Das Allensbach-Institut hat eine interessante Umfrage zum Zustand und zur Wahrnehmung deutscher Dialekte durchgeführt, auf die ich in den nächsten Tagen noch einmal ausführlicher zurückkommen werde. Heute möchte ich aber nicht ausführlich über die Umfrage selbst sprechen, sondern über die Schlagzeilen, mit denen die Zeitungen sie verkauft haben.
Die Agenturen haben in ihren Schlagzeilen offensichtlich auf den (vermeintlichen) Sieger konzentriert — „Bayerisch ist die beliebteste deutsche Mundart“ titelt die AFP und Associated Press meldet „Bayerisch ist der beliebteste deutsche Dialekt“. Viele Zeitungen im deutschsprachigen Raum haben diese Schlagzeilen übernommen, z.B. die WELT, die Fuldaer Zeitung und die Neue Züricher Zeitung.
Andere haben die Überschriften leicht abgewandelt: „Auch außerhalb von Bayern wird bayerisch gern gehört“, melden z.B. Handelsblatt, Mitteldeutsche Zeitung und Thüringische Landeszeitung, der Mannheimer Morgen kürzt das zu „Bayerisch gern gehört“ ab und der Münchner Merkur und das Oberbayerische Volksblatt stellen das sensationslüstern zu „Gern gehört: Bayerischer Dialekt“ um.
Überhaupt greifen vor allem die bayerischen Zeitungen die Nachricht mit Begeisterung auf und übertreiben dabei auch gerne: „Ganz Deutschland steht auf den bayerischen Dialekt“, behauptet z.B. die Augsburger Allgemeine.
Tatsächlich ist die Lage etwas differenzierter, aber das lässt nur die Schlagzeile der Kölnischen Rundschau erahnen, die übriges auch die einzige Zeitung ist, die die korrekte Bezeichnung des bayerischen Dialekts verwendet: „Bairisch: Man liebt es oder hasst es“. Denn während Bairisch mit 35 Prozent die Liste der beliebtesten Dialekte anführt, kommt es in der Liste der unbeliebtesten Dialekte mit 21 Prozent immerhin auf Platz 2.
In einigen Gegenden konzentrieren die Zeitungen sich aber lieber auf den Dialekt der eigenen Region, egal, wie der in der Studie wegkommt: „Plattdeutsch ist nicht nur im Norden beliebt“, berichtet das Hamburger Abendblatt, und „Umfrage: Plattdeutsch nicht nur im Norden beliebt“, die Welt. Und in der Tat landet das norddeutsche Platt mit 29 Prozent auf der Liste der beliebten Dialekte nur knapp hinter dem Bairischen, und anders als Letzteres scheint es nicht so stark zu polarisieren — nur 8 Prozent mögen es nicht.
Die Sächsische Zeitung redet nicht um den heißen Brei herum: „Sächsisch ist der unbeliebteste deutsche Dialekt“, heißt es dort mit bewundernswerter Lakonie, und da das Sächsische die Liste der unbeliebtesten Dialekte mit 54 Prozent mit großem Abstand anführt, gibt es wohl auch nicht viel zu beschönigen. Auch die Schwaben nehmen ihre Niederlage gelassen in Kauf: „Schwäbisch mögen wenige“, teilt die Badische Zeitung ihren Lesern knapp und auf den Punkt gebracht mit.
Die Hessen, deren Mundart deutlich schlechter abschneidet, als die der Schwaben, sind etwas gespaltener. Der Gießener Anzeiger ringt sich zu einem „Hessischer Dialekt nicht besonders beliebt“ durch, und die Frankenberger Zeitung scherzt sogar „Ebbelwoi und Handkäs — Hessisch ‚net‘ besonders beliebt“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist dagegen empört und richtet diese Empörung völlig unvermittelt gegen die Hauptstadt: „Sogar Berlinerisch beliebter als Hessisch“. Ja, liebe Hessen, das muss hart sein. Aber immerhin habt ihr die Sachsen knapp geschlagen.
Jo mei. Interessant finde ich diese Spekulation der Allensbacher: „Vielleicht hat das Besondere am bayerischen Dialekt u.a. auch mit dem sprachlichen Selbstbewusstsein der Bayern zu tun.“ Es wäre schön, wenn diese Vermutung mit Tatsachen erhärtet werden könnte.
Den Satz kapiere ich nicht. Wenn die Badische Zeitung das schreibt, ist das doch wohl eher schadenfroh denn gelassen …
Jedenfalls aber sagt das Zitat überhaupt nichts darüber aus, wie die Schwaben das Umfrageergebnis sehen.
Dabei ist “Platt” bzw. Niederdeutsch ja nicht mal ein Dialekt im engeren Sinne. Aber das ist ja jetzt auch egal. Vermutlich meinen die Befragten auch noch nicht mal Niederdeutsch, sondern das im Norden durch niederdeutsche Einflüsse gefärbte Hochdeutsch, insbesondere wohl in der Hamburger Ausprägung.
@Jens: ich schätze mal, die Reichweite der Badischen Zeitung ist nicht an Dialektgrenzen gebunden. Außerdem — wen kümmert’s, ihr Verlierer 🙂
“Berlinerisch” gibt es übrigens nicht, die korrekte Bezeichnung ist “Berlinisch”.
@Jens: Die Gelassenheit drückt sich eher in der sachlichen Ausdrucksweise und der Abwesenheit von Entrüstung aus. 🙂
Interessant für die Deutung/Bewertung der Ergebnisse dieser Umfrage fände ich ja auch die Frage, welche klanglichen Vorstellungen die Befragten von den jeweiligen Dialekten haben und wie sehr diese mit tatsächlichen regionalsprachlichen Realitäten übereinstimmen — schließlich begegnet man ja diversen Dialekten auch häufig in stilisierter Form (bsp.weise in den Medien um bestimmte stereotypisierte Charaktere zu schaffen) und in verschiedenen Ausprägungsformen an (Stichw. Dialektkontinua etc.). Und zudem stellt sich natürlich die Frage, wie bekannt bzw. UNbekannt bestimmte Dialekte den ProbandInnen sind — ich z.B. habe keine Ahnung, wie eigentlich Westfälisch klingt, was aber nicht notwendigerweise heißt, dass ich es nicht mögen würde, wenn ich es zu hören bekäme…
Frank, das mit der Reichweite war auch mein Gedanke, aber schlampig formuliert war es trotzdem von mir. Aber mein Eindruck, dass die Schwaben ihr schlechtes Abschneiden gelassen sehen, hat sich inzwischen bestätigt — die Stuttgarter Zeitung stellt in ihrer Überschrift fest: „Schwäbisch ist nicht sonderlich beliebt“. Auch die Saarländer haben inzwischen ihr Schicksal akzeptiert: der Saarländische Rundfunk titelt „Saarbrücken: ‚Saarländisch‘ nicht besonders beliebt“.
Hedemann, Buntklicker, die Auswahl der Spachvarietäten und deren Bezeichnungen in der Allensbacher-Studie kann man in der Tat hinterfragen. Ich schreibe dazu später mehr.
“ich z.B. habe keine Ahnung, wie eigentlich Westfälisch klingt”
Sehr charakteristisch ist beispielsweise die Aussprache von “Kirche”,
Auch “ebent” etc. sind IMO charakteristisch für die Gegend (in Köln kommen die aber wohl auch vor).
“Neue Züricher Zeitung”
Was für eine Zeitung?
@Jens: Schön, dass das Sprachblog jetzt auch seinen Haustroll hat. Ich wollte mir mal dein Blog ansehen, bin aber schnell vor Langeweile eingeschlafen. Da gibt es inhaltsmäßig noch viel Nachbesserungsbedarf, bevor du es dir leisten kannst, dich hier mit deinen ständigen Hinweisen auf irgendwelche unwichtigen Flüchtigkeitsfehler wichtig zu machen.
😮
What next? Hannöversch?