Namen sind aus sprachwissenschaftlicher Sicht eine wenig emotionale Sache. Wie die Wikipedia so treffend zusammenfasst (mit schönem Gruß an Renate C.):
Namen sind, nach der aktuellen wissenschaftlichen Forschung, ein Zugriffsindex auf eine Informationsmenge über ein Individuum. Sie sind somit einer Person, einem Gegenstand, einer organisatorischen Einheit (z.B. einem Betrieb) oder einem Begriff zugeordnete Informationen, die der Identifizierung und Individualisierung dienen sollen.
Ein Index hat neben seiner Verweisfunktion keine weitere Bedeutung. Hat man einmal einen Index gefunden, gibt es also keinen rationalen Grund, diesen zu ändern.
Es sei denn, natürlich, dass die Informationsmenge selbst sich ändert. So soll das Länder-Domain .yu, das früher für ganz Jugoslawien und dann für Serbien und Montenegro stand, nun durch getrennte Suffixe für die inzwischen getrennten Staaten ersetzt werden. Die Republik Serbien ist künftig unter dem Suffix .rs erreichbar, die Republik Montenegro erhält .me (letzteres birgt ungeahnte kommerzielle Möglichkeiten, man denke nur an URLs wie www.talk.to.me oder www.everybody-loves.me).
In einer ähnlichen Situation befindet sich die DaimlerChrysler AG, die nach der Auflösung der interkontinentalen Firmenehe nun einfach nur Daimler AG heißen will.
Aber die Menschen wählen oft neue Namen auch dann, wenn sich die Informationsmenge, auf die verwiesen wird, nicht ändert. Demi Moore, beispielsweise, heißt seit einigen Tagen Demi Kutcher, obwohl sie und Mr. Kutcher schon seit zwei Jahren verheiratet sind. Und in Berlin soll die Mittelalle im Monroe-Park nun als Billy-Wilder-Promenade Menschen von der Goerzalle zum Osteweg befördern. Mit der Namensänderung soll in diesen Fällen der Namensgeber geehrt werden (Kutcher, weil er scheinbar unter der Namensungleichheit gelitten hat, und Billy Wilder, weil er tolle Filme gemacht hat). Mrs Kutcher will übrigens die neue Verbundenheit nicht nur namentlich demonstrieren:
Demi Moore wird in Zukunft angeblich keine romantischen Szenen mehr spielen. Wie der Onlinedienst ananova.com berichtet, will die Schauspielerin nämlich niemand anderes mehr als ihren Ehemann Ashton Kutcher küssen.
Irgendwie ist das ja süß.
Und dann gibt es Namensänderungen, die sollen wohl suggerieren, dass die Informationsmenge sich geändert hat, obwohl alles beim alten bleibt. Mein Supermarkt hat sich gerade erst von MiniMal in Rewe umbenannt, obwohl er bereits seit Jahren zur Rewe-Gruppe gehört (eigentlich genau wie bei den Kutchers). Aber jetzt benennt Rewe die gut eingeführte und klangvolle Bio-Marke Füllhorn in das eher generische Rewe Bio um. Die Telekom scheint ein ähnliches Bedürfnis nach Ununterscheidbarkeit zu haben: die zweideutig assoziierbaren T‑Punkte sollen ab November Telekom-Shop heißen.
Dass die Ruhrkohle AG nun Evonik heißt, kann man noch nachvollziehen. Schließlich soll die Steinkohle-Sparte vom Rest des Unternehmens abgespalten werden und dieser Rest will verständlicherweise das schwarzstaubige Wort Kohle nicht in die strahlende Zukunft mitschleppen.
Da darf man es dann aber auch der Milcherzeugergemeinschaft Obergünzburg und Umgebung w.V. nicht verdenken, dass sie die Provinzialität abschütteln und Anschluss an die globalisierte Welt finden will. Herausgekommen ist bei den Bemühungen allerdings das noch viel provinzieller anmutende Milch Board, stilecht mit Deppenleerzeichen.
Also echt, „Deppenleerzeichen“ — das ist aber nicht besonders deskriptiv!
Frank, Deppenleerzeichen ist doch nur ein Name für ein deskriptiv durchaus erfassbares Phänomen. Namen sind doch nur beliebig wählbare Indizes…
Aber im Ernst: ich sehe das mit dem Leerzeichen in Komposita so ähnlich wie mit dem Deppenapostroph: aus Sicht der Sprache spielt es keine Rolle, deshalb ist man sicher nicht grundsätzlich ein Depp, wenn man überflüssige Leerzeichen setzt. Andererseits ist die Schreibung von Komposita klar geregelt: da steht nie ein Leerzeichen. Wer sich angesichts einer so eindeutigen Regel unnötigerweise dem Spott der Öffentlichkeit aussetzt — ist der nicht ein kleines bisschen ein Depp?
Außerdem mag ich Deppen. Einige meiner besten Freunde sind Deppen.
[Nachtrag (2007–10-01): Eigentlich ein guter Anlass, mal auf das Deppenleerzeichen-Blog zu verlinken. Präskriptivismus kann ja durchaus lustig sein, wenn man’s richtig macht.]
Ich glaube, in Demi Moore’s Fall handelt es sich weniger um ein Ausdruck der Verbundenheit zu ihrem Ehemann, als — ganz unromantisch — eine Reaktion auf das Ausbleiben von Rollen — es birgt vielleicht ihres Erachtens eine bessere Außenwirkung, wenn sie sagt, sie nimmt nur noch Rollen an, in denen sie nicht küssen muss (als Erklärung der fehlenden medialen Präsenz) als zu sagen, sie bekommt eigentlich gar keine Rollen mehr angeboten…womit wir bei dem gesellschaftlichen Problem des “Jugendwahns” wären. Oder gilt das gleiche auch für ihren Mann? Als “Frauenschwarm” keine Kuss- oder auch Sexszenen zu spielen, bedeutet für ihn ja fast ein Karriereaus?!
deppenleerzeichen find ich gut. man kann noch so viele tütchen mit bindestrichen verteilen — aussterben wird das leerzeichen dadurch nicht …
Erst die c’t hat mir den begriff “Deppenleerzeichen” nahegebracht. Typisch deutsch. Es gibt keine inhaltlichen Argumente, nur Regeln! Ich halte es da lieber mit der englischen Herangehensweise (wie bei den Kommata): wenn sie dem Verständnis dienen, werden Bindestriche (und Kommata) gesetzt, sonst nicht. So haben “blue suede shoes”, “blue suede-shoes” und “blue-suede shoes” unterschiedliche Bedeutungen. Ich denke Deppen brauchen einen Bindestrich um zu verstehen, daß Erich und Kästner zusammengehören.