Awesome

Von Anatol Stefanowitsch

Ange­blich hat George Bern­hard Shaw ein­mal gesagt, dass Eng­land und Ameri­ka zwei Län­der sind, die ihre gemein­same Sprache tren­nt. Vielle­icht stammt das Zitat auch von Oscar Wilde oder Win­ston Churchill, oder von allen dreien. Wer auch immer der Urhe­ber dieser Beobach­tung ist, er hat nicht ganz Unrecht. Wenn wir uns schon Sor­gen machen, dass unsere von Scheinan­glizis­men ver­wirrte Jugend sich englis­chen Mut­ter­sprach­lern gegenüber durch das Gerede von Handys, Foto­shoot­ings, Longsellern oder Talk­mas­ter lächer­licht macht, wie muss es dann erst Briten in den USA oder Amerikan­ern in Eng­land ergehen?

Ganz fürchter­lich, wie David Beck­ham fest­stellen muss:

Für den britis­chen Fußball­star David Beck­ham hat das Leben in Los Ange­les eine Kehr­seite: Seine Kinder sprechen zunehmend mit US-Slang. „Sie klin­gen, als ob sie aus Lon­don kämen, so wie ich es mir wün­sche. Aber sie nehmen kleine Häp­pchen vom amerikanis­chen Akzent an“, zitierte die Zeitung „Dai­ly Mir­ror“ ein Fernse­hin­ter­view Beck­hams. Romeo benutze ständig das Wort „awe­some“ (britisch: ehrfürchtig, im US-Slang: großar­tig, toll).

Also, wenn Romeo awe­some mit der US-amerikanis­chen Bedeu­tung ver­wen­det, hat das natür­lich nichts mit dem amerikanis­chen „Akzent“ zu tun. Der Begriff Akzent bezieht sich auf die Aussprache, und die ist ja schein­bar so, wie sie sich für einen Lon­don­er gehört. Es hat etwas damit zu tun, dass Romeo den US-amerikanis­chen Dialekt übern­immt. Ob das eine „Kehr­seite“ des Lebens in den USA ist, darf man wohl bezweifeln. Wenn ein Wort für die Men­schen um mich herum etwas anderes bedeutet, als ich es von zu Hause gewöh­nt bin, dann muss ich mich an die anderen anpassen.

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

3 Gedanken zu „Awesome

  1. Thomas Müller

    Ger­ade heute habe ich an der Uni fol­gen­des Zitat gel­ernt: “A lan­guage is a dialect with an army and a navy.” (Max Weinreich)

    Dann macht es wohl Sinn, daß die Amerikan­er bisweilen behaupten, sie sprächen “Amerikanisch”. 🙂

    Daß “awe­some” in der Bedeu­tung “großar­tig” nur AE ist, wußte ich übri­gens nicht. Die Englän­der müssen sich schon mehr anstren­gen, wenn sie die Deu­tung­shoheit über “ihre” Sprache behal­ten wollen.

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  2. Windrose

    Wer mehr zum Unter­schied zwis­chen amerikanis­chem und englis­chem Englisch lesen möchte, dem empfehle ich, im kurzweili­gen Blog “sep­a­rat­ed by a com­mon lan­guage” (Obser­va­tions on British and Amer­i­can Eng­lish by an Amer­i­can lin­guist in the UK) von Lynne Mur­phy zu stöbern. Da wird das Zitat übri­gens auch George Bernard Shaw zugeschrieben.

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  3. Sabine

    Ich wun­dere mich eher, wie die auf die Über­set­zung awesome=ehrfürchtig kom­men. M.E. stimmt die über­haupt nicht. Awe­some heißt ehrfurchtgebietend.

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