Hier nur schnell ein paar nachträgliche Gedangen zu drei Beiträgen der letzten Wochen.
Blockbuster
Eine interessante Bedeutungsschattierung des Wortes Blockbuster, das uns im Beitrag Aktion scheintotes Deutsch beschäftigt hat, dürfte uns Deutschen entgehen, da sie weder mit Sprengbomben noch mit Kassenschlagern zu tun hat:
“Blockbusting” refers to the efforts of real-estate agents and real-estate speculators to trigger the turnover of white-owned property and homes to African Americans. Often characterized as “panic peddling,” such practices frequently accompanied the expansion of black areas of residence and the entry of African Americans into neighborhoods previously denied to them. In evidence as early as 1900, blockbusting techniques included the repeated—often incessant—urging of white homeowners in areas adjacent to or near black communities to sell before it became “too late” and their property values diminished. (Encyclopedia of Chicago)
Das ist das spannende an Wörtern: in ihnen steckt immer viel mehr als man vermutet (ich empfehle, den ganzen Eintrag in der Encyclopedia of Chicago zu lesen).
Brain up
Leser B. Hagerty deutet in einem Kommentar zum Beitrag Will the German press please brain up etwas an, auf das ich selber hätte hinweisen müssen: das phrasale Verb to brain up ist nur eine Manifestation eines produktiven Wortbildungsmusters. Hagerty nennt to man up (so etwa „zu seinen Worten/Taten stehen“) als weiteres Beispiel (und als mögliche Quelle). Spontan fällt mir noch ein: to muscle up (etwa „(sich) stärker machen“), weitere Beispiele sind willkommen. Alle drei Verben können intransitiv oder transitiv verwendet werden. Das zugrundeliegende Muster ist also [XVerb up], wobei das Verb denominal (von einem Substantiv abgeleitet) ist. Die Bedeutung ist „mehr von X bekommen“ (intr.), bzw. „jmd. zu mehr von X verhelfen“ (trans.).
Rechtschreibreform
Vielleicht habe ich in der Presseschau vom 4. August die selbstreinigenden Kräfte der Schriftsprache überschätzt: die englischsprachige Welt kennt keine gesetzlich verankerte Rechtschreibung und müsste deshalb ausreichend Zeit gehabt haben, ihre Selbstreinigungskraft zu entfalten. Stattdessen hat dort jeder Verlag seinen eigenen house style entwickelt und setzt diesen, wie Helen DeWitt in ihrem immer lesenswerten Blog Paperpools eindrucksvoll beschreibt, gegen jede Vernunft (und gegen jede literarische Sensibilität) durch.
Da fallen mir zwei Dinge zum ‘brain up’ ein. Zunächst habe ich im ersten Moment an Slim Shady gedacht (will the real s.s. please stand up?) und habe nun Schwierigkeiten den doch recht eingängigen Refrain wieder aus dem Kopf zu bekommen, und zum Zweiten erscheint mir, unterstützt auch durch den Kommentar von B. Hagerty und deine weiteren Erläuterungen, das Muster XVerb up sowas wie ein Snowclone zu sein, wie kürzlich mal wieder
hier besprochen. Könnte es sich um einen Snowclone handeln?
Maike, „Will the real X please stand up?“ ist auf jeden Fall ein Snowclone, sein Ursprung ist allerdings nicht der Eminem-Song sondern die US-amerikanische Fernsehshow To Tell the Truth, die es seit den 1950er Jahren gibt. Das Muster [X VERB up] würde ich dagegen nicht als Snowclone bezeichnen, denn mit diesem Begriff bezeichnen die Kollegen vom Language Log ja “a multi-use, customizable, instantly recognizable, time-worn, quoted or misquoted phrase or sentence that can be used in an entirely open array of different jokey variants” (eine vielfach verwendbare, anpassbare, sofort erkennbare, abgenutzte, zitierte oder falsch zitierte Phrase, die in einer unbegrenzten Reihe verschiedener spaßhafter Abwandlungen verwendet werden kann). [X VERB up] ist aber nicht erkennbar einem Zitat zuzuordnen. Selbst wenn es sich um Analogiebildungen (z.B. zu man up) handelt, fällt damit das entscheidende Merkmal für einen Snowclone weg.