Forever Young

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn es nach mir gin­ge, sollte in allen Fil­men min­destens ein Lin­guis­tikpro­fes­sor vorkom­men“, habe ich an dieser Stelle im April gefordert. Und ein­er hat das offen­sichtlich mit­bekom­men. In Fran­cis Ford Cop­po­las neuem Film Youth with­out Youth spielt Tim Roth einen Linguistikprofessor

auf der Suche nach dem Ursprung der Sprache. Gle­ichzeit­ig eine philosophis­che Abhand­lung, ein poli­tis­ch­er Thriller und eine Liebesgeschichte, geht der Film den Phänome­nen des Jung­brun­nens, des men­schlichen Bewusst­seins und der See­len­wan­derung nach. Vom Blitz getrof­fen, vol­lzieht sich an Matei eine wun­der­same Ver­jün­gung bei einem über­bor­den­den Intellekt.

Da ich ja, ohne es zu merken, in das richtige Alter für eine ordentliche Midlife-Cri­sis gekom­men bin, käme mir eine wun­der­same Ver­jün­gung eigentlich auch ganz recht.

Natür­lich müsste ich mich dann auch kom­mu­nika­tiv völ­lig neu zurechtfind­en, denn die Jugend hat ja bekan­ntlich ihre eigene Sprache, die — mnemotech­nisch sin­nvoll — „Jugend­sprache“ heißt. Zumin­d­est glauben das die Wörter­buchver­lage. PONS bietet bere­its das Wörter­buch der Jugend­sprache 2008 Deutsch-Englisch-Franzö­sisch-Spanisch an, Lan­gen­scheid nun auch Jugend­sprache unplugged – Deutsch — Englisch — Spanisch — Franzö­sisch — Ital­ienisch. Aus der Presseerk­lärung:

Ein Junge trifft einen Fre­und und teilt ihm etwas mit, was sich unge­fähr so anhört: „Hi! Alles fett bei dir? Ich geh jet­zt dön­ern und dann zum Dad­deln. Bist du dabei?.“ „John­son!“, antwortet der mit ver­ständi­ger Miene, während über all den nicht eingewei­ht­en Köpfen eine große Sprech­blase erscheint, die lediglich ein fra­gen­des „Hä??“ enthält.

Ja, „nur wer spricht eigentlich so?“ fragt sich André Görke im Tagesspiegel und fragte nach:

Wir riefen in München an, dort sitzt der Lan­gen­schei­dt-Ver­lag. Am Tele­fon war Vin­cent Docher­ty, 53, Chef der Wörter­buch­abteilung. Und er sagt: „Bitte, bitte — nehmt das Buch bloß nicht so furcht­bar ernst!“

Also, ich wär fast drauf reingefallen.

Frühere Beiträge zum The­ma Jugendsprache:

Jugend ohne Syntax

Sprach­liche Erziehungsprobleme

Ent­fes­selte Sprachpfleger

Türk­endeutsch Reloaded

Sprachver­wirrun­gen

Kleine Anleitung zum geistre­ichen Fluchen

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

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