Die Neue Westfälische hat das Wort Back-Factory entdeckt:
Noch verrückter, wenn Deutsch und Englisch vermischt werden zu Denglisch. So hat der Mann lange Zeit an einer großen Bäckerei in einem Nachbarort den Namen Backfactory gelesen. Im Laden hat er nach der „Rückenfabrik“ gefragt. Kopfschütteln war das Ergebnis.
Kopfschütteln auch von mir, darüber, dass die Neue Westfälische jemanden bezahlt, um diese olle Kamelle der Sprachnörgler zum dreihundertsten Mal zu verwursten.
Die Wiener Zeitung berichtet über die Schulpsychologin Mathilde Zeman, die die abstruse Behauptung vertritt, dass Jugendliche, die viel chatten, aufgrund der in Chats üblichen orthografischen Konventionen eine Rechtschreibschwäche entwickeln könnten. Außerdem mag sie keine „Anglizismen“:
„Die Verschiebung des Wortschatzes in Anglizismen geht sogar soweit, dass Duden und österreichisches Wörterbuch um englische Ausdrücke der Computersprache erweitert worden sind“, sagt sie und schlägt die Worte „einloggen“ und „downloaden“ nach.
Ja, es ist eine Tragödie, dass durch diese neumodischen Lehnwörter die althergebrachten Wörter verdrängt worden sind, die uns seit den Zeiten des Althochdeutschen so treu gedient haben. Vor allem, weil diese Wörter doch traditionelle, urdeutsche Gebräuche bezeichnen.
Die Thüringische Landeszeitung rezensiert einen Auftritt des Kabarettisten Bernd-Lutzt Lange. Der ist nebenbei auch Sprachnörgler:
Schmerzlich für ihn ist, das der sächsische Dialekt immer weniger gesprochen wird — selbst in Leipzig. „Denglisch“ macht ihn rasend. „Denken Sie, es gibt in London einen Flower-Shop der Blumenladen heißt?!“
In London vielleicht nicht, aber in New Glarus, Wisconsin schon. Man sollte die Besitzerin unbedingt darauf hinweisen, dass sie hier die englische Sprache zerstört!
Dabei können Anglizismen wirklich unfreiwillig komisch sein, wenn man sich die Mühe macht, etwas Abseits von den ewig gleichen Beispielen zu suchen. Die Augsburger Allgemeine fasst die gestrige Folge von „Germany’s Next Top Model“ zusammen:
Zunächst mussten sich alle Models clean machen, will heißen: abschminken. Dann ging es munter in Denglisch weiter. Starfotograf Maik Azzato im Dialog mit Maria: „Ich will, dass du beim Laufen smilst!“ „Ich bin nicht so der Smiletyp.“ „Magst du Smilefotos?“ „Nein.“ Später erklärte sie der nervösen Sarina die Aufgabe: „Einmal großes Smile und dann so ein bisschen lächlen.“ Dann stellte der Fotograf bei ihr noch einen verdrehten Rücken fest und Klum folgendes: „Farbige sind nicht so kommerziell wie Weiße.“
Die Komik liegt allerdings weniger in den Lehnwörtern selbst…
Immerhin eines haben die Sprachnörgler bewiesen: Auch wer, mehr oder weniger, auf Anglizismen und Co. verzichtet, kann völligen Unsinn von sich geben. Daraus folgt meine steile Behauptung, dass halbwegs traditionelles Deutsch nicht vor Faulheit und geistigem Quark schützt.
Kürzer: Dummheit ist epidemisch — unabhängig vom Ausdruck.
Irgendwie find ich flower-shop aber auch Scheiße ._.
Das zerstört die Sprache natürlich nicht, aber eine Meinung zu haben, bedeutet ja nicht unbedingt sie begründen zu müssen. Sprache hat für den normalen Bürger ja auch mehr mit Gefühl zu tun als mit Semantik und Phonetik und was ein Sprachwissenschaftler nicht alles noch macht.
Nur so als kleiner Zwischengedanke.
was ich ehrlich gesagt ziemlich schlecht finde… Aber das ist meine Meinung.
Über Leute, die sich solche Wortmißbildungen wie Back-Factory oder Back-Shop ausdenken, kann man ja nicht häufig genug spotten — von mir aus auch mehr als dreihundertmal. Leider scheinen dies dreihundert aber doch stark übertrieben. Geht an man ans Ende der Google-Trefferliste, verwandeln sich die angeblich 337 Fundstellen auf wundersame Weise plötzlich in nur noch 63, wobei Google versucht hat, Mehrfachnennungen auszusondern. Selbst in den 63 scheinen mir aber immer noch Mehrfachzählungen oder nicht einschlägige Fundstellen zu stecken.
Dabei ist die Zahl 63 aber eigentlich erstaunlich niedrig, da es sich um ein sog. “Franchising” handelt und es allein in NRW etwa 20 Back-Factories (oder Back-Factorys?) gibt.
Der Erfinder dieses Namens wollte, wie er sagt, ursprünglich den Namen “Backfabrik” verwenden; das Patentamt habe diesen Namen — weil “zu allgemein gehalten” — aber nicht schützen wollen. Also ein behördlich verordneter Anglizismus? Das wäre ja noch schöner! Mit ein wenig Nachdenken wäre einem aber vielleicht auch ein besserer Anglizismus eingefallen, vielleicht sogar — horribile dictu — ein deutscher Name?
Die Übersetzung “Rückenfabrik” ist zwar nicht falsch, aber m.E. nicht sehr naheliegend. Wegen der Analogie zu back room würde ich eher an ein Hinterzimmer denken, in dem etwa Rauschgift hergestellt wird. Bei Back-Shop denke ich an ein Hinterzimmer eines Zeitungsladens, wo die Schmuddelware angeboten wird.
Der Flower-Shop ist ja nicht gar so absurd, wenigstens ordentliches Englisch, aber in Deutschland doch völlig überflüssig.
Der “Blumenladen” in den USA gehört übrigens einer Frau Brenda Siegenthaler und liegt in der Gemeinde New Glarus, Wisconsin, die von eingewanderten Schweizern aus dem Kanton Glarus gegründet wurde. Die Ortschaft bezeichnet sich selbst als “Little Switzerland” und ist sehr bemüht, ihre schweizerischen Traditionen zu bewahren. Dort gibt es auch ein “Hotel & Landhaus”.
Falls ein Herr Bill Smith in einer von US-Einwanderern gegründeten deutschen Gemeinde Neu-Wisconsin einen Flower-Shop eröffnen sollte, dann ließe ich mir das gerne gefallen.
Nörgler, verstehe ich das richtig, wenn Unternehmen in Deutschland bei der Entwicklung von Namen [übrigens ein ganz wichtiges Charakteristikum in diesem Zusammenhang] kreativ und produktiv vorgehen, ist das doof. Wenn in den USA oder England am toitschen Wesen … ‘tschuldigung, da geht das immer mit mir durch … also, wenn in den USA oder Großbritannien deutsche Wörter benutzt werden, ist das i.O.? Zumindest, wenn mehr oder weniger deutschsprachstämmige Bürger “ihre” Kultur erhalten wollen?
Ich muss bei Back-Shop auch immer an ein Hinterzimmer eines Zeitungsladens denken, in dem illegale Machenschaften stattfinden, v.a. wenn draußen große Werbetafeln für Brötchen und Brot angebracht sind… Das ist doch echt albern.
Dierk, ich glaube, Du musst mal einen Schritt zurücktreten und tief Luft holen. Es ging Nörgler nicht ums deutsche, sondern um Schweizer Wesen – und eigentlich darum, dass beim USA-Beispiel sogar sinnvolle Namen („Blumenladen“ – nicht etwa: ‘Flower-Fabrik’ oder ‘Blumen Plant’ [was wenigstens sprachverspielt wäre]) verwendet werden, während in Deutschland nur „kreative“ (Deine Ansprüche sind beachtlich!) Namen vorkommen, die insofern schlecht konstruiert sind, als – wenn sie etwas bedeuten – es Unfug ist. Erinnert an die alte Geschichte vom Mitsubishi Pajero und andere „kreative Unfälle, oder?
Stiehlt da jemand meine ID absichtlich?
Tatsächlich habe ich Nörgler nicht verstanden und möchte wissen, was eigentlich seine Zielrichtung ist.
ups, pardon
Nun ja, der Disput über wieviel Anglizismen es in einer Sprache geben darf, ist fast schon selbst ein Hype geworden.
Darf ich mal (sozus. zur Entspannung) auf drei witzige commercials – äh, TV-Werbung-Spots – verweisen, die ein rumänischer Spartensender (etwa Bloomberg ähnlich) mal produzierte? Der eine Werbespot wurde natürlich nie gesendet, dafür haben Feministinnen schon gesorgt.
In allen geht es um zwei sogen. corporates, die im Café bzw. in der Kneipe oder im Taxi mit englischen Begriffen aus dem Business-Slang um sich schmeißen, während normales Proleten-Volk sie für Ausländer hält, die es natürlich zu prellen gilt.
Hier erstmal die Links mit html-tags, ob die hier angezeigt werden, werden wir gleich sehen, wenn nicht, mit copy- paste – pardon, Kopieren-Ausschneiden angucken. (Eine preview, meinetwegen Vorschau, könnten man schon einbauen lassen.)
Da die Leser dieses Blogs vermutlich kein Rumänisch verstehen, – geschweige denn halbwegs rumänisierte Wörter aus dem Englischen – nun ein paar Erklärungen zu den Spots:
In der Reklame Nr. 1 fragt eine Prostituierte die andere (beide beobachten die „geschniegelten“ Herren mittleren Alters), was denn „Feedback“ hieße. „Es von hinten treiben, du Kuh!“, antwortet die andere, worauf die erste sofort auf Anmache geht, indem sie den beiden verblüfften Männern gleich „Feedback is 50 (€)“ unter die Nase reibt.
In der 2. Reklame hält der Kellner die beiden ebenfalls für Ausländer und beginnt gleich schlechtes Englisch zu zwitschern, in dem er die rumänische Variante der Cevapcici (rum. mici od. mititei) als „Smalls“ übersetzt und feil hält (was die beiden Wörter im Rumänischen tatsächlich auch heißen können).
Im Werbespot Numero 3 ist der Taxi-Fahrer besonders fies: Bevor er nämlich „First time in Romania?“ raunt, switcht er schnell am helllichten Tage auf Nachttarif um…
Man sage und schreibe – mit Zohan – „is good, my friend“.
Mist, die Links werden nicht mal angezeigt, einfaches html dürfte aber funktionieren, also nochmal:
1.Spot: Café mit “Feedback”
2.Spot: “Restaurant”
3.Spot: Taxi “First time Romania”
Sorry für die “Überschwemmung”.
Vielleicht verstehen wir alle die Genialität der Backfabrik nicht. Denn lese ich den Pressespiegel auf der Firmenseite (der wiederum ein “Medienmagazin” der Deutschen Evangelischen Allianz zitiert) richtig, dann ist die Doppeldeutigkeit zumindest gewollt. Oder dem Unternehmen ist jeder Stuss recht, um unter “Pressespiegel” etwas aufführen zu können.
Pressespiegel: http://tinyurl.com/backfabrik
Originalartikel: http://tinyurl.com/deallianz
Ganz groß ist momentan die im Fußball neu eingeführte “Europa League”. Mich stören Anglizismens grundsätzlich herzlich wenig, aber zumindest entscheiden könnte man sich doch. “Europaliga” tut doch nicht weh. Und wenn’s nunmal nicht deutsch geht, ja dann in Herrgottsnamens doch bitte Europe League, aber nicht so ein Verquirlen.
Für einige Begriffe wie “briefen” beispielsweise, ist es schon schwer eine deutsche übersetzung zu finden, ich persönlich ziehe dann doch eine deutsche umschreibung vor, wie kurze absprache … aber es gibt viele menschen, die so etwas sammeln und sich damit echt “uptodate” / modern vorkommen.
Werbung ist Werbung und wenn wir über ihre Blödheit anhand von konkreten Namen und Marken und Claims sprechen, dann hat die Werbung schon gewonnen.
Der Sprache ist das allerdings völlig egal. Selbst ein morphologisch regelwidriges Wort wie “unkaputtbar” (immerhin kein Anglizismus) kann zu einem relativ etablierten Teil der Sprache werden — und die Sprache selber zeigt sich demgegenüber unkaputtbar.
Auf Menschen und die von ihnen kommunizierend ausgesendeten Signale bezogen, müsste eine aufgeklärte Ansicht doch wohl so lauten:
Wer (pseudo)-englische Wörter ohne Sinn und Verstand und Differenzierungsvermögen benutzt, ist ein Idiot. Ich persönlich appreciate so etwas jedenfalls nicht. Wer allerdings alle Anglizismen durch urdeutsche Wörter ersetzen will, ist auch ein Idiot. Ich bleibe beim Keks, Plätzchen passt halt nicht immer. Und dazwischen, da ist sehr viel Raum für persönliche Ansichten, Geschmacksfragen und mehr oder weniger erhellende Diskussion. Nur: Sprachwissenschaftler haben da (jenseits der Polemik…) wenig zu suchen, finde ich.
Ich jedenfalls habe hier die endgültige Antwort auf die leidige Anglizismendiskussion gefunden:
“Einmal ein großes Smile und dann ein bisschen Lächeln!”
Übrigens noch viel schlimmer, in Norddeutschland gibt es eine Bäckereikette die sich “Dat Backhus” nennt, das vielleich kein denglisch aber immerhin plattdeutsch, das versteht doch kein Rheinländer (von Westfalen wollen wir an dieser Stelle schweigen, denn die können teilweise Platt.)
Das ist ganz, ganz böse von der Bäckerei, die doch tatsächlich wagt sich über den Namen von anderen Bäckerei zu unterscheiden. Aber Verständlichkeit im Bundesgebiet muss vorrang haben! Ich bin an dieser Stelle für die Einrichtung einer Verständlichkeitskommissionen, Menschen dürfen nur noch Wörter benutzen die von allen Deutschen ohne ein Wörterbuch verstanden werden können.
@Matthias: Seit wann sind “Europa” und “Liga” deutsche Wörter? Übrigens hat man auch den UEFA Cup oft UEFA-Pokal genannt.
Auf Kölsch hieße es doch haargenauso, nur dass die ’normierte’ Schreibweise huus wäre.