Closed Minds on Open Access

Von Anatol Stefanowitsch

Bernd „Krim­i­leser“ Kochanows­ki hat mich per Email auf eine Ini­tia­tive des Hei­del­berg­er Lit­er­atur­wis­senschaftlers Roland Reuß hingewiesen, die so dumm (oder so hin­ter­hältig) ist, dass „Pro Reli“ dage­gen fast schon vernün­ftig etwas weniger dumm und hin­ter­hältig wirkt.

Reuß mag ganz offen­sichtlich den freien Aus­tausch von Ideen nicht, der das Herzblut des kul­turellen und wis­senschaftlichen Diskurs­es ist. Für ihn muss alle Lit­er­atur und alles Wis­sen unter der Kon­trolle kom­merzieller Ver­lage ste­hen, und diese Ver­lage sollen dafür sor­gen, dass der Zugang zu den von ihnen kon­trol­lierten Inhal­ten so schwierig wie möglich ist.

Anders kann man sich seinen wirren Hei­del­berg­er Appell nicht erk­lären, in dem er gle­ichzeit­ig gegen Google Books und gegen die Open-Access-Ini­tia­tive der Allianz der Wis­senschaft­sor­gan­i­sa­tio­nen agi­tiert und für die er eine beein­druck­ende Liste an Unterze­ich­n­ern zusam­men­bekom­men hat, zu denen Schw­ergewichte wie Michael Nau­mann (dem ich hier­mit meine Unter­stützung für seinen näch­sten Wahlkampf wieder entziehe) und Daniel Kehlmann (den ich sowieso für über­be­w­ertet halte) gehören.

Wer einen sys­tem­a­tis­chen Überblick über die Peti­tion und ihre Hin­ter­gründe haben möchte, dem sei Matthias Spielkamps Artikel Open Excess: Der Hei­del­berg­er Appell emp­fohlen. Ich will hier nur die zwei Kern­punk­te des Appells zusam­men­fassen und eine erste Mei­n­ung dazu formulieren.

Der Apell stimmt die Leser ein, in dem er fol­gende Behaup­tung aufstellt:

Das ver­fas­sungsmäßig ver­bürgte Grun­drecht von Urhe­bern auf freie und selb­st­bes­timmte Pub­lika­tion ist derzeit mas­siv­en Angrif­f­en aus­ge­set­zt und nach­haltig bedroht.

Und diese dun­kle Bedro­hung kommt aus zwei Richtungen:

Inter­na­tion­al wird durch die nach deutschem Recht ille­gale Veröf­fentlichung urhe­ber­rechtlich geschützter Werke geistiges Eigen­tum auf Plat­tfor­men wie Google­Books und YouTube seinen Pro­duzen­ten in ungeah­n­tem Umfang und ohne strafrechtliche Kon­se­quen­zen entwendet.

Davon abge­se­hen, dass der Appell hier Urhe­ber­recht und Nutzungsrechte ver­mis­cht frage ich mich, wie der Ver­fass­er darauf kommt, dass Google Books und YouTube sich nicht mit strafrechtlichen Kon­se­quen­zen herum­schla­gen müssen. Ich erin­nere das anders.

Wie wir gle­ich sehen wer­den, geht es in dem Appell eigentlich nicht um Google, aber trotz­dem ein paar Worte dazu: Mir ist es abso­lut schleier­haft, warum Buch- und Zeitschriften­ver­lage nicht kapieren, dass Google ihnen mit Dien­sten wie Google Books (und auch Google News, aber das ist ein anderes The­ma) einen Gefall­en tut. Hier ist eine Fir­ma, die es Lesern möglich macht, in Büch­ern nach Stich­wörtern zu suchen. Ich kann nicht ein­mal schätzen, wieviel Geld Ver­lage allein an mir ver­di­ent haben, weil ich Büch­er gekauft habe, die ich über Google Books gefun­den habe. Büch­er, von denen ich andern­falls schlicht nicht gewusst hätte, dass sie etwas für mich Inter­es­santes enthal­ten. Damit diese Suche möglich ist, investiert Google viel Geld und viel Zeit in das Dig­i­tal­isieren von Bib­lio­theken und in Ver­hand­lun­gen mit einzel­nen Ver­la­gen. Und was investieren die Ver­lage? Nichts! Im Gegen­teil: sie bekom­men Geld von Google.

Gut, ab und zu finde ich über Google Books auch Pas­sagen, die mir so, wie ich sie dort finde, aus­re­ichen. Die zitiere ich dann manch­mal in Fachauf­sätzen ohne das dazuge­hörige Buch zu kaufen. Aber ver­liert der Ver­lag dadurch Geld? Natür­lich nicht. Ich hätte das Buch son­st ja auch nicht gekauft. Besten­falls wäre ich in die Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek gefahren und hätte dort in das Buch hineinge­se­hen, aber ver­mut­lich hätte über­haupt nicht gewusst, dass darin etwas Inter­es­santes steht.

Die einzige legit­ime Kri­tik, die mir dann und wann (aber nicht im Hei­del­berg­er Appell) begeg­net, ist die, dass Google durch seine dom­i­nante Rolle zuviel Macht über den Wis­senss­chatz der Men­schheit erhält. Das mag sein. Aber kann man es Google wirk­lich vor­w­er­fen, dass sie die Einzi­gen sind, die ver­ste­hen, wie das World Wide Web funk­tion­iert? Was hin­dert die Ver­lage, ein Alter­na­ti­vange­bot zu schaffen?

Aber wie gesagt, es geht im Hei­del­berg­er Appell eigentlich gar nicht um Google. Google und YouTube wer­den nur erwäh­nt, um bei sim­plen Gemütern Angst auszulösen. Worum es eigentlich geht, das erfährt der Leser im drit­ten Absatz:

Gle­ichzeit­ig propagiert nation­al die »Allianz der deutschen Wis­senschaft­sor­gan­i­sa­tio­nen« (Mit­glieder: Wis­senschaft­srat, Deutsche Forschungs­ge­mein­schaft, Leib­niz-Gesellschaft, Max Planck-Insti­tute u. a.) weitre­ichende Ein­griffe in die Presse- und Pub­lika­tions­frei­heit, deren Fol­gen grundge­set­zwidrig wären.

Der Rest des Appells ist eine rel­a­tiv redun­dante und unstruk­turi­erte Aus­führung dieser ange­blichen Eingriffe.

Da vielle­icht nicht alle Sprach­blogleser wis­sen, was sich hin­ter dem Begriff „Open Access“ ver­birgt, eine kurze Erk­lärung, die ich hier aus dem exzel­len­ten Wikipedia-Ein­trag zum The­ma zitiere:

Als Open Access (englisch freier, kosten­los­er Zugang) wird der freie Zugang zu wis­senschaftlich­er Lit­er­atur und anderen Mate­ri­alien im Inter­net beze­ich­net. Ein wis­senschaftlich­es Doku­ment unter Open-Access-Bedin­gun­gen zu pub­lizieren bedeutet für jed­er­mann mit Inter­net-Zugang die Erlaub­nis, ein Doku­ment lesen, herun­ter­laden, spe­ich­ern, es ver­linken, druck­en und damit ent­gelt­frei nutzen zu kön­nen. Darüber hin­aus kön­nen über Freie Lizen­zen den Nutzern weit­ere Nutzungsrechte eingeräumt wer­den, die die freie Nach- und Weit­er­nutzung, Vervielfäl­ti­gung, Ver­bre­itung oder auch Verän­derung der Doku­mente ermöglichen kön­nen. [Wikipedia: Open Access]

Zwei Dinge sind hier also wichtig: Der Zugang zu Infor­ma­tio­nen ist kosten­los, und die Frage, welche Nutzungsrechte über den kosten­losen Zugang hin­aus existieren, ist völ­lig unab­hängig von der Frage des kosten­losen Zugangs selb­st. Vor allem aber bleibt das Urhe­ber­recht unberührt.

Nehmen wir das Bre­mer Sprach­blog. Es bietet Open Access: Sie kön­nen es lesen, herun­ter­laden, spe­ich­ern, druck­en und darauf ver­linken. Mein Urhe­ber­recht bleibt davon natür­lich völ­lig unberührt. Und auch alle Nutzungsrechte, die über die eben genan­nten hin­aus­ge­hen, liegen automa­tisch bei mir. Ohne meine Erlaub­nis dür­fen Sie die Texte wed­er auf ein­er eige­nen Web­seite, noch auf elek­tro­n­is­chen Spe­icher­me­di­en noch in gedruck­ter Form veröf­fentlichen (außer in Form von Zitat­en, natür­lich), Sie dür­fen die Texte nicht verän­dern, Sie dür­fen sie nicht ver­to­nen, Sie dür­fen sie wed­er ent­geltlich noch unent­geltlich an Dritte weit­ergeben, usw. Für jede dieser Ver­wen­dun­gen müssen Sie meine Erlaub­nis ein­holen. Solche Anfra­gen bekomme ich ab und zu, und lehne sie entwed­er ab (wenn jemand mit meinen Inhal­ten seine kom­merziell betriebene Web­seite füllen will) oder ich verkaufe meine Nutzungsrechte exk­lu­siv (wenn der Preis stimmt und die intellek­tuelle Umge­bung mich anspricht) oder ich gebe den betr­e­f­fend­en Text unter ein­er Cre­ative-Com­mons-Lizenz frei (wenn ich Lust dazu habe und die intellek­tuelle Umge­bung mich anspricht). Die Tat­sache, dass ich meine Texte im WWW frei zugänglich mache, hat für mich also kein­er­lei Nachteile. Alle prof­i­tieren: Ich kann mit meinen Tex­ten machen, was ich will und Sie kom­men in den kosten­losen Genuss mein­er Geistesblitze.

Alle prof­i­tieren? Nein, nicht unbe­d­ingt. Ver­lassen wir das Beispiel des Bre­mer Sprach­blogs und begeben uns in den Bere­ich der wis­senschaftlichen Lit­er­atur, um den es im Hei­del­berg­er Appell geht. Open Access hat einen großen Ver­lier­er: die Ver­lage. In den alten Zeit­en (also vor der weltweit­en Freiga­be des World Wide Web im April 1993) spiel­ten Wis­senschaftsver­lage eine unverzicht­bare Rolle für den Ideenaus­tausch in den Wis­senschaften. Nur sie hat­ten, im Zusam­men­spiel mit Staats- und Uni­ver­sitäts­bib­lio­thken das Know-How und die Ressourcen, um wis­senschaftliche Lit­er­atur effizient zu vervielfälti­gen und zu verteilen. Wenn ich als Wis­senschaftler meine Forschungsergeb­nisse anderen Forsch­ern zugänglich machen wollte, hat­te ich kaum eine andere Wahl als mich damit an einen Ver­lag zu wen­den. Und die Ver­lage haben ihre Auf­gabe auch her­vor­ra­gend wahrgenom­men. Sie haben mit den Wis­senschaftlern zusam­men Peer-Review-Ver­fahren ein­gerichtet, sie haben den Kon­takt zu Druck­ereien und Buch­bindereien über­nom­men, sie haben Kat­a­loge mit Neuer­schei­n­un­gen an Uni­ver­sitäten und Bib­lio­theken geschickt, sie waren auf Kon­gressen mit Buch­stän­den anwesend.

Und einige von ihnen haben sich durch ihr Monopol über den wis­senschaftlichen Ideenaus­tausch an Gewinnspan­nen gewöh­nt, die selb­st einem überzeugten Kap­i­tal­is­ten die Schames­röte ins Gesicht treiben wür­den. Denn die Wis­senschaftler hat­ten ja selb­st das größte Inter­esse an der Ver­bre­itung ihrer Ideen. Sie haben sich deshalb daran gewöh­nt, nicht nur die Inhalte kosten­los an die Ver­lage abzugeben, son­dern auch her­aus­ge­berische Tätigkeit­en, die Ein­wer­bung und Begutach­tung von Manuskripten und teil­weise sog­ar die Erstel­lung reprofähiger Druck­vor­la­gen ohne Bezahlung (oder für ein geringes sym­bol­is­ches Ent­gelt) zu übernehmen. Gle­ichzeit­ig haben sie dafür gesorgt, dass ihre Uni­ver­sitäts­bib­lio­theken die oft stark über­höht­en Preise für Büch­er und Fachzeitschriften bezahlten, denn sie woll­ten ja Zugang zur Forschungslit­er­atur ihres Fach­es haben.

Das Inter­net ändert alles, denn es bietet ein alter­na­tives Ver­trieb­smod­ell, das keine Druck­ereien, keine Kat­a­loge und keine Buch­stände mehr erfordert. Alles, was man für den Ver­trieb benötigt, ist ein Pro­gramm, das PDF-Dateien erzeugt und einen Serv­er, auf dem man diese ins Netz stellen kann. Die Aspek­te des wis­senschaftlichen Ideenaus­tauschs, die nach wie vor Notwendig sind, sind genau die, die die Ver­lage umson­st von den Wis­senschaftlern erledi­gen lassen: Qual­itätssicherung durch Peer-Review und die Erstel­lung von Druck­vor­la­gen (PDF-Dateien).

Die Open-Access-Ini­tia­tive der „Allianz der deutschen Wis­senschaft­sor­gan­i­sa­tio­nen“ set­zt bei diesen verän­derten Grundbe­din­gun­gen an: Da es die Möglichkeit gibt, den Ideenaus­tausch für einen Bruchteil der bish­eri­gen Kosten über das Inter­net abzuwick­eln, gibt es keine Recht­fer­ti­gung mehr dafür, Ver­lage einzuschal­ten. Denn, so die Über­legung, durch die Ver­lage zahlen die Uni­ver­sitäten ja zweimal für die Forschungsergeb­nisse: ein­mal, in dem sie die Forschung und die her­aus­ge­berischen Tätigkeit­en ihrer eige­nen Wis­senschaftler finanzieren, und ein zweites Mal, wenn sie die Ergeb­nisse dieser Forschung, die die Wis­senschaftler kosten­los an die Ver­lage abge­treten haben, von den Ver­la­gen zurück­kaufen. Das ist eine Ver­schwen­dung von Steuer­mit­teln, die bess­er in die Forschung investiert wären. Ein Vorschlag ist deshalb, dass Forschung, die durch öffentliche Gelder finanziert ist, in Zukun­ft verpflich­t­end im Open-Access-Ver­fahren veröf­fentlicht wer­den muss, um so der All­ge­mein­heit zur Ver­fü­gung zu stehen.

Ist das ein „weitreichende[r] Ein­griff[] in die Presse- und Pub­lika­tions­frei­heit“, wie der Hei­del­berg­er Appell sagt? Nein: Wer seine Forschungsergeb­nisse einem Ver­lag über­lassen will, kann das nach wie vor tun. Er darf dann nur keine öffentlichen Mit­tel für die Forschung ver­wen­den. Es geht im Hei­del­berg­er Appell nicht um Frei­heit, es geht um den Prof­it der Ver­lage. Die Liste der Unterze­ich­n­er macht das sehr deutlich.

Damit nicht der Ein­druck entste­ht, ich hätte grund­sät­zlich etwas gegen Wis­senschaftsver­lage: ich arbeite selb­st mit mehreren Ver­la­gen zusam­men und der über­wälti­gende Teil mein­er bish­eri­gen Forschung ist bei kom­merziell arbei­t­en­den Wis­senschaftsver­la­gen erschienen. Ich arbeite dort mit hochkom­pe­ten­ten Men­schen zusam­men, die per­sön­lich natür­lich eben­sowenig von Prof­it­gi­er getrieben sind, wie ich, son­dern denen es, wie mir, um die Sache geht. Ich schätze diese Men­schen und ich schätze auch die Ver­lage, für die sie arbeit­en. Denn Ver­lage haben natür­lich Kom­pe­ten­zen, die man als Wis­senschaftler oder Pri­vat­men­sch nicht hat. Ein Buch, zumal ein schön gebun­denes, ist angenehmer in den Hän­den zu hal­ten und über­dauert die Zeit wahrschein­lich bess­er als eine PDF-Datei.

Ver­lage kön­nen und soll­ten auch in Zukun­ft eine wichtige Rolle spie­len. Aber sie müssen sich den verän­derten Bedin­gun­gen anpassen statt in angs­the­is­chen­den Appellen von „Presse- und Pub­lika­tions­frei­heit“ zu schwafeln. Ich weiß, dass viele Ver­lage fieber­haft über neue Konzepte nach­denken. Dass ihnen meis­tens (noch) nichts Gutes ein­fällt, um ein Nebeneinan­der von Open-Access und tra­di­tionellem Ver­lagshandw­erk zu erre­ichen, liegt typ­is­cher­weise nicht an man­gel­dem gutem Willen son­dern daran, dass die dig­i­tale Rev­o­lu­tion sie völ­lig unvor­bere­it­et getrof­fen hat. Da ist eine Abwehrreak­tion wie die, die sich im Hei­del­berg­er Appell äußert, ver­ständlich aber unpro­duk­tiv. Ich wün­sche mir von den Ver­la­gen eine Besin­nung auf Kernkom­pe­ten­zen, (wo nötig) eine Anpas­sung von Gewin­ner­wartun­gen an ein real­is­tis­ches Niveau und vor allem Offen­heit im Denken. Ger­ade viele kleinere Ver­lage, die auch in der Ver­gan­gen­heit mit wesentlich beschei­deneren Gewin­nvorstel­lun­gen operieren mussten als die Branchen­riesen, zeigen hier ermuti­gende Zeichen.

Mein ehe­ma­liger Bre­mer Kol­lege Ste­fan Müller hat beispiel­sweise sein sehr empfehlenswertes Lehrbuch „Head-Dri­ven Phrase Struc­ture Gram­mar: Eine Ein­führung“ im Ver­lag Stauf­fen­burg veröf­fentlicht. Dort kostet es 35 Euro und ist damit, gemessen an den all­ge­meinen Preisen am Markt, fast geschenkt. Das Buch ist aber auch kosten­los als PDF-Datei auf sein­er Web­seite erhältlich, und zwar mit expliziter Ein­willi­gung des Ver­lags. Er gibt dort auch die Kon­ton­um­mer des Ver­lags an, damit Leser, die die PDF-Datei ver­wen­den, dem Ver­lag frei­willig eine Spende zukom­men lassen kön­nen. Das alles hat nicht etwa dazu geführt, dass der Ver­lag auf seinen Büch­ern sitzenge­blieben ist. Im Gegen­teil: Das Buch ist nach nur einem Jahr in die zweite Auflage gegan­gen. Alle prof­i­tieren: Der Ver­lag verkauft Büch­er, die Leser kön­nen sich zwis­chen ein­er schön gedruck­ten und gebun­de­nen Aus­gabe für 35 Euro und ein­er kosten­losen PDF-Datei entschei­den (wenn sie sind, wie ich, fan­gen sie mit der PDF-Datei an und kaufen sich dann doch das Buch) und mein Kol­lege ern­tet neben gram­matik­the­o­retis­chem Ruhm auch die Ehre, ein Pio­nier des dig­i­tal­en Wis­senschaft­szeital­ters zu sein.

Das ist ein lobenswertes Fall­beispiel für Wis­senschaftler und Ver­lage gle­icher­maßen. Der Hei­del­berg­er Appell ist dage­gen das let­zte Auf­bäu­men ein­er ver­gan­genen Epoche.

Andere Stim­men:

http://krimileser.wordpress.com/2009/03/26/zwei-kulturen-und-die-buttel-der-grosunternehmen/

http://www.jurabilis.de/index.php?/archives/2433-Textkritik-an-Textkritik.html

http://irights.info/blog/arbeit2.0/2009/03/25/erklarung-%E2%80%9Copen-access-und-urheberrecht-kein-eingriff-in-die-publikationsfreiheit%E2%80%9D/

http://kontext.edublogs.org/2009/03/24/hunde-sollen-sie-ewig-stehlen-der-heidelberger-appell-und-sein-umfeld/

http://archiv.twoday.net/topics/Open+Access/

23 Gedanken zu „Closed Minds on Open Access

  1. Tobias

    Hal­lo,

    ganz neben­bei prof­i­tieren Fach­büch­er die auch als PDF vor­liegen von ein­er viel besseren Such­funk­tion als sie ein Index bieten kann und von der Möglichkeit, Aktu­al­isierun­gen zur Ver­fü­gung zu stellen, die im gedruck­ten Exem­plar eine Neuau­flage erforder­lich machen.

    Ich wün­sche mir bei­de Ver­sio­nen: Ain hand­festes gedruck­tes Buch zum Lesen und ein dig­i­tales Werk zum Nach­schla­gen. Und wenn ich beim Nach­schla­gen in einem frei ver­füg­baren PDF fest­stelle, dass das Buch auch lesenswert ist, dann kaufe ich es mir.

    Ein sehr lesenswert­er Artikel. Vie­len Dank dafür!

    Tobias

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  2. Thomas Müller

    Ihre Vertei­di­gung der Ver­lage in allen Ehren, aber ich bin mir nicht sich­er, ob Sie da nicht zu nett sind. Die Prob­leme, vor denen die Ver­lage ste­hen, sind ja nun nichts neues, andere Branchen mussten sich damit auch herum­schla­gen und teil­weise wur­den schon gut funk­tion­ierende Lösun­gen gefun­den (iTunes, Steam). Dabei haben Musik- und Videospielver­lage sog­ar noch einen großen Vorteil: sie bieten Geld, das für die hor­ren­den Kosten heutiger Pro­duk­tio­nen nötig ist. Was genau haben Buchver­lage eigentlich zu bieten?

    Unter Hob­byau­toren gibt es schon längst eine ordentlich funk­tierende Online-Szene, weil jed­er weiß, dass eine Veröf­fentlichung bei einem Nicht-Kosten­zuschussver­lag wie ein Sechser mit Zusatz­zahl im Lot­to ist, weit­ge­hend unab­hängig von eventuell vorhan­den­er Qual­ität. Wenn ich jet­zt lese, mir war das neu, dass auch Wis­senschaftler effek­tiv haupt­säch­lich in Kosten­zuschussver­la­gen veröf­fentlichen (auch wenn sie statt Geld Ver­lagsar­beit zuschießen): Gelächter!

    Und aus Stu­den­ten­sicht kann ich Open Access auch nur begrüßen: Wie oft haben sich Stu­den­ten schon über lächer­liche Fach­buch­preise geärg­ert? Wenn das Kopieren eines Buch­es nur den Teil des Kauf­preis­es kostet, dann fördert das nicht das Ver­trauen in die Ver­lage. Und wenn die eigene Insti­tuts­bib­lio­thek mit Pri­vat­mit­teln eines oder mehrerer Dozen­ten auf brauch­barem Stand gehal­ten wer­den muss, dann ist das auch nicht förderlich.

    Vor diesem Hin­ter­grund ist Open Access wohl in der Tat eine Chance, keine Bedrohung.

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  3. Dierk

    Ich finde es sehr inter­es­sant, wie Inter­es­sen­grup­pen es immer wieder schaf­fen, zu heulen statt inno­v­a­tiv zu han­deln. Möglicher­weise liegt dies an deren Grup­pen-IQ, der bekan­nter­maßen unter­halb desjeni­gen Mit­glieds mit dem niedrig­sten IQ liegt.

    Da wäre zuerst ein­mal, bezo­gen auf die Wis­senschaft, das Fak­tum steuer­lich gefördert­er Forschung. Das heißt, ein großer Teil, wenn nicht der größte Teil der Forschung wird vom abtrak­ten Steuerzahler bezahlt. Und der beste­ht aus ganz vie­len, ganz konkreten Steuerzahlern. In den USA fol­gt daraus, dass dieser als Kunde das Recht hat, zu sehen, was aus seinem Geld wird.

    Dann ist da das berechtigte Inter­esse, Wis­sen zu schaf­fen. Zuge­s­tanden, im All­t­ag geht es vie­len Wis­senschaftlern sich­er eher um das eigene Ego als um hehre Ziele — wer veröf­fentlicht zuerst, wessen Artikel/Buch erscheint im reputier­lich­ern Medi­um etc. Allerd­ings kann ein objek­tives Wis­sen nicht beim Einzel­nen entste­hen, son­dern nur in der Summe dessen, was alle her­aus­find­en. Ich nenne das immer den ‘Abgle­ich der Per­spek­tiv­en’. Je schwieriger der Zugang zu wis­senschaftlichen Veröf­fentlichun­gen ist, desto mehr bleibt es bei Herrschaftswissen.

    Anders als Musik‑, Film- und Druckin­dus­trie behaupten, zahlt der Kunde nicht für die Inhalte an sich. Diese Inhalte ziehen uns an, wenn sie uns gut genug erscheinen, sind wir auch bere­it dafür zu bezahlen, aber die Preise von Büch­ern, Abos, Kinokarten/D­VD­s/Blu-rays oder CDs basieren vor allem auf den Kosten, die physikalis­che Daten­träger verur­sachen. Von der Her­stel­lung über die Lagerung bis zum Ver­trieb. Der Anteil der Kün­stler ist üblicher­weise sehr ger­ing [Film macht hier manch­mal eine Ausnahme].

    Anstatt jet­zt aber über neue Geschäftsmod­elle nachzu­denken und Mehrw­erte zu gener­ieren, wer­den Strohmän­ner aufge­baut — ‘Die Kün­stler wer­den ver­hungern!’. Im Falle uni­ver­sitär­er Stel­len­in­hab­er ist das insoweit lächer­lich, als der Witz der Uni­ver­sität genau darin beste­ht, einem Men­schen, der draußen eher nicht von seinem Tun leben kön­nte, ein Gehalt zu zahlen, damit er in Ruhe sein­er Forschung nachge­hen kann. Das trifft übri­gens nicht nur auf die Geis­teswis­senschaften zu, auch die Grund­la­gen­forschung in den Natur­wis­senschaften lebt von diesem Modell.

    Die EB hat das schon früh erkan­nt, deren gedruck­te Aus­gabe zu hor­ren­dem Preis ist da nur noch ein Zusatzpro­dukt. Die DVD-Aus­gabe kostet erhe­blich weniger, da die Kosten ja auch erhe­blich niedriger sind, und die Online-Aus­gabe benutzt ein Abo-Nodell mit gün­sti­gen Preisen.

    Na ja, was soll man von Men­schen hal­ten, die zwar laut­stark gegen etwas ange­hen, aber nicht ein­mal die Grund­be­griffe kor­rekt auseinanderhalten.

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  4. Anatol Stefanowitsch

    Thomas (#2), eine kleine Klarstel­lung: die Erstel­lung von Druck­vor­la­gen ist auf jeden Fall Ver­lagsar­beit, hier kann man tat­säch­lich von einem Kosten­zuschuss sprechen (allerd­ings bezahlen uns unsere Uni­ver­sitäten ja auch fürs Veröf­fentlichen). Die Erstel­lung solch­er Vor­la­gen ist zwar nicht sel­ten, aber ich würde sagen, sie ist auch nicht ger­ade die Norm (ich habe das vielle­icht für 10% mein­er Veröf­fentlichun­gen machen müssen). Die Qual­itätssicherung ist aber keines­falls eine Ver­lagsauf­gabe: Das kön­nen nur Wis­senschaftler leis­ten, allerd­ings kön­nten die Ver­lage stärk­er als bish­er die Kosten dafür übernehmen (bei aufwändi­gen Gutacht­en han­deln einzelne Kol­le­gen dur­chaus kleinere Hon­o­rare bei den Ver­la­gen her­aus). Ich denke nicht, dass ich zu nett zu den Wis­senschaftsver­la­gen ins­ge­samt bin. Ich gebe ja bewusst ein pos­i­tives Beispiel für einen kleinen Ver­lag (mit einem guten Ruf), der dur­chaus bere­it ist, neue Wege auszupro­bieren. Am anderen Ende der Skala gibt es Ver­lage wie Else­vi­er, die ohne Rück­sicht auf Ver­luste ver­suchen, den let­zten Cent aus den Forschungsergeb­nis­sen ihrer Autoren her­auszu­quetschen. Ich selb­st lehne deshalb jede Gutachtertätigkeit für diesen Ver­lag ab und würde dort auch nicht veröf­fentlichen. Diese bei­den Extreme zeigen aber m.E., dass es sinn­los wäre, alle Wis­senschaftsver­lage über einen Kamm zu scheren.

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  5. A.T.

    Das Prob­lem ist nicht, dass das Inter­net die Ver­lage unvor­bere­it­et getrof­fen hat, es ist vielmehr, dass das Inter­net sie über­flüs­sig macht. Das einzige, wozu die Wis­senschaftler selb­st nicht in der Lage waren, war die weite Ver­bre­itung von Tex­ten. Alleine in dieser Hin­sicht waren sie über Jahrhun­derte auf Ver­lage angewiesen. Da dieser Makel durch das Inter­net hin­fäl­lig wird, kön­nen sich die Ver­lage auf den Kopf stellen, da gib es kein Geschäftsmod­ell mehr, dass noch gerettet wer­den könnte. 

    Die Ver­lage wer­den sich darauf ein­stellen müssen, dass ger­ade eine Rev­o­lu­tion stat­tfind­et und wir am Ende unter einem Ver­lag etwas ganz anderes ver­ste­hen wer­den als heute. Rev­o­lu­tio­nen zeich­nen sich dadruch aus, dass die alten Struk­turen schneller weg­brechen, als neue entste­hen kön­nen, die Zeitun­gen machen es vor, die Wis­senschaftsver­lage wer­den folgen. 

    Ein herovr­ra­gen­der Artikel zu dem The­ma: http://www.shirky.com/weblog/2009/03/newspapers-and-thinking-the-unthinkable/

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  6. Daniel

    Eigentlich sehr schade dass Herr R. in seinem Aufruf nur wirres Geschwafel abliefert statt mal ein paar sin­nvolle Argu­mente zu liefern. Sich daru­ber zu echauffieren das man als Kaempfer gegen Open Access als ewig gestriger abgestem­pelt wird ist ziem­lich laecher­lich wenn man dann so einen Ser­mon ver­fasst wo pathol­o­gis­ch­er Hass gegen dieses neu­modis­che Inter­net­d­ings von den Buch­staben tropft.

    Als einzige Sachar­gu­mente fuehrt er lei­der nur die extrem zweifel­haft scheinende Zahl von >40.000 $ pro Artikel die irgendw­er mal irged­nwie fuer irgend­was im Zusam­men­hang mit Open Access genan­nt haette. Als Begru­en­dund fall­en ihm aber nur Kosten fuer Com­put­er, “Eingabegeraete” und Per­son­al ein? Fuer jeden einzel­nen Artikel musste dann in Yale ein Vol­lzeit­posten geschaf­fen wer­den wo ein Mitar­beit­er ein Jahr lang den Artikel auf ein­er gold­e­nen Tas­tatur abtippt oder wie soll man sich das vorstellen? Dieser Argu­men­ta­tionsver­usch erweckt den Ein­druck dass er sel­ber gar nicht weiss wie der Veroef­fentlichung­sprozess ueber­haupt dunk­tion­iert oder dass er die Tat­sachen absichtlich ver­dreht damit sie in sein Welt­bild­chen passen.

    Am albern­sten ist aber sein unsaeglich­es Gefasel vom Urhe­ber­recht. Abge­se­hen davon dass er ueber­wiegend ja gar nicht das Urhe­ber­recht meint ist das doch seit jeher eins der wichtig­sten Argu­mente FUER Open Access. WIe Art und Weise wie man als Autor die Nutzun­gas- und Vrw­er­tungsrechte der eige­nen Arbeit­en an die Ver­lage abtreten muss hat doch schon mehfach fuer Aerg­er gesorgt. Ich erin­nere mich noch gut an die Aufre­gung vor ein paar Jahen wo sich irgen­dein Ver­lag an der­art dreis­ten Knebelver­traege ver­sucht hat­te dass man bei enger Ausle­gung nicht­mal mehr seinen eige­nen Forschun­sergeb­nisse auf Kon­feren­zen haette prae­sen­tieren duer­fen falls man sie vorher im Ver­lag veroef­fentlich hat­te. In dem Bere­ich hat die OA-Bewe­gung doch schon einiges erre­icht. Wenn man seine Paper trotz Veroef­fentlichung im Jour­nal XY noch auf sein­er Home­page bere­it­stellen darf ist das in meinen Augen schon ein echter Fortschritt.

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  7. Daniel

    PS: Ich glaube aber nicht dass die Ver­lage ein­fach so ueber­flues­sig wer­den oder sind. Das Druck­en und Verteilen ist schon lange nicht mehr die Haupt­taetigkeit eines wis­senschaftlichen Ver­lages wenn es um Jour­nals geht. Sie haben auch das volle Know-How und die per­son­elle Basis fuer effzientes Peer Review, das Schaf­fen und Erhal­ten von Jour­nals mit klar­er fach­spez­i­fis­ch­er Aus­rich­tung, pro­fes­sionelle Auf­bere­itung (auch fuers und im Web) etc.

    Nat­uer­lich koen­nte das prinzip­iell auch alles fuer lau im Inter­net funk­tion­ieren. Ob es das wirk­lich tut oder nicht muss sich aber erst noch zeigen. Bish­er sind viele der OA Jour­nals eher klein weil Qua­si “1‑Mann-Betriebe” oder wirken etwas unor­gan­isiert, z.B. vom the­ma­tis­chen Fokus oer der der Homogen­i­taet in punc­to Qualitaet.

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  8. Dr Klaus Graf

    Das Beispiel, dass OA den Buchverkauf unter­stützt, ste­ht alles andere als allein. Es gibt eigentlich nur solche empirische Befunde und keine fürs Gegen­teil. Siehe dazu mein deli­cious-Link, den ich in mein­er Anzeige dieses Beitrags

    http://archiv.twoday.net/topics/Open+Access/ (dort viele weit­ere Hin­weise und Beiträge zur Debatte)

    in fine veröf­fentlicht habe. Die Wikipedia-Def­i­n­i­tion verken­nt, dass die BBB-Def­i­n­i­tion von Open Acces­sim Kern auf CC-BY hin­aus­läuft. Wir sprechen seit ger­aumer Zeit von gratis Open Access (kosten­los only) und libre Open Access (mit Nach­nutzungsmöglichkeit­en). Manche Fun­der Man­date sehen sog­ar libre Open Access vor.

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  9. Werner

    Bitte machen sie in ihrem anson­sten sehr guten Artikel keine Aus­sagen wie “vor der Erfind­ung des Inter­net 1993”. Dies Aus­sage ist schlichtweg falsch. Die

    Grund­la­gen des “Inter­net” wur­den bere­its Ende der 1960er Jahre gelegt, die

    mod­er­nen Pro­tokolle wur­den Anfang der 1980er Jahre entwick­elt, E‑Mail gibts

    schon knapp 30 Jahre, selb­st das Word Wide Web (WWW) feiert dieses Jahr seinen

    20. Geburt­stag, und so weiter.

    Sie meinen mit der Angabe “1993” sich­er den Anfang der weit­en Ver­bre­itung des 

    WWW. WWW ist aber nur ein klein­er Teil des gesamten Inter­net Spektrums.

    [A.S.: Danke für den Hin­weis! „Erfind­ung des Inter­net“ war eine bewusst flap­sige For­mulierung, die eine Anspielung auf Al Gore’s „I invent­ed the Inter­net“ sein sollte. Ich sehe aber ein, dass diese Anspielung etwas obskur ist und habe den entsprechen­den Satz umfor­muliert].

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  10. Pingback: ats20.de

  11. Frank Oswalt

    Bei wis­senschaftlich­er Lit­er­atur auf jeden Fall Open Access, alles andere ist Schwachsinn (will nicht wieder Ärg­er kriegen) nicht so gut. Bei Vergnü­gungslit­er­atur (U oder E, ganz egal) ist die Sache schwieriger. Ein­er­seits muss der Schrift­steller (anders als der Wis­senschaftler) von seinen Veröf­fentlichun­gen leben, ander­er­seits kann man das Inter­net eben nicht abschal­ten. Ich frage mich aber sowieso, ob Open-Access-Unter­hal­tungslit­er­atur wirk­lich bedeutet, dass der Autor ver­armt. Gut, nicht jed­er ist ein Lee Childs und kann es sich leis­ten, dass der Ver­lag ein Buch ein­fach so ver­schenkt (Jack Reach­er rockt!), aber Cory Doc­torow und xkcd ver­schenken ihre Werke auch und kön­nen trotz­dem davon leben. Und inzwis­chen geme­in­freie Werke großer Autoren wer­den auch immer noch verkauft obwohl sie jed­er beim Project Guten­berg kosten­los herun­ter­laden kann. Ich finde, auch für Autoren gilt: man kann ahnungs­los herum­jam­mern oder man über­legt sich, wie man das Web 2.0 für sich nutzt.

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  12. Thomas M

    @Frank Oswalt: Guter Kom­men­tar. Es gibt allerd­ings eine recht gute Möglichkeit zu entschei­den, wann Open Access ange­bracht ist und wann nicht: Die Erken­nt­nisse, die ein Wis­senschaftler pub­liziert, hat er in aller Regel in sein­er von der öffentlichen Hand bezahlten Arbeit­szeit mit von der öffentlichen Hand finanzierten Arbeitsmit­teln und ohne pri­vate Gewin­nerzielungsab­sicht gewon­nen. Es ist rein logisch über­haupt nicht einzuse­hen, warum die — wis­senschaftliche und all­ge­meine — Öffentlichkeit nur über den zahlungspflichti­gen Umweg des pri­vat­en Ver­lagswe­sens auf diese Erken­nt­nisse Zugriff erhal­ten sollte. Ein Schrift­steller hinge­gen schreibt völ­lig auf eigene Rech­nung und eigenes Risiko. Ob er die Ergeb­nisse sein­er Kreativ­ität ver­schenken oder verkaufen möchte, bleibt ihm vol­lkom­men selb­st über­lassen. Ich denke, ein Teil des Prob­lems bei Leuten wie Roland Reuß ist es, dass in deren Arbeit die Gren­ze zwis­chen wis­senschaftlichem und kün­st­lerisch-kreativem Arbeit­en fließend bzw. ihnen selb­st nicht bewusst ist. Sie möcht­en daher das beste bei­der Wel­ten: Wie ein Beamter von einem öffentlichen Arbeit­ge­ber für Forschung und Lehre bezahlt wer­den, das kün­st­lerisch mehr oder weniger wertvolle schriftliche Out­put dieser Arbeit aber wie ein freiberu­flich­er Schrift­steller ver­w­erten dürfen.

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  13. Frank Oswalt

    @Thomas M:

    Ein Schrift­steller hinge­gen schreibt völ­lig auf eigene Rech­nung und eigenes Risiko. Ob er die Ergeb­nisse sein­er Kreativ­ität ver­schenken oder verkaufen möchte, bleibt ihm vol­lkom­men selb­st überlassen.

    Aus rechtlich­er Sicht stimme ich zu. Einen Wis­senschaftler, der seine Forschung aus öffentliche Mit­teln finanziert, kann man geset­zlich verpflicht­en, Open Access zu nutzen, oder sein Arbeit­ge­ber kann ihm eine Anweisung geben, es zu nutzen. Das geht bei einem Schrift­steller nihct.

    Aber aus der Per­spek­tive des Mark­tes sieht es vielle­icht anders aus: Der Schrift­steller (oder sein Ver­lag) muss Kun­den gewin­nen und zwar unter den real existieren­den Mark­tbe­din­gun­gen. In der Musik­branche hat man gese­hen, was passiert, wenn sich Kün­stler und Rechtev­er­w­ert­er dem Markt ver­weigern. Apple musste kom­men und ein radikal nach unten kor­rigiertes Preis­mod­ell (in Kom­bi­na­tion mit sexy Hard­ware) and­bi­eten, um den völ­li­gen Absturz der Branche wenig­stens aufzuhal­ten. Und Ama­zon, Sony et al. sind dabei, das­selbe für die Buch­branche zu machen. Die Schrift­steller haben jet­zt natür­lich die Wahl: Sie kön­nen sich ver­weigern (das ist ihr gutes Recht, es gab ja auch unter den alten Bedin­gun­gen eine Mehrheit von Schrift­stellern, die nie ein Buch veröf­fentlicht haben. Oder sie passen sich den neuen Bedin­gun­gen an, was ja keineswegs “ver­schenken” heißen muss, son­dern nur “bil­liger verkaufen”. Aber da Schrift­steller in Zukun­ft keinen Ver­lag mehr brauchen, der 90 Prozent des VK-Preis­es kassiert, kann er sich “bil­liger verkaufen” leisten…

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  14. Gareth

    Wobei ich glaube, dass sich zumin­d­est die Unter­hal­tungslit­er­atur noch etwas länger in Buch­form hal­ten wird. Während Fach­büch­er oft sowieso im beru­flichen Kon­text, in dem auch ein Com­put­er vorhan­den ist, gele­sen wer­den, wird Unter­hal­tungslit­er­atur halt eher in gemütlichen Sit­u­a­tio­nen bevorzugt. Die von Ama­zon und anderen Anbi­etern ange­bote­nen Geräte erfreuen sich bish­er ja nur sehr eingeschränk­ter Beliebtheit. Eben weil sie (bish­er) nicht so prak­tisch sind wie das For­mat MP3 und alles, was sich darum aufge­baut hat.

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  15. Ralf

    Sehr gute Abhand­lung, einige Kommentare:

    - Die “Allianz” sollte ihre Macht fuer Open Access benutzen: ein­fach den Gefo­erderten vorschreiben, dass die Ergeb­nisse oef­fentlich zugaenglich sein muessen. Ich arbeite in den USA und meine Ergeb­nisse muessen frei zugaenglich sein (nach einem Jahr, auf­grund von Lob­b­yarbeit der Ver­lage, aber immer­hin) wenn oef­fentlich vom NIH gefo­erdert, noch ist kein Ver­lag bankrott gegan­gen. Ich denke nicht, dass Foerderungsantraege an die DFG zurueck­ge­hen, wenn eine entsprechende Verpflich­tung unter­schrieben wer­den muss.

    - Auch ich habe mir auch schon mehrere Buech­er gekauft, obwohl (oder ger­ade weil) sie kosten­los als pdf erhaeltlich waren.

    - Kein­er will Gold­e­sel wieder zurueck­geben und wehrt sich mit Haen­den und Fuessen, Beispiele: frue­her, ganz frue­her mussten sich Musik­er ihr Geld mit Live­un­ter­hal­tung ver­di­enen, dann hat jemand fest­gestellt, dass man mit Kon­ser­ven auch gut Geld machen kon­nte, noch mehr als die Kon­ser­ven ganz bil­lig zu kopieren waren. Was waere so schlimm daran, wenn das wieder so wuerde und mp3’s nur als Wer­bung dienen? Hier in Ten­nessee, wo ich wohne, darf Wein nur im “liquor store” verkauft wer­den, es wurde nun ein Gesetz einge­bracht, das das aen­dern soll und Wein­verkauf auch im “gro­cery store” oder gar per inter­net erlauben soll, da wer­den nun auch alle moeglichen und unmoeglichen Argu­mente vorge­bracht, um das auszuhe­beln (Jugen­dalko­holis­mus, Arbeit­splaet­ze). In allen diesen Faellen ver­suchen kleine Inter­essens­grup­pen ihre Pfru­ende auf Kosten der All­ge­mein­heit zu wahren und haben oft­mals lange Erfolg, weil sie laut schreien und die ‘Masse’ oft still ist. Die Argu­mente aber, die vorge­bracht wer­den, sind immer an den Haaren herbeigezogen.

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  16. Marcus

    Die Frage ist nur, ob die Ergeb­nisse der Forschung, dann auch frei ver­w­ert­bar sind, denn nur Open Access alleine ist nicht alles.

    Was nützt mir Open Access wenn ich die Erken­nt­nisse von denen ich lesen darf dann nicht ver­w­erten kann? Ein gutes Beispiel ist hier MP3, wo Fraun­hofer einen Grossteil der Patente hält. Nun weis ich nicht, ob diese auss­chliesslich aus öffentlichen Geldern finanziert wur­den, doch zeigt sich hier auch ein weit­eres Prob­lem welch­es es zu bedenken gilt: Die Gren­ze zwis­chen wirtschaftlich­er und öffentlich­er Finanzierung ist oft fliessend.

    Ein guter Ansatz ist hier Open Uni­ver­si­ty Idee von Free Cul­ture, welche sich­er auch auf andere Bere­iche der Wis­senschafts­ge­meinde in Deutsch­land angewen­det wer­den kann, so dass nicht die All­ge­mein­heit sich Patentver­fahren durch die eigene Wis­senschafts­ge­meinde aus­ge­set­zt sehen muss.

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  17. David Marjanović

    Al Gore’s „I invent­ed the Internet“

    Hat er das wirk­lich je gesagt (außer vielle­icht nach dem Wahlkampf 2000 als Scherz)? Die Bush-Wahlkampf­maschiner­ie hat ihm das natür­lich nachge­sagt, weil er in seinem Wahlkampf darauf hingewiesen hat, dass er eine Geset­zesini­tia­tive zur Finanzierung der Weit­er­en­twick­lung des Inter­nets oder sowas einge­bracht hat, aber…

    Und über­haupt: Heutzu­tage macht man sich über “the tubes of the Inter­net” lustig.

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  18. Pingback: jurabilis - juristisches Weblog aus Berlin

  19. Dierk

    Zur urban leg­end, Al Gore hätte behauptte, das Inter­net erfun­den zu haben, gibt es sog­ar einen ziem­lich umfan­gre­ichen artikel in der inter­na­tionalen Wikipedia. Eine schnelle Abfrage jew­eils bei Media Mat­ters und Fact Check brachte jet­zt nichts zu Tage. Allerd­ings gehört der Wikipedia-Artikel zu den bess­er doku­men­tierten — sowohl intern wie extern.

    Tat­sache ist, dass er als Poli­tik­er sowie vorher im uni­ver­sitären Bere­ich früh und viel für die Entwick­lung dessen getan hat, was wir heute als Inter­net bezeichnen.

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  20. Lena

    Der näch­ste logis­che Schritt nach Open-Access; Copy­left gegen die unfreie Vere­in­nah­mung der Wissenschaft/Forschung durch Ver­leger und Ver­w­er­tungs­ge­sellschaften; Quelle und Beispiel;)http://de.wikipedia.org/wiki/Copyleft

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  21. Patrick Schulz

    Hier ist eine schöne Über­sicht über ver­schiedene Mei­n­un­gen und (Blog-)Veröffentlichungen zum The­ma chro­nol­o­gisch zusam­mengestellt. Ich geh davon aus, dass die Liste ergänzt wird.

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