Aschermittwoch kommt von der Asche, die man auf’s Haupt streut, soweit, so transparent. Warum aber Aschermittwoch? Warum nicht Aschenmittwoch oder Aschemittwoch?
Synchron betrachtet, d.h. wenn man nur das heutige Deutsch anschaut, ist es nicht weiter verwunderlich. Ein Verfahren der Wortbildung ist es, zwei Wörter zu einem neuen zusammenzusetzen. Das nennt man “Komposition”. Häufig steckt aber zwischen diesen beiden Wörtern noch etwas — das Fugenelement. Laut Grammatik-Duden kommt es bei 30% der deutschen Wörter vor (allerdings scheint es mir fraglich, wie man die Zahl der deutschen Wörter messen will, da Komposition ja produktiv ist). Fugenelemente nennt man all diese Heizungskeller, Rinderställe, Lampenschirme und Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänsmützen.
Vielen von ihnen sieht man ihre Herkunft noch an — sie sehen alten Genitivformen ähnlich, wie zum Beispiel des Teufels Kerl > Teufelskerl. Die Uminterpretation als Erstglied des Kompositums nennt man “Reanalyse”. Heute hat das Fugenelement keine grammatische Funktion mehr.
Allerdings kommen die Fugenelemente bei weitem nicht alle von alten Genitiven — bei Heizungskeller sieht man es ganz gut, der Genitiv würde der Heizung heißen, im Plural Heizungen. Kein s weit und breit. Es muss nach dem Vorbild anderer Wörter, die ein Genitiv‑s hatten, in den Heizungskeller eingewandert sein. (Das nennt man “Analogie”.)
Bei Lampenschirm ist es mehr eine Sinnfrage. Zwar heißt es der Lampen, aber ist ein Schirm wirklich für mehrere Lampen da? Doch wohl kaum? Warum hätte es jemand mit dem Plural bilden sollen?
Warum wird also nur der Aschermittwoch dem Vorwurf ausgesetzt, dass er sich zu Unrecht mit seinem r schmückt, wenn doch sehr viele Komposita zu fremdem Material greifen?
Weil er eine alte Form ist. Der Aschermittwoch hatte sein r schon immer. Wie kann das sein, wenn es der Asche, Aschen heißt? Kluge erklärt: Es ist eine regionale Pluralform. Ein Blick ins mittelhochdeutsche Wörterbuch macht nicht viel schlauer — außer dass Asche damals zwar meist feminin war, aber auch maskulin sein konnte. Ich habe mich auf die Suche gemacht und ins rheinische, pfälzische, elsässische, elsässisch-lothringische und luxemburgische Wörterbuch geschaut — nichts, immer mit n. Der digitale Wenker-Atlas hat auch nicht geholfen, da steht keine Asche drin. Schweren Herzens gebe ich also auf … zumindest vorerst.
Grimms Wörterbuch kennt mit r übrigens auch Ascherbrödel, ascherfarbig, Ascherkleid und Ascherkuchen.
Im rheinischen Wörterbuch von gestern finden sich neben der hochdeutschen Form Aschermittwoch auch r‑lose Formen: Öschemeppeg und Äischemettwouch.