelöst, weil sie einfach Fußnoten eingefügt hat, in denen steht, dass “Neger” ein Wort ist, dass damals normal war, aber nicht mehr verwendet wird, weil es heute als beleidigend empfunden wird. Meine Tochter hat das sehr beeindruckt.
Wenn einem Bücher zu starker Tobak für die Kleinen sind, dann liest man sie halt einfach noch nicht vor. Es kommt ja kein Kind um, wenn es Pippi erst in einem Alter kennenlernt, wo es differenzieren kann. Und richtig schlechte Bücher (Beispiel TKKG) muss ja nun wirklich kein Mensch lesen.
Nebenbei finde ich es bemerkenswert, dass diese “verseuchten” Texte bei dir offensichtlich große Abneigung erzeugen, während die “Verseuchung” der deutschen Sprache es nicht tut. Nicht, dass das eine saubere Analogie wäre, aber es passt für mich nicht zusammen (sei dir aber natürlich gegönnt).
Für 4–10jährige gibt es aber massenhaft tolle Literatur, vor allem älteren Datums. Umwerfend, wie gesagt, ist Laura Ingalls Wilder; Tove Janssons Mumingeschichten; Latte Igel (sehr schaurig); Christine Nöstlinger (z.B. der grandiose Gurkenkönig), natürlich Preußler und Kästner… Leider ist die neuere Kinderliteratur allzu sehr vom “Du bist eigentlich eine Hexe”-Schema geprägt.
Grundsätzlich teile ich die Abneigung gegen stereotype Geschlechterrollen absolut. Nur die Begründung finde ich merkwürdig und noch merkwürdiger finde ich die vorgeschlagenen Lösungen.
Zunächst muss man nicht Vater oder Mutter von Töchtern sein, um besorgt über Geschlechterstereotype zu sein. Tatsächlich mache ich mir sogar weniger Sorgen um die Mädchen, denn die merken natürlich viel eher, dass die ihnen zugeschriebenen Rollen irgendwie doof sind. Aber welchen Grund sollten Jungen haben, an diesen Darstellungen zu zweifeln, wo doch ihr Geschlecht meistens gut wegkommt?
Und dann Books-on-Demand mit austauschbaren Geschlechtern? Soll das dazu führen, dass Jungen weiterhin eine Welt mit heldenhaften Jungen, Mädchen dafür eine voller heldenhafter Mädchen vorgegaukelt wird? Das wäre ja geradezu wie geschaffen, um starres und unangemessenes Kategoriendenken zu bestärken.
Wenn Sexismus in einem Plot angelegt ist, hat es keinen Zweck, diesen einfach umzudrehen. Das mutige Fuchsmädchen und der feige Fuchsjunge — das klingt immer noch nicht nach einer hochwertigeren Story. Entscheidend ist doch, dass klar sein muss, dass niemand feige oder mutig ist, WEIL er oder sie männlich oder weiblich ist. Deshalb finde ich auch Darstellungen, bei denen Mädchen “trotz” ihres Geschlechts gar nicht feige sind, auch völlig fehlgeleitet. Und wenigstens in einem Punkt scheinen doch Geschlechterrollen auch in der wirklichen Welt gar keine so große Rolle zu spielen: Große Geschwister werden blöd gefunden, weil sie GROßE GESCHWISTER sind — egal, ob Bruder oder Schwester. Und das ist zwar auch gemein, aber wenigstens nicht sexistisch.
juliana (#9), feige Fuchsjungen kamen in meiner Version nicht vor, nur ein mutiges Fuchsmädchen und ein paar geschlechtlich nicht spezifizierte Geschwister, die zu Hause geblieben sind. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Mädchen grundsätzlich merken, dass die ihnen zugeschriebenen Rollen irgendwie doof sind. Aber selbst wenn, dann nehmen sie sie trotzdem als selbstverständlich hin. Das habe ich bei meiner großen Tochter immer wieder erlebt und ich bin mir sicher, dass das irgendwann ins Selbstbild von Mädchen hineinwirkt, auch wenn sie im echten Leben eigentlich keinen Anlass haben, Jungen für überlegen zu halten. Das mit den großen Geschwistern stimmt vielleicht im echten Leben, aber das heißt ja nicht, dass das in Kinderbüchern auch so ist. Mein Eindruck ist, dass große Schwestern deutlich schlechter wegkommen als große Brüder — sie sind entweder Mutterersatz (z.B. „Ferien auf Saltkrokan“) oder sie laufen irgendwelchen blöden Typen hinterher (z.B. „Rasmus, Pontus und der Schwertschlucker“). Große Brüder dagegen (ACHTUNG: SPOILER-ALARM) opfern ihr Leben für die kleinen („Die Brüder Löwenherz“).
Sabine (#8), natürlich kann man alle Bücher, die unterschwellig Sexismus oder Rassismus mitvermitteln, aus dem Programm nehmen. Dann bleibt nichts übrig, was älter als zehn Jahre ist („Unsere kleine Farm“ überzeugt mich da ganz und gar nicht). Ich kann auch bei jedem Satz dazusagen „Die Leute dachten damals, dass Mädchen/Schwarze/… nicht so viel können wie Jungen/Weiße/…, aber damit ist das Lesevergnügen futsch und außerdem denken die Mädchen irgendwann, dass da was dran sein muss, wenn das früher alle Leute gedacht haben.
Das ist die Untertreibung des Tages. Da könnte selbst der Weiße (!) Riese nichts mehr ausrichten.
Der, der sonst auf sehr elegante Art und Weise mit den Sprachnörglern tanzt, ist ein apokalyptischer Reiter der Emanzipation. Es ist doch schön, dass jeder irgendeine subjektiv motivierte Sichtweise hat.
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PS Ich schlage das Herrendefizit in der Barbie-Kollektion als nächstes Thema vor.
Persönlich kann ich die Beweggründe des Herrn Stefanowitsch zwar nachvollziehen, teile seinen Standpunkt aber nicht. Geschlechterrollen (ganz egal, wie wenig man sie leiden kann) sind Teil unserer Realität und ich halte nicht viel davon, Kindern grundsätzlich eine heile Welt vorzugaukeln. Das heißt ja nicht, daß man sie damit erschlagen soll, aber spürbar darf sie schon sein (ich halte dementsprechend auch nichts davon, Kindern grundsätzlich jede Form von Gewalt in den Medien vorzuenthalten, aber das nur am Rande).
Hinzu kommt, daß ich keine Verbindung zwischen diesem Sexismus in welcher Ausprägung auch immer und dem Wunsch sehe, die eigenen Töchter sollen im Leben alles erreichen können. Was hindert sie daran, selbst wenn es derartige Geschichten voller weiblicher Dummchen gibt? Umgekehrt müsste man dann ja annehmen, daß Erzählungen voller weiblicher Helden heranwachsende Frauen daran hindern, sich irgendwann für ein einfaches Hausfrauendasein zu entscheiden — manche sollen das ja angeblich auch wollen. Das ist natürlich etwas überspitzt und nicht direkt so aus dem Beitrag herauszulesen.
Ich bezweifle gar nicht, daß solche Geschichten schon Kindern Rollenbilder und gesellschaftliche Erwartungen vermitteln. Diese sind aber Teil des Lebens und man muß lernen, sich damit auseinanderzusetzen, und was später mal aus einer jungen Dame wird, ist damit doch trotzdem offen.
wakaranai, aus dem fernen Japan, wo die Geschlechterrollen eh noch etwas fixer sind
Andreas (#3), ich hatte TKKG schon ganz vergessen, aber die gibt es ja immer noch! Ja, neben dem braungebrannten Bully Tim und der dummen, hübschen Gabi darf man die schwächliche Intelligenzbestie Karl und den dummen, dicken Klößchen nicht vergessen. Schlimmere Ansammlungen von Stereotypen findet man nur noch bei den „Fünf Freunden“ oder der „Der/die/das-…-der-Abenteuer“-Serie (die gibt es hoffentlich nicht mehr). Aber der Autor der TKKG-Serie kann selbst gar nichts dafür:
Er will eigentlich starke, kluge, selbstbewusste Mädchen schildern, aber die Gesellschaft lässt eben nur blonde, brünette und rothaarig-katzenäugige Dummchen gelten! Und da es diese Klischees gibt, muss ja auch etwas Wahres dransein…
Ich kann auch bei jedem Satz dazusagen „Die Leute dachten damals, dass Mädchen/Schwarze/… nicht so viel können wie Jungen/Weiße/…, aber damit ist das Lesevergnügen futsch und außerdem denken die Mädchen irgendwann, dass da was dran sein muss, wenn das früher alle Leute gedacht haben.
Hm, ich traue meinen Kindern eigentlich mehr zu, und vielleicht liegt da der Kern der Sache, warum mich das mit dem Bücherumdichten stört. Auch Kinder, wenn sie nicht mehr ganz klein sind, nehmen doch nicht alles einfach kritiklos in sich auf, ohne es mit der Welt, die sich um sich herum erleben, abzugleichen. Ein Erkenntnisgewinn (“ach, so war das früher, und warum ist es heute anders?”) kann genauso lustvoll erlebt werden wie das Lesevergnügen an sich; darüber hinaus denke ich, dass gute Literatur nicht von moralisch-politisch korrekten Ansichten bestimmt ist, sondern von der geschickten Verarbeitung von Stoffen, die etwas mit dem Leben zu tun haben. Als ich als kleines Mädchen Parzival gelesen habe (die ausgezeichnete Version von Auguste Lechner), fand ich die jammerlappige Mutter auch blöd und bedauerte den Mangel an handfesten Frauenfiguren, was aber doch nichts daran änderte, dass die fundamentalen Fragen, mit denen sich Parzival auseinandersetzen muss, mich genauso betreffen wie einen angehenden Gralsritter.
Kinder haben im allgemeinen ein gutes Gespür für Ungerechtigkeit. Das sollte man ihnen nicht abtrainieren, indem man sie nur mit einer weichgespülten, auf fair getrimmten literarischen Welt umgibt. Und warum sich nur auf Sexismus und Rassismus festlegen? Vielleicht auch noch alles Grausame, Ungerechte, Traurige verbannen? Keine Bücher mehr lesen, in denen Dicke dumm sind und man vom Aussehen auf den Character schließen kann? Dann sind wir bei den “Conni”-Büchern. Die Welt ist nun mal schlecht, da kommt es letztendlich nur auf die Bewältigung an, zu der gute Literatur natürlich schon beitragen kann.
Natürlich ist es auch eine Reifesache. 5‑jährigen würde ich “Pippi in Taka-Tuka-Land” dann halt einfach nicht vorlesen (fiele mir nicht schwer, weil ich Pippi eh nicht mag), aber wer schon selber lesen kann, kann sich auch darüber Gedanken machen.
wakaranai (#13) und Sabine (#14), wir sind uns in einer Sache einig: es kann nicht darum gehen, Kindern Sexismus, Rassismus, Gewalt oder Ungerechtigkeit vorzuenthalten, und es gibt viele hervorragende Bücher, in denen diese Dinge thematisiert werden (und zwar spannend und ohne vordergründige Moralapostelei). Die Tom-Sawyer-Bücher sind dafür ein gutes Beispiel, und auch Astrid Lindgren sollte hier nicht nur getadelt sondern auch für Werke wie „Mio mein Mio“ oder „Die Brüder Löwenherz“ gelobt werden (zwar alles Jungs, aber Gewalt, Ungerechtigkeit und der Zusammenhang dazwischen werden ausführlich thematisiert).
Wo wir offensichtlich nicht zusammenfinden, das ist beim Thema „unterschwelliger Rassissmus/Sexismus/etc.“. Hier traue ich Kindern nicht ganz so viel natürlichen Gerechtigkeitssinn und Geschlechterverstand zu. Meiner Erfahrung nach erkennen Kinder eben NICHT die Stereotypisierungsmechanismen hinter den Figuren des ängstlichen, ordentlichen, braven Mädchens (Annika, Anne von den Fünf Freunden, Gabi von TKKG), die des kindischen, sorglosen Schwarzen (die Bewohner der Taka-Tuka-Insel oder fast alle Charaktere in Onkel Toms Hütte), oder des faulen, dummen oder sogar gemeinen Dicken (Klößchen, Dudley Dursley aus Harry Potter) — ich will gar nicht erst anfangen von den Rittern, Fürsten, Königen und anderem parasitärem Gesocks, das in Büchern immer als edel, tapfer, gütig usw. daherkommt.
Natürlich kann ich Kindern alle diese Dinge ins Bewusstsein holen und mit ihnen über diese Stereotype diskutieren. Nur haben die eben NICHTS mit den Geschichten zu tun, in denen sie vorkommen, und das Lesevergnügen ist dann eben sowas von weg, dass man die Bücher lieber gleich einmotten kann. Das Problem dabei ist, dass dann von dem ohnehin dürftigen Angebot an Kinderliteratur nicht viel übrigbleibt.
Oder ich kann mich in Gemeinplätze wie „Die Welt ist nun mal schlecht“ flüchten. Davon abgesehen, dass mir das ein bisschen zu bequem ist, halte ich es aber für einen katastrophalen Leitgedanken für die Kindererziehung.
Aber der Punkt ist ja genau der, dass in guten Kinderbüchern, auch wenn sie zeitbedingt sexistischen oder rassistischen Ballast mit sich herumschleppen, viel mehr drin ist als das — spannende Geschichten, sprachlicher Witz, unvergessliche Figuren, wirkliche moralische und emotionale Konflikte. Wenn von einem Buch nichts übrigbleibt, nachdem man die stereotypen Dummheiten daraus beseitig hat, dann war es eben von vornherein ein schlechtes Buch. Nicht umsonst gibt es ein gewisses Eltern-Vorurteil gegen Sachen wie TKKG und Enid Blyton, denn das sind wirklich schlechte Bücher. Aber es stimmt nicht, dass es nicht genug gute Kinderliteratur gibt; nur in den Buchläden steht sie meistens nicht rum, wegen besagtem dummen Fantasytrend.
Herr Stefanowitsch, Huckleberry Finn per BoD als Mädchen? Es gibt doch die Rote Zora. Man könnte dann ja auch per Video on Demand bei Bonanza aus Hop Sing einen chinesischen Intellektuellen machen (oder zumindest einen Starkoch).
Als Antirassist Taka- Tuka Land verändern? Dann müßte man als Sprachliebhaber vielleicht auch das dämliche “Medusin” korrigieren.
Annikas Angst um ihr Kleidchen macht das von Pippi L. vermittelte Selbstbewusstsein nicht zunichte, sie ist dessen Vorraussetzung. Ohne Gegenpart keine Pippi, denn wenn alle sich so verhielten, wie die, dann würde es ja wohl zu weit gehen. Pippi ist der infantile Spiessertraum von der Anarchie. Aber alles in seinen Grenzen bitte. Pippi wäre nicht mehr Pippi, wenn ihr Vorbild Annika aus ihrem Kleidchen befreien würde.
Sie haben recht: Das ist durch und durch eine Fantasiefigur. Ihr “Selbstbewusstsein” rührt von ihrer übernatürlichen Stärke. Außerdem von ihrem eigenen Haus und von ihrem unermeßlichen Reichtum. Und wenn es mal ganz dicke kommt, dann stehen ihr ihr Vater und seine Piratencrew zur Seite. Kindliche Konflikte mit einer Mutterfigur sind nicht zu befürchten, denn die Mutter ist ja glücklicherweise tot. Wenn Sie sich DA mit ihrer Tochter drüber auseinandersetzen ist der Lesespaß ja wohl völlig im Arsch.
Bevor ich lesen lernte wurde mir Jim Knopf vorgelesen. Ich hatte keine Schwierigkeiten mich mit dem zu identifizieren, bloß weil ich weiß war. Ich WAR Jim Knopf. Dass das nicht geht wurde mir erst später beigebracht. Danach musste ich mich entscheiden, ob ich Cowboy oder Indianer sein wollte, denn plötzlich konnte ich nicht mehr Indianer sein. Ich habe das Problem gelöst, indem ich von Indianern adoptierter Cowboy wurde.
Später musste ich lernen, dass nicht alle Indianer spirituell sind, dass nicht alle Schwarzen begnadete Musiker sind und dass nicht alle Chinesen Kung Fu können.
Es fängt früh an und es hört nie auf. Ich würde Bücher nicht verändern. Wenn sie scheiße sind würde ich andere suchen. Als Kind habe ich Raumschiff Enterprise geliebt, musste aber erst erwachsen werden, um zu begreifen, wie “fortschrittlich” dieser Science Fiction — Quatsch war: Die international gemischte Crew war etwas neues. Mir als Kind war das rein gar nicht aufgefallen.
Stan (#17), hüten Sie Ihre Zunge! Im Bremer Sprachblog darf man zwar den Blogmeister beleidigen, aber Star Trek als „Science-Fiction-Quatsch“ zu bezeichnen, ist absolut inakzeptabel. Die Serie beschäftigt sich in all ihren Manifestationen mit den tiefen Fragen des Menschseins, die hässlichen Schlafanzüge der Darsteller dürfen davon nicht ablenken. Und fortschrittlich war die Serie auch, da haben Sie Recht: die erste Serie bot uns eine internationale Besatzung mit Afrikanerinnen, Chinesen, Russen und Außerirdischen, allerdings noch unter amerikanischem Oberkommando. Aber schon in „The Next Generation“ durfte ein Franzose auf den Kapitänsstuhl, in „Deep Space Nine“ ein Schwarzer und im ansonsten bejammernswerten „Voyager“ dann eine Frau. Von Gene Rodenberry und seinen Mitstreitern könnte sich jeder Kinder- und Jugendbuchautor eine dicke Scheibe abschneiden (gut, die hässlichen Schlafanzüge bräuchte man nicht mit zu übernehmen).
Huckleberry Finn mit einem Mädchen in der Hauptrolle würde ich nie fordern, da der Plot der Geschichte das schlicht nicht zulässt. Aber einen Roman aus der gleichen Zeit mit einem Mädchen aus der gleichen sozialen Schicht in der Hauptrolle, das wäre schon interessant. Die Rote Zora ist ein interessantes Beispiel für eine besondere Spielart des Legosexismus, bei dem an der Abwesenheit von weiblichen Figuren nur insofern abgewichen wird, dass es EINE Frauenfigur gibt, die dafür eine Führungsrolle haben darf. Das macht für mich die Awesenheit von Frauen nur umso deutlicher sichtbar.
Ihre Rolle als von Indianern adoptierter Cowboy gefällt mir sehr. Es ist eine schöne Lösung für das zugrundeliegende Problem.
Ich würde den Einfluss von “schlechten” literarischen Vorbildern auch nicht zu hoch hängen. Im Haushalt meiner Eltern befinden sich noch ca. 60 oder mehr TKKG Hörspielkassetten, die ich als Kind geliebt und ausgiebig gehört habe. Mir ist damals nicht aufgefallen, dass da durchaus fragwürdige Stereotype und Ideologien dargestellt wurden. Ich bin trotzdem (glaube ich) ein ganz netter Mensch geworden, der weder zu Gewaltanwenung neigt, Frauen für blöd hält oder Intellektuelle für Weicheier und Nerds und manchmal kann ich sogar an einer Tafel Schokolade vorbeigehen ohne dass ich davon abbeißen muss.
Trotzdem würde ich ihnen zustimmen, dass nicht alle Kinder in der Lage sind unterschwelligen Rassismus bspw. in Pippi Langstrumpf zu erkennen. Es hängt denke ich auch vom Alter des Kindes ab, ob man die Version entschärft (oder die Geschichte dann halt gar nicht liest) oder, was ich insgesamt bevorzugen würde, das ganze reflektierend thematisieren würde.
Ich will ja nicht lästig sein, aber die Ingalls-Familie nagt auch mitunter am Hungertuch, wenn sie auch nicht ganz so schön proletarisch sind wie Huck Finn… Wie wäre es mit “Ein Baum wächst in Brooklyn”? Oder gar den erfinderischen March-Mädchen aus “Little Women”, auch wenn sie am Schluss etwas selbstverstümmelnd alle unter die Haube kommen? Für “Jane Eyre” sind die Töchter wohl noch zu klein.
Und zur Roten Zora — ab welcher Prozentzahl starker Mädchenfiguren sind Bücher denn nun satisfaktionsfähig? Hätte eine Uskokin mehr das Buch akzetabel gemacht? Gut, jeder hat so seine k.o.-Kriterien bei Büchern, ich mag zum Beispiel nichts, wo Freimaurer oder Vampire vorkommen, aber einem Buch vorzuwerfen, dass es in einer Realität und zu einer Zeit spielt, in der Frauen eben nix zu melden hatten, da. Von zukünftigen Büchern zu fordern, dass sie der bunten StarTrek-Smarties-Welt entsprechen (komme übrigens gerade aus dem sehr hübschen Film, und es sind auffallend wenig Frauen drin und dann auch nur ganz, ganz dünne), ist eine Sache, aber rückwirkend zu toben, weil irgendeine ahnungslose Autorin aus dem 19. Jahrhundert diesem Anspruch nicht gerecht wurde, nun ja…
@Carsten: stimmt, von TKKG allein ist sicher noch keiner zum Frauen- oder Dickenfeind geworden. Es hat aber vermutlich keiner was verpasst, der TKKG nicht und statt dessen etwas Bleibenderes gelesen hat.
Wow, gerade in den vergangenen Tagen haben wir uns im Freundeskreis (überwiegend zweisprachige Menschen unterschiedlicher „Doppelzüngigkeit“) bei recht viel Suff in einem Bukarester Biergarten (hier stimmt das Wetter schon :-D) über Rassismus, Vorurteile und Sexismus in der gängigen zeitgenössischen und klassischen Fernsehkultur bzw. Kinderliteratur der unterschiedlichen Länder unterhalten, die jeder von uns entsprechend kannte.
Ich will hier nur zu 2–3 Meinungen Stellung nehmen, die Erziehungsansätze Herrn Stefanowitschs dürften ansonsten seine ureigenste Angelegenheit bleiben, auch wenn ich eher der Auffassung von Sabine zustimme und eine „Beschönigung“ der Kinderbücher nach geschlechtspolitisch korrekten Gleichstellungsprinzipien auch albern finde.
Als teils in der DDR aufgewachsenes Kind sind mir Sachen wie die TKKG-Serie u.dgl. natürlich fremd geblieben, dafür hatten wir „Ossis“ die Digedags. Ich glaube mich noch daran zu erinnern, dass Wörter wie „Neger“ oder „Nigger“ dort nicht vorkamen, zumindest bei den fortschrittlichen Figuren der Hannes-Hagen-Comics nicht, auch wenn die drei schwarz-gold-rot-haarigen (Zufall?) Gesellen mir später auch etwas obergescheit und paternalistisch vorkamen.
Ansonsten war ich ein Frühleser und habe so ziemlich alle Klassiker-Märchen der in beiden Ländern erhältlichen Literatur verschlungen (darunter auch Exoten wie „Die schwarze Mühle“ des sorbischen Schriftstellers Jurij Brězan – eines meiner Favoriten, hab’ heute noch das Buch – oder Märchen, Fantasy und SF von Vladimir Colin ).
Die Begeisterung für die rote Zora bot uns Zweitklässlern in Ostberlin schon den Anlass, eine eigene, 4–5köpfige „Bande“ zu gründen, allerdings war ich, das etwas dunkelhäutige Kind mit Mandelaugen, der Anführer, dafür hatte ich aber ein verschmitztes blondes deutsches Mädel als rechte Hand zur Seite. (Nun ja, ich Balkanbub konnte damals wohl nur halbemanzipierte Mädchen tolerieren…)
Zu Star-Trek meinte ein in den USA aufgewachsener Kumpel, selbst die Serie mit Captain Kirk sei in Punkto Emanzipation seinerzeit sehr fortschrittlich gewesen, schließlich komme da der erste Kuss zwischen einer Farbigen (Uhura) und einem Weißen (Kirk) vor – und – wohlgemerkt! – nicht andersrum. Die Pyjamas finde ich übrigens ganz und gar nicht hässlich, ganz im Gegenteil, die engen Fetzen lassen die Reizteile der Frauen recht ansehnlich ausschauen.
Bevor ein Aufschrei des Entsetzens durch das Netz geht, darf ich bei all diesen Unzulänglichkeiten in meiner Bildung und Ausbildung versichern: meine Lebenspartnerin verdient mehr als ich (dafür habe ich dann auch die Ruhe, zu nachtschlafender Zeit alberne Dispute auf Blogs zu lesen), sie darf auch alles anziehen, was sie möchte, und ich wasche manchmal auch wirklich das Geschirr ab. Und falls ich mal Kinder in Form von Mädchen haben sollte, dürfen sie sicher auch emanzipiert werden, und wehe, sie führen keine Kinderbande an, sie dazu anzuspornen, fühle ich mich meiner liebsten besten Freundin aus denen Jahren des allgegenwärtigen Sexismus schon verpflichtet.
Da ich keine eigenen Kinder habe, darf ich mich hier bestimmt einmischen 😉 Kommt es nicht auf das Umfeld an, in dem die Kinder aufwachsen? Meine eigenen Leseerlebnisse umfassen nicht nur massenweise Astrid Lindgren (“Die Brüder Löwenherz” finde ich übrigens gruselig, aber nicht wegen der Gewalt, sondern wegen des Eskapismus) und Erich Kästner, sondern auch Karl May und Enid Blyton. Und als Onkel habe ich stapelweise Schrott vorgelesen (“Arielle die Meerjungfrau” etc.), weil die Gören das so wollten. Während die jüngere der beiden Nichten derzeit noch im schwerpubertären Durcheinander herumstrampelt und so gar nicht weiß, wer sie ist und was sie will, ist ihre große Schwester eine sehr prinzipienfeste junge Frau mit einem scharfen Gerechtigkeitssinn geworden. (Und sie liest jetzt nicht mehr den Disney-Mist, sondern sozialkritische Romane.)
Als mit 13 oder sie die “Rote Zora” gelesen habe, wollte ich natürlich Branko sein. Wegen Zora 😉
Wie haben es meine Eltern nur geschafft, mich so zu erziehen, dass ich Frauen grundsätzlich für die besseren Menschen halte — trotzdem nicht das Bedürfnis habe mich als Mann für mein Geschlechtsteil entschuldigen zu müssen und zudem noch meine große Schwester abgöttisch liebe. Vielleicht war die sozialistische Kinderliteratur der DDR ja ganz toll. Um ehrlich zu sein denke ich aber, dass die Erziehung und das Reden mit den eigenen Kindern doch immernoch der wichtigste Faktor ist. Den Medien wird (wurde und wird auch in Zukunft) eine viel zu große Fähigkeit zur Manipulation angedichtet. In einem Elternhaus in dem unverkrampft und liberal mit Geschlechterrollen, anderen Völkern und anderen Arten zu denken umgegangen wird, werden auch Kinder erzogen, die die Welt mit einer eigenen Meinung und ohne festgefahrenes Menschenverständnis sehen können. Wenn man seine Erziehung allerdings darauf beschränkt seine Kinder vor die Glotze o.ä. zu setzen und sie unreflektiert schlucken lässt, soll man sich nicht wundern. (Das trifft hier ja hoffentlich auf niemanden zu.)
So long…
Felix
TKKG habe ich als Kind unerträglich gefunden, eben weil Tarzan alles kann und die einzigen Situationen, in denen er zu etwas Selbstkritig fähig ist, sind die, in denen er sich darüber beklagt, nicht vorher auf etwas gekommen zu sein. Und selbst dann heißt es noch “Mann, was sind wir doch für Idioten.” Da waren mir die Drei ??? doch deutlich lieber. Wobei auch da die Frauen etwas zu kurz kommen, was mir aber nie aufgefallen ist. Und wenn, hätte ich es vermutlich auch völlig normal gefunden, in meinen Detektiv-Gruppen waren ja auch immer nur Jungs. Insofern war es (für damalige Verhältnisse) schon fast fortschrittlich, dass bei TKKG überhaupt eine Quotenfrau dabei war.
Trotzdem fallen mir neben Pipi und der Roten Zora spontan noch Ronja Räubertochter, Momo und Locke aus “Tom und Locke” als weiblich Hauptfiguren ein, die soooo schlecht nun nicht dastehen.
Übrigens ändern sich die Dinge ja auch. Das wird schön deutlich, wenn man sich die alten John Sinclair Hörspiele von Tonstudio Braun aus den 80ern anhört und mal mit den neuen von Wortart vergleicht. Die alten triefen nur so vor Machotum. Die neuen sind doch durchaus ausgeglichener. Und das, obwohl beiden der gleiche “Roman” zugrunde liegt.
Star-Trek: Die Original-Serie strotzt doch nur so vor Mackergehabe. Und der einzige weibliche Kommandooffizier ist — im Prinzip — Telefonistin. Von den sexy Röckchen will ich gar nicht erst anfangen, wobei die es ja sogar in die ersten Folgen von TNG geschafft haben.
Entschuldigung, aber WORAN erkennt ihr bei Legofiguren das Geschlecht? An rot-geschminkten Lippen? Ich seh da nur simpsonfarbige Neutren im Spielwarenregal.
Ja, Ronja Räubertochter ist nicht schlecht.
(Außer, dass jetzt Leute frei herumrennen, die ihre eigenen Töchter Ronja nennen. Urgh. Das wäre jetzt nicht notwendig gewesen.)
@Felix (#23): Ja, der liebe Kästner Erich wäre auch erwähnenswert. Ich bin mir aber gar nicht so sicher, dass wir in den ehemaligen Ostblockstaaten eine bessere Kinderliteratur, geschweige denn eine bessere Situierung der Frau gehabt hätten. Man denke nur an die Propagandasprache der jeweiligen Partei zurück, da hieß es in allen Bruderstaaten ungefähr, dass Frauen “treue Kampfgenossinnen und Mütter” zu sein haben — im Klartext: schuften wie ein Mann, dazu noch Haushalt und Kindererziehung bewältigen.
Die gesellschaftlichen Rollen verändern sich zunehmend, Männer wie Frauen sind oft verunsichert, beiden Geschlechtern völlig umgekehrte Vorbilder aufdrängen zu wollen, finde ich genauso verkehrt wie das bornierte Festhalten an traditionellen Modellen.
Meine Söhne sind dem Legoalter inzwischen entwachsen. Ich kann mich aber noch gut erinnern, dass ich Lego aus sprachlicher Sicht wenig erfreulich fand. Das Lego-Magazin, das uns von Zeit zu Zeit ins Haus flatterte, zeichnete sich meiner Meinung nach vor allem durch eine Häufung von Imperativen und sprachliche Lieblosigkeit aus.
http://stores.lego.com/en-US/default.aspx# es gibt doch LEGO Stores, der Vorteil, dort kannst du auch für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sorgen ;), wenn du das nächste mal in Hamburg bist, weißt du ja was du zu tun hast.
Na, ihr habt Sorgen… Wenn das wirklich die Sorgen der kommenden oder gerade ins aktive Elternleben eingstiegenen Elterinnen ist, dann macht euch noch auf ein paar Schocks gefasst. Lego ist aus sprachlicher Sicht nicht erfreulich? Was genau hat Lego mit Sprache zu tun? Wenn das Lego Magazin nicht gefällt, gibt es eine Altpapierkiste.
Der Normalfall heutzutage ist doch, dass Kinder im Kindergarten und in den ersten vier Jahren ihrer Schulzeit komplett einer weiblichen Lehrerschaft gegenübersitzen, die, gestählt durch Montesori und Waldorfpädagogik, keine politische Korrektheit auslassen. Das sollte männliche Füchsinnen in der Märchenliteratur locker kompensieren.
Das Anliegen mag zunächst löblich und logisch erscheinen. Tatsächlich, vorher kaum beachtet, Lego hat fast ausschließlich Männchen im Produktportfolio. Schon runzeln sich die ersten Stirnfalten. Ein Skandal gar? Gezielter Sexismus? Müssen wir unsere Kinder schützen? LEGO gar boykottieren und auf Geschlechtergleichheit pochen?
Nein.
Die Erklärung ist so simpel, das sie leicht übersehen werden kann: Lego ist ein Unternehmen. Es verdient Geld damit, Konstruktionsspielzeug auf eine klar definierte Zielgruppe abzustimmen und an diese zu verkaufen: Jungs. Und womit spielen Jungs im Alter von 5–12 Jahren, und zwar ganz ohne sexistische Hintergedanken? Hier kommt Lego reinen Interessenlagen entgegen. Entsprechend hatte die Lego-Linie Belville für Mädchen sehr hohe Anteile an weiblichen Figuren, Pferden und der Farbe Rosa.
Rhetorische Gegenfragen: Warum gibt es keinen weiblichen Autobot (Transformers)? Warum hat das WINX-Universum nur weibliche Hexenheldinnen? Und, um es noch etwas plakativer auszudrücken: Warum produziert Always Binden nur für Damen?
Hier Sexismus zu unterstellen ist gelinde gesagt sehr weit hergeholt. Mit dieser übermotivierten politischen Korrektes und solch zwanghafter Gleichmacherei durch das Leben zu gehen muss sehr schwer sein und ist bemitleidenswert.
Ist es überhaupt schade, dass die Töchter des Autors nicht dessen Kindheitserlebnisse nacherleben können? Haben Sie nicht Ihre eigenen? Warum will er das so unbedingt? Woran sich abschließend die viel wichtigere Frage anschließt: Wollen die Töchter das überhaupt? Im ToysRUs losgelassen, welches Regal werden Sie zuerst ansteuern? Sicher nicht das von Lego 🙂
@Michael (#30): Oh, wie hübsch, ein Troll! Frauenfeindlichkeit, Klischeedenken und Schelte an politischer Korrektheit in einem! Und das soll uns überzeugen, dass es kein Problem gibt…
@Frank(#32): Du hast es erkannt 🙂 Dass es kein Problem gibt, meine ich. Aber abgesehen von meiner allgemeinfeindlichen Gesinnung habe ich vier Kinder gross bekommen; deswegen sitze ich sprachlos vor meinem Rechner, denke daran, was WIRKLICH im Laufe der Jahre auf Eltern zukommt und kann nur hoffen, dass bei den Diskutanten hier in Zukunft keine grösseren Probleme als die hier besprochenen auftauchen.
@Michael: Du übersiehst dabei nur eine Sache, die komischerweise in Intenetdiskussionen gerne übersehen wird: Kein Mensch hat behauptet, dass es hier um das größte zu diskutierende Problem ginge. Jemandem fällt etwas auf, er bloggt drüber, es wird drüber geredet. Nicht mehr und nicht weniger.
http://www.averyhillarts.com/rrh_pc.html
Ich empfehle die oben verlinkten politisch korrekten Märchen. Aus Rotkäppchen: “Then, unhampered by rigid, traditionalist notions of what was masculine or feminine, he put on grandma’s nightclothes and crawled into bed.”
Interessante Debatte. Allerdings würde ich mir weniger BoD-Bücher wünschen, in denen dann die Hauptfigur geschlechtskonform ist (irgendwie erinnert mich das doch zu sehr an rosa/hellbau, Lilifee/Piraten, Pferde/Baumaschinen), sondern gute Bücher, in denen starke und schwache Jungen und Mädchen vorkommen. Ronja Räubertocher könnte in die Richtung gehen — aber eigentlich müsste es doch noch mehr davon geben. (Und, nebenbei bemerkt: zumindest DUPLO-Figuren sind ganz sicher geschlechtsneutral, müssen jedenfalls nicht per se männlich konnotiert werden. Einzige Seltsamkeit ist dann vielleicht das Überangebot an Kurzhaarigen).
Ähm,
Woran erkennt man denn weibliche oder männliche Legomännchen?
Die Unterschiede sind doch wenn dann diese:
* geschlechtsspezifische Kleidung
* Lange Haare vs. Standardlegomännchenkurzhaarschnitt
* Bart vs. rote Lippen
Insofern ist doch ein typisches Legomännchen in Arbeitskleidung, Mütze und mit Standardgesicht doch absolut geschlechtsneutral. Da deutet nichts explizit auf einen Mann hin.
Dass Lego-Cowboys und ‑Piraten einen Bart haben halte ich angesichts der Geschlechterverteilung in diesen Branchen nicht unbedingt für sexistisch.
Oder habe ich was missverstanden?
Davon abgesehen, dass dies definitiv eine der dümmsten Diskussionen ist, die ich jemals im Internet gefunden habe, frage ich mich: Was habt ihr gegen kurze Haare? Meine Frau hat kurze Haare, meine Mutter hat kurze Haare und mein bester Freund hat lange Haare. Verrückte Welt. Verrückte Welt.
Und wenn hier noch irgendjemand klassiche Literatur umdichten will, nur weil ihm das nicht in den Kram passt, das Tom Sawyer vielleicht ein Junge ist und Pippi Langstrumpf ein Mädchen oder, ach, ich komme hier nicht klar.
Ihr dürft mich jetzt beschimpfen. Ich halte das aus.
Markus Freise (#38), warum sollten wir Sie für einen der dümmsten Kommentare beschimpfen, den irgendjemand in dieser Diskussion gemacht hat? Wen interessiert hier Ihre Frau, Ihre Mutter oder Ihr „bester Freund“? Nein, für Sie ist es Strafe genug, dass Sie in Bielefeld wohnen müssen (ha, als ob es diese Stadt wirklich gäbe) und ab der nächsten Saison zugucken müssen werden, wie Ihr armseliger Lieblingsfussballverein auch aus der zweiten Bundesliga absteigt.
“Piloten, Ingenieure, Polizisten, Feuerwehrmänner, Bauarbeiter und Müllmänner”
Also irgendwo auch ein wenig wie in der echten Welt, nicht?
@ck (#40): Sind das Spielzeugfiguren, die es z.Z. nur in männlicher Form gibt? Falls wir irgendwann doch politisch korrektes Spielzeug bekommen, wird man auch die “Müllfrau” vermarkten dürfen? Oder wird man dann eh “Müllmännin” dazu sagen müssen? Oder hört political correctness bei weniger ehrbaren Berufen ohnehin auf? Oder fängt sie gerade dort an?
@A. Stefanowitsch (#39): Sind Sie da nicht ein bisschen überheblich? Warum sollte uns Leser dann Ihre Sorge kümmern, dass Ihre beiden Töchter ohne die Lego-Mädle und die zurechtgeschnippelte Kinderliteratur womöglich “nicht alles erreichen würden, was sie sich vornehmen”?
pamfil (#39), erstens: die Frisuren von Herrn Freises Frau, Mutter und Freund interessieren mich nicht, weil hier niemand über Frisuren redet. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass Herrn Freises Frau, Mutter und Freund nicht zu Tausenden in Spielwarengeschäften stehen und die Rollenbilder von Kindern beeinflussen. Wenn er diesen Unterschied nicht versteht, aber gleichzeitig die ganze Diskussion als „eine der dümmsten Diskussionen“ bezeichnet, die er „im Internet je gesehen“ hat, dann hat er es verdient, mit Überheblichkeit behandelt zu werden (und wenn nicht dafür, dann dafür, dass er Fan von Arminia Bielefeld ist). Zweitens: es braucht niemanden zu interessieren, was ich zu irgendetwas denke. Wer es nicht wissen will, für den gibt es eine einfache Lösung: Einfach nicht das Bremer Sprachblog lesen. Ich habe es hier schon oft gesagt: Man darf mich und die Kommentatoren hier nach Herzenslust kritisieren, man darf mich sogar an der Grenze zur Verleumdnung beleidigen — solange man etwas Substanzielles beiträgt, ist man hier willkommen. Wenn man aber nur kurz vorbeiguckt und heiße Luft ablässt, dann darf man nicht erwarten, hier mit Respekt behandelt zu werden.
Nun zu ck (#40). Ich muss mich bei Herrn Freise entschuldigen, sein Kommentar ist nicht der dümmste — Sie stecken ihn locker in die Tasche. Erstens, weil Sie glauben, dass die „echte Welt“ eine natürliche Ordnung darstellt, die nicht verändert werden kann. Sie hätten den Frauen, die Anfang des letzten Jahrhunderts das Wahlrecht gefordert haben, vermutlich darauf hingewiesen, dass Frauen in der „echten Welt“ nun einmal kein Wahlrecht haben. Zweitens, weil Sie sich nicht einmal die Mühe machen, Ihre stereotype Weltsicht anhand der „echten Welt“ zu überprüfen. In der „echten Welt“ waren 2002 2,5 Prozent der Lufthansa-Pilot/innen weiblich (Link), 2004 waren es schon 3,4 Prozent, bei British Airways und der Air France sogar 5 Prozent (Link), in der amerikanischen Luftfahrt waren es 2007 6,2 Prozent (Link), in der „echten Welt“ waren im Jahr 2000 5% der Mitarbeiter/innen der Abteilung Gehwegreinigung der Stadtreinigung Hamburg weiblich (Link), in der „echten Welt“ waren 2008 5% der Feuerwehrleute weiblich (Link), in der „echten Welt“ waren 2005 zehn Prozent der deutschen Polizeibeamt/innen (Link) und 10% der Ingenieur/innen (Link) weiblich.
Markus Freinse schrieb:
Oh, Sie müssen neu im Internet sein. 😉
@Anatol Stefanowitsch (#42)
Mir erschließt sich nicht, was an dem Beitrag von ck denn so dumm sein soll. Wenn man sagt, daß die Welt überwiegend so ist, wie die Welt überwiegend ist, so ist das zwar eine Tautologie, aber deshalb noch keine Dummheit.
Aus dieser Tautologie folgt jedenfalls nicht, daß man die Welt, so wie sie ist, für eine “natürliche Ordnung, die nicht verändert werden kann”, hält. Ob man eine Änderung der bestehenden Welt für wünschenswert hält oder nicht, ist eine ganz andere Frage.
Richtig ist allerdings, daß das, was ck den Suffragetten gesagt hätte, wenn er damals gelebt hätte, reine Vermutung, wenn nicht Unterstellung, ist. Der Vergleich hinkt ohnehin ganz gewaltig. Mir sind jedenfalls keine Massenversammlungen von Frauen bekannt, bei denen sie für das Recht demonstriert hätten, nun endlich Müllfrauen sein zu dürfen.
Die sachliche Frage, die sich hinter der fraglichen Tautologie versteckt, ist doch die, ob es die Aufgabe von Lego ist, die Welt anders darzustellen, als sie ist. Eine weitere Frage ist, ob Kinderbücher den Kindern eine Welt vorgaukeln sollen, die so nicht existiert.
Niemand ist natürlich gezwungen, seiner Tochter Legomännchen zu kaufen. Aber wenn man sich vornimmt, seiner Tochter Legomännchen zu kaufen, warum sich beklagen, wenn man fast nur (mutmaßliche) Männchen findet? Auch sollte man die kindliche Phantasie nicht unterschätzen. Solange die primären Geschlechtsmerkmale der Legofiguren nicht gerade deutlich ausgeprägt sind, kann sich jedes Kind darunter vorstellen, was es will.
“Die sachliche Frage, die sich hinter der fraglichen Tautologie versteckt, ist doch die, ob es die Aufgabe von Lego ist, die Welt anders darzustellen, als sie ist. Eine weitere Frage ist, ob Kinderbücher den Kindern eine Welt vorgaukeln sollen, die so nicht existiert.”
Ja aber ganz gewiss doch, wäre meine Antwort. Nicht in dem Sinne, dass eine perfekte Kitschwelt gezeigt wird vielleicht, aber wenn eine fifty-fifty-Verteilung von Legomännchen/weibchen bei Berufen wie Polizist/Ingenieur/CEO/Wissenschaftler existierte, würde das möglicherweise dazu beitragen, dass zumindest ein paar Kinder völlig selbstverständlich davon ausgehen, dass das auch im echten Leben so ist.
Und das wiederum könnte vielleicht dazu führen, dass es denn auch ein bisschen mehr so wird. Hoffentlich.
Ansonsten: Wenn Lego echtes Leben abbilden sollte, müsste es ja auch z.B. Lego-Neonazis geben, die Lego-Mitbürger erschlagen. . Würde ich meinem Kind wahrscheinlich nicht zukommen lassen.
Leicht off-topic dazu:
http://www.dailymail.co.uk/news/article-1091862/War-games-The-al-Qaeda-Nazi-Lego-men-glorify-terrorism.html
Der Nörgler, wie immer zu spät zur Party und wie immer schwer von Begriff. Ich erkläre es nochmal:
- In der echten Welt gibt es Ingenieurinnen, bei Lego nicht,
- In der echten Welt gibt es Polizistinnen, bei Lego nicht,
- in der echten Welt gibt es Pilotinnen, bei Lego nicht,
- in der echten Welt gibt es Feuerwehrfrauen, bei Lego nicht,
- in der echten Welt gibt es Müllarbeiterinnen, bei Lego nicht.
Wie sie sagen, die Frage ist, „ob es die Aufgabe von Lego ist, die Welt anders darzustellen, als sie ist“.
Dass er Legomännchen kaufen wollte und sich dann gewundert hat, dass das tatsächlich Männchen sind, ist ein Sprachspiel. Dass das zu hoch für unseren Nörglerdeppen ist, wundert mich nicht…
Die primären Geschlechtsmerkmale werden nicht gezeigt, aber die sekundären sprechen eine klare Sprache: die Mehrzahl der Männerfiguren hat Bärte (aber keine der Frauenfiguren hat Brüste). Dass man den Sexismus durch Austauschen der Köpfe reduzieren kann, darauf wird im Beitrag extra hingewiesen.
Zu den Büchern: der Blogmeister hat hier konkrete Beispiele genannt. Die störenden Passagen haben keinen literarischen Wert, den ich erkennen kann, so dass ich es nicht undenkbar finde, sie einfach einmal zu modernisieren. Enid Blytons Bücher sind übrigens mehrfach modernisiert worden (Rassismus und Sexismus wurden abgemildert), ohne dass sich irgendjemand daran gestört hätte. Ich teile die extreme Abneigung gegen Pippi Langstrumpf nicht, die hier Befürworter und Gegner einer sprachlichen Modernisierung zu haben scheinen, aber solche Passagen sind schon grenzwertig: “Aus irgendeinem unbegreiflichen Grund bildeten sie [die Taka-Tuka-Kinder] sich ein, dass weiße Haut viel feiner sei als schwarze, und deshalb waren sie voller Ehrfurcht” (Seite 103), “Sie [die Taka-Tuka-Kinder] saßen schon voller Spannung unter den Kokospalmen und warteten darauf, dass die weißen Kinder herauskommen und mit ihnen spielen würden. Sie redeten taka-tukanisch mit großer Fertigkeit und lachten, dass die weißen Zähne in ihren schwarzen Gesichtern blitzten.” (Seite 107) (allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass die Kinder als „Negerkinder“ bezeichnet werden).
Meine Frau ist Kindergärtnerin (oder hässlich: Erzieherin), die mir nicht nur immer die schönsten Geschichten aus ihrer Arbeitswelt erzählt, sondern auch Vieles über das Thema.
In Ihrem Kindergarten (oder hässlich: Kindertagesstätte) arbeiten ausschließlich Frauen. Nicht nur deshalb, sondern auch aus pädagogischen Gründen, sind grundsätzlich “Waffen” verboten. Kein Knabe darf, noch nicht einmal zu Fasching, zum Beispiel eine Spielzeugpistole mitbringen. Und was machen nun die Jungs? — Sie suchen sich ein geeignetes Stöckchen oder nehmen Daumen und Zeigefinger und machen “Peng-Peng!” Trotz aller erzieherischen Bemühungen ist kein Junge willens und in der Lage, sich längere oder immerhin einige Zeit mit Puppen zu beschäftigen. Die kleinen Mädchen hingegen können gar nicht genug davon kriegen, die Püppchen zu kleiden, zu betten und imaginär zu füttern.
Dafür fehlt ihnen augenscheinlich jedes Verständnis für Dinosaurierfiguren, die sind ihnen zu hässlich und brauchen auch keine Kleidchen.
Dass die Jungs nur im Sitzen pinkeln dürfen, versteht sich beinahe von selbst, und Pinkelbecken gibt es selbstverständlich auch nicht.
Überspitzt formuliert, soll den Knaben das Mannesleben ausgetrieben werden, bevor es begonnen hat, was aber trotz weiblicher Oberhoheit nicht gelingen will. Die Mädchen zu verjungen, klappt auch nicht, allerdings sind die diesbezüglichen Versuche des Personals auch eher halbherzig.
Dass sich die Benachteiligungen der Jungen in der Grundschule zunächst fortsetzen, weil sie dort auch nur auf Frauen treffen, sei nur am Rande erwähnt. Irgendwie scheinen wir Männer heutzutage schon von Kindesbeinen an nur als unreife Vorserienprodukte betrachtet zu werden. Dabei sind wir nur, wie wir sind, genau so wie die Frauen auch.
Es wird hier und anderswo zu viel über Gleichberechtigung und politische Korrektheit geredet und zu wenig über natürliche, das heißt genetische Grundeinstellungen des Menschen gesprochen.
Gleichberechtigung bedeutet auch nicht Gleichmacherei, sondern Chancengleichheit.
Das heißt, grundsätzlich muss jeder Beruf jedem offen sein, mehr aber auch nicht. Dabei ist zu akzeptieren, dass die jungen Frauen nach wie vor sogenannte Frauen- und Männer sogenannte Männerberufe wählen. Da kann man herumerziehen wie man will, da kann man aus einem Kinderbuchhelden eine Kinderbuchheldin machen, das Mädchen will ums Verrecken nicht auf den Bau, sondern immer noch lieber Frisösin werden. Und dem normalen Jüngling geht es auch nicht anders. Der wird lieber Maurerer als Erzieher werden. Und das Recht dazu haben beide.
Der Mensch ist auch nur ein Tier. Anatol Stefanowitsch ist anscheinend dem weit verbreiteten Irrglauben unterlegen, man könne beim Menschen durch Erziehung fast alles bewirken. Dem ist aber nicht so, wir Menschen funktionieren mehr als wir glauben möchten nach unserem genetischen Programm. In uns wirken die zwei(?) Millionen Jahre Menschheits- und Stammesgeschichte und nicht die paar Jahrtausende Kultur und schon gar nicht Erziehungsversuche, die gegen das Programm laufen. Unser Verstand kann uns nur beim Theoretisieren helfen, ansonsten folgen wir planmäßig — fast wie Automaten — unseren Voreinstellungen.
Nörgler (#44), „Eine weitere Frage ist, ob Kinderbücher den Kindern eine Welt vorgaukeln sollen, die so nicht existiert.“ Ja, der Nörgler, tiefgründig und besorgt um andere, wie immer… Gut, versuchen wir, Ihre Frage zu beantworten und nehmen wir dazu „Pippi in Taka-Tuka-Land“. Da Sie das Buch nicht zu kennen scheinen: es handelt von einem neunjährigen Mädchen, das ohne Eltern aber dafür mit einem Pferd, einem Affen und einem Koffer voll Gold in einer Villa wohnt. Sie ist so stark, dass sie ihr Pferd auf die Veranda heben und Haie im Wasser im Ringkampf bezwingen kann. Ihr Vater ist Kapitän eines Fischkutters, der eines Tages von einem Sturm ins Meer geblasen wurde aber so fett war, dass er nicht unterging. Er wurde auf einer Südseeinsel an Land gespült wird, wo ihn die Bewohner wegen seiner Körperfülle zum König und ein schwedisches Sauflied zu ihrer Nationalhymne machten. Nein, bei soviel Realismus wäre es natürlich unerträglich, wenn die Bewohner dieser Südseeinsel nicht als „Neger“ bezeichnet würden — die Kinder würden da ja ein völlig verzerrtes Bild unserer Welt bekommen.
@Anatol Stefanowitsch (#48)
Zu Pippi Langstrumpf und zu Negern habe ich mich eigentlich nicht geäußert, aber wo Sie mich nun einmal darauf ansprechen:
Pippi Langstrumpf habe ich tatsächlich nie gelesen. Warum, weiß ich nicht mehr. Vielleicht habe ich gedacht, das sei nur was für Mädchen. TKKG habe ich auch nicht gelesen (gab es vielleicht noch nicht). Eine Zeitlang haben meine Töchter TKKG ganz gern gemocht. Ich gestehe, daß ich meine Elternpflichten sträflich vernachlässigt habe und mir nie angeschaut habe, was die Töchter da lasen. Wahrscheinlich habe ich mir gedacht, daß sie sowieso bald rauswachsen würden. Dauerhafte Schäden scheinen sie jedenfalls nicht davongetragen zu haben.
Ich meine nicht, daß Kinder unbedingt keimfrei erzogen und möglichst frühzeitig in die Feinheiten und Absurditäten der politischen Korrektheit eingeweiht werden müßten Das kriegen sie schon rechtzeitig selber mit. Auch den Realtitätssinn von Kindern sollte man nicht unterschätzen. Kinder bewegen sich gerne in Phantasiewelten (manche Erwachsene dem Vernehmen nach auch), lernen aber doch früh genug, solche Phantasien von ihrer realen Umwelt zu unterscheiden.
Lieber Herr Johannes, Ihnen hat eine Frau wohl einmal ein großes Unrecht getan, Sie Armer. Es ist keine Verschwörung der Frauen, daß ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen meistens weiblich sind, der Beruf steht auch Männern offen (das ist die Chancengleichheit, die Sie fordern). In unserem Kindergarten dürften die Jungen meinethalben im Stehen pinkeln, wenn die um die Männlichkeit ihrer Sprößlinge besorgten Väter sich freiwillig zum Putzdienst melden würden, um das aufzuwischen, was dabei danebengeht. Und Pinkelbecken? Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, wie der Jahreshaushalt von Kindergärten aussieht? Machen Sie uns eine großzügige Spende, und wir lassen den Installateur kommen! Was Ihre überkommenen Rollenbilder und Ihren biologischen Determinismus angeht kann ich nur sagen, lassen wir die Mädchen doch gleich zu Hause, dort kann ihnen Mutti dann alles beibringen, was sie ihren zukünftigen Ehemännern an Dienstleistungen in Küche und Bett schuldig sind.
Liebe Frau Peters,
ich finde jetzt das im Stehen pinkeln auch nicht so wichtig und habe es folglich meinen Söhnen nicht beigebracht (es ist meine Frau. die es von ihnen einfordert, wenn sie eine andere Toilette als die daheim verwenden) und ja richtig, Männer können auch ErzieherIn oder GrundschullehrerIn werden, mein älterer Sohn hatte so ein Lehrer, der war sehr beliebt bei den Eltern. Fact bleibt aber, die Buben (auch durch die bestehenden Arbeitswirklichkeiten) wachsen in einer männerfreien Realität auf.
Ansonsten können Sie aggressiv auftreten, aber das Problem, dass die weiblichen Kräfte überwiegend ein Verhalten von den Buben einfordern, dass nicht deren Naturell entspricht, wird ja nicht nur von einigen Väter benannt, auch Mütter (von Söhnen) machen gelegentlich entsprechende Bemerkungen.
Statistisch gesehen, haben Buben ein Verhalten, welches man heutzutage kollektiv unter nicht politisch korrekt einsortieren kann, sie sind laut und wild, lösen Konflikte aggressiver, interessieren sich mehr für leblose Dingen (Auto statt Pferd) und spielen entsprechend.
Nun glaube ich zwar nicht, dass man den Machomist von früher braucht, aber eines haben mir meine beiden Söhne gezeigt, sie sind anders als die Mädchen des Nachbarn.
So ein wenig habe ich manchmal das Gefühl, dass das kindzugewandte Verhalten, welches die moderne Pädagogik gerne vorführt, nur dann gilt, wenn die Kinder sich den Prämissen der Pädagogen unterwerfen.
Und so ganz nebenbei, wenn man zum Beispiel die Diskussionen um die Elternzeit und dem Mitwirken von Väter an der Erziehung verfolgt, dann muss man feststellen, dass die “überkommenen Rollenbilder” auch in den Köpfen der Mütter/Frauen stecken — die müssen da dann nämlich etwas abgeben (und das fällt schwer, wenn man auf der anderen Seite nicht genug zurück bekommt).
Männer können nicht ErzieherIn werden.
Aber das kommt halt vom Sprachfeminismus.
Nee, lieber Unbeissender, nicht vom Sprachfeminismus. Das sollte Ironie sein, sollte es 🙂
Wenn dem so ist, war das natürlich ein Schuss ins eigene Knie^^
Ein später Kommentar, aber vielleicht wird er doch noch gelesen:
So sehr ich es schätze, dass Sie das überholte Frauenbild in vielen Kinderbüchern editieren, meinen Sie nicht, dass Ihre Töchter selbst in der Lage sind, sich ein entsprechendes Urteil zu bilden? Ich habe im Alter von 9/10 Jahren zwar Mädchenliteratur wie die Dolly-Bücher von Enid Blyton (und Nachahmerinnen) und auch sämtliche Trotzkopfbände gelesen, jedoch stießen mir das Verhalten und die gesellschaftliche Rolle der “Heldinnen” schon damals auf. Goldköpfchen und Pucki von Magda Trott habe ich daher auch nie zu Ende gelesen. Beide Reihen waren mir zu bizarr. Nicht einmal das ansonsten sehr starke Bedürfnis zu erfahren, wie es weitergeht, welches mich noch heute einiges an literarischer Grütze ausstehen lässt, konnte mich noch veranlassen, weitere Bände in die Hand zu nehmen. Also: Wenn man kleinen Mädchen im Alltag vermittelt, dass Frauen und Männer gleichwertig sind und gleiche Chancen haben, dann sind sie durchaus in der Lage, sich von gegenteiliger Lektüre nicht beeinflussen zu lassen.
Die schlauplappernde Sabine hat auf ihrem eigenen Blog einen Kommentar zu diesem Beitrag geschrieben! Obwohl sie Englischlehrerin ist, ist ihr Englisch leider nicht so besonders gut, deshalb habe ich ihren Beitrag für sie korrigiert. Leider wollte sie meine Korrektur auf ihrem Blog nicht veröffentlichen, deshalb soll sie hier für die Nachwelt bewahrt werden. Die Fehler sind durchgestrichen, meine Vorschläge unterstrichen und meine Anmerkungen in eckigen Klammern.
Weiß jemand, wieweit das eine selbsterfüllende Prophezeihung ist?
Ich habe schon mit Lego gespielt, ziemlich viel, aber auch (wenn auch etwas autistisch) mit sämtlichen vorhandenen Puppen.
i herd u liek mudkipz?
😀 😀 😀
Full of win.
Kann schon sein, aber dieses Programm ist bei weitem noch nicht verstanden. Da erlebt man jährlich Überraschungen!
Wieviele es sind, hängt von der Definition von “Mensch” ab.
Ja, schon, aber da zählen z. B. große amerikanische Zeitungen dazu, die ihren Journalisten vorschreiben, nur Ärzte als “Dr.” vorzustellen. Physician wird praktisch nicht verwendet, außer in physician, heal thyself.
@Frank Oswalt (#56)
Auf die Frage, wer hier “schlauplappert”, will ich jetzt nicht eingehen, aber was das Englisch von Sabine mit dem Thema dieses Diskussionsfadens zu tun hat, ist mir schleierhaft.
Ihr Elaborat zum Englisch von Sabine ist außerdem teils falsch, teils beckmesserisch.
Doctor ist die in England gängige Bezeichnung eines Arztes, die Bezeichnung physician ist hauptsächlich amerikanisch (s. Cambridge Advanced Learner’s Dictionary). Any more ist die englische, anymore die amerikanische Schreibung. Die Verwendung von believe wäre hier völlig unpassend. Es geht eben um die damalige Denkweise und nicht um einen Glauben.
Über das Wort rather kann man sicherlich streiten (ich hätte es hier nicht benutzt), aber auch dieses Wort scheint mir im Englischen wesentlich häufiger zu sein als im Amerikanischen. Überhaupt sollte man so zweideutige Ausdrücke wie rather und das von Ihnen verwandte quite (vergleichbar mit der Zwedeutigkeit von grundsätzlich im Deutschen) um der Klarheit willen besser ganz vermeiden.
Über suited oder suitable kann man vielleicht streiten. Mir erscheint suited in diesem Zusammenhang durchaus passend (im Sinne von für Frauen nicht geeignet).
Das the in all the offending material kann man zwar als überflüssig ansehen, “falsch” ist deshalb aber noch lange nicht.
Ihre sonstigen Kommentare sind nicht sprachlicher, sondern stilistischer Natur. Jedenfalls ist der bloße Hinweis auf Synonymität keine Definition (die Definition ergibt sich ja aus dem vorangehenden Text; außerdem stecken die Definitionen zusätzlich in den unterlegten Verknüpfungen mit einem Wörterbuch). Die simple Nominalgruppe all (the) offending material erscheint mir auch nicht “quite” so lang, und out of the plays ist kein Partikel.
In England ist in der Tat doctor sehr gebräuchlich. Und warum rather an der Stelle typisch deutsch sein soll, erschließt sich mir auch nicht.
Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich am liebsten Kinder haben und Hausfrau sein wollte. Tatsächlich hat mich das richtig glücklich gemacht,obwohl mein IQ nicht unter dem Durchschnitt liegt. Und nachdem ich damit fertig war, wollte ich Behinderte pflegen, und ich hab immer das blöde Gefühl, das hängt damit zusammen, dass ich eine Frau bin. Meine Tochter ist Chemikerin und ihr Freund findet, eine Frau soll sich entfalten und auch arbeiten, und deshalb ist sie brav emanzipiert, obwohl sie am allerliebsten Kinder hätte und zuhause bleiben würde. Man tut halt, was von einem erwartet wird, denn man kann als Frau heute alles erreichen,was man will, falls es das ist, was man soll; man kann sogar mit viel Übung und Indoktrination den Kontakt zu seinen natürlichen Gefühlen verlieren. Dazu muss natürlich auch die Sprache und die Literatur und das Spielzeug bereinigt werden; nicht dass Mädchen sich am Ende für eine antiquierte Weltsicht entscheiden, weil sie schon mal davon gehört haben, dass es angeblich Gender-Unterschiede geben soll.…
Janne (#60), ich darf kurz zusammenfassen: Sie haben Ihre Tochter zu einer devot-gefügigen Ehefrau erzogen, die zu eigenständigen Entscheidungen nicht in der Lage ist und sich deshalb klaglos den emanzipatorischen Forderungen ihres Ehemannes unterwerfen muss. Aber irgendwie ist das nicht Ihre Schuld, sondern die der bösen Gesellschaft, die einfach nicht einsehen will, dass Frauen naturgemäß an den Herd gehören. Dass Sie nicht verstehen, worum es mir bei der Erziehung meiner Töchter geht, überrascht mich nicht.
Anatol Stefanowitsch (#60), ich darf kurz anders zusammenfassen: Wie Janne Ihre Tochter erzogen hat, wissen weder Sie noch ich. Jannes Tochter ist keine Ehefrau, ob devot-gefügig oder nicht. Sie hat vielmehr einen Freund, der offenbar möchte, daß sie arbeitet. Dabei hätte Sie am allerliebsten Kinder und würde lieber zuhause bleiben, um sich den erhofften Kindern widmen zu können.
Soweit die Tatsachen, soweit sie sich aus dem Beitrag von Janne einigermaßen erschließen lassen.
Jetzt zur Spekulation: Der Freund von Jannes Tochter ist vielleicht ein sehr progressiv-emanzipatorischen Mann, der nichts lieber möchte, als daß seine Frau eine glorreiche Karriere macht. Ob er so weit gehen würde, dem seine eigene Karriere unterzuordnen und sich lieber um Kinder zu kümmern und Windeln zu waschen, wissen wir nicht.
Vielleicht will er sich aber nur nicht durch Ehe und Kinder binden und möchte, daß seine Frau weiterarbeitet, um nicht eines Tages in die Verlegenheit zu geraten, Alimente zahlen zu müssen. Krude ausgedrückt: Vielleicht will er nur seine geschlechtlichen Bedürfnisse befriedigen, ohne irgendwelche Verpflichtungen einzugehen.
Wie dem auch sei, so kann man der Tochter von Janne eigentlich nur empfehlen, sich einen anderen, ehe- und kinderwilligeren Freund zu suchen. Im wirklichen Leben ist das aber oft leichter gesagt als getan.
Ich denke, daß Janne genausogut wie ich versteht, worum es Ihnen bei der Erziehung Ihrer Töchter geht. Sie möchten Sie vor den verderblichen Einflüssen von Legomännchen und von Pippi Langstrumpf und überhaupt einer “bösen Gesellschaft”, in der nach wie vor unterdrückerische Vorstellungen über die Rolle der Frau bestehen, schützen. Viel Glück dabei! Ihr kindlicher Glaube an die die Macht elterlicher Erziehung ist wirklich rührend. Hoffentlich erleben Sie keine unangenehmen Überraschungen.
@Nörgler: Wiewohl ich darüber normalerweise nicht nörgle, bitte ich, mehr Sorgfalt auf die Groß-/Kleinschreibung der Personalpronomina zu verwenden. Beim Lesen des Beitrags juckt es mir derart in den Augen, dass mir sein Inhalt verschlossen bleibt. Und von dem ganzen Hinterherdenken, wessen Töchter du nun vermutlich meinst, wird mir janz plümerant.
@Wolfgang Hömig-Groß: Sorry, tut mir aufrichtig leid.